European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00175.14T.0428.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Der im Jahre 1962 geborene Antragsteller ist der eheliche Sohn von H***** und H***** W*****. Das Bezirksgericht Raab sprach mit Beschluss vom 28. 4. 1964, AZ P 27/62, P 28/64, aus, dass
1) der Antragsteller gemäß § 26 JWG (1954) der gerichtlichen Erziehungshilfe überwiesen wird, es liegt Gefahr im Verzug vor;
2) die Ausführung der gerichtlichen Erziehungshilfe der Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft S*****) obliegt. Ihre bereits getroffene Maßnahme wird im Sinne des § 26 Abs 2 JWG (1954) genehmigt.
Daraufhin wurde der Antragsteller am 1. 5. 1964 im Kinderheim des Landes ***** Schloss N*****, aufgenommen und von dort am 30. 8. 1970 entlassen. Nach der Wiederaufnahme in diesem Heim am 5. 3. 1971 erfolgte die Entlassung am 2. 9. 1977. Daran schloss sich noch ein kurzzeitiger, bis 1978 währender Aufenthalt des Antragstellers im Kinderheim Schloss L*****.
Der Antragsteller beantragte beim Landesgericht Linz zu AZ 31 Nc 20/11k am 20. 12. 2011 einlangend die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Schadenersatzklage gegen das Land *****. Er sei während der Zeit seiner Heimunterbringung massiven physischen und psychischen Beeinträchtigungen ausgesetzt gewesen. Das amtshaftungsbegründende Verhalten bestehe in einem qualifizierten Organisationsverschulden des Heimträgers (Land *****), der seine Kontroll- und Aufsichtspflichten gegenüber den Mitarbeitern und Organwaltern der Heime qualifiziert vernachlässigt habe. Das Landesgericht Linz setzte mit Beschluss vom 5. 2. 2012, GZ 31 Nc 20/11k‑6, das Verfahrenshilfeverfahren bis zur Entscheidung des Pflegschaftsgerichts gemäß § 6a ZPO aus.
Das Bezirksgericht Peuerbach bestellte dem Antragsteller mit Beschluss vom 26. 4. 2012, GZ P 22/12a-12, den nunmehrigen Antragstellervertreter zum Sachwalter gemäß § 268 Abs 3 Z 2 ABGB zur „Vertretung vor Gerichten, nur soweit die Verfahren im Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen stehen“.
Das Landesgericht Linz bewilligte dem Antragsteller sodann mit Beschluss vom 14. 6. 2012, GZ 31 Nc 20/11k-9, die Verfahrenshilfe durch Gewährung der Begünstigungen nach § 64 Abs 1 Z 1 und Z 3 ZPO im vollen Ausmaß „wegen Amtshaftungsklage“. Zum Verfahrenshelfer erhielt der Antragsteller den Sachwalter beigegeben.
Der Antragsteller, vertreten durch seinen Sachwalter, erhob am 23. 4. 2013 einlangend beim Landesgericht Linz zu AZ 31 Cg 18/13b Klage gegen das Land *****. Mit dieser Klage stellt der Antragsteller folgende Begehren:
1. Zahlung von insgesamt 2.281.400 EUR samt 4 % Zinsen seit dem Tag der Klagszustellung. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus:
1.1. Schmerzengeld in der Höhe von 1.880.000 EUR (= 1.900.000 EUR abzüglich einer sogenannten „Gestezahlung“ des beklagten Landes in der Höhe von 20.000 EUR) für einen Zeitraum von 13 Jahren, in denen er in den Heimen des beklagten Landes gegen den Willen seiner Eltern untergebracht und systematisch massiven physischen und psychischen Qualen ausgesetzt gewesen sei, die ihm seitens des Betreuungspersonals zugefügt worden seien.
1.2. Verdienstentgang in der Höhe von 217.000 EUR (= 500 EUR monatlich) für die Zeit von 1. 1. 1983 bis 31. 3. 2013. Aufgrund des ihm widerfahrenen Leides habe er nie kontinuierlich ins Arbeitsleben eintreten können. Seine Arbeitsverhältnisse hätten nie mehr als zwei bis drei Monate gedauert. Er sei zu 80 % behindert, arbeitsunfähig und beziehe eine Berufsunfähigkeitspension in der Höhe von ca 1.200 EUR monatlich. Wäre er in den Heimen der Beklagten korrekt behandelt und untergebracht worden und wären die der Klage zugrunde liegenden Missbrauchshandlungen nicht passiert, hätte er ein durchschnittliches Erwerbseinkommen nach Abschluss einer Berufsausbildung erzielen können. Der daraus resultierende Verdienstentgang betrage zumindest 500 EUR pro Monat.
1.3. Verdienstentgang in der Höhe von 105.600 EUR (= 600 EUR monatlich) für die Zeit ab April 2013 bis zum Erreichen des regulären Pensionsantrittsalters im Dezember 2027.
1.4. Pensionsschaden in der Höhe von 78.000 EUR. Ausgehend von einer Lebenserwartung von Männern von 78 Jahren sowie unter Annahme eines Bezugs der ordentlichen Alterspension (bei regulärem Arbeitsverlauf ohne die in den Heimen erlittenen Beeinträchtigungen) in der Höhe von 1.700 EUR errechne sich eine Pensionsdifferenz zur derzeit bezogenen Invaliditätspension mit 500 EUR monatlich.
2. Das beklagte Land sei schuldig, dem Antragsteller über sämtliche für ihn während seiner Heimaufenthalte verwalteten und treuhändig verwahrten Mündelgelder (insbesondere Waisenpension, Unfallrente, Familienbeihilfe und Taschengeld) ordnungsgemäß und vollständig Rechnung zu legen und den sich aus der Rechnungslegung ergebenden Betrag zur Auszahlung zu bringen. Sein Vater sei bei einem Arbeitsunfall verstorben. Aufgrund dieses Ereignisses habe er einerseits eine Unfallrente von der AUVA, andererseits eine Waisenpension von der PVA erhalten. Die Heime hätten für den Antragsteller auch die vom Finanzamt ausbezahlte Familienbeihilfe bezogen. Dieses von Erfüllungsgehilfen des beklagen Landes für den Antragsteller verwaltete Mündelgeld sei ihm bei Erreichen der Volljährigkeit nicht ausbezahlt und bis zum heutigen Tage vorenthalten worden. Lediglich ab dem ca 17. Lebensjahr sei ihm ein monatlicher Geldbetrag einer Versicherungsleistung bis zu seiner Volljährigkeit ausbezahlt worden. Die Organe des beklagten Landes hätten dabei einerseits gegen ihre gesetzliche Verpflichtung, Mündelgeld mündelsicher anzulegen (§ 230 ABGB) verstoßen; andererseits könne sich das beklagte Land auch nicht darauf berufen, dieses Geld für seine Erziehung und Ausbildung verwendet zu haben, weil ihm in den Heimen keine ordnungsgemäße Betreuung und Versorgung zuteil, sondern im Gegenteil seine Gesundheit massiv beeinträchtigt und seine Zukunft zerstört worden sei. Er habe daher gegen das beklagte Land einen Anspruch auf Ausfolgung sämtlicher während seiner Heimaufenthalte von öffentlichen Stellen in Empfang genommenen Gelder samt Zinsen für eine mündelsichere Veranlagung dieser Gelder bis zum heutigen Tage. Dies betreffe auch das der Heimleitung vom Sozialhilfeverband Schärding ausbezahlte Taschengeld, das ihm ebenfalls teilweise vorenthalten worden sei. Da ihm die genaue Höhe dieser Beträge nicht bekannt sei, habe er einen Anspruch auf korrekte und umfassende Rechnungslegung und Auszahlung des sich aus der Rechnungslegung ergebenden Betrags.
3. Die Feststellung, dass ihm das beklagte Land für sämtliche Spät- und Folgeschäden aus der rechtswidrigen Unterbringung in den Heimen in N***** von 1963 bis 1977 sowie in L***** von September 1977 bis Januar 1978 hafte. Da Spät- und Folgeschäden nicht abzusehen, jedenfalls aber nicht auszuschließen seien, habe der Antragsteller ein rechtliches Interesse in der Feststellung der Haftung des beklagten Landes für Spät- und Folgeschäden.
Der Antragsteller brachte in der Klage (ua) vor, dass er aufgrund seiner schweren psychischen Beeinträchtigungen nach der Heimentlassung nicht habe erkennen können, dass ihm großes Unrecht widerfahren sei und dafür der Heimträger rechtlich zur Verantwortung gezogen werden könne. Im Jahre 1996 habe er dann mit Frau Dr. S***** von der ***** Landesregierung mehrere Gespräche geführt, in denen er dieser sein Leid über die ihm widerfahrenen Geschehnisse in den Heimen geklagt habe. Er habe auf diesem Wege die Vorfälle aufzuarbeiten versucht, ohne klare Vorstellungen darüber gehabt zu haben, wie das geschehen solle. Zu diesem Zeitpunkt sei der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in Landesheimen kein öffentliches Thema gewesen. Der Umstand, dass er über sein Leid ausführlich mit Frau Dr. S***** gesprochen habe, bestätige, dass diese Ereignisse der Wahrheit entsprechen und er keinesfalls als bloßer „Trittbrettfahrer“ abgestempelt werden könne, der nur versuche, die Gunst der Stunde zu nützen, um sich unberechtigte Vorteile herauszuschlagen. Frau Dr. S***** habe sich sehr verständnisvoll gezeigte, habe ihm geduldig zugehört, ihm aber letztlich geraten, „das Ganze zu vergessen“ und nicht „in der Vergangenheit zu wühlen“. Er sei diesem Rat gefolgt und habe nichts unternommen, wäre dazu aber auch aufgrund seines angeschlagenen Zustands nicht in der Lage gewesen. Als dann im Jahre 2010 Medienberichte über Missbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen, aber auch in Landesheimen aufgetaucht seien, habe er Kontakt mit der Kinder- und Jugendanwaltschaft ***** aufgenommen. Mit ihm sei am 25. 8. 2010 ein Gespräch über seinen Missbrauchsfall geführt und darüber auch ein Aktenvermerk angefertigt worden. Er habe dann auch über die „Unabhängige Opferschutzstelle des Landes *****“ die Zusage einer Gestezahlung in der Höhe von 20.000 EUR erhalten. Dieser Betrag sei ihm in der Folge auch ausbezahlt worden. Seine Angaben hätten in der Folge auch zu einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen „unbekannte Täter“ geführt, welches letztlich wegen strafrechtlicher Verjährung eingestellt worden sei. Erst im Zuge der öffentlichen Diskussion und des geschilderten Procederes sei ihm bewusst geworden, dass das Land ***** als Träger der beiden Heime für das Fehlverhalten des Pflegepersonals, aber auch für dessen eigenes Organisations-, Aufsichts- und Überwachungsverschulden hafte und ihm gegenüber für den entstandenen Schaden verantwortlich sei. Zu dieser Erkenntnis sei er einerseits durch die öffentliche Diskussion über dieses Thema, aber auch aus Gesprächen mit anderen Opfern, Beratungsstellen und Juristen gelangt. Anschließend habe er dann im August (richtig: Dezember) 2011 beim Landesgericht Linz den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen das Land ***** eingebracht.
Die Haftung des beklagten Landes werde auf den Titel des Schadenersatzes gestützt. Das Land hafte als Träger der beiden Heime für das Tun und/oder Unterlassen der in diesen Einrichtungen beschäftigten Mitarbeiter. Das inkriminierte Fehlverhalten erfülle ua die Tatbestände der §§ 83, 84, 87 StGB (absichtlich schwere Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen), des § 92 StGB (Quälen und Vernachlässigen von Minderjährigen) sowie diverser Sexualdelikte nach dem StGB. Zudem habe der Antragsteller auch schwerwiegende massive Menschenrechtsverletzungen erlitten, die keiner Verjährung unterliegen würden. Überdies liege auch ein qualifiziertes Organisationsverschulden und eine Verletzung der Aufsichts- und Kontrollpflicht durch das beklagte Land vor, auf welche die Ansprüche ebenfalls gestützt würden. Der Antragsteller stütze seine Klage im Übrigen auf sämtliche zivil‑, insbesondere auch amtshaftungsrechtliche Anspruchsgrundlagen.
Das beklagte Land wandte in der Klagebeantwortung ‑ zusammengefasst ‑ ein, dass sämtliche vom Antragsteller erhobenen Ansprüche spätestens 30 Jahre nach dem Erreichen der Volljährigkeit, also seit dem 10. 12. 2011, verjährt seien. Die geltend gemachten Beträge seien dem Grunde und der Höhe nach nicht nachvollziehbar. Der Jugendwohlfahrtsträger sei generell von einer Rechnungslegungspflicht gegenüber dem Gericht ausgenommen und nach mehr als 30 Jahren sei eine solche Rechnungslegung auch faktisch unmöglich. Soweit die Klage auf den Titel der Amtshaftung gestützt werde, sei das beklagte Land nicht passiv zur Klage legitimiert. Es sei lediglich im Zuge der Privatwirtschaftsverwaltung tätig geworden. Die Unterbringung in den Heimen sei aufgrund von Gerichtsentscheidungen erfolgt; diesbezüglich wäre die Republik Österreich haftbar zu machen. Die Leute des beklagten Landes treffe kein Verschulden an den vom Antragsteller behaupteten Schäden.
Zur Verjährungseinrede replizierte der Antragsteller im Streitverfahren ‑ zusammengefasst ‑, dass das beklagte Land durch die an ihn geleistete „Gestezahlung“ die Haftung für den Schadensfall anerkannt habe. Aufgrund des Anerkenntnisses sei die Verjährungsfrist unterbrochen worden und habe mit der „Gestezahlung“ neu zu laufen begonnen. Während des gesamten Schädigungszeitraums sei die jeweils örtlich zuständige Jugendwohlfahrtsbehörde sein gesetzlicher Vertreter gewesen. In der Rechtsprechung sei zu § 1494 ABGB klargestellt, dass die mit dieser Bestimmung angeordnete Verjährungshemmung auch dann eintrete, wenn zwar eine ordnungsgemäße gesetzliche Vertretung bestehe, vom Vertreter aber wegen einer Interessenskollision eine gesetzesgemäße Wahrung der Rechte des Minderjährigen nicht zu erwarten sei. Bis zu seiner Volljährigkeit sei daher der Beginn der Verjährungsfrist gemäß § 1494 ABGB gehemmt gewesen. Ab Eintritt der Volljährigkeit bis zur Bestellung seines Sachwalters sei der Beginn der Verjährungsfrist weiter gehemmt gewesen, weil der Antragsteller aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme nicht in der Lage gewesen sei, seine Rechte selbst zu verwalten. Welche gravierenden negativen Auswirkungen das jahrelange schädigende Verhalten der Betreuungspersonen auf seine Gesundheit habe, sei für den Antragsteller lange Zeit nicht erkennbar gewesen. Kenntnis vom tatsächlichen Schadensausmaß habe er erst in den letzten beiden Jahren vor Klagseinbringung erlangt. Vergleichsverhandlungen mit dem Schädiger würden den Ablauf der Verjährungsfrist ebenfalls hemmen. Der Antragsteller habe den Schädiger mehrfach mit dem verursachten Schaden konfrontiert. Zunächst habe er Kontakt mit Dr. S***** gehabt, dann habe er die Opferschutzkommission mit den Geschehnissen konfrontiert, sich auch dem anhängig gewesenen strafrechtlichen Verfahren gegen namentlich bezeichnete Personen als Privatbeteiligter angeschlossen und letztlich vom Land die Gestezahlung erhalten. Es sei daher auch aufgrund dieser Vergleichsverhandlungen über einen längeren Zeitraum zur Hemmung des Ablaufs der Verjährungsfrist gekommen. Die Verjährungsfrist habe erst mit der Sachwalterbestellung zu laufen begonnen und wäre daher frühestens drei Jahre danach abgelaufen. Von einer Verjährung der geltend gemachten Ansprüche könne daher insgesamt keine Rede sein.
Der Antragsteller begehrte ‑ nach Einleitung des Streitverfahrens zu AZ 31 Cg 18/13b des Landesgerichts Linz ‑ die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der dort erhobenen Klage.
Das Erstgericht wies den Genehmigungsantrag ab. Es war rechtlich der Ansicht, dass zur Erteilung der Prozessermächtigung die Erfolgsaussichten des angestrebten Prozesses zu beurteilen seien und vor allem das Wohl des Betroffenen zu bedenken sei. Es sei nicht der Zivilprozesses vorwegzunehmen und zu untersuchen, ob ein Anspruch gegeben sei, sondern unter Einbeziehung aller Eventualitäten das Prozess‑(kosten‑)risiko abzuwägen. Gemäß § 1489 ABGB würden Schadenersatzansprüche innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis des Schadens und Schädigers verjähren, ansonsten innerhalb von 30 Jahren. Im eingeleiteten Zivilverfahren sei es Aufgabe des Klägers, die relevanten Umstände für eine Unterbrechung der Verjährungsfrist bzw den (späteren) Beginn der Verjährungsfrist zu behaupten und zu beweisen. Dies sei allein aufgrund der seit den behaupteten Vorfällen vergangenen Zeit von mehr als 30 Jahren schwierig und mit einem hohen Prozessrisiko verbunden. Angesichts der lange zurückliegenden Ereignisse sei auch mit Beweisschwierigkeiten zu rechnen. Der Betroffene genieße zwar Verfahrenshilfe, für den Fall des Prozessverlustes seien jedoch angesichts des hohen Streitwerts von über 2 Mio EUR erhebliche Prozesskosten des beklagten Landes zu erwarten, für die dann der Betroffene ersatzpflichtig wäre. Dass er dazu nicht in der Lage sein werde, ergebe sich schon aus dem Umstand, dass ihm Verfahrenshilfe bewilligt worden sei. Insgesamt sei daher die Beweislage schwierig und der Prozessverlust mit einem enormen Kostenrisiko verbunden. Die Klage entspreche daher nicht dem Wohl des Betroffenen, weshalb die Genehmigung zu versagen sei.
Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Es vertrat ‑ zusammengefasst ‑ die Rechtsansicht, dass hinsichtlich der Verjährungsfrage zunächst von § 1494 ABGB auszugehen sei, der solche Personen schütze, die aus Mangel ihrer Geisteskräfte ihre Rechte selbst zu verwalten unfähig seien. Hemmung sei insoweit nur anzunehmen, soweit ein gesetzlicher Vertreter erforderlich, aber nicht bestellt sei, oder wenn dem eine Interessenkollision entgegenstehe. Der Antragsteller sei seinerzeit gemäß § 26 JWG 1954 in die gerichtliche Erziehungshilfe überwiesen worden, wobei deren Ausführung der Bezirksverwaltungsbehörde oblegen sei. Gesetzlicher Vertreter sei daher bis zur Volljährigkeit des Antragstellers (damals mit 10. 12. 1981) das beklagte Land gewesen, weshalb eine Interessenkollision vorgelegen und die Verjährungsfrist frühestens mit 10. 12. 1981 habe zu laufen beginnen können. Auf die lange Verjährungsfrist des § 1489 ABGB könne sich der Betroffene zwar nicht mit dem Argument berufen, ihm sei ein Schaden durch strafrechtlich relevante Sachverhalte entstanden. Nach ständiger Rechtsprechung sei nämlich die 30‑jährige Frist des § 1489 ABGB nur auf den Straftäter selbst anwendbar, nicht aber auf mithaftende Personen, die sich keiner qualifiziert strafbaren Handlung schuldig gemacht hätten. Ebenso wenig sei die 30‑jährige Frist auf eine geklagte juristische Person wegen „Verbrechen“ ihrer (auch in gehobener Position tätigen) Dienstnehmer anwendbar.
Für den Standpunkt des Antragsteller im Lichte des § 1494 ABGB spreche allerdings, dass ihm das Erstgericht gerade in Bezug auf die zu beurteilende Klage einen Sachwalter bestellt habe und die Verjährung nicht zu laufen beginnen könne, wenn die in ihrer Handlungsfähigkeit beeinträchtigte Person keinen gesetzlichen Vertreter habe. Für den Standpunkt des Betroffenen spreche weiters, dass das Oberlandesgericht Innsbruck in der Entscheidung 3 R 34/13v (= RIS-Justiz EI0100011) die Frage, ob der ‑ wie hier vom Antragsteller im Streitverfahren behauptete ‑ Fall einer Dissoziation, also einer Abspaltung der Erinnerung an den Missbrauch vom Bewusstsein, vom § 1494 ABGB erfasst sei, bejaht habe. Gegen den Betroffenen spreche allerdings, dass das Oberlandesgericht Graz diese Frage zu 2 R 179/13f mit nicht unbeachtlichen Argumenten verneint habe, weil, wer sich ‑ ohne psychisch krank oder geistig behindert zu sein ‑ an ein schädigendes Ereignis nicht erinnere, nicht in seiner „rechtlichen Handlungsfähigkeit beschränkt“ sei, sondern nur in seiner Erinnerung an einen rechtserzeugenden Sachverhalt. In einem solchen Fall könne dann ja auch die Beigebung eines Sachwalters als „gesetzlicher Vertreter“ die Möglichkeit einer Klagsführung nicht substituieren. Das Höchstgericht habe diese Frage in jüngster Zeit unbeantwortet gelassen (6 Ob 234/13z).
Die mit schwierigen medizinischen Fragen verbundene Beurteilung der allenfalls bereits eingetretenen Verjährung könne allerdings dahingestellt bleiben. Der Klagsführung sei nämlich schon wegen des damit verbundenen und auch durch die Verfahrenshilfe nicht wesentlich entschärften Kostenrisikos die Genehmigung zu versagen. Der Antragsteller gehe selbst davon aus, dass das Verfahren mehrere Jahre dauern werde, womit auf Seiten des beklagten Landes in Anbetracht des Streitwerts mit immensen Vertretungskosten zu rechnen sei und der Antragsteller diese zu einem Großteil ersetzen müsse, wenn er kostenschädlich iSd § 43 Abs 2 ZPO unterliege. Der Antragsteller mache für die Zeit seiner Heimunterbringung von rund 13 Jahren ein Schmerzengeld von 1.900.000 EUR geltend, das seien rund 400 EUR pro Tag. Bei aller vom Antragsteller behaupteten Tragik des Falls sei ein solcher Betrag nach bestehenden Judikaturgrundsätzen völlig unrealistisch. Das höchste bislang zugesprochene Schmerzengeld betrage nämlich 218.018,50 EUR und dieser Entscheidung (2 Ob 237/01v ZVR 2002/66) sei ein Schädel-Hirn-Trauma des Grades II und zahlreiche Knochenbrüche samt schweren inneren Verletzungen, eine hohe Querschnittssymptomatik mit Lähmung des Rumpfes und aller vier Extremitäten, weiters eine Augenmuskellähmung und Lähmung des Atemnervs mit der Notwendigkeit einer Pflege rund um die Uhr zugrundegelegen. Hinsichtlich der vom Antragsteller behaupteten, aber nicht näher konkretisierten sexuellen Übergriff sei auf die Entscheidung 7 Ob 160/09v zu verweisen, in welcher einem sexuellen Missbrauchsopfer, welches langwierige Folgen zu tragen gehabt habe, ein Schmerzengeld von 28.000 EUR zuerkannt worden. Auch wenn bei einer Entscheidung über die Genehmigung einer Klage zu berücksichtigen sei, dass die Ausmittlung eines (allenfalls) zustehenden Schmerzengeldes primär von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abhängig sei und daher eine „gewisse Überklagung“ wohl nicht schade, könne vorliegend aber doch nicht übersehen werden, dass allein schon die vom Betroffenen begehrten Schadenersatzansprüche im Bereich des begehrten Schmerzengeldes ‑ unabhängig von deren Beweisbarkeit ‑ realistischerweise überhaupt nur in Höhe von rund einem Zehntel des begehrten Betrags bestehen könnten. Selbst wenn sich also die Behauptungen des Antragstellers als wahr erweisen und die Klagsforderungen nicht verjährt sein sollten, sei dennoch mit erheblichen Kostenersatzansprüchen zugunsten des beklagten Landes zu rechnen. Der Klagsführung sei somit die Genehmigung zu versagen, würde doch ein verantwortungsbewusster Sachwalter eine Klage in dieser „Dimension“ nicht einbringen.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil nicht erkennbar sei, inwiefern das Rekursgericht im konkreten Einzelfall in unvertretbarer Weise von einer Rechtsprechung des Höchstgerichts abgewichen sei.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass der Antrag auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Klage mit der Begründung abgewiesen werde, es sei eine solche Genehmigung nicht notwendig. Hilfsweise begehrt der Antragsteller die Abänderung im Sinn der Erteilung der Klagegenehmigung und in eventu stellt er auch einen Aufhebungsantrag.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.
I. Zur Verfahrensrüge:
Der Antragsteller macht als Mangel des Rekursverfahrens geltend, dass er sein Parteigehör ‑ wie angeblich auch vor dem Erstgericht ‑ insoweit verletzt sehe, als ihm keine Gelegenheit geboten worden sei, jene Überlegungen darzustellen, die ihn zur Klagsführung veranlasst hätten. Bei der gegebenen komplexen Sach- und Rechtslage hätten die Vorinstanzen zum Zweck der Beurteilung des Prozessrisikos weitere Erkundigungen einholen und allenfalls einen Sachverständigen befragen müssen, um sich den notwendigen Überblick zu verschaffen.
Der Antragsteller hatte aber sowohl im Rekurs als auch im Revisionsrekurs die ‑ ohnehin genutzte ‑ Möglichkeit, alle ihm entscheidungsrelevanten Tat- und Rechtsfragen, alle Anmerkungen zu maßgeblichen Verfahrensergebnissen sowie alle Argumente gegen die Entscheidungen der Vorinstanzen vorzutragen. Sein rechtliches Gehör wurde daher nicht erkennbar verletzt. Soweit der Antragsteller weitere Beweisaufnahmen zur von den Vorinstanzen vorgenommenen Prüfung des Risikos des von ihm eingeleiteten Prozesses einfordert, zeigt er nicht konkret auf, welche für ihn günstigen Ergebnisse er sich daraus erwartet. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens liegt somit nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG).
II. Zur Rechtsrüge:
1.1. Der Antragsteller ist der Ansicht, dass die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung seiner Klage nicht erforderlich sei, weil ihm gerade zur Geltendmachung der hier fraglichen Ansprüche ein Sachwalter bestellt worden sei.
1.2. Entgegen dem Standpunkt des Antragstellers gilt nach § 275 ABGB iVm § 214 Abs 2 ABGB die Regelung des § 167 Abs 3 ABGB sinngemäß auch für den (einstweiligen) Sachwalter. Daraus folgt, dass Vertretungshandlungen und Einwilligungen in Vermögensangelegenheiten zu ihrer Rechtswirksamkeit dann der Genehmigung des Gerichts bedürfen, wenn die Vermögensangelegenheit nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört (RIS-Justiz RS0048207; vgl auch 5 Ob 519/93; Weitzenböck in Schwimann/Kodek 4 , § 275 ABGB Rz 6; Hopf in KBB 4 , § 275 ABGB Rz 3; Pfurtscheller in Schwimann , ABGB-TaKom² § 275 Rz 5). Ob ein Geschäft zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört oder nicht, hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab; maßgeblich sind dabei (ua) Üblichkeit und wirtschaftliches Risiko (vgl 5 Ob 95/08v; 5 Ob 108/08f; 6 Ob 240/10b). Bei einer Klage auf Schadenersatz wird in der Regel angenommen, dass sie nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb zählt (10 Ob 23/08t). Die Annahme der Genehmigungsbedürftigkeit der hier zu beurteilenden Schadenersatzklage, die (ua) ein Leistungsbegehren von 2.281.400 EUR sA beinhaltet, enspricht der dargestellten Rechtsprechung. Die vom Antragsteller für seinen gegenteiligen Standpunkt in Anspruch genommene Entscheidung 4 Ob 53/07h (SZ 2007/63 = iFamZ 2007/125) ist nicht einschlägig, ging es doch dort nicht um eine Klageerhebung, sondern um die (nicht erforderliche) Genehmigung der Prozessführung des Betroffenen auf der Beklagten-, also auf der Passivseite (vgl dazu auch Fischer‑Czermak in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.02 § 167 Rz 27). Die vom Antragsteller erhobene Klage bedarf daher einer gerichtlichen Genehmigung.
2.1. Ob eine Prozessführung im Interesse des Pflegebefohlenen liegt, ist eine Ermessensentscheidung des Pflegschaftsgerichts (vgl RIS-Justiz RS0048207), die sich am konkreten Einzelfall zu orientieren hat (vgl RIS-Justiz RS0048142). Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit einer Klage nicht unter Vorwegnahme des Zivilprozesses zu untersuchen, ob der Anspruch besteht, sondern vielmehr unter Einbeziehung aller Eventualitäten (lediglich) das Prozessrisiko abzuwägen (RIS‑Justiz RS0108029). Eine abschließende Beurteilung der Tat- und Rechtsfrage ist dabei nicht vorgesehen (1 Ob 6/08a ua). Zu prüfen ist, ob die konkret zu beurteilende Klage mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird (vgl 7 Ob 53/07f ua; RIS-Justiz RS0048142). Maßgebend ist, ob in vergleichbaren Fällen ein verantwortungsbewusster gesetzlicher Vertreter den Klageweg beschreiten würde (RIS‑Justiz RS0108029). Dies ist jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn die Erfolgsaussichten gering sind und deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit ein erheblicher Vermögensnachteil des Betroffenen durch die Belastung mit Prozesskosten droht (7 Ob 246/09s iFamZ 2010/149, 199 [ Schauer ]; RIS-Justiz RS0048156).
2.2. Der Antragsteller hat hier nicht vor, sondern erst nach Einbringung der Klage beim Streitgericht deren gerichtliche Genehmigung beantragt. Im Hinblick auf diese besondere Konstellation ist klarzustellen, dass der bereits vorliegende weitere Verlauf des Streitverfahrens, insbesondere das dort von den Parteien wechselseitig erstattete Prozessvorbringen, in die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der Klage miteinzubeziehen ist.
3.1. Das Rekursgericht hat zusammengefasst angenommen, dass die Klage des Antragstellers (jedenfalls) deshalb nicht genehmigt werden könne, weil sein Schmerzengeldbegehren enorm überhöht sei und zu einer „echten“ Überklagung, folglich zu einer massiven Kostenersatzpflicht an das beklagte Land führen werde, vor welcher den Antragsteller auch die bewilligte Verfahrenshilfe nicht schützen könne.
3.2. Mit diesem Argument, dass nämlich das aus einer massiven Überklagung drohende Kostenrisiko einer Klagsgenehmigung entgegenstehen könne, vermögen sich die Vorinstanzen auf zweitinstanzliche Rechtsprechung (vgl LGZ Wien EFSlg 62.826 [1990]; LGZ Wien EFSlg 68.739 [1992]) und Lehre ( Nademleinsky in Schwimann/Kodek 4 , Ergänzungsband 1a, § 167 ABGB Rz 26) zu stützen. Dieser Meinung liegt allerdings implizit die weitere Rechtsansicht zugrunde, dass eine Klage nur zur Gänze, nicht aber auch bloß teilweise genehmigt werden könne (so offenbar auch Nademleinsky in Schwimann/Kodek 4 , Ergänzungsband 1a, § 167 ABGB Rz 16 mN zur zweitinstanzlichen Rechtsprechung in FN 61; Beck in Gitschthaler/Höllwerth , § 132 AußStrG Rz 80). Dieser Standpunkt folgt wohl dem Grundsatz, dass das Gericht einen vorgelegten Vertrag nur entweder genehmigen oder die Genehmigung versagen kann (3 Ob 293/01m; vgl auch RIS-Justiz RS0048113) oder, wie es § 132 Abs 1 Satz 1 AußStrG formuliert, dass das Gericht in seiner Entscheidung über die Genehmigung der Rechtshandlung eines Pflegebefohlenen dieser keine inhaltlich abweichende Fassung geben darf. In diesem Sinn auch hat der Oberste Gerichtshof in 10 Ob 114/07y ‑ allerdings ohne nähere Auseinandersetzung mit dieser Frage ‑ dahin entschieden, dass eine bloß teilweise Genehmigung einer Klagsführung nicht möglich sei. Wohl in einem gewissen Spannungsverhältnis zur vorgenannten Entscheidung erkannte der Oberste Gerichtshof in 5 Ob 519/93, ohne Bedenken gegenüber einer solchen Vorgangsweise auszuführen, im Sinn einer bloß teilweisen verlassenschaftsgerichtlichen Genehmigung einer Klage.
3.3. Es mag nun tatsächlich fraglich sein, ob tragfähige Bedenken gegen eine bloß teilweise Genehmigung einer (überhöhten) Schmerzengeldklage oder gegen die Verweigerung der Genehmigung einzelner in einer Klage zusammengefasster selbständiger Begehren bestehen. Zunächst wird § 132 Abs 1 Satz 1 AußStrG in den ErläutRV 224 BlgNR 85 nämlich (nur) damit begründet, dass mit dieser Anordnung eine gerichtiche „Vertragshilfe“ ausgeschlossen werden solle. Tatsächlich darf die abändernde gerichtliche Genehmigung nicht dazu führen, dass den Parteien ein Vertragsinhalt unterlegt wird, den sie nicht vereinbart haben. Einer bloß teilweisen Genehmigung einer (überhöhten) Klage ohne Änderung ihres Rechtsgrundes stehen solche Überlegungen aber wohl nicht entgegen. Es wäre auch wenig plausibel, einer Klage insgesamt die Genehmigung zu verweigern, weil nur ein oder einzelne Teilbegehren mit (einer) selbständigen Anspruchsgrundlage(n) aussichtslos erscheint (erscheinen), könnten diese Begehren doch auch mit gesonderten und dann auch gesondert auf ihre Genehmigungstauglichkeit zu überprüfenden Klagen erhoben werden. Diese Frage von der teilweisen Genehmigungsfähigkeit einer Klage muss hier aber nicht abschließend beurteilt werden, weil im vorliegenden Fall selbst unter Berücksichtigung der allfälligen Möglichkeit einer Teilgenehmigung einzelner Begehren der Klagsführung des Antragstellers insgesamt die Genehmigung versagt bleiben muss.
4.1. Der Antragsteller vertritt den Standpunkt, dass Schadenersatzansprüche eines „Heimopfers“ nicht mit jenen von Verkehrsunfallopfern verglichen werden könnten, weshalb die vom Rekursgericht erkannte und seiner Klagegenehmigung vermeintlich entgegenstehende massive Überklagung nicht hätte angenommen werden dürfen.
4.2. Dem Antragsteller mag durchaus dahin beizupflichten sein, dass die von ihm behaupteten Beeinträchtigungen nicht mit unfallbedingten Verletzungsfolgen vergleichbar sind, doch stellt hier auch der Antragsteller Schmerzengeldansprüche in unvergleichbarer Höhe. Er begehrte einen Schmerzengeldbetrag von 1.880.000 EUR (= Gesamtschmerzengeld von 1.900.000 EUR abzüglich einer Gestezahlung von 20.000 EUR). Nun mag der Kläger für sich haben, dass sich beim Schmerzengeld die Annahme einer starren Obergrenze verbietet (vgl RIS-Justiz RS0031173) und in der österreichischen Schmerzengeldjudikatur immer wieder neue Höchstsummen zugesprochen und Ersatzbeträge bei schweren Beeinträchtigungen deutlich(er) angehoben werden (vgl Huber in Schwimann , ABGB-TaKom² § 1325 Rz 118). Allerdings lagen bislang etwa Schmerzengeldzusprüche bei jahrelangem bzw mehrfachen sexuellem Missbrauch eines Kindes in Größenordnungen von 29.069,13 EUR (= 400.000 ATS; 9 Ob 147/00h [sexueller Missbrauch zwischen dem 12. und 16. Lebensjahr]) und 28.100 EUR (7 Ob 160/09v; mehrmaliger sexueller Missbrauch einer Siebenjährigen). Selbst wenn man bedenkt, dass der Antragsteller massives körperliches und seelisches Leid über einen Zeitraum von ca 13 Jahren behauptet, so steht der von ihm begehrte Schmerzengeldbetrag von insgesamt 1.900.000 EUR in keinem vernüftigen Verhältnis zum höchsten in Österreich je zuerkannten Schmerzengeldbetrag von 3.000.000 ATS = 218.018,50 EUR (2 Ob 237/01v [Schädel-Hirn-Trauma II, Lungenaspiration, Lungen- und Herzprellung, neurogener Schock, Blutung im Magen-Darmtrakt, hohe Querschnittsymptomatik mit Lähmung beider Arme und Beine, Erfordernis lebenslanger künstlicher Beatmung, ständiger Pflegebedarf ‑ 21‑jähriger Mann]; vgl auch 3 Ob 128/11m). Unter diesem Gesichtspunkt haben die Vorinstanzen zutreffend angenommen, dass beim Schmerzengeldbegehren eine ganz massive Überklagung vorliegt.
4.3. Der Antragsteller verweist in diesem Zusammenhang auf eine in einem „Parallelverfahren“ eines anderen ehemaligen Heimkindes erfolgte pflegschaftsgerichtliche Genehmigung, aus der er aber für den vorliegenden Fall schon deshalb nichts zu gewinnen vermag, werden doch dort ‑ den eigenen Angaben des Antragstellers zufolge ‑ „nur“ Schadenersatzansprüche von 438.200 EUR sA geltend gemacht. Der Vergleich mit dem hier zugrunde gelegten Schmerzengeldbetrag von 1.900.000 EUR lässt diesen im Gegenteil erneut als äußerst unrealistisch erscheinen. Insgesamt ist daher aufgrund des dazu bislang wenig substanziierten Sachvorbringens des Antragstellers jedenfalls zweifelhaft und derzeit nicht klar einzuschätzen, ob und welcher Betrag an Schmerzengeld ‑ nach Abzug der Gestezahlung ‑ der Höhe nach überhaupt noch zustehen könnte. Selbst im Fall der Annahme der Zulässigkeit einer bloßen Teilgenehmigung des Schmerzengeldbegehrens bleibt in diesem Punkt jedenfalls ein gewisses Kostenrisiko.
5. Der Antragsteller macht mit seinem Leistungsbegehren an Verdienstentgang für die Zeit ab April 2013 bis zum Erreichen des regulären Pensionsantrittsalters im Dezember 2027 keine monatliche Rente, sondern einen Kapitalbetrag (kapitalisierte Rente) von 105.600 EUR (= 600 EUR monatlich) geltend. Auch der weitere „Pensionsschaden“ in der Höhe von 78.000 EUR ist eine kapitalisierte Rente aus Verdienstentgang für die Zeit ab dem (fiktiven) Erreichen des Pensionsantrittsalters bis zum (fiktiven) Lebensende. Verdienstentgang aus dem Titel des Schadenersatzes ist allerdings regelmäßig als Rente zu begehren. Eine einmalige Abfindung zukünftigen Verdienstentgangs ist demgegenüber nur ausnahmsweise zulässig, wenn der Verletzte hiefür einen wichtigen Grund vorbringen kann (RIS-Justiz RS0104094; Harrer in Schwimann ³ § 1325 ABGB Rz 40; Hinteregger in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.02 § 1325 Rz 20). Einen solchen wichtigen Grund hat der Antragsteller in seinem Vorbringen im Streitverfahren bislang nicht vorzutragen vermocht und er ist auch nicht ersichtlich. Die genannten Teilbegehren sind daher unschlüssig.
6. Insbesondere betreffend die Leistungsbegehren besteht das ganz enorme Risiko der ‑ vom beklagten Land im Streitverfahren auch schon eingewendeten ‑ Verjährung:
6.1. Dem Antragsteller ist zunächst mit dem Rekursgericht einzuräumen, dass bis zum Erreichen seiner Volljährigkeit (10. 12. 1981; § 21 ABGB idF vor dem KindRÄG 2000 BGBl 2000/135) im Hinblick auf seine gesetzliche Vertretung durch das beklagte Land eine Interessenkollision vorlag (RIS-Justiz RS0112302).
6.2. Folgend ist dann ‑ trotz der vom Antragsteller behaupteten Straftaten ‑ (auch) die 3-jährige Verjährungsfrist einschlägig. Die 30-jährige Verjährungsfrist nach § 1489 zweiter Satz ABGB kommt nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ‑ auch wenn eine strafgerichtliche Verurteilung nicht erfolgt sein muss ‑ grundsätzlich nur gegenüber dem Schädiger selbst zum Tragen, nicht aber gegen dritte, mithaftende Personen (RIS‑Justiz RS0034393). Demnach lösen von Funktionären oder Erfüllungsgehilfen ausgeübte strafbare Handlungen juristischen Personen gegenüber nicht die 30-jährige Verjährungsfrist aus (3 Ob 120/06b; 2 Ob 190/10w; jüngst 1 Ob 221/13a; RIS-Justiz RS0034423 [T4]; vgl RS0034432 [T2]). Diese Auffassung mag zwar von einzelnen Vertretern der Lehre nicht geteilt werden ( M. Bydlinski , Deliktshaftung der juristischen Person und lange Verjährung, RZ 1982, 218 [223 f]; Koziol , Österreichisches Haftpflichtrecht I³ [1997] Rz 15/20) doch muss bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Klage von der bisherigen Rechtsprechung ausgegangen werden (dieser folgend auch Rabl , Die Anwendbarkeit der langen Verjährungsfrist des § 1489 Satz 2 zweite Alternative ABGB auf Schadenersatzansprüche gegen eine juristische Person, ÖJZ 2002, 547).
6.3. Für den Fall des Antragstellers folgt daraus, dass seine Schadenersatzansprüche nur dann nicht verjährt wären, wenn er unter Beweis stellen könnte, dass er seit seiner Volljährigkeit (10. 12. 1981) bis zwei Jahre (§ 1494 ABGB) vor der Einbringung des Verfahrenshilfeantrags (20. 12. 2011) zur Geltendmachung der vorliegenden Ansprüche nie selbst in der Lage gewesen wäre, sondern immer eines Vertreters bedurft hätte. Gegen diese Annahme sprechen aber schon die eigenen Behauptungen des Antragstellers, wonach er 1996 ‑ ohne Vertretung ‑ „die ihm widerfahrenen Geschehnisse in den Heimen“ und „über (sein) Leid ausführlich“ mit einer Mitarbeiterin der Landesregierung sprechen konnte. Dies steht auch deutlich der Annahme entgegen, dass eine vom Antragsteller im Streitverfahren (zumindest ansatzweise) behauptete Dissoziation ab 1996 noch vorgelegen haben könnte (vgl auch 6 Ob 234/13z). Selbst wenn diese Frage ohne ein vorliegendes Sachverständigengutachten derzeit nicht abschließend beurteilt werden kann, erscheint die Erweislichkeit einer die Verjährung ausschließenden Ablaufhemmung doch wenig wahrscheinlich.
6.4. Im bereits anhängig Streitverfahren behauptet der Antragsteller ein Anerkenntnis des beklagten Landes infolge der erbrachten „Gestezahlung“ und stattgefundene Vergleichsverhandlungen. Dabei spricht allerdings schon der verwendete Begriff „Gestezahlung“ sehr anschaulich gegen ein vom Antragsteller daraus abgeleitetes Anerkenntnis und mit welchen Personen, mit welchen Inhalten und über welche Ansprüche konkret verhandelt worden sei, vermochte der Antragsteller nach allen seinen bisherigen Bekundungen auch nicht einigermaßen plausibel darzustellen. Auch für das Vorliegen dieser Unterbrechungs- bzw Hemmungsgründe fehlt also eine realistische Grundlage. Es haftet den Leistungsbegehren des Antragstellers daher insgesamt ein enormes Verjährungsrisiko an.
7. Abgesehen von der durchaus bezweifelbaren wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit des vom Antragsteller erhobenen Rechnungslegungsbegehrens steht dieses in einem auffallenden Widerspruch zu den Regeln über die Kosten und Kostenersatzpflicht des Minderjährigen für Maßnahmen der Jugendfürsorge nach den §§ 7 ff OÖ JWG 1955. Dass es während der Heimunterbringung zu rechtswidrigen Übergriffen gekommen sein mag, schließt eine Kostenersatzpflicht des im Heim Versorgten ‑ offenbar entgegen der Rechtsansicht des Antragstellers ‑ nicht grundsätzlich aus (vgl zur [grundsätzlichen] Kostendeckungspflicht selbst bei [allenfalls] rechtswidrigen Obsorgeeingriffen des Kinder- und Jugendhilfeträgers 5 Ob 157/12t; 4 Ob 47/13k).
8. Schließlich erweist sich das Begehren des Antragstellers auf Feststellung, dass ihm das beklagte Land für sämtliche Spät- und Folgeschäden aus der rechtswidrigen Heimunterbringung zu haften habe, in der gewählten Formulierung ‑ wie vom beklagten Land im Streitverfahren auch schon aufgegriffen ‑ als rechtlich unschlüssig, erfolgte doch die Unterbringung des Antragstellers aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung.
9. Zusammengefasst folgt:
Den vom Antragsteller erhobenen Leistungsbegehren haftet insgesamt ein evidentes Verjährungsrisiko an, die Höhe des Schmerzengeldbegehrens liegt weit jenseits dessen, was nach bisher vorliegender Rechtsprechung auch nur einigermaßen als realistisch angesehen werden könnte, die Begehren nach einem Kapitalbetrag für künftigen Verdienstentgang sind nicht schlüssig und auch gegen die Begehren auf Rechnungslegung sowie Feststellung bestehen gravierende rechtliche Bedenken. Aufgrund des bei dieser Sachlage bestehenden enormen Prozess‑(kosten‑)risikos würde ein verantwortungsbewusster gesetzlicher Vertreter den Klageweg nicht beschreiten. Die Vorinstanzen haben daher der Klage die notwendige Genehmigung im Ergebnis zu Recht verweigert. Der dagegen erhobene Revisionsrekurs muss daher erfolglos bleiben.
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