Spruch:
Kurze Verjährung gemäß § 414 HGB. auch bei Beschädigung des Speditionsgutes durch auftragswidriges Verhalten des Spediteurs.
Entscheidung vom 26. Juni 1962, 8 Ob 214/62.
I. Instanz: Bezirksgericht Salzburg; II. Instanz: Landesgericht Salzburg.
Text
Der Beklagte übernahm im November 1957 von der Klägerin eine Flachschleifmaschine zur Versendung an Edmund L. in B. (Hessen). Bei der Zustellung an Edmund L. wurden Bruch- und Rostschäden festgestellt. Deren Behebung erforderte die Beträge von 928.50 S bzw. 2.176.50 S. Mit der am 15. Jänner 1959 eingebrachten Mahnklage begehrte die Klägerin vom Beklagten den Ersatz des Betrages von 3105 S. Später schränkte sie um den Betrag von 928.50 S auf den Betrag von 2.176.50 S s. A. ein. Der Beklagte wendete u. a. Verjährung ein. Am 7. Oktober 1959 wurde Ruhen des Verfahrens vereinbart. Am 11. April 1961 beantragte der Beklagte Fortsetzung des Verfahrens.
Der Erstrichter wies die Klage ab. Er erachtete die Verjährungseinrede für begrundet. Er stellte im wesentlichen fest:
Die Maschine sei am 20. November 1957 durch einen von der Klägerin aufgenommenen Frachtführer von Wien nach Salzburg gebracht worden, von wo sie am 21. November 1957 durch einen anderen Frachtführer nach München weitertransportiert worden sei. Dort sei sie in der Absicht abgeladen worden, den Weitertransport nach Frankfurt am Main am 23. November 1957 durchzuführen. Die Maschine, die bei Regenwetter abgeladen worden sei, sei aber zufolge Platzmangels erst am 26. November 1957 nach Frankfurt am Main weitertransportiert worden, wo sie am 27. November 1957 vom Empfangsspediteur des letzten Frachtführers übernommen und dem Edmund L. zugestellt worden sei. Da die Maschine unverpackt transportiert worden sei, habe sie durch Witterungseinflüsse Rost angesetzt. Am 22. Dezember 1957 habe die Klägerin dem Beklagten fernmündlich vom Eintritt des Schadens Mitteilung gemacht und gleichzeitig Schadenersatz verlangt, welches Begehren sie am 28. Dezember 1957 schriftlich wiederholt habe. Der Beklagte habe im Antwortschreiben vom 3. Jänner 1958 auf die von ihm abgeschlossene Versicherung hingewiesen. Vom Versicherer sei jedoch nur der für Bruchschaden aufgewendete Betrag von 928.50 S ersetzt worden. Die Aufwendungen von 2.176.50 S zur Behebung der Rostschäden seien nicht ersetzt worden, weil es an einer entsprechenden Versicherung gefehlt habe. Der Abschluß einer Rostversicherung sei im europäischen Frachtverkehr nicht üblich. Der Erstrichter war der Ansicht, daß die Verjährung insoweit, als der Anspruch darauf gegrundet wurde, daß sich der Beklagte entgegen der auf Direktversand lautenden Weisung zweier Frachtführer bedient habe, daß er die Rechte gegen den Frachtführer nicht gewahrt, nicht für den Beweis des Zustandes der Maschine gesorgt und unverzüglich Nachricht gegeben habe, sowie daß der Transport vereinbarungswidrig mit einem offenen LKW durchgeführt worden sei, nach § 414 HGB. zu beurteilen sei. Soweit der Anspruch darauf gegrundet wurde, daß der Beklagte vertragswidrig den Abschluß einer Versicherung gegen alle Schäden, also insbesondere gegen Rostschäden unterlassen habe, komme die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB. zur Anwendung. Darauf, daß die Klage erst nach Ablauf eines Jahres nach Ablieferung der Maschine an den Empfänger eingebracht worden sei, könne allerdings die Verjährung der aus dem Speditionsvertrag abgeleiteten Ansprüche nicht gegrundet werden, weil der Beklagte durch den Hinweis auf die von ihm abgeschlossene Versicherung die gütliche Erledigung des Anspruches in Aussicht gestellt habe, wodurch die Verjährungsfrist unterbrochen worden sei. Da aber das Verfahren, nachdem am 7. Oktober 1959 Ruhen eingetreten war, erst am 11. April 1961 über Antrag des Beklagten fortgesetzt worden sei, liege keine gehörige Fortsetzung des Verfahrens vor, weshalb die Verjährung durch die Klage nicht unterbrochen worden sei. Soweit der Anspruch auf die Unterlassung des Abschlusses einer Rostschutzversicherung gestützt werde, sei er überhaupt nicht begrundet. Für den Beklagten habe, ungeachtet des Verlangens der Klägerin, die Maschine gegen alle Schäden zu versichern, keine Verpflichtung bestanden, neben der allgemeinen Transportrisikoversicherung noch eine Vernässungsversicherung abzuschließen, weil unter Versicherung gegen alle Schäden vernünftigerweise nur die gegen bei Landtransporten normalerweise auftretende Schäden verstanden werden könnte, zu denen Rostschäden nicht gehörten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge. Es hob das Urteil der ersten Instanz unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es war der Ansicht, daß § 414 HGB. insoweit nicht zur Anwendung komme, als der Schaden auf eine Verletzung oder Nichterfüllung des Speditionsvertrages zurückzuführen sei. Die Verjährung habe in diesem Belange erst im Zeitpunkt zu laufen begonnen, als die Klägerin davon Kenntnis erlangt habe, daß Frachtführer zugezogen worden seien, daß einer der Frachtführer den Schaden verursacht habe und daß der Beklagte die Rechte gegen diesen Frachtführer nicht gewahrt habe. Es bedürfe noch ergänzender Feststellungen in diesem Belange, um beurteilen zu können, wann die dreijährige Verjährungsfrist zu laufen begonnen habe. Soweit der Anspruch darauf gestützt wird, daß der Beklagte die Maschine nicht auch gegen Rostschäden versichert habe, erachtete das Berufungsgericht die in diesem Belange geltend gemachte Mängel- und Beweisrüge nicht für begrundet. Er teilte auch die Ansicht des Erstrichters, daß der Beklagte auf Grund der Abmachungen nicht verpflichtet gewesen sei, eine Vernässungsversicherung abzuschließen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes Folge, hob diesen Beschluß auf und trug dem Berufungsgericht neuerliche Entscheidung auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Was zunächst die Frage anlangt, inwieweit im vorliegende Falle die kurze Verjährungsfrist des § 414 HGB. (bzw. des § 64 AÖSp.) zur Anwendung kommt, so kann dem Berufungsgericht nicht darin gefolgt werden, daß der Anspruch dann, wenn er auf die Verletzung oder Nichterfüllung des Speditionsvertrages gegrundet werde, immer nach § 1489 ABGB. verjähre. § 414 HGB. gilt gerade für Ansprüche aus dem Speditionsvertrag, allerdings mit der Einschränkung, daß es sich um solche wegen Verlustes, Minderung, Beschädigung oder verspäteter Ablieferung des Gutes handeln muß (vgl. Baumbach - Duden, Handelsgesetzbuch[14] S. 667; SZ. I 4). Rostschäden müssen als Beschädigung im Sinne dieser Gesetzesstelle angesehen werden. Daß der Beklagte die Maschine nicht selbst transportierte, sondern sich zweier Frachtführer bediente, von denen der eine die Maschine einige Tage ungeschützt den Witterungseinflüssen aussetzte, vermag nichts daran zu ändern, daß gegen den Beklagten ein Anspruch aus dem Speditionsvertrag geltend gemacht wird, und zwar wegen einer bei der Versendung des Speditionsgutes eingetretenen Beschädigung. Lediglich soweit der Anspruch darauf gestützt wird, daß ein besonderer Versicherungsauftrag nicht voll erfüllt worden sei, kommt die dreijährige Verjährungsfrist zur Anwendung, weil ein solcher Versicherungsauftrag kein notwendiger Bestandteil des Speditionsauftrages ist (SZ. I 4).
Soweit hienach die kurze Verjährungsfrist des § 414 HGB. (bzw. des § 64 AÖSp.) zur Anwendung kommt, hat der Erstrichter mit Recht die Verjährungseinrede als begrundet erachtet. Es kann dahin gestellt bleiben, ob tatsächlich, wie der Erstrichter angenommen hat, die Verjährung durch den Hinweis des Beklagten auf die von ihm abgeschlossene Transportversicherung unterbrochen wurde. Denn auch in diesem Falle wäre die Verjährungsfrist jedenfalls schon deshalb abgelaufen, weil, wie schon der Erstrichter zutreffend hervorgehoben hat, die am 15. Jänner 1959 eingebrachte Klage nicht gehörig fortgesetzt, sondern das Verfahren vom 7. Oktober 1959 bis 11. April 1961 ruhen gelassen wurde, ohne daß stichhältige Gründe für dieses lange Untätigbleiben der Klägerin hervorgekommen wären. Daß dem Beklagten im Zusammenhang mit dem Ruhen des Verfahrens doloses Verhalten zur Last falle oder daß die Klägerin arglistig hingehalten worden sei, wurde in erster Instanz nicht eingewendet.
Soweit der Anspruch auf die Verletzung eines dem Beklagten erteilten besonderen Versicherungsauftrages gestützt wurde, ist der Standpunkt der Vorinstanzen, daß ein solcher Anspruch nicht bestehe, weil der Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, auch eine sogenannte Vernässungsversicherung, durch die der Rostschaden gedeckt worden wäre, abzuschließen, auf Grund der Feststellungen der Vorinstanzen unbedenklich.
Der vom Berufungsgerichte für erforderlich gehaltenen Feststellungen hinsichtlich der Verjährungsfrage bedarf es daher nicht.
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