OGH 6Ob507/87

OGH6Ob507/8729.1.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Schlosser und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria L***, Hauseigentümerin, 1060 Wien, Mariahilferstraße 9, vertreten durch Dr. Erich Haase, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Karl K***, Zahntechniker, 1070 Wien, Urban Loritzplatz 4/5, vertreten durch Dr. Walter und Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wegen 335.414,01 S samt Nebengebühren, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 15.Oktober 1986, GZ 41 R 478/86-10, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 16.Juni 1986, GZ 42 C 49/86-5, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin hatte dem Beklagten Geschäftsräume vermietet, die ihr am 23.7.1982 zurückgestellt wurden.

Am 20.7.1982 brachte der nunmehrige Beklagte gegen die nunmehrige Klägerin beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu 42 C 510/82 eine Klage auf 340.379,08 S ein. Gegen diese Schadenersatzansprüche wendete die nunmehrige Klägerin am 19.10.1982 aufrechnungsweise Ersatzansprüche von 434.487,12 S ein, wobei ihr Art und Umfang der von ihr behaupteten Schäden spätestens am 23.7.1982 bekannt waren. Die Schadenersatzklage des nunmehrigen Beklagten wurde mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 17.10.1985, 6 Ob 643/85, das beiden Parteien am 9.12.1985 zugestellt wurde, abgewiesen. Da die eingeklagten Forderungen als nicht zu Recht bestehend erkannt wurden, wurde über die nur bedingt eingewendeten Gegenforderungen nicht abgesprochen.

Am 29.1.1986 brachte die Klägerin gegen ihren früheren Mieter die vorliegende Klage auf 335.414,01 S samt 4 % Zinsen seit 24.7.1982 ein und begründete sie im wesentlichen wie die im Verfahren 42 C 510/82 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderungen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren als nach § 1489 ABGB verjährt ab.

Dagegen erhob die Klägerin Berufung, der das Berufungsgericht Folge gab, das angefochtene Urteil aufhob und die Rechtssache unter Rechtskraftvorbehalt zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwies.

Das Berufungsgericht führte aus, bei den eingeklagten Forderungen handle es sich um Ersatzansprüche, die nach § 1111 ABGB längstens binnen einem Jahr nach Zurückstellung der Bestandsache gerichtlich gefordert werden müßten, sonst sei das Recht erloschen. Die Klägerin habe diese Fallfrist eingehalten, weil sie ihre Ersatzansprüche am 19.10.1982 im Verfahren 42 C 510/82 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien aufrechnungsweise eingewendet und nach rechtskräftiger Erledigung dieses Verfahrens, in dem über die Eventualaufrechnungseinwendung nicht entschieden worden sei, eingeklagt habe.

Gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der nach § 519 Abs.1 Z 3 und Abs.2 (§ 502 Abs.4 Z 2) ZPO statthafte Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, das erstgerichtliche Urteil zu bestätigen.

Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben. Das Rechtsmittel ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die frühere Vermieterin den Ersatz im Sinne des § 1111 ABGB nicht erst mit der vorliegenden Klage, sondern schon im Vorprozeß durch aufrechnungsweise Einwendung entsprechender Gegenforderungen binnen der Fallfrist (SZ 56/103 mwN) eines Jahres nach Zurückstellung des Bestandstückes gerichtlich gefordert habe, entspricht der Lehre (Klang in Klang 2 V 95; Würth in Rummel, ABGB Rz 5 zu § 1111) und Rechtsprechung (ÖRZ 1934, 113; MietSlg.29.173; der erkennende Senat in 6 Ob 557/85 = MietSlg.37.172). § 209 Abs.2 Z 3 BGB enthält sogar eine diesbezügliche ausdrückliche Regelung.

Hat die Aufrechnungseinwendung im Vorprozeß - wie im nunmehr zu entscheidenden Fall - nicht zum Erlöschen der eingewendeten Gegenforderung geführt, dann bleibt die Fallfrist nach Beendigung des Vorprozesses in sinngemäßer Anwendung des § 1497 ABGB gewahrt, wenn die im Vorprozeß nur einredeweise geltend gemachten Forderungen in angemessener Frist eingeklagt werden (Schubert in Rummel, ABGB Rz 6 zu § 1497 unter Berufung auf § 215 BGB, nach dessen erstem Absatz die Unterbrechung durch Geltendmachung der Aufrechnung im Prozeß...fortdauert, "bis der Prozeß rechtskräftig entschieden oder anderweit erledigt ist," und nach dessen zweitem Absatz die Unterbrechung als nicht erfolgt gilt, wenn nicht binnen sechs Monaten nach Beendigung des Prozesses Klage auf Befriedigung oder Feststellung des Anspruches erhoben wird; vgl. auch hinsichtlich des auf den Zivilrechtsweg verwiesenen Privatbeteiligten EvBl.1974/63 u. a.).

Berücksichtigt man, daß die vorliegende Klage nur etwa sieben Wochen, unter Abrechnung der zwei Wochen der Weihnachtsgerichtsferien gar nur fünf Wochen nach der Zustellung der den Vorprozeß beendenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs eingebracht wurde, dann kann von einem unangemessenen Zuwarten der Klägerin keine Rede sein.

Der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes war daher zu bestätigen.

Der Vorbehalt der Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs.1 ZPO.

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