Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird:
a) in Ansehung der Abweisung eines Betrages von 80.267 S samt 4 % Zinsen seit 2.April 1982 dahin abgeändert, daß es als Teilurteil zu lauten hat:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 80.267 S samt 4 % Zinsen seit 2.April 1982 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten aller drei Instanzen bleibt dem Endurteil vorbehalten."
b) im übrigen, d.h. in Ansehung der Abweisung des weiteren Betrages von 94.500 S samt 4 % Zinsen seit 2.April 1982 sowie im Kostenausspruch, aufgehoben; im Umfang der Aufhebung wird die Rechtssache zur neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 14. Dezember 1981 transportierte die Beklagte über Auftrag der Klägerin eine dieser gehörende Abkantpresse im Gewicht von rund 12 t zum Gebäude Wien 23., Liesinger Flurgasse 4, um sie in dessen erstem Stockwerk in einer vorbereiteten Vertiefung in einer Ecke des Raumes aufzustellen. Wegen des hohen Maschinengewichtes war die Decke zuvor über Auftrag der Hauseigentümerin (G*** Galvanotechnik und Oberflächenchemie GesmbH & Co KG) von dem Bauunternehmen P*** & Co GesmbH gepölzt worden. Der Geschäftsführer der Klägerin wies die Arbeiter der Beklagten an Ort und Stelle ein und zeigte ihnen, wie weit sie sich im Obergeschoß bewegen dürfen, nämlich wie weit die Pölzung reichte. Der Partieführer der Beklagten, Horst S***, sah sich die Pölzung vor Einbringung der Maschine auch selbst an. Im ersten Stock wurde die Abkantpresse auf ein Rollenfahrwerk gestellt und mittels Hubzug bewegt. Infolge eines zu spät angesetzten Rechtsbogens oder infolge der Wahl eines zu großen Bogenradius oder infolge beider Ursachen verließ der Transportwagen mit 160 cm Breite den rund 2,75 m breiten gepölzten Deckenbereich. Wegen der im ungepölzten Bereich viel zu geringen Tragkraft der Decke brach diese ein, wodurch die Abkantpresse umstürzte und beschädigt wurde. Die Tragkraft des gewählten Transportfahrwerkes F 20 von 20 t war bei der verwendeten Nutzlast von 12 t ausreichend. Eine Durchbiegung der gepölzten Decke ist zwar aufgetreten, kann jedoch keinesfalls zu der Erscheinung geführt haben, daß der Transportwagen 2 bis 3 m selbständig gelaufen ist. Eine Schwächung der Deckensteifigkeit durch die Ausnehmung für den vorgesehenen Aufstellungsort der Maschine scheidet als mögliches schadensauslösendes Moment aus, da diese Stelle außerhalb des Einflußbereiches maßgebender Durchbiegungen liegt.
Die Klägerin konnte die Reparaturkosten im veranschlagten Ausmaß von rund 100.000 S nicht aufbringen, weil über ihr Vermögen am 25. Mai 1981 das Ausgleichsverfahren eröffnet und am 19.Oktober 1981 ein Ausgleich mit 50 %-iger Quote, zahlbar in 18 Monatsraten, bestätigt worden war. Das vorhandene Geld reichte nicht einmal zur gänzlichen Bezahlung der Ausgleichsraten. Bankkredite konnte die Klägerin auf Grund ihrer wegen des Ausgleichs beeinträchtigten Bonität nicht erlangen. Sie mietete daher als Ersatz von der Hauseigentümerin (G*** GesmbH & Co KG) von Jänner bis Juli 1982 eine im Objekt vorhandene Abkantpresse zu 15.000 S monatlich (zuzüglich 18 % Umsatzsteuer). Die Beschädigungen der Abkantpresse wurden um den - zwischen den Parteien der Höhe nach außer Streit stehenden - Betrag von 80.267 S zuzüglich 18 % Umsatzsteuer behoben. Der monatliche Mietzins für eine derartige Abkantpresse ist mit rund 11.400 S zuzüglich Umsatzsteuer, unter Berücksichtigung einer Verzinsung des Kapitaleinsatzes mit rund 14.000 S zuzüglich Umsatzsteuer angemessen, wobei bei der Anmietung einer nicht im Haus befindlichen Ersatzmaschine aus dem Raum Wien Transportkosten in der Größenordnung von rund 25.000 bis 30.000 S aufgelaufen wären. Da während der Mietdauer die eigene Maschine der Klägerin nicht abgenützt wurde, ist eine Eigenersparnis in der Größenordnung von 10 % der Monatsmiete anzunehmen.
Auf die AÖSp wurde in der Auftragsbestätigung der Beklagten vom 15. Dezember 1981 nicht hingewiesen.
Mit der am 15.Februar 1983 beim Erstgericht eingelangten und in der Folge eingeschränkten Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zum Ersatz des Schadens, der ihr wegen der am 14.Dezember 1981 beim Transport durch Leute der Beklagten verschuldeten Beschädigung des Beförderungsgutes an Reparaturkosten (80.267 S) und Mietkosten für eine Ersatzpresse (105.000 S) entstanden sei (= 185.267 S samt 4 % Zinsen seit 2.April 1982; AS 58).
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren zur Gänze dem Grunde nach und hinsichtlich der Mietkosten für eine Ersatzpresse auch der Höhe nach. Sie wendete insbesondere das Fehlen irgendeines Verschuldens auf ihrer Seite - die Decke sei infolge der von der Klägerin zu vertretenden mangelhaften Pölzung eingebrochen - und Verjährung - die einjährige Klagefrist des § 414 Abs 1 HGB sei bei Klageeinbringung bereits abgelaufen gewesen - ein.
Die Klägerin bestritt den Verjährungseinwand, ohne dazu ein konkretes Gegenvorbringen (insbesondere über Umstände, die eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährungsfrist zur Folge haben könnten) zu erstatten.
Das Erstgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 174.767 S (= 80.267 S an Reparaturkosten und 94.500 S an Mietkosten - 105.000 S abzüglich 10 % Eigenersparnis -) samt 4 % Zinsen seit 2.April 1982 und wies das Mehrbegehren von 10.500 S (= 10 % Eigenersparnis) samt Anhang ab. Der Verjährungseinwand der Beklagten sei nicht berechtigt, weil diese gegen eine Weisung (Einweisung durch den Geschäftsführer der Klägerin) verstoßen habe, sodaß die 3-jährige und nicht die kürzere Verjährungsfrist des § 414 Abs 1 HGB zur Anwendung komme (HS VIII/8). Der Schadensfall sei dadurch eingetreten, daß die Arbeiter der Beklagten fahrlässig einen Transportweg gewählt hätten, auf dem die Maschine außerhalb des gepölzten Deckenbereiches gelangt sei. Infolge dieses schuldhaften Verhaltens ihrer Arbeiter sei die Beklagte gemäß § 1313 a ABGB schadenersatzpflichtig.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, änderte das Ersturteil, das hinsichtlich der Teilabweisung unangefochten geblieben war, im Sinne der gänzlichen Klageabweisung ab und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es führte aus:
Auszugehen sei davon, daß der vorliegende Geschäftsfall offenbar unmittelbar oder doch im Sinne des § 412 Abs 2 HGB den Bestimmungen über das Frachtgeschäft (§§ 425 ff, insbesondere §§ 429, 431, 439 HGB) zu unterstellen sei, womit für die Verjährungsfrage wieder die entsprechende Anwendung des § 414 HGB folge. Daß die AÖSp nicht Vertragsgrundlage geworden seien, stehe unbekämpft fest. Die vom Erstgericht für die Ablehnung des auf § 414 HGB gestützten Verjährungseinwandes zitierte Entscheidung HS VIII/8 trage die Urteilsbegründung nicht. Diese Entscheidung betreffe einen völlig anders gelagerten Sachverhalt, nämlich eine weisungswidrige Ausfolgung des - sonst unbeschädigten - Gutes an den Empfänger, sodaß im Falle dieser Entscheidung schon die Tatbestandsmerkmale des § 414 Abs 1 HGB "... Ansprüche wegen Verlustes, Minderung, Beschädigung oder verspäteter Ablieferung des Gutes ..." gar nicht vorgelegen seien.
Das Berufungsgericht vermöge sich aber auch der - inzwischen in RdW 1985, 244 und ZVR 1985/86 publizierten - Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 9.Oktober 1984, 2 Ob 606/84, in der bei nahezu gleichartiger Sachlage (nämlich fahrlässiger Vorgangsweise der Erfüllungsgehilfen des Spediteurs bei der Aufstellung einer Maschine, wodurch diese umstürzte und beschädigt wurde) wegen eines gleichzeitig gesetzten deliktischen Verhaltens der Erfüllungsgehilfen (fahrlässige Beschädigung des Eigentumsrechtes an der Maschine) - mangels Vereinbarung einer abgekürzten Verjährung - die kurze Verjährung nach § 414 Abs 1 HGB verneint worden sei, nicht anzuschließen. Die aus Anlaß eines vereinbarten Gütertransportes von Leuten des Beförderers (Spediteurs, Frachtführers ....) durch unsachgemäße Beförderungsmaßnahmen (Ladetätigkeit, Sicherung des Gutes, maschineller oder mechanisch-händischer Transport schwer beweglicher Güter ...) verursachten Beschädigungen des Gutes erfolgten in Durchführung der vertragsgemäßen Leistung, bewirkten daher sogenannte "positive Vertragsverletzungen", "Erfüllungsschäden", jedenfalls aber "vertragliche Schadenersatzansprüche". Diese - nur andeutungsweise dargestellten - Tätigkeiten des Beförderers seien auch dem Gesetzgeber des § 414 HGB geläufig gewesen (vgl. EvBl. 1973/77 mit dem Hinweis auf die Materialien zum HGB [1897] 119), sodaß die zufolge § 414 Abs 4 HGB nur bei vorsätzlicher Beschädigung nicht anwendbare Verjährungsbestimmung des § 414 Abs 1 HGB wohl auch für derartige - bis grob fahrlässige - Schädigungshandlungen vorgesehen worden sei (vgl. auch Koziol-Welser 6 I 212; SZ 35/69 u.v.a.). Die vom Obersten Gerichtshof zu 2 Ob 606/84 - durch Übernahme der diesbezüglichen Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofes (NJW 1953, 1180), welche aber in der deutschen Lehre unter anderem von Schlegelberger, HGB 5 V 583 und Helm, Großkommentar zum HGB 3 Anm. 2 und 3 zu § 414 abgelehnt werde - für die Beurteilung der Verjährungsvoraussetzungen vorgenommene Rechtsfolgenaufteilung ein und desselben schuldhaften Verhaltens in Vertragsverletzung einerseits und deliktisches Verhalten (unerlaubte Handlung) andererseits werde nach Ansicht des Berufungsgerichtes weder der gesamten Bestimmung des § 414 HGB noch auch der Beurteilung eines schuldhaft vertragswidrigen Erfüllungsverhaltens gerecht. Gerade weil hier - wie in der genannten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes - nicht anläßlich (im Sinne von neben oder gelegentlich), sondern geradezu bei der Erfüllung des Vertrages durch fahrlässiges unsachgemäßes Vorgehen Beschädigungen des Transportgutes erfolgt seien, komme die Verjährungssonderbestimmung des § 414 Abs 1 HGB zur Anwendung.
Der Rechtsrüge der Beklagten komme daher Berechtigung zu, zumal keinerlei den Beginn, Lauf oder Ablauf der einjährigen Verjährungsfrist auslösende Umstände behauptet worden seien oder vorlägen. Angesichts dieser Sacherledigung bedürfe es keiner gesonderten Behandlung der weiteren Berufungsgründe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision sei gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO aus den in der Entscheidung dargelegten Gründen schon deshalb zuzulassen gewesen, weil das Berufungsgericht von der genannten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen sei.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf § 503 Abs 1 Z 4 ZPO in Verbindung mit § 503 Abs 2 ZPO gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag, in Abänderung des angefochtenen Urteils das Ersturteil wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.
Beizupflichten ist allerdings der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß die Anwendbarkeit der einjährigen Verjährungsfrist des § 414 Abs 1 HGB im gegenständlichen Fall nicht unter Berufung auf die Entscheidung HS VIII/8 verneint werden kann (vgl. EvBl. 1973/77).
Der erkennende Senat schließt sich aber ebenso wie der Senat 2 des Obersten Gerichtshofes, auf dessen zu 2 Ob 606/84 gegebene Begründung hiefür verwiesen werden kann, der Rechtsauffassung des deutschen Bundesgerichtshofes (BGHZ 9, 301 = NJW 1953, 1180) an, daß die Verjährungsfrist des § 414 Abs 1 HGB außer im Falle einer besonderen Vereinbarung - die hier nicht vorliegt - nicht auch auf Schadenersatzansprüche aus unerlaubter Handlung Anwendung findet. Dieser Rechtsauffassung folgen u.a. auch (für den deutschen Rechtsbereich) Heymann-Kötter, HGB 4 Anm. 1 zu § 414, Baumbach-Duden-Hopt, HGB 26 Anm. 1 A zu § 414 und (für den österreichischen Rechtsbereich) Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht 3 III 325 sowie Koziol, Österr. Haftpflichtrecht 2 346 f. Die gegen die Rechtsauffassung des deutschen Bundesgerichtshofes von Schroeder in Schlegelberger, HGB 5 V 583 und von Helm im Großkommentar zum HGB 3 Anm. 3 zu § 414 (aufrechterhalten in der vierten Auflage dieses Kommentars: Anm. 4 zu § 414) ins Treffen geführten Argumente wurden bereits in der Entscheidung des Senates 2 des Obersten Gerichtshofes nicht für überzeugend gefunden. Den Ausführungen des Berufungsgerichtes ist mit Koziol (aaO) entgegenzuhalten, daß nicht stets neben einer Verletzung vertraglicher Pflichten auch ein Delikt vorliegt und daher für die besonderen vertragsrechtlichen Regeln ein ausreichender Anwendungsbereich verbleibt; alle Schädigungen des Vermögens ohne Verletzung eines absoluten Rechtes oder Schutzgesetzes und fast alle Schädigungen durch Unterlassung können nur als Vertragsverletzungen zu einer Haftung führen. Da bei Vertragsverletzungen außerdem gemäß § 1298 ABGB eine Beweislastumkehr gilt, hat auch bei Anspruchsnormenkonkurrenz die kurze Verjährungsfrist ihren guten Sinn: Auf diese Erleichterung kann sich der Geschädigte nur innerhalb der kurzen Frist stützen; danach hat er das Verschulden nachzuweisen.
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin ihre Schadenersatzansprüche nicht ausdrücklich und ausschließlich auf eine Vertragsverletzung gestützt, sodaß auch zu prüfen ist, ob eine Haftung der Beklagten aus einem deliktischen Verhalten ihrer Arbeiter besteht, zumal die Klägerin ausdrücklich vorgebracht hat, daß die beschädigte Maschine ihr gehöre (AS 12), woraus abzuleiten ist, daß die Klägerin (auch) die Verletzung eines absolut geschützten Rechtes geltend macht. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich nun, wie das Erstgericht im Ergebnis richtig erkannt, daß die Abkantpresse der Klägerin durch ein rechtswidriges und fahrlässiges, nicht nur den Vertrag, sondern auch ein absolut geschütztes Recht der Klägerin verletzendes, also deliktisches Verhalten der Arbeiter der Beklagten verursacht worden ist, für das die Beklagte als Geschäftsherr gemäß § 1313 a ABGB haftet (siehe 2 Ob 606/84 unter Berufung auf Koziol, Österr. Haftpflichtrecht 2 II 344 f).
Da die Höhe der Reparaturkosten außer Streit steht, war daher hinsichtlich dieser Kosten in Abänderung des angefochtenen Urteils das erstgerichtliche Urteil als Teilurteil wiederherzustellen. Hinsichtlich der Mietkosten der Ersatzpresse war die Rechtssache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zur neuen Entscheidung zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Obersten Gerichtshofes die weiteren Einwände zu behandeln haben, welche die Beklagte in ihrer Berufung gegen den die Mietkosten betreffenden stattgebenden Teil der erstgerichtlichen Entscheidung erhoben hat. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 und 2 ZPO.
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