European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:009OBA00027.17M.0725.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Auf das Dienstverhältnis des Klägers zur Beklagten ist unstrittig der Ärztekollektivvertrag der oberösterreichischen Ordensspitäler anzuwenden. Dieser verweist hinsichtlich der Abfertigungsansprüche auf die Bestimmungen des AngG.
2. Nach § 23 Abs 1 AngG beträgt die Abfertigung (alt) in Abhängigkeit von der Dauer des Arbeitsverhältnisses ein bestimmtes Vielfaches des dem/der Angestellten für den letzten Monat des Arbeitsverhältnisses gebührenden Entgelts. Dabei umfasst der weit zu verstehende Begriff des Entgelts jede Leistung des Arbeitgebers, die der Arbeitnehmer als Gegenleistung dafür bekommt, dass er ihm seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt (9 ObA 159/11i ua). Darunter ist der sich aus den mit einer gewissen Regelmäßigkeit – wenn auch nicht jeden Monat – wiederkehrenden Bezügen ergebende Durchschnittsverdienst zu verstehen, der sich aus den regelmäßig im Monat wiederkehrenden Bezügen zuzüglich der auch in größeren Abschnitten oder nur einmal im Jahr zur Auszahlung gelangenden Aushilfen, Remunerationen, Zulagen usw zusammensetzt (9 ObA 124/12v ua; vgl RIS-Justiz RS0028490). Die Abfertigung darf diesen als Bemessungsgrundlage dienenden Durchschnittsverdienst weder übersteigen noch hinter ihm zurückbleiben (RIS-Justiz RS0028943).
Schwankt die Höhe des Entgelts innerhalb des letzten Jahres vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ist ein Zwölftel des gesamten Entgelts dieses Jahres als Bemessungsgrundlage der Abfertigung zugrunde zu legen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob diese Schwankungen durch variable Prämien, Zulagen, Provisionen, Sonderzahlungen oder Überstundenentgelte bewirkt werden (RIS-Justiz RS0043295 [T7]).
3. Diese auf das letzte Jahr vor Beendigung des Dienstverhältnisses abzustellende Durchschnittsberechnung kommt jedoch nur für eine Leistung des Arbeitgebers in Betracht, die für den letzten Monat (noch) gebührt (9 ObA 8/14p mwN). Im Fall einer dauerhaften Entgeltveränderung (zB bei einem dauerhaften Wechsel eines Arbeitnehmers von Vollzeit‑ zu Teilzeitbeschäftigung oder umgekehrt) ist bei Berechnung der Abfertigung grundsätzlich auf das zuletzt bezogene (je nach Lage des Falls dann dauerhaft höhere oder niedrigere) Entgelt abzustellen (9 ObA 6/05f; 9 ObA 65/05g mwN; RIS-Justiz RS0028504 ua).
In der Entscheidung 9 ObA 6/05f, die entgegen der Revision ebenfalls einen Fall einer (unter anderem) aus gesundheitlichen Gründen erfolgten Reduktion der Arbeitszeit und damit einen vergleichbaren Sachverhalt betraf, bestätigte der Oberste Gerichtshof in Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Ansätzen in der Lehre, dass bei einer dauerhaften Entgeltveränderung – etwa beim Wechsel von Voll- zu Teilzeitbeschäftigung oder umgekehrt – zur Berechnung der Abfertigung grundsätzlich auf das zuletzt bezogene Entgelt abzustellen sei. Richtig sei jedoch die Einschränkung, dass dieser Grundsatz nur dann gelte, wenn die Reduzierung auf Dauer beabsichtigt sei und keine Umgehungsstrategie vorliege, was etwa dann der Fall wäre, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer der Wechsel in die Teilzeitbeschäftigung durch Kündigungsdrohung aufnötigt und bald darauf die Kündigung ausspricht. Gerade der Umstand, dass der Gesetzgeber (nur) für bestimmte Fälle vorgesehen habe, dass trotz Herabsenkung des Umfangs der Arbeitsleistung die frühere Vollarbeitsverpflichtung zu berücksichtigen (zB § 23 Abs 8 AngG) oder ein Durchschnitt zu bilden sei, spreche gegen eine planwidrige Gesetzeslücke. Diese Vorgangsweise des Gesetzgebers zeige nämlich deutlich, dass ihm die Problemstellung bewusst gewesen sei, er aber eine generelle Lösung im von der Revisionswerberin gewünschten Sinn nicht normieren habe wollen. Eine Generalisierung dieser Sonderregelungen widerspräche daher dem Willen des Gesetzgebers.
4. Diesen Grundsätzen sind die Vorinstanzen gefolgt und haben, ausgehend davon, dass der Kläger in den letzten fünf Jahren vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer (unbefristeten) Vereinbarung mit der Beklagten regelmäßig nur 15 Wochenstunden gearbeitet hat, für die Berechnung der Abfertigung das auf Grundlage dieser reduzierten Arbeitszeit ermittelte, für den letzten Monat des Arbeitsverhältnisses gebührende Entgelt zugrunde gelegt. Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung liegt daher nicht vor.
Richtig ist zwar, worauf die Revision verweist, dass nach der Rechtsprechung für die Beurteilung der Frage, ob eine bleibende Änderung der Entgelthöhe eingetreten ist, weniger die Dauer (dort des Überstundenbezugs) als der Grund dieser Änderung eine Rolle spielt (4 Ob 116/80). Das wesentliche Beurteilungskriterium ist aber dennoch die „bleibende Änderung“, nicht eine Rechtfertigung oder Unvermeidlichkeit des Grundes. Der Kläger behauptet selbst nicht, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung, die zur Reduktion der Arbeitszeit geführt hat, nur vorübergehend gewesen sei, nähere Feststellungen zum Grund der Reduktion waren daher nicht erforderlich.
Da bei bloß vorübergehender Reduktion der Arbeitszeit die Abfertigung vom ungekürzten Entgelt bezahlt wird, ist diese entgegen der Revision gerade nicht abhängig von zufälligen Schwankungen. Auch die Ungleichbehandlung von Personen, die gänzlich arbeitsunfähig werden, zu denen, die rasch bemüht sind, wenn auch eingeschränkt, wieder eine Arbeitstätigkeit aufzunehmen, ist daher nicht gegeben, führt doch nur die dauerhafte Reduktion der Arbeitszeit zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage für die Abfertigung.
Andere Argumente, die ein Abgehen von den zitierten Entscheidungen rechtfertigen würden, werden in der außerordentlichen Revision nicht aufgezeigt.
5. Die außerordentliche Revision ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
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