OGH 5Ob62/91

OGH5Ob62/9111.6.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatpräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Dr. Erich H*****, Rechtsanwalt, ***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der H. m. H. B*****gesellschaft mbH, ***** wegen Anmerkung der Rangordnung in der EZ ***** Grundbuch ***** R***** infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 17. April 1991, GZ R 347/91, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Rottenmann vom 8. April 1991, TZ 434/91-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die H***** B*****gesellschaft mbH mit dem Sitz in R***** ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** R*****. Über das Vermögen dieser Gesellschaft wurde - wie sich mittlerweile aus der Eintragung zu TZ 521/91 ergibt - am 4. April 1990 der Konkurs eröffnet (S 16/90 des Kreisgerichtes Leoben).

Am 3. 4. 1991 beantragte Dr. Erich H***** als Masseverwalter beim Grundbuchsgericht (zu TZ 434/91) die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft. Das Gesuch wurde ohne Beilagen überreicht, trägt jedoch die beglaubigte Unterschrift des Einschreiters, der im notariellen Beglaubigungsvermerk als "Masseverwalter der im Konkurs befindlichen H***** B*****gesellschaft mbH" bezeichnet wird.

Das Grundbuchsgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, daß es der Einschreiter verabsäumt habe, seine Bestellungsurkunde (§ 80 Abs 4 KO) sowie eine Bestätigung des Konkurskommissärs (gemeint ist des Konkursgerichtes) darüber vorzulegen, daß ihm die gemäß § 116 KO erforderliche Genehmigung erteilt wurde oder daß eine solche Genehmigung nicht notwendig ist (§ 83 Abs 2 KO).

Das vom Einschreiter angerufene Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß. Wenn - wie im vorliegenden Fall - der Verkauf der Liegenschaft gemäß § 116 Z 1 KO konkursbehördlich zu genehmigen sei, so bedürfe auch das Gesuch um Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der Genehmigung. Schließlich diene ja diese Anmerkung der grundbücherlichen Durchführung des - rechtskräftig genehmigten - Kaufvertrages (NZ 1966, 72). Es sei nicht Sache des zur Entscheidung über Grundbuchseintragungen Berufenen, sich in eine Beurteilung darüber einzulassen, ob grundbücherlich durchzuführende Urkunden einer Genehmigung bedürfen oder nicht. Derartige Urkunden müßten daher entweder konkursbehördlich genehmigt sein oder mit einer Bestätigung des Konkursgerichtes vorgelegt werden, daß eine solche Genehmigung nicht erforderlich ist. Außerdem sei die Berechtigung des Masseverwalters zur Mitwirkung bei der Urkundenverfassung durch das Konkursgericht zu bestätigen, weil sich dieser Sachverhalt ja nicht aus dem Grundbuch ergebe (Bartsch-Pollak, KO3, Anm. 12 zu § 13). Da es dem vorliegenden Grundbuchsgesuch an der notwendigen konkursbehördlichen Genehmigung mangle (ohne daß zusätzlich noch eine Ermächtigungsurkunde gemäß § 83 Abs 2 KO erforderlich wäre), erweise sich dessen Abweisung durch das Erstgericht als zutreffend.

Dieser Beschluß enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch mangels der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zulässig sei.

Im nunmehr vorliegenden außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers wird die Rechtsansicht der Vorinstanzen mit dem Argument in Frage gestellt, daß noch gar kein Kaufvertrag über die Liegenschaft der Gemeinschuldnerin existiere und daher gar nicht gesagt werden könne, ob er gemäß § 116 Z 1 KO einer Genehmigung des Gläubigerausschusses oder des Konkursgerichtes bedürfe. Die gegenteilige Annahme des Rekursgerichtes sei aktenwidrig, und daher die Berufung auf das Zitat NZ 1966, 72 zu Unrecht erfolgt. Der Zweck einer Rangordnungsanmerkung für die beabsichtigte Veräußerung erschöpfe sich auch keineswegs darin, einen Liegenschaftsverkauf vorzubereiten; sie könne etwa bloß zur de facto-Freihaltung des Lastenblattes dienen. Schließlich seien die genehmigungsbedürftigen Rechtshandlungen des Masseverwalters in §§ 116 f KO taxativ aufgezählt; die Rangordnungsanmerkung - der für sich genommen ohnehin keine besondere Bedeutung zukomme - falle nicht darunter. Was die vom Erstgericht vermißte Vorlage der Bestellungsurkunde betreffe, ergebe sich aus der wenige Tage nachher vollzogenen Anmerkung der Konkurseröffnung, daß die Bestellung des Antragstellers zum Masseverwalter - durch die Zustellung des Konkurseröffnungsbeschlusses - gerichtskundig gewesen sei. Es könne nicht angehen, wegen eines offensichtlichen Versäumnisses bei der grundbücherlichen Anmerkung der bereits am 4. April 1990 erfolgten Konkurseröffnung vom Masseverwalter ernsthaft die Vorlage der "Bestellungsurkunde" zu verlangen. Dem Ausspruch über die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses hielt der Antragsteller entgegen, daß es keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes gebe, wonach ein vom Masseverwalter eingebrachtes Rangordnungsgesuch für die beabsichtigte Veräußerung "bei noch nicht existentem Kaufvertrag abzuweisen wäre". Der Rechtsmittelantrag geht dahin, die Entscheidungen der Vorinstanzen iS einer Bewilligung der Rangordnungsanmerkung abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt. Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes erweist sich das vorliegende Rechtsmittel als zulässig, weil sich der von den Vorinstanzen herangezogene Abweisungsgrund, dem Gesuch um Anmerkung der Rangordnung hätte eine Ermächtigungsurkunde des Konkursgerichtes iS des § 83 Abs 2 KO, bzw. eine konkursbehördliche Genehmigung angeschlossen werden müssen, nicht auf eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes stützen kann (das Zitat NZ 1966, 72 stammt aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien). Dieser Umstand wirft auch dann eine erhebliche Rechtsfrage iS des § 126 Abs 2 GBG iVm

§ 14 Abs 1 AußStrG auf, wenn dem Revisionsrekurs aus anderen Gründen keine Folge zu geben ist. Gemäß § 95 Abs 3 GBG sind nämlich - von hier nicht zu erörternden Ausnahmen abgesehen - in einem abweislichen Beschluß alle Gründe anzugeben, die der Bewilligung eines Grundbuchsgesuches entgegenstehen (vgl EvBl 1990/162).

Tatsächlich wirft die anstehende Entscheidung zwei Rechtsfragen auf, und zwar jene nach dem urkundlichen Nachweis der Einschreiterbefugnis des Antragstellers sowie jene nach der Genehmigungsbedürftigkeit seines Eintragungsgesuches. Das Rekursgericht hat sich lediglich mit der zweiten Frage beschäftigt und die Verweigerung der Rangordnungsanmerkung letztlich damit begründet, daß § 53 Abs 3 GBG die Bewilligung ausschließe, wenn die Einverleibung des einzutragenden Rechtes nach dem Grundbuchsstand unzulässig wäre. Für diese Ansicht ließe sich neben der bereits zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien (NZ 1966, 72) noch ins Treffen führen, daß etwa Demelius (Anmerkung der Rangordnung, 18 ff) gerade für den hier zu beurteilenden Fall eine besondere behördliche Ermächtigung zum Ansuchen um die Anmerkung der Rangordnung gefordert hat. Demnach müsse das Ansuchen des Konkursmasseverwalter um eine Anmerkung der Rangordnung vom zuständigen Gericht genehmigt sein, weil der Grundbuchsrichter nicht von Fall zu Fall untersuchen könne, ob eine solche Rechtshandlung in den gesetzlich umschriebenen Geschäftskreis des Masseverwalters fällt oder nicht (aaO, 22).

Gegen diese Auslegung spricht der von Demelius selbst gegebene Hinweis, daß die eigentliche Funktion der Rangordnungsanmerkung darin liegt, ein Geschäft vorzubereiten (aaO, 18), indem sie den Rang für die nachfolgende Eintragung wahrt (aaO, 4; vgl auch Hoyer, JBl 1974, 260). Eine solche Eintragung im gesicherten Rang ist nur nach Überprüfung der für den bücherlichen Rechtserwerb notwendigen formellen und materiellen Voraussetzungen möglich, weshalb etwa die Verbücherung eines Kaufvertrages - selbst bei Vorlage des Rangordnungsbescheides - vom Grundbuchsgericht gemäß § 94 Abs 1 Z 2 GBG abzulehnen ist, wenn sich Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit des Verkäufers im Zeitpunkt der Vertragserrichtung ergeben (vgl Feil, GBG, 219 f mit dem Hinweis auf SZ 21/22; SZ 27/53; SZ 38/75). Diese besonderen Kautelen des Grundbuchsverfahrens legen es nahe, den Anwendungsbereich des § 53 Abs 3 GBG teleologisch auf jene Fälle zu reduzieren, in denen die Rangordnungsanmerkung ihren Zweck der Rangsicherung für ein geplantes Verfügungsgeschäft voraussichtlich gar nicht erfüllen kann, weil die Einverleibung des einzutragenden Rechts nach dem Grundbuchsstand ohnehin nicht möglich wäre. Demelius hat in diesem Zusammenhang "absolute" Verfügungsbeschränkungen erwähnt, wobei er auf den Zeitpunkt der Entscheidung über das Ranganmerkungsgesuch abstellte, weil die Anmerkung der Rangordnung nicht auf gut' Glück erwirkt werden soll, daß die Verfügungsbeschränkung bis zur Eintragung des Rechts im angemerkten Rang vielleicht wegfalle (aaO, 18). Dennoch meinte er, wie für das Rangordnungsgesuch des Konkursmasseverwalters auch für jenes des Vaters, Vormunds, Kurators oder Beistands eines beschränkt Geschäftsfähigen generell eine gerichtliche Genehmigung fordern zu müssen (aaO, 22), doch ist ihm darin schon Bartsch nicht gefolgt (Das österreichische Allgemeine Grundbuchsgesetz7, 478). Eine Verfügungsbeschränkung über die Liegenschaft wegen Minderjährigkeit, Entmündigung oder durch Substitution sei nach seiner Ansicht kein Abweisungsgrund für ein Ranganmerkungsgesuch, weil die Zustimmung der berufenen Behörde bei dem Ansuchen um Einverleibung des Rechts beigebracht werden könne und der Nachweis dieser behördlichen Bewilligung zum Anmerkungsgesuch nicht erforderlich sei. Als entscheidend für die Genehmigungsbedürftigkeit des Ranganmerkungsgesuches wurde dabei erkannt, ob die Zulässigkeit der Eigentumsübertragung "unter allen Umständen" ausgeschlossen ist. Ähnlich argumentiert Lackner (Anmerkung der Rangordnung und Belastungs- oder Veräußerungsverbot, ÖJZ 1973, 66 ff), der die Rangordnungsanmerkung nur dann für unzulässig hält, wenn die nachfolgende grundbücherliche Eintragung des Rechts "schlechthin ausgeschlossen wäre" (aaO, 69). Dieser einschränkenden Auslegung des § 53 Abs 3 GBG ist der Oberste Gerichtshof insoweit gefolgt, als er unter Hervorhebung des Umstandes, daß die Anmerkung der Rangordnung der Veräußerung für sich allein noch kein Recht gibt, sondern nur im Zusammenhang mit der Urkunde über das Veräußerungsgeschäft Bedeutung erlangen kann, eine Rangordnungsanmerkung trotz eines bestehenden Veräußerungs- und Belastungsverbotes zuließ und eine andere Beurteilung nur für den Fall in Erwägung zog, daß die spätere Eintragung des Rechtes im gesicherten Rang "von vorne herein ausgeschlossen wäre" (JBl 1974, 258). Hoyer hat diese Auffassung als zu weitgehend kritisiert, die in Rede stehende Bestimmung des § 53 Abs 3 GBG im wesentlichen aber nur auf inhaltliche Eigentumsbeschränkungen bezogen (in denen die wirksame Rechtsübertragung an die Zustimmung einer anderen Privatperson gebunden ist) und davon jene Fälle unterschieden, in denen Gesetze den Umfang der negotiablen Sache einschränkend festlegen oder die Veräußerung einer Liegenschaft einer behördlichen Zustimmung vorbehalten (JBl. 1974, 260).

Mißt man daran die rechtlichen Hindernisse, die einem Verkauf der Liegenschaft durch den Antragsteller entgegenstehen könnten, kann von einer Aussichtslosigkeit des Vorhabens keine Rede sein. Durch die Bewilligung der begehrten Rangordnungsanmerkung wären aber auch keine grundbücherlichen Rechtspositionen gefährdet, deren Schutz § 53 Abs 3 GBG offensichtlich bezweckt. Daß der Masseverwalter berechtigt ist, grundbücherliche Verfügungen zu Lasten des Konkursvermögens vorzunehmen, ergibt sich bereits aus § 13 KO, der eine Sperre des Grundbuchs nur gegenüber Rechtshandlungen des Gemeinschuldners, nicht auch des Masseverwalters anordnet. Auf Grund seiner Rechtshandlungen sind daher Eintragungen zulässig (Petschek-Reimer-Schiemer, Österreichisches Insolvenzrecht, 463; Bartsch-Pollak, KO3, 101). Das gilt grundsätzlich auch für den Verkauf von unbeweglichen Sachen des Gemeinschuldners. Ob dazu noch die Genehmigung des Gläubigerausschusses oder des Konkursgerichtes erforderlich ist, hängt gemäß § 116 Z 1 KO vom Wert des Objektes ab, den das Grundbuchsgericht zwar nicht beurteilen kann, aber auch nicht zu beurteilen hat, solange es nur um die Vorbereitung eines (möglicherweise) genehmigungspflichtigen Geschäftes geht. Bei der Verbücherung des Kaufvertrages wird auf die Vorlage des Genehmigungsbeschlusses oder der Ermächtigungsurkunde iS des § 83 Abs 2 KO ohnehin nicht verzichtet werden können (Bartsch-Pollak, aaO, 101; vgl auch Petschek-Reimer-Schiemer, aaO), sodaß keine Notwendigkeit besteht, schon die Bewilligung des Ranganmerkungsgesuches davon abhängig zu machen.

Dennoch erfolgte die Abweisung des Gesuches zu Recht. Der Masseverwalter hat nämlich zum Nachweis seiner Verfügungsberechtigung dem Grundbuchsgericht seine Bestellungsurkunde vorzulegen, und zwar selbst dann, wenn die Konkurseröffnung bereits angemerkt ist, weil aus dieser Anmerkung die Person des Masseverwalters nicht zu entnehmen ist (Bartsch-Pollak, aaO). Die vermeintliche Gerichtskundigkeit seiner Bestellung befreite auch den Antragsteller nicht von dieser Verpflichtung, weil gemäß § 94 Abs 1 Z 3 GBG alle entscheidungsrelevanten Umstände urkundlich zu belegen sind und § 53 Abs 3 GBG besondere Vorkehrungen zur Überprüfung der Antragslegitimation verlangt. Ob der notarielle Beglaubigungsvermerk die Vorlage der Bestellungsurkunde des einschreitenden Masseverwalters ersetzen könnte, ist hier nicht zu entscheiden, weil er keinen Hinweis enthält, daß sie dem Notar zur Überprüfung vorlagen.

Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

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