OGH 6Ob3/15g

OGH6Ob3/15g1.9.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** AG, *****, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei H*****, vertreten durch Dr. Clemens Völkl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 10.000.000 EUR sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. April 2013, GZ 2 R 60/13b‑94, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 28. Dezember 2012, GZ 43 Cg 90/06t‑80, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0060OB00003.15G.0901.000

 

Spruch:

 

Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, zurückgewiesen.

Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 15.854,04 EUR (davon 2.642,34 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte war im Jahr 1998 Vorstandsvorsitzender der B***** AG („B***** alt“, aufgrund Firmenänderung nunmehr A*****, kurz: „A*****“). Mit Spaltungs‑ und Übernahmevertrag vom 1. 8. 2005 wurde mit Wirkung zum 1. 1. 2005 unter Fortbestand der übertragenden Gesellschaft der gesamte Bankbetrieb der B***** alt abgespalten und auf die Klägerin übertragen. Die Spaltung wurde am 1. 10. 2005 im Firmenbuch eingetragen.

Mit dem insoweit in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 4. 7. 2008 wurde der Beklagte wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB verurteilt. Nach dem Inhalt des Schuldspruchs (Faktum II 2 b) hat er als Vorsitzender des Vorstands die ihm durch Rechtsgeschäfte eingeräumte Befugnis, über das Vermögen der B*****/P***** AG/vormals B*****, und des B***** Konzerns (...) zu verfügen, wissentlich missbraucht und ihr dadurch einen 50.000 EUR vielfach übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, indem er am 26. und 27. 10. 1998 ‑ als Grundlage und Voraussetzung für den Transfer weiterer frischer Geldmittel an Gesellschaften des Dr. W***** F***** unter wissentlicher Missachtung seiner [detailliert angeführten] Pflichten und unter [näher dargestellter] Verheimlichung der relevanten Umstände vor dem Aufsichtsrat ‑ die für die Beschlussfassung maßgebliche Zustimmung anderer Vorstandsmitglieder herbeiführte (und diese auch selbst beschloss und mittrug), der O***** Ltd einen Kredit von 80 Millionen USD über die B***** I***** F***** Ltd zu gewähren, wodurch der B***** am 28. 10. 1998 im Ausmaß von 80 Millionen USD ein in nicht rückgeführter Kreditvaluta gelegener Schaden in Höhe des Darlehens entstand.

Die Kreditvaluta von 80 Millionen USD wurde der O***** Ltd am 28. 10. 1998 ‑ aufgrund deren Weisung ‑ durch Überweisung auf ein Konto der R***** Ltd zugezählt und niemals rückgeführt.

Die Klägerin begehrt mit ihrer am 9. 6. 2006 eingebrachten Klage vom Beklagten den Ersatz des in Höhe eines Teilbetrags von zehn Millionen EUR geltend gemachten Schadens, den der Beklagte ihrer Rechtsvorgängerin B***** alt durch Vergabe des Kredits von 80 Million USD an die O***** Ltd zugefügt habe. Gemäß dem Spaltungsplan sei sie in Ansehung dieses Schadenersatzanspruchs Rechtsnachfolgerin der B***** alt.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der geltend gemachte Anspruch sei bei der B***** alt, nunmehr A*****, verblieben. Der Schadenersatzanspruch sei verjährt. Auf diesen sei auch durch Entlastung in der Hauptversammlung verzichtet worden. Weiters macht er Einlagenrückgewähr, Mitverschulden und Mäßigung nach Dienstnehmerhaftpflichtgesetz geltend.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Den eingangs wiedergegebenen und den darüber hinaus festgestellten Sachverhalt beurteilte es rechtlich dahin, dass die Klägerin aktiv legitimiert sei. Aus dem Spaltungs‑ und Übernahmevertrag ergebe sich zweifelsfrei, dass ‑ mit Ausnahme der Beteiligung (unter anderem) an der übernehmenden Gesellschaft und bestimmter Wertpapiere ‑ alle Aktiva und Passiva der B***** alt dem Bankbetrieb zugeordnet seien und auf die übernehmende Gesellschaft übergehen sollten. Zu den Aktiva einer Gesellschaft zählten auch Schadenersatzforderungen gegen Organmitglieder. Schadenersatzforderungen aus einem zum Bankbetrieb gehörenden Rechtsgeschäft seien dem Bankbetrieb zuzuordnen. Dies führe zum Übergang aller Schadenersatzforderungen der übertragenden Gesellschaft B***** alt gegen ihre Organmitglieder, sofern sie vor Wirksamkeit der Spaltung (am 1. 10. 2005) entstanden seien, auf die Klägerin als übernehmende Gesellschaft. Die Verjährungseinrede gehe fehl, weil nicht die Frist des § 84 Abs 6 AktG, sondern wegen der Vorsatztat die 30‑jährige Frist nach § 1489 ABGB maßgeblich sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es billigte die Auslegung des Spaltungsvertrags, sodass die Klägerin in Ansehung des Schadens aus der Kreditgewährung von 80 Millionen USD an die O***** Ltd aktiv legitimiert sei. Der Berufungswerber werfe dem Erstgericht im Kern an sich zu Recht vor, nicht ausreichend dahin unterschieden zu haben, welche der vielschichtigen Feststellungen zu Schadenshergang und ‑höhe allein schon aus der Bindungswirkung des verurteilenden Straferkenntnisses entstammen, und welche darüber hinaus auf eigenständigen Beweiswürdigungserwägungen des Erstrichters anhand der von ihm selbst gewonnenen Beweisergebnisse beruhten. Generell könnten die Sachverhaltsannahmen im den Feststellungen gewidmeten Urteilsabschnitt seines Urteils nicht als mängelfreie eigenständige Feststellungen des Erstgerichts erachtet werden. Dies schade aber nicht, weil die Bindung an das Strafurteil ohnedies den Umstand erfasse, dass die Kreditmittel abgeflossen seien und es sich dabei um Mittel der B***** alt gehandelt habe. Jeglicher Entscheidungsharmonie von straf‑ und zivilgerichtlicher Klärung der Folgen ein‑ und derselben Straftat widerspreche die Annahme, bindend sei nur ein Volumen im Gegenwert von 50.000 EUR abgeflossen, anhand eigenständiger zivilgerichtlicher Feststellungen bestehe aber Raum dafür, dass in Höhe der Differenz auf die restlichen 80 Millionen USD in Wahrheit doch kein Mittelabfluss stattgefunden hätte. Daraus folgte nämlich zwingend auch die Unrichtigkeit des mit Bindungswirkung versehenen Teils. Es entspreche nach diesem Urteil nicht den Tatsachen, dass der Betrag von 80 Millionen USD von zwei Rechtspersonen in zwei Tranchen stammen würde. Zur Vermeidung unauflöslicher Widersprüche erstrecke sich bei der vorliegenden Konstellation somit die Bindung des Zivilgerichts an das rechtskräftige verurteilende Straferkenntnis auf den einheitlichen Lebenssachverhalt. Davon abgesehen sei im erstinstanzlichen Verfahren die Einräumung des 80 Millionen USD‑Betriebsmittelkredits durch die B***** alt ohnehin unstrittig gewesen. Der Beklagte habe auch schlüssig zugestanden, dass das an die O***** Ltd bzw R***** Ltd ausbezahlte Kapital tatsächlich aus Mitteln der Klägerin stammte, welche gegenüber der „formellen“ Kreditgeberin B***** I***** F***** Ltd die Refinanzierung sowie eine Garantiehaftung übernommen habe, sowie dass auch der entsprechende Forderungsausfall von der Klägerin getragen worden sei. Die Verjährungseinrede sei nicht berechtigt. Die Verjährungsfrist des § 84 Abs 6 AktG ersetze nur die dreijährige subjektive Verjährungsfrist des § 1489 Satz 1 ABGB, lasse jedoch die objektive Verjährungsfrist von 30 Jahren nach Satz 2 dieser Bestimmung unberührt. Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers bewirke seine Entlastung in der Hauptversammlung nicht, dass die Gesellschaft auf die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen verzichtet habe, sei doch dem Minderheitsaktionär nach den Ausführungen des Beklagten die wahre Situation entgegen dessen Interessenlage zugunsten jener des Mehrheitseigentümers aufgrund der Veranlassungen des Beklagten verheimlicht worden. Das Berufungsgericht verwarf den Einwand, der Schaden wäre bei rechtmäßigem Alternativverhalten ebenso eingetreten, sowie jenen des Mitverschuldens. Eine richterliche Mäßigung nach den Vorschriften des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes komme schon deshalb nicht in Frage, weil der Beklagte die Klägerin vorsätzlich geschädigt habe.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob die (subjektive) Verjährungsfrist des § 84 Abs 6 AktG die (objektive) Frist des § 1489 Satz 2 Fall 2 ABGB als lex specialis verdränge, nicht einheitlich und es fraglich sei, ob die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung, die Bindungswirkung der strafgerichtlichen Verurteilung des Beklagten umfasse auch den Mittelabfluss von der B***** alt an die O***** Ltd in Höhe von 80 Millionen USD, mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in Einklang stehe.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin beantwortete, aus den Gründen des § 503 Z 1 bis 4 ZPO erhobene Revision des Beklagten ist zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

1.1. Das Berufungsgericht billigte die Feststellung des Erstgerichts, dass die Kreditvaluta von 80 Millionen USD der O***** Ltd am 28. 10. 1998 zugezählt wurde, zum einen mit der Bindungswirkung des Strafurteils, zum anderen mit der Begründung, dass der Beklagte im Schriftsatz vom 11. 12. 2007 die entscheidungswesentlichen Umstände zugestanden habe. In der vorliegenden Konstellation erstrecke sich die Bindung des Zivilgerichts an das rechtskräftige verurteilende Straferkenntnis auf den einheitlichen Lebenssachverhalt, dem zufolge der Beklagte im Sinn des Strafurteilsfaktums II 2 b einen USD-80-Mio-Mittelabfluss von der B***** alt an die O***** Ltd bewirkte.

1.2. Der Revisionswerber rügt, infolge der unrichtigen Annahme der (extrem weiten) Bindungswirkung durch das Berufungsgericht seien die Revisionsgründe gemäß § 503 Z 1, 2 und Z 4 verwirklicht.

1.3. Die behaupteten Verstöße unterliegen nicht der revisionsgerichtlichen Überprüfung:

1.4. Bei der Bindung der Zivilgerichte an ein rechtskräftiges verurteilendes Strafurteil handelt es sich um eine reine Verfahrensfrage (1 Ob 612/95; vgl 7 Ob 93/14y = RIS‑Justiz RS0042981 [T27]). Ein Verstoß gegen die Bindungswirkung des rechtskräftigen verurteilenden Strafurteils bewirkt eine nicht im Katalog der Nichtigkeitsgründe des § 477 ZPO genannte Nichtigkeit (1 Ob 612/95).

1.5. Das Erstgericht führte im Rahmen der rechtlichen Beurteilung unter Punkt 3. „Bindungswirkung des Straferkenntnisses“ aus, dass im Straferkenntnis rechtskräftige Feststellungen zum Mittelabfluss bei der Kreditgewährung an die O***** Ltd vorlägen. Der Beklagte habe den Untreuetatbestand vollendet, und ein konkret bezifferter Schaden sei festgestellt worden. Somit habe der Zivilrichter nicht nur die Tatsache der überschrittenen Wertgrenze an sich, sondern bereits die eingetretene Schadenshöhe zu Lasten der Klägerin feststellen können.

1.6. Das Berufungsgericht verwarf die Berufung wegen Nichtigkeit, die sich darauf gründete, dass das Erstgericht zu Unrecht eine umfassende Bindungswirkung an die strafgerichtliche Verurteilung angenommen und dadurch insbesondere in Ansehung der Schadenshöhe „weitere Nichtigkeitsgründe“ verwirklicht habe, nämlich entgegen Art 6 MRK und Art 83 B‑VG kein faires Verfahren durchgeführt und dem Beklagten „durch die Immunisierung des Sachverständigen [Dr. K*****] bei der Gutachtenerstattung im Strafverfahren“ den gesetzlichen Richter entzogen habe. Es verneinte aber auch die im Zusammenhang mit den Feststellungen des Erstgerichts zur Schadenshöhe in der Berufung gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens.

1.7. Vom Berufungsgericht verneinte Nichtigkeiten des Verfahrens erster Instanz können aber in der Revision ebensowenig bekämpft werden (vgl § 519 Abs 1 ZPO; RIS‑Justiz RS0042981), wie vom Berufungsgericht verneinte Verfahrensmängel erster Instanz (RIS‑Justiz RS0043111; RS0042963). Die Verneinung einer Nichtigkeit kann in dritter Instanz weder als Nichtigkeit des Berufungsurteils (5 Ob 174/08m; 9 Ob 22/11t) noch als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens oder unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache geltend gemacht werden (6 Ob 1/09d; 7 Ob 93/14y). Die Verneinung einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz durch das Berufungsgericht kann nicht durch die Behauptung umgangen werden, das Berufungsverfahren sei ‑ weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei ‑ mangelhaft geblieben (6 Ob 23/10s = RIS‑Justiz RS0042963 [T58]).

1.8. Im Übrigen ist ‑ wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte ‑ die Tatsache unstrittig, dass die Höhe des der O***** Ltd gewährten Kredits 80 Millionen USD betrug.

2.1. Das Berufungsgericht hat sich ‑ wie schon das Erstgericht ‑ bei der Beurteilung der Frage des Übergangs der Schadenersatzforderung der B***** alt auf die Klägerin der Auslegung des Spaltungsplans im Spaltungs‑ und Übernahmevertrag vom 1. 8. 2005 im Verfahren der A***** (= B***** alt) gegen den Beklagten (12 Cg 148/06v des Erstgerichts) durch das Oberlandesgericht Wien in der Berufungsentscheidung (1 R 203/07s) angeschlossen und dessen Begründung in diesem Punkt wörtlich wiedergegeben. Entgegen der Rüge des Beklagten, diese Vorgangsweise begründe als Verstoß gegen Art 83 B‑VG Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung, verwirklicht sie keinen dieser Revisionsgründe.

2.2. Gründe gegen die zutreffende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Schadenersatzforderung der B***** alt auf die Klägerin als ihre Gesamtnachfolgerin übergegangen ist, führt die Revision nicht aus.

3. Verfahrensmängel und Aktenwidrigkeiten, die in der Revision behauptet und in der Revisionsentscheidung nicht ausdrücklich behandelt werden, sind, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, nicht gegeben (§ 510 Abs 3 ZPO).

4.1. Mit der Entscheidung des verstärkten Senats 1 Ob 612/95 (SZ 68/195; RIS‑Justiz RS0074219), an der der erkennende Senat festhält, sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass sich niemand im nachfolgenden Rechtsstreit einer anderen Partei gegenüber darauf berufen kann, dass er eine Tat, derentwegen er strafgerichtlich verurteilt wurde, nicht begangen habe, gleichviel ob der andere am Strafverfahren beteiligt war oder in welcher verfahrensrechtlichen Stellung er dort aufgetreten ist. Die Bindungswirkung wird aus der materiellen Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung abgeleitet. Das Strafurteil bindet das Zivilgericht in dem in der Entscheidung des verstärkten Senats festgelegten Umfang unabhängig davon, ob es materiell richtig ist (4 Ob 311/97g). Maßgebend für die Beurteilung der Bindungswirkung ist in erster Linie der Spruch des rechtskräftigen verurteilenden Straferkenntnisses, während den Entscheidungsgründen in der Regel nur eine Hilfsfunktion für die Auslegung seiner Tragweite zukommt (2 Ob 46/10v). Der Schuldspruch wird in allen seinen Teilen der Rechtskraft teilhaft, also nicht bloß in der Feststellung der strafbaren Handlung nach deren objektiven Merkmalen, sondern auch in der Feststellung der konkreten Sachverhaltselemente und umfasst auch die rechtliche Subsumtion unter einen bestimmten Straftatbestand (RIS‑Justiz RS0074219 [T15]). Der Zivilrichter darf keine vom Strafurteil abweichende Feststellungen über den Nachweis der strafbaren Handlung und ihre Folgen treffen (RIS‑Justiz RS0074219 [T13]; vgl RIS‑Justiz RS0112232). Solange das strafgerichtliche Erkenntnis nicht beseitigt ist, hat das Zivilgericht bindend davon auszugehen, dass der Verurteilte die im Strafurteil festgestellte Tat tatsächlich begangen hat (RIS‑Justiz RS0074219 [T28]). Dass der Beklagte die Wiederaufnahme des Strafverfahrens beantragt hat, ist ‑ da sie nach der Aktenlage den Schuldspruch noch nicht beseitigt hat ‑ demnach ohne Relevanz.

4.2. Der Beklagte wurde wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 StGB verurteilt. Charakteristikum des Straftatbestands der Untreue ist, dass der Vermögensnachteil demjenigen, über dessen Vermögen der Täter verfügt, oder den zu verpflichten er befugt ist, erwächst (15 Os 159/96 SSt 62/113; 14 Os 124/03 SSt 2003/80). Auch der Vorsatz muss sich darauf beziehen, gerade dem Geschäftsherrn (und nicht einem Dritten) den Vermögensnachteil zuzufügen (15 Os 135/13m). Bei wirtschaftlich unvertretbaren Investitions- und Risikogeschäften tritt der strafrechtlich relevante Schaden im Zeitpunkt des Geldabflusses aus der Sphäre des Machtgebers ein. Bei Missbrauch einer Befugnis zur Kreditvergabe hängt der Vermögensnachteil von der Einbringlichkeit der Rückforderung im Zeitpunkt der Kreditschuldentstehung ab (14 Os 143/09z mwN). Bonität des Schuldners lässt keinen Schaden entstehen, wogegen wirtschaftliche Unvertretbarkeit der Kreditzuzählung zu einem Nachteil in Höhe der Kreditsumme führt, selbst wenn Rückzahlungen erfolgen, die dann den Charakter bloßer nachträglicher Schadensminderung haben (11 Os 106/96).

4.3. Nach dem eingangs wiedergegebenen Inhalt des Schuldspruchs hat der Beklagte durch wissentlichen Missbrauch der ihm von der B***** alt eingeräumten Vertretungsbefugnis dieser durch die Gewährung eines Kredits von 80 Millionen USD über die B***** I***** F***** Ltd an die O***** Ltd vorsätzlich einen Schaden in Höhe der Kreditvaluta zugefügt. Es steht demnach für den vorliegenden Schadenersatzprozess für die Zivilgerichte bindend fest, dass durch die strafbare Handlung, derentwegen der Beklagte verurteilt wurde, die B***** alt und nicht ‑ wie der Revisionswerber meint ‑ die Konzerngesellschaft B***** I***** F***** Ltd, deren Schaden die Klägerin geltend mache, geschädigt wurde. Die in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und die Ausführungen unter Punkt 8. „Verstoß gegen Einlagenrückgewähr/Kapitalerhaltung“ der Revision sind schon aus diesem Grund nicht berechtigt oder nicht relevant.

4.4. Aus der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 2 Ob 101/12k (zu dieser Klicka, Was bleibt vom verstärkten Senat SZ 68/195 zur Bindung an Straferkenntnisse im Zivilverfahren?, ÖJZ 2013/77) ist für den Beklagten nichts zu gewinnen. In Fortschreibung seiner Rechtsprechung (2 Ob 257/97a; RIS‑Justiz RS0110240) sprach der 2. Senat aus, dass für den Bereich der Kfz‑Haftpflichtversicherung wegen des sonst infolge § 28 KHVG drohenden Rechtskraftkonflikts eine Bindung an die strafgerichtliche Verurteilung des versicherten Lenkers im Allgemeinen unabhängig davon nicht bestehe, wen der Geschädigte klageweise in Anspruch nimmt und wann das geschieht. Nur wenn auszuschließen sei, dass es noch zu einem das Klagebegehren abweisenden Urteil zugunsten des Versicherers kommen könne, wäre dem versicherten Lenker der Einwand, er habe die Tat, derentwegen er strafgerichtlich verurteilt wurde, nicht begangen, verwehrt.

4.5. Der Beklagte meint, es könnten auch in seinem Fall die Erkenntnisse von Straf‑ und Zivilgerichten miteinander kollidieren. Es sei nämlich mangels unzweifelhafter Klärung der Aktivlegitimation der Klägerin nicht ausgeschlossen, dass auch andere Gesellschaften des B*****-Konzerns Ansprüche gegen den Beklagten erheben könnten. Die Frage der Aktivlegimitation der Klägerin hat nichts mit der Bindungswirkung des gegen den Beklagten ergangenen Strafurteils zu tun. Die Aktivlegitimation der Klägerin wurde bejaht. Hielte ein Gericht eine andere Gesellschaft des B*****-Konzerns für denselben Schaden allein ersatzberechtigt, würden zivilgerichtliche Entscheidungen kollidieren und der Kläger hätte auch in diesem Prozess die Tatbegehung nicht leugnen können.

5.1. Schaden iSd § 1293 ABGB ist nach ständiger Rechtsprechung, der das Berufungsgericht folgte, jeder Zustand, der rechtlich als Nachteil aufzufassen ist, an dem also ein geringeres rechtliches Interesse als am bisherigen Zustand besteht (RIS‑Justiz RS0022537). Nachteil am Vermögen ist somit jede Minderung am Vermögen, der kein volles Äquivalent gegenübersteht. So kann der unmittelbaren Verfügung über einen präsenten Bargeldbetrag eine gleich hohe Geldforderung grundsätzlich schon deshalb nicht gleichgehalten werden, weil sie mit dem Risiko der Einbringlichkeit bzw der Rechtsverfolgung belastet ist (1 Ob 601/93; 9 ObA 2300/96t SZ 70/104; 9 Ob 43/00i ua). Ein Vermögensnachteil läge nur dann nicht vor, wenn der Schuldner im Stande wäre, seine Verbindlichkeit unverzüglich abzutragen (6 Ob 103/08b mwN). Infolge der Verurteilung des Beklagten wegen Untreue steht für die Zivilgerichte aber bindend fest, dass der Kreditnehmer keine Bonität hatte.

5.2. Die Behauptungs- und Beweislast für die anspruchsvernichtende oder ‑mindernde Tatsache der gänzlichen oder teilweisen Tilgung in einem Ausmaß, dass der 80 Millionen USD Kredit in geringerer Höhe als der Klagsbetrag aushaftet, trägt der Beklagte. Konkrete Behauptungen stellte er indes nicht auf.

6.1. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers ist der deliktische Schadenersatzanspruch (§ 1295 Abs 1, § 1311 Satz 2 Fall 2 ABGB iVm § 153 StGB), den die Klägerin geltend macht, nicht verjährt. § 153 StGB verbietet den Befugnismissbrauch und bezweckt damit den Schutz der Vermögensinteressen des Befugnisgebers vor den Gefahren der Vollmacht für den Vollmachtgeber (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK² StGB § 153 Rz 36; Karollus, Schutzgesetzverletzung, 346 FN 43). § 153 StGB ist ein Schutzgesetz zugunsten des Befugnisgebers.

6.1.1. Der erkennende Senat billigt die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass sich die Verjährung dieses nach dem ABGB geltend gemachten deliktischen Anspruchs nach § 1489 ABGB und nicht nach § 84 Abs 6 AktG richtet (8 Ob 276/66; Koziol, Haftpflichtrecht I³ Rz 17/18; ders Grundfragen des Schadenersatzrechts Rz 4/29; vgl Schopper/Walch, Unternehmensrechtliche Verjährungsregeln und ihr Verhältnis zum allgemeinen Zivilrecht, ÖBA 2013, 418, 428; Reich-Rohrwig in Straube, GmbHG § 25 Rz 218; Strasser in Jabornegg/Strasser 5,AktG §§ 77‑84 Rz 110; Wendehorst, Verjährung bei der Haftung des Abschlussprüfers ‑ Probleme durch ein deutsch-österreichisches Rechtstransplantat, in FS Straube 233, 247 f; vgl BGH VI ZR 282/85 NJW 1987, 2008).

6.2.1. Der Beklagte stützt seine Auffassung, dass § 84 Abs 6 AktG § 1489 Satz 2 2. Fall ABGB verdränge, auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 2 Ob 356/74 (SZ 48/79).

6.2.2. Nach § 84 Abs 6 AktG verjährt ein Schadenersatzanspruch aus der Verletzung von Pflichten eines Vorstandsmitglieds (§ 84 Abs 2 und Abs 3 AktG) in fünf Jahren. Die Klägerin leitet aber ihren Anspruch nicht aus § 84 Abs 2 AktG ab, sondern stützt sich auf den deliktischen Schadenersatzanspruch.

6.3.1. In der Entscheidung 2 Ob 356/74 (SZ 48/79) sprach der Oberste Gerichtshof aus, § 84 Abs 6 AktG 1937, ebenso § 84 Abs 6 AktG 1965, sage nichts über den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist aus. Es müsse auf die grundsätzliche Verjährungsfrist des § 1489 ABGB zurückgegriffen werden. Demnach komme es auf den Zeitpunkt an, zu dem der Schaden und die Person des Schädigers dem Geschädigten bekannt geworden seien. Die von der beklagten Aktiengesellschaft geltend gemachten Gegenforderungen hätten zur Gänze ihren Entstehungsgrund in einem pflichtwidrigen Verhalten des Klägers, zu dem er nur kraft seiner besonderen Stellung als Mitglied des Vorstands in der Lage gewesen und das typisch mit der Verletzung seiner besonderen Pflichten als Organvertreter verbunden gewesen sei. Ungeachtet einer allfälligen Qualifikation seines zur Begründung des Schadenersatzbegehrens behaupteten deliktischen Verhaltens als Verbrechen im Sinn des StG komme deshalb nicht die Verjährungsfrist des § 1489 Satz 2 Fall 2 ABGB in Betracht „(vgl. HS 5534)“, denn das Aktiengesetz verdränge „in diesem Bereich“ als lex specialis das Verjährungsrecht des allgemeinen bürgerlichen Rechts, wie dies vergleichsweise auch bei Schadenersatzansprüchen nach dem Amtshaftungsgesetz (§ 6 Abs 1 Satz 2 AHG) der Fall sei.

6.3.2 Der Entscheidung 8 Ob 276/66 des Obersten Gerichtshofs (teilweise veröffentlicht in HS 5534), auf die 2 Ob 356/74 Bezug nimmt, liegt der Anspruch einer Aktiengesellschaft gegen ihren früheren Vorstandsvorsitzenden auf Ersatz eines durch das von ihm in dieser Eigenschaft durch Handlungen in der Zeit von 1950 bis 1954 begangene Verbrechen der Untreue nach § 205 c StG verursachten Schadens zugrunde. Der Oberste Gerichtshof führte darin aus, dass die Vorinstanzen zu Recht § 1489 Satz 2 Fall 2 ABGB herangezogen hätten und dem Beklagten nicht darin gefolgt werden könne, § 84 Abs 6 AktG 1937 schließe als lex specialis die Anwendung des § 1489 ABGB aus. Dann nämlich, wenn die Handlung des Vorstandsmitglieds ohne Rücksicht auf diese Eigenschaft selbständig den Tatbestand einer unerlaubten Handlung begründe, gelte für diesen Tatbestand die Verjährungsfrist für unerlaubte Handlungen, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1489 letzter Satz ABGB also die dort vorgesehene 30‑jährige Verjährungsfrist. Versteht man die Wendung „ohne Rücksicht auf die Eigenschaft als Vorstandsmitglied“ so wie die Entscheidung 2 Ob 356/74, wäre die Entscheidung in sich widersprüchlich. Die vom dortigen Beklagten begangene Untreue erforderte ja, dass er bei der Tatbegehung Vorstandsmitglied der geschädigten Aktiengesellschaft war und das vertragliche Schuldverhältnis zur Aktiengesellschaft verletzte.

6.4. Die in der Entscheidung 2 Ob 356/74 vertretene Auffassung, die fünfjährige Verjährung nach § 84 Abs 6 AktG schließe auch die Anwendung der langen Verjährungsfrist des § 1489 Satz 2 Fall 2 ABGB bei Handlungen aus, die unabhängig von der Verletzung der Vertragspflicht keine unerlaubte Handlung sein würden, hält der erkennende Senat nicht aufrecht:

6.4.1. Der in der Entscheidung angestellte Vergleich mit der Bestimmung des § 6 Abs 1 Satz 2 AHG überzeugt nicht, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte. Diese Norm sieht vor, dass der Ersatzanspruch erst nach zehn Jahren nach der Entstehung verjährt, wenn er aus einer gerichtlich strafbaren Handlung entstanden ist, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist. Diese Abweichung von § 1489 Satz 2 Fall 2 ABGB ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sachlich gerechtfertigt, weil das Amtshaftungsrecht als besonderes Schadenersatzrecht unter anderem dadurch gekennzeichnet ist, dass der Geschädigte nicht den Schädiger selbst, sondern die Haftung eines Dritten, des Rechtsträgers, in Anspruch nimmt (1 Ob 151/98g mwN). § 84 AktG enthält keine vergleichbare Regelung für den Fall strafgesetzwidriger Schadenszufügung.

6.4.2. Auszugehen ist davon, dass ‑ soweit sich nichts anderes aus Sinn und Zweck der Norm ableiten lässt ‑ innerhalb der sich aus dem Vertragsrecht ergebenden kurzen Verjährungsfrist nur der nach vertraglichen Grundsätzen zu beurteilende Ersatzanspruch verjährt, nach Ablauf dieser Frist jedoch noch der deliktische Schadenersatzanspruch geltend gemacht werden kann. Es wäre nicht einzusehen, warum ein deliktisch Handelnder deshalb begünstigt werden sollte, weil er zum Geschädigten in einem Vertragsverhältnis steht (2 Ob 606/84; 5 Ob 568/85 SZ 59/147; Koziol, Haftpflichtrecht I³ Rz 17/18; ders Grundfragen des Schadenersatzrechts Rz 4/29).

6.4.3. Nach dem Wortlaut des § 84 Abs 6 AktG erfasst die Bestimmung nur Ansprüche aus Vertragsverletzung (arg: „Ansprüche aus diesen Vorschriften“). Die in der Norm festgesetzte fünfjährige Verjährungsfrist beginnt nach ständiger Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0034715) und einem Teil der Lehre (Strasser in Jabornegg/Strasser 5,AktG §§ 77‑84 Rz 110; Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht Rz 3/421 mwN) ‑ wie die kurze, Ersatzansprüche aus Vertragsverletzung und unerlaubter Handlung gleichermaßen erfassende Verjährungsfrist nach § 1489 Satz 1 ABGB ‑ mit der Kenntnis des Schadens und des Schädigers durch den Beschädigten. Da der Gesellschaft nur im Rahmen der Haftung nach § 84 AktG die Beweislastumkehr des § 84 Abs 2 AktG zu Gute kommt und sie nach Ablauf der Frist zwecks Durchsetzung eines deliktischen Anspruchs das Verschulden des Vorstandsmitglieds nachweisen muss (§ 1296 ABGB), hat die fünfjährige Verjährungsfrist auch bei dem in Punkt 6.4.2. vertretenen Standpunkt ihren guten Sinn (Koziol, Haftpflichtrecht I³ Rz 17/18; ders Grundfragen des Schadenersatzrechts Rz 4/29).

6.4.4. Die in der Entscheidung 2 Ob 356/74 vertretene Auffassung führt zu einer ungerechtfertigten Privilegierung von Organmitgliedern. Begeht ein Organmitglied strafrechtliche Untreue, verhält es sich besonders rechtswidrig. Strafrechtliche Untreue zu Lasten einer Kapitalgesellschaft können aber nicht nur ihre Organmitglieder begehen, sondern alle Personen, denen die Befugnis, über ihr Vermögen zu verfügen, durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder ein Rechtsgeschäft eingeräumt wurde, wobei es nicht erforderlich ist, dass die durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis dem Täter unmittelbar vom geschädigten Machtgeber eingeräumt wurde (RIS‑Justiz RS0094677).

6.5. Da die 30‑jährige Verjährungsfrist nach § 1489 Satz 2 Fall 2 ABGB im vorliegenden Fall nicht abgelaufen ist, muss auf die in der Entscheidung 1 Ob 120/10v (EvBl 2011/2 [krit Madl/Perner]) vertretene Auffassung nicht eingegangen werden, auch die lange Frist des § 1489 Satz 2 ABGB falle unter § 1485 Abs 2 ABGB, sodass die 30‑jährige Verjährungsfrist auch bei Schädigung einer juristischen Person Anwendung findet und das Privileg in § 1472 ABGB nicht gilt.

7.1. Zu Unrecht rügt die Revision, die Urteile der Vorinstanzen seien mit Feststellungsmängel aufgrund unrichtiger Beurteilung seiner Einwendung, jeglicher Schadenersatzanspruch sei wegen seiner Entlastung abgeschnitten, behaftet.

7.1.1. Der Beklagte behauptete (ON 18 S 94 f), zumindest der Aufsichtsratspräsident und der Vertreter des Mehrheitseigentümers hätten von den Verlusten „aus den verfahrensgegenständlichen Sondergeschäften zeitnahe Bescheid“ gewusst. Wenn ihm „also die Hauptversammlung unter mehrheitlicher Beteiligung des späteren Alleinaktionärs (Ö*****)“ der B***** alt die uneingeschränkte Entlastung ausgesprochen habe, so sei der Klägerin gemäß § 104 AktG jeglicher Schadenersatzanspruch abgeschnitten worden. „Die diskrete Behandlung der Sondergeschäfte“ sei auch im zentralen Interesse des Ö***** gewesen. Wären die Sondergeschäfte publik geworden, so hätten die Verluste zu einer Kürzung der Dividende geführt, auf die der Ö***** zur Aufrechterhaltung seines Geschäftsbetriebs angewiesen gewesen sei. Zum anderen sei es die erklärte Absicht des Minderheitsaktionärs gewesen, die Mehrheit an der B***** alt zu übernehmen. Dazu hätte bei Auffliegen der Verluste die Möglichkeit bestanden, weil der Ö***** kein Kapital habe einschießen können oder wollen, der Minderheitsaktionär aber schon. Eine Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse habe der Ö***** aber vermeiden wollen.

7.2. Die Hauptversammlung beschließt alljährlich in den ersten acht Monaten des Geschäftsjahrs über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und der Mitglieder des Aufsichtsrats (§ 104 Abs 1 AktG). Durch die Erteilung der Entlastung billigt die Hauptversammlung für eine abgelaufene Periode pauschal die Geschäftsführung und ihre Kontrolle durch die dazu berufenen Gesellschaftsorgane (6 Ob 28/08y; Bydlinski/Potyka in Jabornegg/Strasser 5,AktG § 104 Rz 31). Im Hinblick auf § 84 Abs 4 Satz 3 AktG, wonach die Gesellschaft die ihr gegen die Mitglieder der Verwaltungsorgane aus dem Titel der Pflichtverletzung zustehenden Ersatzansprüche zunächst fünf Jahre hindurch überhaupt nicht und später nur unter erschwerten Bedingungen ganz oder teilweise nachsehen kann, bedeutet die Entlastung aber nicht einen Verzicht auf derartige Ansprüche (6 Ob 28/08y; Bydlinski/Potyka aaO). Nur einer von allen Aktionären beschlossenen Entlastung wird in der Entscheidung 2 Ob 356/74 vom Obersten Gerichtshof mit der Begründung, dass diesfalls der Schutzzweck der Bestimmung des § 84 Abs 4 Satz 3 AktG ‑ Schutz der Minderheitsaktionäre ‑ nicht Platz greift, die Wirkung eines Verzichts der Gesellschaft auf Ersatzansprüche gegen die entlasteten Verwaltungsorgane zuerkannt (zust Frotz, FS Wagner 153; C. Nowotny in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG § 84 Rz 33; Kastner/Doralt/Nowotny, Gesellschaftsrecht5 239; aA Strasser in Jabornegg/Strasser 5,AktG §§ 77 ‑ 84 Rz 112 mwN). Auf diese strittige Frage und auf die Frage, ob die Gesellschaft wirksam auf einen Anspruch aus einer strafbaren Untreuehandlung verzichten kann, muss nicht eingegangen werden. Voraussetzung für einen konkludenten Verzicht auf Ersatzansprüche durch Hauptversammlungsbeschluss ist auch in diesem Fall, dass den Aktionären die Tatsachen, die die Ersatzpflicht begründen, zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bekannt sind oder bei sorgfältiger Prüfung der ihnen zugänglichen Unterlagen bekannt sein mussten (2 Ob 356/74; vgl Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht Rz 3/419). Diese Voraussetzungen hat der Beklagte aber nicht dargetan. Seinem Vorbringen lässt sich zum einen nicht hinreichend bestimmt entnehmen, dass der Minderheitsaktionär der Entlastung zustimmte. Zum anderen wurde nicht konkret behauptet, dass beiden Aktionären die Tatsachen, die die Untreuehandlung des Beklagten begründeten, bekannt waren oder aufgrund welcher ihnen zugänglicher Unterlagen diese hätten bekannt sein müssen. Das Wissen um Verluste genügt für sich allein nicht. Es ist bloß die Kenntnis einer eingetretenen Vermögensminderung.

8.1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Verneinung der Berechtigung des Einwands des rechtmäßigen Alternativverhaltens. Zu Unrecht behauptet sie Feststellungsmängel aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

8.1.1. Der Beklagte brachte vor, der durch die Kreditvergabe eingetretene Schaden wäre auch bei vorschriftsmäßigem Verhalten eingetreten. Es sei zu berücksichtigen, dass durch die Kreditvergabe Sicherheiten sowie „sonstige Vorteile“ erlangt und Schadenrisiken vermieden wurden.

8.2. Bei der Frage des rechtmäßigen Alternativverhaltens geht es darum, ob ein rechtswidrig handelnder Täter selbst dann für den verursachten Schaden zu haften hat, wenn er denselben Nachteil durch ein rechtmäßiges Verhalten herbeigeführt hätte. Es kommt zu einer Haftungsfreistellung des rechtswidrig handelnden Täters, wenn er denselben Nachteil auch durch ein rechtmäßiges Verhalten herbeigeführt hätte. Abzustellen ist darauf, dass derselbe rechnerische Schaden entstanden wäre; Unterschiede beim realen Schaden sind bedeutungslos (RIS‑Justiz RS0111706).

8.3. Ob die Einrede rechtmäßigen Alternativverhaltens beachtlich ist und zu einer Haftungsbefreiung des Täters führt, kann nur durch eine Auslegung des Zwecks der jeweils verletzten Norm ermittelt werden (RIS‑Justiz RS0027498 [T2]).

8.4. Der Straftatbestand der Untreue schützt die Vermögensinteressen des Machtgebers. Er soll eine Minderung seines Vermögens durch wissentlichen Missbrauch der dem Machthaber eingeräumten Verfügungsbefugnis und vorsätzliche Schädigung verhindern. Wer strafrechtliche Untreue begeht, hält wissentlich Verhaltensanordnungen nicht ein, entscheidet sich bewusst für das verbotene Verhalten und schädigt vorsätzlich. Er handelt grob rechtswidrig. Dem Sanktions‑ und Präventionsgedanken des Schadenersatzrechts kommt in diesem Fall erhöhtes Gewicht zu, sodass eine volle Haftung des Täters gerechtfertigt ist (vgl Koziol, Grundfragen Rz 7/34; vgl in diesem Zusammenhang auch RIS‑Justiz RS0111706 [T3]).

8.5. Der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens ist im vorliegenden Fall schon deshalb unbeachtlich, weil die vom Beklagten geltend gemachten Vorteile seines Verhaltens ohnehin bei der Ermittlung des rechnerischen Schadens nach § 153 StGB zu berücksichtigen sind (Kirchbacher/Presslauer in WK² StGB § 153 Rz 39). Im Übrigen hat der Beklagte seinen Einwand nicht ausreichend konkretisiert.

9.1. Der Beklagte behauptete (ON 42 S 5), dass sich die Klägerin nicht ausreichend gegen die Verwertung der ihr verpfändeten Sicherheiten durch Dr. F***** gewehrt habe, sodass die Klägerin ein Mitverschulden treffe.

9.1.1. Das Berufungsgerichts verneinte, dass das Unterbleiben von Beweisaufnahmen zu dieser Behauptung einen Mangel des Verfahrens erster Instanz bilde, weil das Vorbringen des Beklagten nicht ausreichend konkret sei. Der Einwand des Beklagten ist schon deshalb unbeachtlich, weil er nicht einmal behauptet hat, die Verwertung der von ihm nicht konkretisierten Sicherheiten hätte den Schaden auf weniger als den Klagsbetrag gemindert.

9.2. Dass andere Organwalter der B***** alt an der Handlung des Beklagten mitwirkten, führt nicht dazu, dass er dem Schadenersatzanspruch der Gesellschaft das Verschulden anderer Vorstandsmitglieder als Mitverschulden (§ 1304 ABGB) entgegenhalten kann. Dies widerspräche dem Sinn der in § 84 Abs 2 AktG und der für vorsätzliche Schädigung in § 1302 ABGB normierten Solidarhaftung der Täter (Reich‑Rohrwig in Straube, GmbHG § 25 Rz 184).

10. Die begehrte, von den Vorinstanzen aber mangels der Voraussetzungen abgelehnte richterliche Mäßigung nach dem Dienstnehmerhaftpflichtgesetz hält der Beklagte in der Revision nicht mehr aufrecht.

11. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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