Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
1. Der Beklagte war in einem rechtskräftig beendeten Prozess (Vorprozess) als Nebenintervenient auf Seiten der nunmehrigen Klägerin beteiligt, die als beklagte Partei von einer Wohnungseigentümerin erfolgreich wegen Mängeln an der Tiefgarage einer Wohnungseigentumsanlage in Anspruch genommen worden war. Nachdem das Erstgericht im vorliegenden Verfahren von bestimmten Tatsachenfeststellungen im Vorprozess abgewichen war, machte dies die Klägerin im Berufungsverfahren als Nichtigkeit geltend. Das Berufungsgericht verwarf die Berufung wegen Nichtigkeit und begründete dies damit, dass insoweit eine Bindungswirkung nicht vorliege. Die Klägerin macht in ihrer außerordentlichen Revision nun in erster Linie geltend, die Vorinstanzen hätten die Bindungswirkung der rechtskräftigen Vorentscheidung zu Unrecht verneint.
Rechtliche Beurteilung
Nach der Judikatur (1 Ob 2123/96d = SZ 70/60) und einem Teil der Lehre (etwa Kodek in Rechberger³ § 477 ZPO Rz 1) liegt ein Nichtigkeitsgrund besonderer Art vor, wenn die Erstreckung der Bindungswirkung eines materiell rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteils auf den einfachen Nebenintervenienten - und denjenigen, der sich am Verfahren trotz Streitverkündung nicht beteiligt hatte - auf den Folgeprozess nicht beachtet wurde. Sollte das Berufungsgericht eine derartige Nichtigkeit zu Unrecht verneint haben, kann dies allerdings in einer Revision nicht (neuerlich) geltend gemacht werden, weil insoweit ein gemäß § 519 ZPO unanfechtbarer Beschluss des Berufungsgerichts vorliegt (RIS-Justiz RS0042981; RS0043405; Kodek in Rechberger³ § 503 ZPO Rz 2 mwN). Nicht anders wäre die verfahrensrechtliche Situation bei einer Qualifikation eines Verstoßes gegen die Bindungswirkung als bloßer Verfahrensmangel, können doch auch Verfahrensmängel, die vom Berufungsgericht verneint worden sind, grundsätzlich keinen Revisionsgrund bilden (RIS-Justiz RS0042963). Dem Revisionsgericht ist daher eine Überprüfung, ob das Berufungsgericht das Vorliegen des behaupteten Nichtigkeitsgrundes (bzw Verfahrensmangels) zu Recht verneint hat, verwehrt.
2. Bei der von der Revisionswerberin eingeforderten Bindung der Instanzen eines späteren Prozesses an bestimmte (tragende) Tatsachenfeststellungen eines Vorprozesses handelt es sich um eine reine Verfahrensfrage und nicht um eine solche des materiellen Rechts. Der Versuch, den behaupteten Verstoß gegen die Bindungswirkung auch unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend zu machen, ist schon deshalb verfehlt. Ein Feststellungsmangel infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung liegt im Übrigen auch deshalb nicht vor, weil die Vorinstanzen durchaus Feststellungen zu der von der Revisionswerberin als beachtlich angesehenen Frage getroffen haben, ob durch die Einzelrisse in der Bodenplatte Wassereintritte in die Tiefgarage stattgefunden haben. Davon, dass die Bedeutung dieses Umstands aufgrund einer unrichtigen Beurteilung der materiellen Rechtslage nicht erkannt worden wäre, kann daher keine Rede sein. Die insofern getroffene Negativfeststellung ist als Ergebnis einer Beweiswürdigung vor dem Obersten Gerichtshof nicht bekämpfbar (vgl RIS-Justiz RS0043248).
3. Soweit die Revisionswerberin dem Berufungsgericht schließlich im Rahmen der Rechtsrüge vorwirft, sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt zu haben, ob der Beklagte eine Warnung oder Aufklärung der Klägerin darüber unterlassen habe, dass er - als Statiker - nach einer alten und einfacheren, letztlich aber nicht mehr tauglichen Ö-Norm gearbeitet habe, obwohl parallel dazu eine andere Ö-Norm existiert habe, ist nicht erkennbar, wie daraus der geltend gemachte Schadenersatzanspruch abgeleitet werden könnte. Einerseits behauptet die Klägerin selbst nicht, dass sie im Falle einer Warnung oder Aufklärung eine statische Berechnung nach der anderen Ö-Norm verlangt hätte, wozu sie insbesondere deshalb Anlass hätte, weil sie dem Beklagten festgestelltermaßen vorgegeben hat, die „nach dem Stand der Technik mögliche und günstigere Variante“ auszuführen. Andererseits wird auch nicht dargelegt, inwieweit die unterlassene Aufklärung Ursache für den nunmehr als Schadenersatz geltend gemachten Kostenaufwand der Klägerin gewesen sein könnte, wurde doch gerade zu der von ihr selbst als maßgeblich angesehenen Frage, ob durch Risse in der Betonbodenplatte Feuchtigkeit eingedrungen ist, eine Negativfeststellung getroffen. Steht nun aber nicht fest, dass die Bodenplatte überhaupt undicht war und mit hohem Kostenaufwand nachträglich abgedichtet werden musste, ist ein Konnex zwischen einem allenfalls schuldhaften Fehlverhalten des Beklagten und dem Sanierungsaufwand nicht erkennbar.
Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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