OGH 1Ob601/93

OGH1Ob601/9316.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Walter P*****, vertreten durch Dr.Peter Fichtenbauer und Dr. Klaus Krebs, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Dr. Gerold K*****, vertreten durch Dr. Heimo Puschner und Dr. Johannes Poigner, Rechtsanwälte in Wien, und 2. Verlassenschaft nach Paula W*****, vertreten durch den erbserklärten Erben Martin H*****, vertreten durch Dr. Josef W. Deitzer, Rechtsanwalt in Schwechat, und des Nebenintervenienten auf seiten der erstbeklagten Partei Dr. Erhard C*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,776.836,40 s.A., infolge Rekurses der erstbeklagten Partei und des Nebenintervenienten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 19. Jänner 1993, GZ 12 R 261/92-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Teilurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 12. Juni 1992, GZ 28 Cg 76/91-11, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Beiden Rekursen wird Folge gegeben.

Der berufungsgerichtliche Aufhebungsbeschluß wird dahin abgeändert, daß das erstinstanzliche Teilurteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit S 108.094,05 (darin S 10.009,51 Umsatzsteuer und S 48.040,-- Barauslagen) sowie dem Nebenintervenienten die mit S 108.118,80 (darin S 10.012,20 Umsatzsteuer und S 48.042,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrte die Verurteilung beider beklagter Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 1,776.836,40 und brachte hiezu vor, die Erblasserin der zweitbeklagten Partei habe ihn durch den erbserklärten Erben, ihren Generalbevollmächtigten, 1984 mit der Errichtung von Eigentumswohnungen auf verschiedenen, in ihrem Alleineigentum stehenden Grundstücken beauftragt. Aufgrund der in der Klage näher erläuterten Abrechnung hafte der Klagsbetrag als noch offener Werklohn aus. Dem Erstbeklagten seien bei der Errichtung eines Vertrags im Zusammenhang mit den angeführten Werkleistungen Fehler unterlaufen. An sich hätte das Bauvorhaben durch die laufende Veräußerung von Eigentumswohnungen finanziert werden, der Kläger hätte daher mit seinen Bauleistungen in Vorlage treten und über die erbrachten Leistungen jeweils Teilrechnung legen sollen. Um ihn gegen die Folgen der etwaigen Zahlungsunfähigkeit der Erblasserin abzusichern, hätten sich diese und der Kläger an den Nebenintervenienten, damals Substitut des Erstbeklagten, gewandt und seien danach übereingekommen, daß der Kläger zu seiner Absicherung die zum maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht an Dritte veräußerten Liegenschaftsanteile zu günstigen Bedingungen selbst zu erwerben berechtigt sein sollte. Der Nebenintervenient sei mit der rechtlichen Ausformung dieser Vereinbarung betraut worden und habe einen am 9.7.1984 unterzeichneten Optionsvertrag verfaßt. Nach Punkt VI dieses Vertrages sollte der Kläger berechtigt sein, bei Zahlungsverzug der Erblasserin die restlichen Anteile an der Liegenschaft zu näher festgelegten Konditionen zu erwerben. Der Kläger sei jedoch vom Nebenintervenienten nicht darüber aufgeklärt worden, daß die Erblasserin aufgrund dieser Vereinbarung nicht verpflichtet gewesen sei, zumindest Teile der Liegenschaft lastenfrei zu halten. Zur Erreichung des angestrebten wirtschaftlichen Zwecks der Vereinbarung - der Absicherung des Klägers bei Zahlungsverzug der Erblasserin - wäre eine entsprechende Vertragsbestimmung unerläßlich gewesen. Tatsächlich habe die Erblasserin, als sie in Zahlungsschwierigkeiten geraten sei, Kredite in Millionenhöhe aufgenommen und dafür die gesamte Liegenschaft verpfändet, sodaß der Kläger die angestrebte finanzielle Sicherung nicht erreicht habe.

Der Erstbeklagte wendete insbesondere Verjährung ein. Der Kläger habe bereits nach seinem Vorbringen im einem 1987 gegen ihn vom Erstbeklagten anhängig gemachten Rechtsstreit den behaupteten Kunstfehler ebenso gekannt wie die Tatsache, daß er seine Forderung gegen die Erblasserin nicht werde einbringlich machen können. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sei die dreijährige Verjährungfrist in Gang gesetzt worden und daher bei Einbringung der Klage am 4.4.1991 bereits abgelaufen gewesen.

Das Erstgericht wies das gegen den Erstbeklagten gerichtete Klagebegehren mit Teilurteil ab.

Es stellte fest, der Kläger habe im Rechtsstreit, den der Erstbeklagte zur Geltendmachung aller Kosten und Gebühren für die Errichtung des von dem Nebenintervenienten als seinem Substituten verfaßten Optionsvertrag vom 9.7.1984 eingeleitet habe, bei der Verhandlungstagsatzung vom 15.10.1987 in Bestreitung des Klagebegehrens lediglich dem Grunde nach wie folgt vorgebracht:

„... Dem Kläger sei ein Kunstfehler unterlaufen. Es sei eine Option vereinbart worden, derzufolge die Übernahme von Grundstücksanteilen durch den Beklagten vorgesehen gewesen sei. Dies für den Fall des Zahlungsverzugs der Auftraggeberin (... der Erblasserin ...). Auf Punkt VI der Vereinbarung Beilage A werde verwiesen.

Der Kläger habe jedoch übersehen, daß die „lastenfreie“ Übernahme der Grundstücksanteile vereinbart hätte werden sollen.

Da nun die Grundstücksanteile schwer belastet seien, sei es dem Beklagten nicht möglich, seine Option auszuüben. Überdies sei dem Beklagten ein Schaden entstanden, welcher bis zur Höhe der Klagsforderung compensando gegen diese eingewendet werde. Die Auftraggeberin ... sei in Zahlungsverzug geraten und befinde sich offensichtlich ... in großen Zahlungsschwierigkeiten. Der Beklagte könne aus den erwähnten Gründen seine Option jedoch nicht ausnützen.“

Dem Kläger sei somit jedenfalls am 15.10.1987 „oder schon früher“ bekannt gewesen, daß seine „vermeintlichen“ Forderungen gegen die Erblasserin bzw. die zweitbeklagte Partei nicht realisiert werden könnten und daß ihm daraus ein Schaden erwachsen könne. Dem Kläger sei seit diesem Zeitpunkt die Person des „vermeintlichen“ Schädigers und das „vermeintliche“ schadensstiftende Ereignis bekannt, die Klage sei jedoch erst am 4.4.1991 eingebracht worden. Dem Kläger sei somit damals bewußt gewesen, daß seine Forderung gegen seine Vertragspartnerin fällig und deren Einbringlichkeit gefährdet war. Die den Rechtsstreit beendende berufungsgerichtliche Entscheidung sei den Parteien am 16.3.1990 zugestellt worden.

Rechtlich schloß das Erstgericht daraus, daß die Schadenersatzforderung des Klägers gegen den Erstbeklagten verjährt sei.

Das Gericht zweiter Instanz hob das bekämpfte Teilurteil auf, verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es führte aus, die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB beginne zu laufen, wenn der Ersatzberechtigte den Schaden und den Ersatzpflichtigen so weit kenne, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg angebracht werden könne. Daß dem Kläger die Person des Ersatzpflichtigen und der beanstandete Kunstfehler jedenfalls schon am 15.10.1987 bekannt waren, bedürfe keiner Erörterung. Zu prüfen sei lediglich, wann der Schaden eingetreten sei. Für den Beginn der kurzen Verjährungsfrist sei die genaue ziffernmäßige Kenntnis der Schadenshöhe nicht erforderlich, der Schaden müsse nur so weit überblickbar sein, daß eine Leistungsklage mit Erfolg angestrengt werden könne. Der Kläger mache als Schaden geltend, daß ihm die relative leichte und sichere Möglichkeit, den gesamten Werklohn einbringlich zu machen, durch einen Fehler des Erstbeklagten entzogen worden sei. Die dreijährige Verjährungsfrist sei daher von dem Zeitpunkt an zu berechnen, in dem der Kläger von der Uneinbringlichkeit seiner restlichen Werklohnforderung Kenntnis erlangt habe. Über diesen Zeitpunkt habe das Erstgericht jedoch keine Feststellungen getroffen. Der Kläger sei im Vorprozeß am 12.4.1988 bei seiner Parteienvernehmung noch von einer möglichen Abdeckung durch die Erblasserin ausgegangen, weil es ihm gelungen sei, Wohnbauförderungsmittel von 5,9 Mio. S flüssig zu machen und die Verkaufsaussichten damit wesentlich zu verbessern. Nach einem Aktenvermerk vom 25.5.1988 habe die zuständige Landesregierung tatsächlich Förderungsmittel von 1,6 Mio. S überwiesen und der erbserklärte Erbe habe zugesagt, den noch offenen Betrag von S 1,138.000,-- durch Kredite abzudecken. Aktenvermerken vom 23.5.1989 und 16.8.1989 seien Vereinbarungen über die Abdeckung des restlichen Werklohns zu entnehmen. Nach dem Klagsvorbringen seien weitere Zahlungen von S 200.000,-- am 30.10.1990 und von S 50.000,-- am 11.12.1990 erfolgt. Würde man diesen Beweisergebnissen folgen, hätte der Kläger bei seiner Vernehmung am 12.4.1988 wohl mit Zahlungsverzögerungen rechnen müssen; der Eintritt eines Schadens durch gänzlichen Ausfall der Forderungen wäre aber keinesfalls wahrscheinlich gewesen. Selbst die von der Lehre abgelehnte Rechtsprechung, nach der künftige vorhersehbare Schäden mit Leistungs- oder Feststellungsklage geltend zu machen seien, um den Eintritt der Verjährung zu verhindern, fordere, daß der künftige Schaden bereits mit Sicherheit vorhergesehen werden könne. Nach den bisherigen Beweisergebnissen könnte dem Kläger ein solches sicheres Wissen um den Ausfall seines Werklohns bei seiner Vernehmung nicht unterstellt werden. Lehre und Rechtsprechung stimmten zwar im „Recht auf eine Feststellungsklage“ überein, differierten jedoch in der Frage der Verpflichtung zur Erhebung dieser Klage. Erst jüngst habe Ertl (ZVR 1993, 33 ff) wieder der Rechtsprechung entgegengehalten, weder die Formel „mit Sicherheit vorhersehbar“ noch jene „mit Wahrscheinlichkeit zu rechnen“ sei exakt genug, um die Gefahr vom Geschädigten abzuwenden, daß die Verjährungsfrist zu seinen Lasten ablaufe. Nach den bisherigen Beweisergebnissen habe der Kläger allenfalls mit Erschwernissen und Verzögerungen rechnen müssen, der Ausfall eines erheblichen Teils seines Werklohns sei aber nicht einmal im groben Umfang als wahrscheinlich zu erwarten gewesen. Das Erstgericht werde daher entsprechende Feststellungen nachzutragen haben. Weiters werde zu prüfen sein, inwieweit die Ansprüche gegen den Erstbeklagten als Vertragsverfasser bloß subsidiär seien, also davon abhingen, daß der Kläger seine Ansprüche gegen die zweitbeklagte Partei nicht durchsetzen könne. Auch in dieser Frage seien sich Rechtsprechung und Lehre nicht einig. Das Berufungsgericht folge der vermittelnden Auffassung in SZ 57/108, nach der der Geschädigte zwar nicht verpflichtet sei, seine Möglichkeit zur Klags- und Exekutionsführung auf jeden Fall auszuüben, sich aber auch nicht darauf beschränken dürfe, den Vertragsverfasser ohne Rücksicht auf die Möglichkeiten zur Einbringung seiner Forderungen beim Vertragspartner in Anspruch zu nehmen. Der Vertragspartner müsse vorher nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Rückabwicklungsanspruch gegen ihn wahrscheinlich ohne Schwierigkeiten durchsetzbar sei. Bei Bedachtnahme auf die schon erörterten Beweisergebnisse hätte der Erstbeklagte am 15.10.1987 berechtigterweise den Einwand erheben können, der Kläger hätte zunächst die Hereinbringung seines Werklohns bei der Erblasserin versuchen müssen. Damals sei der Kläger, folge man den bisherigen Beweisergebnissen, „subjektiv und objektiv der Meinung“ gewesen, er werde im Verhandlungsweg den gesamten offenen Werklohn einbringlich machen können.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Erstbeklagten und vom Nebenintervenienten gegen den Aufhebungsbeschluß erhobenen Rekurse sind - wenigstens im Ergebnis - berechtigt.

Das Erstgericht vertrat die Auffassung, die dreijährige Verjährungsfrist habe spätestens am 15.10.1987 zu laufen begonnen, weil der Kläger an diesem Tag seine Kenntnis der Person des Ersatzpflichtigen und des schadensstiftenden Ereignisses - des dem Nebenintervenienten bei Verfassung des Optionsvertrags unterlaufenen Kunstfehlers - im Einwendungsvorbringen im Vorprozeß mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht habe; das Gericht zweiter Instanz hielt dem unter Berufung auf die herrschende Rechtsprechung entgegen, die kurze Verjährungsfrist (§ 1489 erster Satz ABGB) werde erst in dem Zeitpunkt in Gang gesetzt, in dem der Geschädigte den künftigen Schaden mit Sicherheit habe vorhersehen können. Ob er den Schaden - die mangelnde Einbringlichkeit der offenen Werklohnforderung - im Vorprozeß bereits vorhersehen habe können, werde das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben. Den Erwägungen des Berufungsgerichtes kann indessen nicht beigepflichtet werden:

Wie der erkennende Senat als verstärkter Senat mit Beschluß vom 7.3.1990, 1 Ob 536/90 (= SZ 63/37 = JBl. 1990, 648 (Reischauer) = WBl. 1990, 220 = EvBl. 1990/129 = RdW 1990, 153 = ecolex 1990, 279) in Übereinstimmung mit Lehre und Rechtsprechung (vgl. die Nachweise in dieser Entscheidung) ausgesprochen hat, verjähren gemäß § 1489 ABGB Schadenersatzansprüche in drei Jahren von der Zeit an, zu welcher der Schaden und die Person des Ersatzpflichtigen dem Geschädigten bekannt wurden, gleichviel ob der Schaden durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht wurde. Diese Verjährung wird erst in Gang gesetzt, wenn dem Geschädigten der Eintritt des Schadens - und damit auch der Ursachenzusammenhang - sowie die Person des Ersatzpflichtigen so weit bekannt wurden, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg angestellt werden kann, nur darf der Geschädigte nicht solange zuwarten, bis er im Rechtsstreit zu gewinnen glaubt. Die Kenntnis des Schadens ist ohne Zweifel dann anzunehmen, wenn der Schaden auch schon der Höhe nach bekannt ist, doch ist das nicht erforderlich, weil der Eintritt der Verjährung durch Feststellungsklage verhindert werden kann (SZ 62/150; SZ 56/76 uva; Koziol, Haftpflichtrecht2 I 317 f; Schubert in Rummel, ABGB2 § 1489 Rz 3; Ehrenzweig-Mayrhofer, Schuldrecht, AT3, 348; Apathy, EKHG-Komm. § 17 Rz 2). Die ganz überwiegende Rechtsprechung (DRdA 1992/39 (Apathy-Riedler), DRdA 1980/1 (Koziol), JBl. 1979, 261; ZVR 1979/22; SZ 50/50; SZ 48/27; JBl. 1973, 372; SZ 39/222 uva) knüpft den Beginn der Verjährung nicht erst an den tatsächlichen Schadenseintritt, sondern vertritt unter Berufung auf Klang (in Klang 2 VI 635), Ehrenzweig (System2 II/1, 79) und Gschnitzer, Bürgerliches Recht1, AT, 249) die Auffassung, die dreijährige Verjährungsfrist beginne, solange noch kein tatsächlicher Schaden eingetreten ist, zu laufen, wenn der Eintritt des Schadens für den Geschädigten mit Sicherheit vorhersehbar ist. Eine nähere Begründung für diese Auffassung findet sich - allerdings nur für den Beginn der langen Verjährung (§ 1489 zweiter Satz ABGB) - lediglich in DRdA 1983/12 (mit Glosse von P. Bydlinski): § 1489 ABGB sei gegenüber § 1478 ABGB eine auf die Dritte Teilnovelle zurückgehende Sonderregelung der Verjährung von Schadenersatzansprüchen. Der deshalb möglichen Gefahr, daß damit Schadenersatzansprüche verjähren, ehe sie noch entstanden sind, ist nach dieser Rechtsprechung (ZVR 1989/32; ZVR 1988/83 uva) mit Feststellungsklage zu begegnen.

Diese Rechtsprechung hat die einmütige jüngere Lehre gegen sich. Soweit ersichtlich, hat als erster Koziol, Haftpflichtrecht I1 (1973), 253, die dieser Rechtsprechung zugrundeliegende Auffassung kritisiert: Der Anspruch auf Ersatz eines Schadens setze voraus, daß der Schaden bereits eingetreten sei. § 1489 ABGB fordere auch ausdrücklich die Kenntnis des Schadens, sodaß die Verjährung frühstens mit dessen Eintritt beginnen könne. Sei der Schaden bereits eingetreten, könne die Feststellungsklage erhoben werden, selbst wenn die Auswirkungen des schadensstiftenden Ereignisses in ihrem gesamten Umfang noch nicht absehbar seien. Der Beginn der Verjährung erstrecke sich deshalb auch auf die vom Schädiger zu vertretenden Folgeschäden, soweit diese nur nicht unvorhersehbar seien.

Auch Mayer-Maly trat in ZVR 1977, 97, 98, dafür ein, daß vor dem tatsächlichen Schadenseintritt die Verjährung nicht zu laufen beginnen könne.

In seiner Besprechung zur Entscheidung DRdA 1980/1 setzte Koziol (aaO 33) seine Kritik fort: Schon der Wortlaut des § 1489 ABGB („... der Schade mag ... verursacht worden sein“) setze den Eintritt eines Schadens voraus; vor allem aber knüpfe § 1478 ABGB die Verjährung nur an Rechte, die an sich schon hätten ausgeübt werden können. Fragwürdig sei auch die Nötigung des von einem Schaden Bedrohten, die Feststellungsklage anzubringen, selbst wenn der Schaden in der Folge möglicherweise gar nicht eintreten und daher kein Schadenersatzanspruch entstehen wird, weil er sonst Gefahr laufe, daß das Gericht - tritt der Schaden doch ein - im nachhinein dessen Eintritt als mit Sicherheit vorhersehbar ansieht. Die Formel „mit Sicherheit vorhersehbar“ sei zu unbestimmt, um dem vom Schaden Bedrohten den Beginn der Verjährung verläßlich erkennen zu lassen. Auch das deutsche und das schweizerische Recht knüpften die kurze Verjährung an den Schadenseintritt.

Auch Schubert in Rummel aaO Rz 3 zu § 1489 hält die von der Rechtsprechung vertretene Auffassung für bedenklich: Verlange § 1489 ABGB die Kenntnis des Schadens, so könne die Verjährung frühestens mit dem Schadenseintritt beginnen. Auch § 1478 ABGB setze für den Beginn der Verjährung voraus, daß das Recht schon hätte ausgeübt werden können.

P. Bydlinski verteidigte die Kritik Koziols gegen Ausführungen in der Entscheidung DRdA 1983/12 (in DRdA 1983, 188; vgl. denselben in JBl. 1986, 304): Soweit sich die Rechtsprechung auf das Schrifttum berufe, falle auf, daß die Auffassung Klangs (aaO) mit sich selbst im Widerspruch stehe; Ehrenzweig (aaO) verweise lediglich auf einschlägige Bestimmungen im deutschen und schweizerischen Recht, und Gschnitzer (aaO) lasse jedwede Begründung vermissen. Auch der Wortlaut des § 1489 ABGB spreche ganz eindeutig dafür, daß es auf den Schadenseintritt ankomme, könne der Schaden doch nur dann bekannt werden, wenn er bereits eingetreten sei. Auch aus dem Umstand, daß § 1489 ABGB eine Sonderregelung der Verjährung für Schadenersatzansprüche beinhalte, könne nicht zur Folge haben, daß die Grundwertung des § 1478 ABGB - verjähren können nur Rechte, die an sich schon hätten ausgeübt werden können - außer Betracht zu bleiben habe. Sei dem Gläubiger die Verfolgung seines Anspruchs nicht einmal objektiv betrachtet möglich, so dürften ihn die Verjährungsfolgen nicht treffen. Der Verzicht auf das Erfordernis der Durchsetzbarkeit des Anspruchs trüge auch einen krassen Wertungswiderspruch in das System des Verjährungsrechts, hätte sie doch eine sachlich nicht zu rechtfertigende Bevorzugung des Schädigers (Ersatzpflichtigen) allen anderen Schuldnern gegenüber zur Folge. Halse man dem Geschädigten die Folgen einer verfehlten Prognose des Schadenseintritts auf, komme der Schädiger bei dieser strengen Behandlung des Geschädigten in vielen Fällen völlig unverdient frühzeitig zu einer Haftungsbefreiung infolge Verjährung.

Die Bedenken Koziols und Schuberts teilen auch Mader (in Schwimann, ABGB § 1489 Rz 8), Mayerhofer (aaO 348 FN 26), Apathy (aaO Rz 5) und jüngst erst wieder Ertl (in ZVR 1993, 33 ff) und Riedler (in ZVR 1993, 44 ff).

Angesichts der massiven Kritik im jüngeren Schrifttum sollte die Rechtsprechung, nach der die Verjährung von Ersatzansprüchen bereits vor Eintritt eines konkreten Schadens in Gang gesetzt wird, wenn der Schadenseintritt für den Geschädigten nur bereits „mit Sicherheit“ vorhersehbar ist, nicht fortgeschrieben werden: Schon nach dem Wortlaut des § 1489 ABGB beginnt die Verjährung zu laufen, wenn „der Schade ... dem Beschädigten bekannt“ wird, „der Schade mag ... verursacht worden sein“. In der noch 1974 (BGBl. 1974/496) novellierten Bestimmung ist von der Kenntnis des Schadens und nicht etwa der Kenntnis des schadensstiftenden Ereignisses die Rede, was voraussetzt, daß der Geschädigte den schon verursachten Schaden kennt: Gerade darauf nimmt aber der den ersten Satz beendende Satzteil, in dem einander vertragliche und deliktische Schäden - ähnlich wie im § 1295 Abs.1 ABGB - auch in der Verjährungsfrage gleichgehalten werden, ausdrücklich Bezug. Nicht minder schlagkräftig ist das Argument, Ergebnis der der Rechtsprechung zugrundeliegenden Auffassung sei es, daß der Anspruch bereits verjähren könne, ehe er noch überhaupt hätte durchgesetzt werden können. Diese Konsequenz läuft aber dem im § 1478 ABGB verankerten Grundsatz des Verjährungsrechts diametral zuwider, daß nur bereits ausübbare Rechte verjähren könnten; diesem vor Eintritt eines Schadens gegebenen Fehlbestand kann auch mit der Feststellungsklage nicht abgeholfen werden, weil dabei - im Gegensatz zu Fällen, in welchen zwar der Schaden schon eingetreten ist, aber seine Höhe noch nicht abgesehen werden kann - nur einzelne Haftungsvoraussetzungen (namentlich das Verschulden) geprüft werden können, ohne daß damit feststünde, ob je ein ursächlich darauf rückführbarer Schaden eintreten wird; die Kausalität des im Feststellungsprozeß geprüften Schadensereignisses für den im Leistungsprozeß geltend gemachten Schaden kann doch nur stets erst hier festgestellt werden. Bezeichnend ist auch, daß einerseits der Geschädigte vor Schadenseintritt zur Vermeidung der Verjährung des Ersatzanspruchs die Feststellungsklage zu erheben genötigt wird, daß aber andererseits das Feststellungsinteresse in solchen Fällen (zumindest auch) damit begründet wird, die Klage sei zur Vermeidung der Verjährung nötig; bei dieser Argumentation liegt - worauf Ertl (aaO 37) zutreffend hinweist - wohl der Verdacht eines Zirkelschlusses nahe.

Zutreffend wird auch darauf hingewiesen, daß die - offensichtlich auf Klang (aaO) zurückgehende - Formel „mit Sicherheit voraussehbar“ in Wahrheit zu unbestimmt ist, handelt es sich bei dem erst zu gewärtigenden Eintritt eines Schadens stets nur um eine Prognose mit einem mehr oder minder großen Wahrscheinlichkeitswert; P. Bydlinski (DRdA 1993, 190) weist deshalb mit Recht darauf hin, es sei nicht einzusehen, weshalb das damit verbundene Risiko gerade dem Geschädigten aufgehalst wird; er kann sich davor nur schützen, wenn er vorsichtshalber die Feststellungsklage erhebt. Diese Klage mag - was im vorliegenden Fall nicht näher zu prüfen ist - dem Geschädigten zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten nicht zu verwehren sein, sie aber jedenfalls anzubringen, um die Verjährung künftiger Schadenersatzansprüche hintanzuhalten, kann ihm aber umsoweniger zugemutet werden, als damit auch den Grund künftiger Ersatzansprüche berührende Haftungsvoraussetzungen (insbesondere die Kausalität) ohnedies nicht geprüft werden können.

Nicht unerwähnt soll bleiben, daß - abgesehen von der älteren Rechtsprechung (vgl. etwa noch SZ 18/171) - auch noch in der neueren Judikatur wiederholt der Standpunkt vertreten wurde, auch die Verjährung von Schadenersatzansprüchen beginne nicht vor der objektiven Möglichkeit zu klagen, die aber voraussetze, daß der Ersatzanspruch bereits entstanden sei (SZ 51/97; ZVR 1973/158). In der von Apathy-Riedler glossierten Entscheidung DRdA 1992/39 bemerkt der Oberste Gerichtshof, Koziol und Schubert (jeweils aaO) wendeten sich mit „gewichtigen Bedenken“ gegen die herrschende Rechtsprechung; einer Auseinandersetzung mit dem kritischen Schrifttum bedurfte es dort aber deshalb nicht, weil die Verjährung ohnehin verneint wurde. In ecolex 1992, 694, berief sich der Oberste Gerichtshof auf P. Bydlinski (DRdA 1983, 190), der „überzeugend“ dargelegt habe, daß die Verjährung nicht beginnen könne, ehe der Gläubiger (Geschädigte) eine Chance zur Realisierung der Forderung habe.

All diese Erwägungen sprechen ganz eindeutig dafür, daß - jedenfalls - die kurze Verjährung von Ersatzansprüchen (§ 1489 erster Satz ABGB) nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen beginnt; abschließend muß diese Frage indessen in diesem Rechtsstreit nicht beurteilt werden, weil der dem Erstbeklagten anlastbare Schaden - wie noch zu zeigen sein wird - auch schon in dem Zeitpunkt eingetreten war, in dem der Kläger im Vorprozeß sein Einwendungsvorbringen erstattete.

Wie der erkennende Senat in seiner in JBl. 1992, 20, veröffentlichten Entscheidung vom 18.3.1992, 1 Ob 533/92, aussprach, ist der Schadensbegriff des § 1293 ABGB sehr weit gefaßt. Er umfaßt jeden rechtlich als Nachteil zu beurteilenden Zustand, an dem ein geringeres rechtliches Interesse besteht als am bisherigen Zustand. Nachteil am Vermögen ist somit jede Minderung im Vermögen, der kein volles Äquivalent gegenübersteht. So kann der unmittelbaren Verfügung über einen präsenten Bargeldbetrag eine gleich hohe Geldforderung grundsätzlich schon deshalb nicht gleichgehalten werden, weil sie mit dem Risiko der Einbringlichkeit bzw. der Rechtsverfolgung belastet ist.

Der Kläger brachte selbst vor, dem Nebenintervenienten (als Erfüllungsgehilfen des Erstbeklagten) sei klar gewesen, daß er mit der Vereinbarung eine Sicherung der gegen die Erblasserin erwachsenden (Werklohn-)Forderungen angestrebt habe, daß aber dieser Zweck nur dann zu erreichen gewesen wäre, wenn die der Kaufoption unterworfenen Liegenschaftsanteile auch lastenfrei gehalten werden. Dieser Zweck wurde verfehlt, weil die Vereinbarung dem Kläger keinerlei Schutz vor einer Belastung der Liegenschaft bot, auf deren Anteil er im Wege der Option, also unabhängig von weiteren Willenserklärungen der Erblasserin, bei deren Zahlungsverzug und vor allem bei deren Zahlungsunfähigkeit zu greifen berechtigt sein sollte, konnte er sich doch dann aus der Verwertung der erworbenen Liegenschaftsanteile keine Deckung seiner offenen Forderungen verschaffen. Sollte die Vereinbarung dem Kläger das Entgelt für die als Vorleistungen zu erbringenden Werkleistungen sichern, so trat dessen auf mangelhafte Aufklärung bzw. auf die mangelhafte Fassung der Vereinbarung zurückzuführende Schaden bereits mit dem Verlust der mit der vom Nebenintervenienten konzipierten Vereinbarung bezweckten Sicherheit ein, wodurch der Kläger der Gefahr der Zahlungsunfähigkeit der Erblasserin nun wieder im gleichen Ausmaß ausgesetzt war, wie wenn eine solche Sicherungsvereinbarung gar nicht getroffen worden wäre. Dieser im Verlust der Deckung begründete Schaden trat aber jedenfalls bereits mit der Belastung der Liegenschaft durch die Erblasserin ein (vgl. nur die ähnlich gelagerten Beispiele Koziols in DRdA 1980, 32, 33), die dem Kläger jedoch, seinem eigenen Vorbringen zufolge, schon im Vorprozeß bei Erstattung seiner Einwendungen (am 15.10.1987) ebenso wie der Mangel einer entsprechenden Aufklärung über die Rechtsfolgen bzw. die seiner Auffassung nach fehlerhafte Vereinbarung bekannt war. Er hätte bereits damals vom Erstbeklagten Naturalherstellung wegen dieses „realen“ Schadens (§ 1323 ABGB), nämlich die Bereitstellung einer Sicherheit (zB etwa einer Bankgarantie oder Barkaution), mit der die angestrebte Deckung zu erreichen war, fordern können. Bezeichnenderweise hat der Kläger im Vorprozeß die nun eingeklagte Schadenersatzforderung ohnedies bis zur Höhe der eingeklagten Honorarforderung des Erstbeklagten zur Aufrechnung eingewendet; die Prüfung dieser Gegenforderung unterblieb nur deshalb, weil schon die Klagsforderung als nicht berechtigt erkannt worden war.

Auf die mit der Aufrechnungseinrede - allerdings nur bis zur Höhe der Klagsforderung - verbundene Wirkung der Verjährungsunterbrechung für den Fall, daß die mangels Berechtigung der Klagsforderung unerledigt gebliebene Gegenforderung in angemessener Frist eingeklagt wird (6 Ob 507/87; Schubert aaO § 1497 Rz 6; davon teilweise abweichend aber SZ 60/209) könnte sich der Kläger jedoch schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil ihm im Vorprozeß das Urteil der zweiten Instanz bereits am 16.3.1990 zugestellt worden war, er aber die Klage im vorliegenden Rechtsstreit erst am 4.4.1991, also mehr als ein Jahr danach eingebracht hat. Von einer gehörigen Fortsetzung der Klage im Sinne des § 1497 ABGB kann bei dieser Sachlage keine Rede sein.

War dem Kläger somit der Schaden schon vor dem 15.10.1987 erwachsen und waren ihm - was in seinem Vorbringen im Vorprozeß unzweifelhaft zum Ausdruck gelangt - die schädigende Handlung, der Schaden und der zwischen diesen bestehende Ursachenzusammenhang - bereits bekannt, so war die gegen den Erstbeklagten gerichtete Schadenersatzforderung bei Einbringung der Klage am 4.4.1991 gemäß § 1489 erster Satz ABGB jedenfalls verjährt, sodaß das Erstgericht das gegen den Erstbeklagten erhobene Ersatzbegehren im Ergebnis zu Recht wegen Verjährung des Anspruchs abwies.

Sein Teilurteil ist daher in Stattgebung der Rekurse des Erstbeklagten und des Nebenintervenieten gemäß § 519 Abs. 2 letzter Satz ZPO wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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