Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die ab 17. 5. 1993 bei der Beklagten als Sekretärin vollzeitbeschäftigte Klägerin wurde über ihren Wunsch ab 1. 1. 2000 nur mehr in Teilzeit (32 Wochenstunden) beschäftigt; das monatliche Entgelt wurde aliquot reduziert. Zum 30. 6. 2004 wurde das Arbeitsverhältnis durch Arbeitgeberkündigung beendet. Die Abfertigung der Klägerin wurde auf Basis des letzten Monatsentgelts berechnet und bezahlt. Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Abfertigungsdifferenz in Höhe des Klagebetrags, die sich unter Zugrundelegung eines in Analogie zu § 14 Abs 4 AVRAG ermittelten (höheren) Durchschnittsentgelts ergebe.
Rechtliche Beurteilung
Nach dem hier anzuwendenden § 23 Abs 1 AngG beträgt die Abfertigung in Abhängigkeit von der Dauer des Arbeitsverhältnisses ein bestimmtes Vielfaches des dem/der Angestellten für den letzten Monat des Arbeitsverhältnisses gebührenden Entgelts. Nach der bisherigen, erst vor kurzem in einem vergleichbaren Fall derselben Klagevertreter (9 ObA 6/05f) bestätigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist bei einer dauerhaften Entgeltveränderung - etwa beim Wechsel von Voll- zu Teilzeitbeschäftigung oder umgekehrt - bei Berechnung der Abfertigung grundsätzlich auf das zuletzt bezogene Entgelt abzustellen (4 Ob 79/74, Arb 9321 = DRdA 1976, 253 [Klein]; 4 Ob 116/80, Arb 9899 ua). In der Lehre wird diesem Ansatz größtenteils zugestimmt bzw nicht entgegengetreten (vgl Martinek/Schwarz, Abfertigung - Auflösung des Arbeitsverhältnisses 330 f; Martinek/Schwarz/Schwarz, AngG7 450; Schrank, ZAS 1990, 1 [9 f]; ders in Runggaldier, Abfertigungsrecht 151 [174 ff]; Spielbüchler in Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht Bd I4 256 f; Höfle, ASoK 2002, 342 [343]; Löschnigg, Arbeitsrecht10 580; zuletzt Holzer in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 23 Rz 27, der zu Recht darauf verweist, dass dieser Grundsatz allerdings nur dann gilt, wenn die Reduzierung auf Dauer beabsichtigt ist und keine Umgehungsstrategie vorliegt, was etwa dann der Fall wäre, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Wechsel in die Teilzeitbeschäftigung durch Kündigungsdrohung aufnötigt und bald darauf die Kündigung ausspricht).
Wie schon zu 9 ObA 6/05f ausgeführt wurde, wenden sich mehrere Autoren mit unterschiedlichen Begründungen gegen diese Auffassung, so etwa Migsch (Abfertigung für Arbeiter und Angestellte Rz 255), Tomandl (ZAS 1995, 43) oder Mayr (ecolex 2002, 599; in Mayr/Resch, Abfertigung 49 [66 ff]). Nach der auch zuletzt zu 9 ObA 6/05f bekräftigten Auffassung des erkennenden Senats besteht jedoch kein Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Wie schon das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, spricht gerade der Umstand, dass der Gesetzgeber (nur) für bestimmte Fälle vorgesehen hat, dass trotz Herabsenkung des Umfangs der Arbeitsleistung die frühere Vollarbeitsverpflichtung zu berücksichtigen oder ein Durchschnitt zu bilden ist (8 ObA 211/02s), gegen die von der Revisionswerberin behauptete planwidrige Gesetzeslücke. Diese Vorgangsweise des Gesetzgebers zeigt nämlich deutlich, dass ihm die Problemstellung bewusst war, er aber eine generelle Lösung im von der Revisionswerberin gewünschten Sinn nicht normieren wollte. Eine Generalisierung der von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Sonderregelungen widerspräche daher dem Willen des Gesetzgebers (9 ObA 6/05f). Das Problem der Schmälerung bereits erworbener Abfertigungsansprüche (vgl 4 Ob 79/74, Arb 9321 = DRdA 1976, 253 [Klein]) stellt sich entgegen der Annahme der Revisionswerberin hier nicht.
Auch die verfassungsrechtlichen Bedenken der Revisionswerberin gegen die dargestellte Rechtslage werden vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt. Zweck der Abfertigung ist es, dem Arbeitnehmer für den durch die Abfertigung abgedeckten Zeitraum den zuletzt bezogenen Durchschnittsverdienst zu sichern und damit eine gewisse Kontinuität des zuletzt bezogenen Verdienstes für diesen fiktiven Zeitraum zu gewährleisten (9 ObA 97/87, ZAS 1988/13 [Andexlinger/Spitzl]; 9 ObA 257/89; so auch Schrank, ZAS 1990, 1 ff). § 23 Abs 1 zweiter Satz AngG spiegelt diese Versorgungsfunktion der Abfertigung wider und ist daher weder unsachlich noch unverhältnismäßig. Den von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Sonderbestimmungen, die von der allgemeinen Grundregel abweichen, liegen ganz bestimmte Sonderkonstellationen zu Grunde, die aber hier - unstrittig - nicht vorliegen. Darin, dass auf den hier zu beurteilenden - anders gelagerten - Fall keine Sonderbestimmung, sondern die allgemeine Grundregel der Abfertigungsberechnung anzuwenden ist, kann keine unsachliche Differenzierung erblickt werden (9 ObA 6/05f).
Auch dem Einwand der Revisionswerberin, die bekämpfte Regelung stelle eine mittelbare Diskriminierung dar, ist der Senat schon zu 9 ObA 6/05f nicht gefolgt. Eine mittelbare Diskriminierung liegt dann vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einem Geschlecht angehören, in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt (Art 2 Abs 2 GleichbehandlungsRL 76/207/EWG idF ÄnderungsRL 2002/73/EG ; § 5 Abs 2 GlBG; Smutny/Mayr, GlBG 192 ff, 712 ua). Nun trifft es zwar zu, dass zum weit überwiegenden Teil Frauen in Teilzeitbeschäftigung tätig sind. Schon das Erstgericht hat aber zu Recht darauf verwiesen, dass eine Änderung des Beschäftigungsausmaßes vor der abfertigungspflichtigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht die Gruppe der Teilzeitbeschäftigten generell benachteiligt, sondern vielmehr nur jene Teilzeitbeschäftigten, die von Vollzeitbeschäftigung in Teilzeitbeschäftigung gewechselt sind. Dem steht aber der Vorteil für jene Teilzeitbeschäftigten gegenüber, die - umgekehrt - nach Wegfall des Grunds für die Teilzeitbeschäftigung (zB Kinderbetreuung) wieder in eine Vollzeitbeschäftigung gewechselt sind (vgl Kirschbaum in Runggaldier, Abfertigungsrecht 17 [86] ua). In der zuletzt genannten Konstellation kommt die von der Revisionswerberin kritisierte Regelung daher in besonderem Maße Frauen zugute. Dass die in Rede stehende Rechtslage generell - mittelbar - Frauen benachteilige, kann daher nicht gesagt werden (9 ObA 6/05f).
Darauf, dass die Ausnahmevorschrift des § 14 Abs 4 AVRAG angesichts der anders gelagerten Ausgangssituation nicht auf den hier zu beurteilenden Fall analog angewendet werden kann, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen (9 ObA 6/05f). Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.
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