OGH 7Ob93/14y

OGH7Ob93/14y25.6.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** B*****, vertreten durch Dr. Gerhard Ebner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei U***** Versicherungen AG, *****, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 82.682 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 8. April 2014, GZ 4 R 56/14p‑39, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: AT:OGH:2014:E108138

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Im rechtskräftig beendeten Vorprozess war dem Feststellungsbegehren des Klägers, dass ihm die Beklagte aufgrund und im Umfang des zwischen ihnen abgeschlossenen Unfallversicherungsvertrags für einen bestimmten Schadensfall Deckungsschutz zu gewähren habe, stattgegeben geworden. Im vorliegenden Verfahren wies das Erstgericht das Leistungsbegehren ab und wich dabei von bestimmten Tatsachenfeststellungen im Vorprozess ab. Dies machte der Kläger im Berufungsverfahren als Nichtigkeit geltend. Das Berufungsgericht verwarf die Berufung wegen Nichtigkeit, weil insoweit eine Bindungswirkung nicht vorliege.

Der Kläger macht in der außerordentlichen Revision geltend, die Vorinstanzen hätten die Bindungswirkung der rechtskräftigen Vorentscheidung zu Unrecht verneint. Damit zeigt er keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bildet der Verstoß gegen die Bindungswirkung einer Vorentscheidung einen Nichtigkeitsgrund (2 Ob 97/10v mwN; vgl RIS‑Justiz RS0074226). Bei der Bindungswirkung handelt es sich ebenso wie bei der Einmaligkeitswirkung um einen Aspekt der materiellen Rechtskraft (RIS‑Justiz RS0102102).

Hat das Berufungsgericht ‑ wie hier ‑ die Nichtigkeit infolge Verstoßes gegen die Bindungswirkung verneint, kann dies in der Revision nicht (neuerlich) geltend gemacht werden, weil insoweit ein gemäß § 519 Abs 1 ZPO unanfechtbarer Beschluss des Berufungsgerichts vorliegt (1 Ob 102/12z; RIS‑Justiz RS0042981 [T6, T10]; RS0043405 [T48, T49]; Kodek in Rechberger 4 § 503 ZPO Rz 2). Eine in zweiter Instanz verneinte Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz kann in dritter Instanz auch nicht als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042981 [T5]). Dem Revisionsgericht ist daher die Überprüfung, ob das Berufungsgericht das Vorliegen des Nichtigkeitsgrundes zu Recht verneint hat, verwehrt.

2. Bei der vom Kläger geforderten Bindung der Instanzen eines späteren Prozesses an bestimmte (tragende) Tatsachenfeststellungen eines Vorprozesses handelt es sich um eine reine Verfahrensfrage und nicht um eine solche des materiellen Rechts. Der Versuch, den behaupteten Verstoß gegen die Bindungswirkung auch unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend zu machen, ist deshalb verfehlt (1 Ob 102/12z).

3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte