OGH 5Ob108/08f

OGH5Ob108/08f24.6.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Verlassenschaft nach Leopoldine W*****, geboren am *****, verstorben am *****, AZ 4 A 191/07m des Bezirksgerichts Scheibbs, vertreten durch den Alleinerben Herbert W*****, geboren *****, dieser vertreten durch Mag. Gottfried Holzinger, öffentlicher Notar in Scheibbs, wegen Anmerkung einer Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung ob der Liegenschaft EZ ***** GB *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 6. März 2008, AZ 7 R 11/08k, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Scheibbs vom 14. Dezember 2007, TZ 2783/07, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem ordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Dem Erstgericht wird aufgetragen, über das Begehren der Antragstellerin auf Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der der Leopoldine W***** grundbücherlich zugeschriebenen Liegenschaft EZ ***** GB ***** bewilligend zu entscheiden und die einzige Ausfertigung dieses Beschlusses versehen mit der Bestätigung der vollzogenen Anmerkung an Mag. Gottfried Holzinger, öffentlicher Notar in Scheibbs, auszufolgen.

Text

Begründung

Ob der Liegenschaft EZ ***** GB ***** ist die Erblasserin Leopoldine Wenighofer als grundbücherliche Eigentümerin eingetragen. Die Antragstellerin (= Verlassenschaft nach Leopoldine W*****) begehrte unter Vorlage der Amtsbestätigung gemäß § 172 AußStrG vom 19. 7. 2007 die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft EZ ***** GB *****.

Die vom Gerichtskommissär im Verlassenschaftsverfahren nach Leopoldine W***** zu 4 A 191/07m des Bezirksgerichts Scheibbs erteilte Amtsbestätigung vom 19. 7. 2007 hat folgenden wesentlichen Wortlaut:

„In der vor mir aufgenommenen Niederschrift vom 19. Juli 2007 hat der erbl. Sohn Herbert W*****, geb. *****, ... auf Grund des Testaments vom 4. 4. 2006 zum gesamten Nachlass eine bedingte Erbantrittserklärung abgegeben. Über sein Verlangen wird gemäß § 172 AußStrG bestätigt, dass der Vorgenannte berechtigt ist, die Verlassenschaft im Sinne des § 810 ABGB zu vertreten."

Das Erstgericht wies den Grundbuchsantrag ab. In der vorliegenden Amtsbestätigung sei festgehalten, dass Herbert W***** eine bedingte Erbserklärung abgegeben habe, und dass er berechtigt sei, die Verlassenschaft zu vertreten. Nach § 810 ABGB könne der den Nachlass vertretende Erbe ohne gerichtliche Genehmigung nur Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung vornehmen. Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung seien genehmigungspflichtig. Da es sich bei einem Antrag um Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung nicht um eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung handle, könne ein derartiger Antrag nicht ohne abhandlungsgerichtliche Genehmigung bewilligt werden.

Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel der Antragstellerin nicht Folge. Gemäß § 810 Abs 2 ABGB (idF FamErbRÄG 2004) bedürften Verwaltungs- und Vertretungshandlungen vor Abgabe von Erbantrittserklärungen zur gesamten Verlassenschaft sowie alle Veräußerungen von Gegenständen aus dem Verlassenschaftsvermögen der Genehmigung des Verlassenschaftsgerichts, wenn sie nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehörten. Die Genehmigung sei zu versagen, wenn die Handlung für die Verlassenschaft offenbar nachteilig wäre. Sei nach der Aktenlage die Errichtung eines Inventars zu erwarten, so dürften Vermögensgegenstände, deren Veräußerung nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehöre, erst veräußert werden, nachdem sie in ein Inventar aufgenommen worden seien. § 810 Abs 2 letzter Satz ABGB gebe eine Entscheidungsanweisung, wonach die Genehmigung dann zu versagen sei, wenn die Handlung für die Verlassenschaft jedenfalls offenbar nachteilig wäre. Dass sie möglicherweise nicht von besonderem Vorteil sei, sei dagegen kein Versagungsgrund. Es gebe demnach zwei Fälle, in denen Bedenken gegen ein von den erbantrittserklärten und dadurch verwaltungsbefugten Erben geplantes Rechtsgeschäft die Interessen an der Privatautonomie deutlich überwiegen würden, nämlich 1. (primär zum Schutz anderer potentieller Erben) dann und solange als nur einzelne sich möglicherweise bloß auf einen geringen Bruchteil der Verlassenschaft beziehende Antrittserklärungen vorliegen, und 2. (primär zum Gläubigerschutz) dann und solange als eine Veräußerung die - bei einer bedingten Erbantrittserklärung vorzunehmende (§ 165 Abs 1 Z 1 AußStrG) - Inventarserrichtung konterkarieren würde, weil die noch zu beschreibenden und zu schätzenden Gegenstände mittlerweile veräußert würden. In der Zusammenschau dieser Bestimmungen ergebe sich, dass

a) dem Gesuch des Sohnes der Verstorbenen (richtig: der Verlassenschaft) um Anmerkung der Rangordnung in den Bestimmungen des § 53 Abs 3 GBG ein Hindernis entgegenstehe,

b) selbst unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung, wonach der schon eingeantwortete Erbe ein Gesuch um Anmerkung der Rangordnung stellen könne (5 Ob 28/90), der Antragsteller (richtig: der Vertreter der antragstellenden Verlassenschaft) lediglich eine bedingte Erbantrittserklärung abgegeben habe und noch nicht eingeantwortet worden sei, und

c) der mit der Anmerkung der Rangordnung verbundene Löschungsanspruch nach § 57 GBG schon den Antrag auf Anmerkung der Rangordnung zum abhandlungsbewilligungsbedürftigen Geschäft des außerordentlichen Wirtschaftsbetriebs nach § 810 Abs 2 ABGB mache.

Die Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig. Soweit überblickbar fehle oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, wie weit bereits der Antrag auf Anmerkung der Rangordnung zur beabsichtigten Veräußerung zu den genehmigungspflichtigen Verwaltungshandlungen im Sinn des § 810 Abs 2 ABGB zähle.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin, mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Bewilligung des Gesuchs auf Anmerkung der Rangordung für die beabsichtigte Veräußerung. Die Antragstellerin macht in ihrem Revisionsrekurs im Wesentlichen geltend, das Rekursgericht verkenne mit den Begründungen zu lit a und b offenbar, dass der Grundbuchsantrag nicht vom Alleinerben im eigenen Namen, sondern für die Verlassenschaft gestellt worden sei. Gemäß § 53 Abs 1 GBG sei der Eigentümer berechtigt, die begehrte Anmerkung zu erwirken. Eigentümer sei der ruhende Nachlass nach der Verstorbenen. Diese juristische Person bedürfe eines Vertreters, dessen Vertretungsrecht dem Grundbuchsgericht nachzuweisen sei. Zu beurteilen sei hier allein die Rechtsfrage, ob der Alleinerbe nur unter Nachweis seiner zum ganzen Nachlass abgegebenen bedingten Erbantrittserklärung berechtigt sei, das Gesuch um Rangordnungsanmerkung zu stellen oder ob die Vertretungshandlung zusätzlich der abhandlungsgerichtlichen Genehmigung gemäß § 810 Abs 2 ABGB bedürfe. Die Beurteilung, ob eine Maßnahme der ordentlichen oder außerordentlichen Verwaltung im Sinn des § 810 Abs 2 ABGB vorliege, könne dahin gestellt bleiben, habe doch der Erbe eine Erbantrittserklärung zum ganzen Nachlass abgegeben. Das Vorliegen einer Veräußerung im Sinn der zitierten Bestimmung sei aber auch von den Vorinstanzen nie angenommen worden. Keiner der beiden Fälle des § 810 Abs 2 ABGB liege daher vor. Auch wenn die Anmerkung der Veräußerungsrangordnung gemäß § 57 GBG einen Löschungsanspruch hinsichtlich Zwischeneintragungen begründe, so sei dies zum einen nur eine Rechtsfolge, von der auf ein Genehmigungserfordernis des Antrags nicht rückgeschlossen werden könne, und zum anderen wäre die Rechtslage nicht anders, wenn der Antrag einer abhandlungsgerichtlichen Genehmigung unterzogen worden wäre. Der besagte Löschungsanspruch diene zudem dem Erwerber der Liegenschaft, nicht aber dem Veräußerer, der Gesuchsteller sei. Auch von der Entscheidungsanweisung des § 810 Abs 3 ABGB auf das Genehmigungserfordernis des Abs 2 zu schließen, gehe fehl, setze doch die Anwendung dieser Bestimmung die Bejahung der Genehmigungspflicht bereits voraus. Zudem wäre zu bedenken, dass selbst das Erfordernis einer Inventarisierung nur in den Fällen des § 167 Abs 2 AußStrG zu einer Schätzung der Liegenschaft führen würde. Das Rekursgericht hätte daher ihrem Rechtsmittel Folge geben müssen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.

I. Zur Rechtslage nach § 810 ABGB aF, § 145 AußStrG aF:

1. § 810 ABGB idF vor dem FamErbRÄG 2004 bestimmte, dass dem Erben, der bei Antretung der Erbschaft sein Erbrecht hinreichend ausweist, die Besorgung und Benützung der Verlassenschaft zu überlassen sei. Nach § 145 AußStrG aF hatte das Gericht dem Erben oder dessen gesetzmäßigem Vertreter, dessen Erbrecht hinreichend ausgewiesen war (§ 810 ABGB aF), die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft zu überlassen. Derselbe oder der Verlassenschaftskurator war mit Genehmigung des Gerichts, Güter und Fahrnisse zu veräußern und zu verpfänden, Forderungen abzutreten, oder von den Schuldnern Gelder in Empfang zu nehmen berechtigt, wenn diese Vorkehrungen in dem letzten Willen angeordnet oder zur Bestreitung von Krankheits- und Leichenkosten oder anderer dringender Zahlungen oder zur Vermeidung offenbaren Nachteils notwendig war (§ 145 Abs 1 AußStrG aF). Dem Erben oder dessen gesetzmäßigem Vertreter, dessen unbeschränktes ausschließendes Erbrecht und freie Macht über sein Vermögen zu verfügen klar ausgewiesen war, konnte das Abhandlungsgericht den rechtlichen Besitz einzelner zur Verlassenschaft gehöriger Kapitalien und anderer beweglicher Sachen, insofern die vom Nachlass zu entrichtenden Gebühren und die Erfüllung des letzten Willens mit dem übrigen Nachlasse bedeckt waren, oder die Beteiligten ihre Zustimmung erteilten, auch vor beendigter Abhandlung einräumen und die gerichtliche oder außergerichtliche Veräußerung dieser Gegenstände gestatten (§ 145 Abs 2 AußStrG aF).

2. Unter dem Regime von § 145 AußStrG aF, § 810 ABGB aF vertrat der erkennende Senat die Ansicht, dass ein erbserklärter Erbe namens der Verlassenschaft mit Genehmigung des Verlassenschaftsgerichts die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung einer dem Erblasser gehörenden Liegenschaft erwirken könne (5 Ob 226/99t;

referierend ebenso 5 Ob 28/90 und 5 Ob 86/90; für die Anmerkung der beabsichtigten Verpfändung s 5 Ob 34/95; ferner KG Krems NZ 1986/80;

KG Wiener Neustadt NZ 1957, 104; LGZ Wien NZ 1956, 108), was auch im Fall der vom Verlassenschaftsgericht genehmigten Antragstellung des Verlassenschaftskurators anerkannt war (vgl 5 Ob 226/99t; 5 Ob 28/90 = SZ 63/79 = JBl 1991, 51 = NZ 1990, 235 [Hofmeister] = WoBl 1991, 53 [Hoyer]). Der verwaltende Erbe vertrete nämlich den Nachlass bei allen Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten. Der genauere Inhalt des Verwaltungsrechts ergebe sich aus § 145 Abs 1 AußStrG (aF). Soweit diese Bestimmung keine Schranke setze, könne der Erbe schon während des Verlassenschaftsverfahrens ohne Befassung des Verlassenschaftsgerichts alle Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung setzen. Genehmigungspflichtig seien Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung, so vor allem die Veräußerung von Nachlasssachen, insbesondere jene von Liegenschaften. Es bedürfe deshalb der vertretungsberechtigte Erbe auch der Genehmigung des Verlassenschaftsgerichts zum Ansuchen um Anmerkung einer Rangordnung

für die beabsichtigte Veräußerung (5 Ob 226/99t = NZ 2000/481, 348

[krit Hoyer]; anders dagegen die in 5 Ob 62/91 [= SZ 64/75 = NZ

1992/236, 157, Hofmeister] verneinte Notwendigkeit der Vorlage des Genehmigungsbeschlusses oder der Ermächtigungsurkunde nach § 83 Abs 2 KO für das Ranganmerkungsgesuch eines Masseverwalters).

II. Zur geltenden Rechtslage nach § 810 ABGB idF FamErbRÄG 2004, § 172 AußStrG nF:

1. § 810 ABGB idF FamErbRÄG 2004 (BGBl I 2004/58) hat nunmehr folgenden Wortlaut:

„(1) Der Erbe, der bei Antretung der Erbschaft sein Erbrecht hinreichend ausweist, hat das Recht, das Verlassenschaftsvermögen zu benützen, zu verwalten und die Verlassenschaft zu vertreten, solange das Verlassenschaftsgericht nichts anderes anordnet. Trifft dies auf mehrere Personen zu, so üben sie dieses Recht gemeinsam aus, soweit sie nichts anderes vereinbaren.

(2) Verwaltungs- und Vertretungshandlungen vor Abgabe von Erbantrittserklärungen zur gesamten Verlassenschaft sowie alle Veräußerungen von Gegenständen aus dem Verlassenschaftsvermögen bedürfen der Genehmigung des Verlassenschaftsgerichts, wenn sie nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehören. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Handlung für die Verlassenschaft offenbar nachteilig wäre.

(3) Ist nach der Aktenlage die Errichtung eines Inventars zu erwarten, so dürfen Vermögensgegenstände, deren Veräußerung nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört, erst veräußert werden, nachdem sie in ein Inventar (Teilinventar) aufgenommen worden sind."

Gemäß § 172 AußStrG hat der Gerichtskommissär den Berechtigten auf Verlangen eine Amtsbestätigung über ihre Vertretungsbefugnis (§ 810 ABGB) auszustellen.

2. In den Materialien (471 BlgNR 22. GP) zum geltenden § 810 ABGB wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:

„... Verwaltungshandlungen sowie Vertretungsakte (insb

Veräußerungen), die jeweils zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb

gehören, sind daher immer genehmigungsfrei. ... Auch

Verwaltungshandlungen und Vertretungsakte (mit Sondervorschriften für Veräußerungen), die nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehören, bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit nur bei Vorliegen zusätzlicher Voraussetzungen der Genehmigung des Verlassenschaftsgerichts. Nicht immer bedarf es nämlich einer gerichtlichen Genehmigung, um alle beteiligten Personen und insbesondere die Gläubiger vor Nachteilen zu schützen. Nicht einmal die Veräußerung einzelner Gegenstände muss stets der Kontrolle unterworfen werden, um die Interessen Anderer zu wahren. Die Veräußerung der Nachlassgegenstände nach Einantwortung steht den Erben jedenfalls (in den Grenzen des Anfechtungsrechts) frei, vor Einantwortung haben die Gläubiger immerhin die Nachlassseparation zur Verfügung. Auch bei ungünstigen Veräußerungsgeschäften führt die Haftung pro viribus (nicht cum viribus) - also bis zum Wert der Verlassenschaftsgegenstände, nicht aber nur mit den Verlassenschaftsgegenständen - zu keiner rechtlichen Verschlechterung der Gläubigerstellung. Es gibt daher nur zwei Fälle, in denen die Bedenken gegen ein von den antrittserklärten und dadurch verwaltungsbefugten Erben geplantes Rechtsgeschäft die Interessen an der Privatautonomie deutlich überwiegen: erstens (und primär zum Schutz anderer potentieller Erben) dann und solange, als nur einzelne, sich möglicherweise bloß auf einen geringen Bruchteil der Verlassenschaft beziehende Antrittserklärungen vorliegen, wenn also etwa nur ein Erbe zu einem Zwölftel die Erbschaft angetreten hat und daraufhin die gesamte Verlassenschaft zu verwalten und zu vertreten befugt wäre; zweitens (primär zum Gläubigerschutz) dann und solange, als eine Veräußerung die Inventarserrichtung konterkarieren würde, weil die noch zu beschreibenden und schätzenden Gegenstände mittlerweile veräußert wurden. Im Grunde ist nie auszuschließen, dass sich auf Grund eines später eintretenden Umstandes (zB wird noch zu einer Quote eine bedingte Antrittserklärung abgegeben oder ein Separationsantrag gestellt) die Notwendigkeit einer Inventarserrichtung zeigt. Dies muss als unvorhersehbar aus den Erwägungen ausscheiden. Ist aber schon nach der Aktenlage ein Inventar zu errichten oder ist dieser Umstand noch nicht absehbar, so kann darauf sehr wohl Bedacht genommen werden. Dies geschieht dadurch, dass Veräußerungen nicht inventarisierter Gegenstände, die nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehören, jedenfalls der Genehmigung durch das Verlassenschaftsgericht bedürfen (Abs 3). Nur das Verlassenschaftsgericht ist hier in der Lage, ohne Eigeninteressen zu beurteilen, ob durch eine Veräußerung dieser Verlassenschaftsgegenstände der Zweck des Inventars vereitelt würde.

...".

3. Aus der nunmehrigen gesetzlichen Regelung und den wiedergegebenen Materialien folgt zunächst, dass der Umfang der vom Verlassenschaftsgericht zu genehmigenden Geschäfte eingeschränkt werden sollte. Nach Abgabe von Erbantrittserklärungen besteht eine abhandlungsgerichtliche Genehmigungsbedürftigkeit (nur) für Veräußerungsgeschäfte, sofern diese nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehören (§ 810 Abs 2 Satz 1 ABGB; s dazu auch

jüngst 5 Ob 255/07x = EF-Z 2008/65, 108 [Fischer-Czermak]; vgl ferner

6 Ob 87/07y = NZ 2008/22, 87).

Aus § 810 Abs 3 ABGB ist ableitbar, dass im Fall bestehender Genehmigungspflicht dann, wenn nach der Aktenlage die Errichtung eines Inventars zu erwarten ist, Vermögensgegenstände, deren Veräußerung nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört, erst veräußert werden dürfen, nachdem sie in ein Inventar (Teilinventar) aufgenommen worden sind (§ 810 Abs 3 ABGB). Ein solches Inventar ist nach § 165 Abs 1 AußStrG (ua) dann zu errichten, wenn eine bedingte Erbantrittserklärung abgegeben wurde (Z 1).

III. Fallbeurteilung:

1. Wie die Antragstellerin in ihrem Revisionsrekurs zutreffend darstellt, ist hier die Rechtsfrage zu klären, ob der Alleinerbe allein unter Nachweis seiner zum ganzen Nachlass abgegebenen bedingten Erbantrittserklärung (und seiner damit grundsätzlich gegebenen und nach § 172 AußStrG bestätigten Vertretungsbefugnis) berechtigt ist, das Gesuch um Rangordnungsanmerkung zu stellen oder die Vertretungshandlung zusätzlich der abhandlungsgerichtlichen Genehmigung gemäß § 810 Abs 2 ABGB bedarf. Fragen zur Rechtslage vor Abgabe einer Erbantrittserklärung bzw nach erfolgter Einanwortung stellen sich nicht.

2. Nach dem insofern völlig eindeutigen Wortlaut des § 810 Abs 2 1. Satz ABGB sind von diesen Regelungen nur „Veräußerungen von Gegenständen aus dem Verlassenschaftsvermögen" erfasst. Zur Notwendigkeit einer abhandlungsgerichtlichen Genehmigung des zu beurteilenden Grundbuchsgesuchs gelangt man demnach nur, wenn man das Ansuchen um Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung einer Liegenschaft bereits selbst als „Veräußerung" wertet. Ein solches Verständnis steht aber mit der durch die neue Rechtslage intendierten Liberalisierung des Vertretungsrechts der Verlassenschaft und auch mit den durch eine abhandlungsgerichtliche Genehmigung verfolgten Schutzzwecken nicht in Einklang:

3.1. Die Anmerkung der Rangordnung bezweckt die vorläufige Absicherung eines bestimmten bücherlichen Rangs, um später - gegebenenfalls - eine grundbücherliche Eintragung (hier: die Veräußerung, also die Übertragung des Eigentumsrechts) im betreffenden Rang vornehmen zu können, ohne dass durch diese Anmerkung bereits eine Rechtsübertragung erfolgen würde (Ranganwartschaft; vgl Mahrer in Kodek, Grundbuchsrecht, § 53 GBG Rz 1 f mwN). Für die Anmerkung der Rangordnung muss weder feststehen, dass überhaupt noch, gegebenenfalls, mit welchem Inhalt ein Rechtsgeschäft abgeschlossen wird. Ein abhandlungsgerichtliches Genehmigungsverfahren (nur) über ein Gesuch auf Anmerkung der Rangordnung (hier: der beabsichtigten Veräußerung) ermöglicht also keinerlei inhaltliche Prüfung eines konkreten Rechtsgeschäfts. Die in § 810 Abs 2 2. Satz ABGB verlangte Prüfung, ob „die Handlung für die Verlassenschaft offenbar nachteilig wäre", würde daher bei einem Gesuch auf Anmerkung der Rangordnung auf einer völlig abstrakten Ebene erfolgen und ohne dass die (wirtschaftliche) Sinnhaftung oder Risikoträchtigkeit eines solchen Grundbuchsgesuchs (für den Nachlass, die Erben oder die Gläubiger) nach den Umständen des betreffenden Einzelfalls beurteilt werden könnte. Die Annahme einer solche Rechtslage ist zunächst schon mit der durch die gesetzliche Neuregelung intendierten Reduktion genehmigungspflichtiger Rechtsgeschäfte nicht vereinbar und auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes von Nachlass und Erben nicht angezeigt.

3.2. Es gebietet aber auch die Bedachtnahme auf Verpflichtungen des Nachlasses gegenüber allfälligen Nachlassgläubigern keine Auslegung, die ein Ansuchen um Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung einer Liegenschaft bereits selbst als „Veräußerung" versteht. Liegt bei Einbringung eines solchen Ansuchens noch überhaupt kein Kaufvertrag vor, wird erst nach dessen Abschluss konkret beurteilt werden können, ob er wegen der gebotenen Wahrung der Interessen der Nachlassgläubiger für die Verlassenschaft nachteilig sein könnte, wobei dann auch die aus der allenfalls möglichen Ausnützung einer erfolgten Anmerkung der Rangordnung im Hinblick auf § 57 GBG resultierenden Rechtsfolgen zu berücksichtigen wären.

Liegt dagegen bereits ein Kaufvertrag über die betreffende Liegenschaft vor, der allenfalls mit dem Ranganmerkungsgesuch abgewickelt werden soll, dann bedarf - gegebenenfalls - der Kaufvertrag (samt der darin vereinbarten Modalitäten der Vertragsabwicklung) ohnehin der abhandlungsgerichtlichen Genehmigung und es können dabei die Voraussetzungen nach § 810 Abs 2 ABGB - konkret - geprüft werden. Welchen Nutzen im Fall eines verlassenschaftsgerichtlich genehmigten oder genehmigungsfähigen Kaufvertrags eine zusätzliche Prüfung auch des Ansuchens um Anmerkung der Rangordnung haben sollte, ist nicht zu erkennen.

3.3. Auch für den Begriff des „ordentlichen Wirtschaftsbetriebs" spielen etwa bei Anwendung des § 154 Abs 3 ABGB Kriterien der Üblichkeit und des Risikos des zu beurteilenden Geschäfts sowie der Endgültigkeit der betreffenden Maßnahme eine entscheidende Rolle (vgl 9 Ob 124/06k = EvBl 2007/98, 545 = EF-Z 2007/103, 176; 4 Ob 188/06k = EF-Z 2007/41, 66; 3 Ob 249/05x; Stabentheiner in Rummel³, §§ 154, 154a ABGB Rz 13; Hopf in KBB², § 154 ABGB Rz 7). Diese Aspekte sind auch im vorliegenden Zusammenhang wesentlich und bieten aus den zuvor dargestellten Erwägungen auch keinen Anlass, ein Gesuch auf Anmerkung einer Veräußerungsrangordnung auf der Basis der neuen Rechtslage als Maßnahme des außerordentlichen Wirtschaftsbetriebs zu begreifen (dazu näher 5 Ob 95/08v).

Zusammengefasst folgt daher aus den dargestellten Erwägungen:

Auf Basis der durch § 810 ABGB idF des FamErbRÄG 2004 geschaffenen Rechtslage, mit der eine Reduktion der abhandlungsgerichtlich genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfte intendiert war, besteht unter Bedachtnahme auf mögliche Risken aus der Anmerkung einer Veräußerungsrangordnung betreffend eine Nachlassliegenschaft und unter Berücksichtigung auch der Interessen der Verlassenschaft und der Erben sowie deren Rechtsbeziehung zu allfälligen Nachlassgläubigern kein Grund, für ein solches Ansuchen eine abhandlungsgerichtliche Genehmigung zu verlangen.

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin war demnach im Grunde Folge zu geben. Dem Gesuch selbst kann allerdings nicht stattgegeben werden, weil nur ein Rangordnungsbeschluss ausgefertigt werden darf (§ 54 GBG), was demnach dem Erstgericht aufzutragen war (RIS-Justiz RS0060845).

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