OGH 5Ob289/64

OGH5Ob289/6429.4.1965

SZ 38/75

Normen

Grundbuchsgesetz §94 (1) Z2
Verwaltergesetz §5 (1)
Verwaltergesetz §5 (4)
Verwaltergesetz §24
Grundbuchsgesetz §94 (1) Z2
Verwaltergesetz §5 (1)
Verwaltergesetz §5 (4)
Verwaltergesetz §24

 

Spruch:

1. § 94 (1) Z. 2 GBG: Keine Verbücherung eines Kaufvertrages im Range einer früheren Rangordnung bei Bedenken gegen die Handlungsfähigkeit des Verkäufers im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages

2. Wirksamkeit der öffentlichen Verwaltung beginnt ohne Rücksicht auf die Rechtskraft des Bestellungsbescheides bereits mit ihrer Bewilligung

Entscheidung vom 29. April 1965, 5 Ob 289/64

I. Instanz: Bezirksgericht Neusiedl am See; II. Instanz:

Landesgericht Eisenstadt

Text

Mit Vollmacht vom 26. September 1959 ermächtigte Elisabeth N., wohnhaft in Ungarn, die Frieda N., wohnhaft in Salzburg, die der Vollmachtgeberin gehörige Liegenschaft EZ. X. im Burgenland entgeltlich oder unentgeltlich zu veräußern und auf die Erwerber grundbücherlich zu übertragen, ferner Rangordnungsbescheide anzubringen und in Empfang zu nehmen und schließlich bestimmt bezeichnete Grundstücke an namentlich genannte Personen um je 50.000 S, die restliche Liegenschaft EZ. X. aber an Martin und Maria K. um 75.000 S zu verkaufen. Die Echtheit der Unterschrift der Elisabeth N. auf dieser Vollmachtsurkunde ist mit 26. September 1959 notariell bestätigt.

Mit Beschluß vom 4. Juni 1963 bewilligte das Erstgericht auf der der Elisabeth N. gehörigen Liegenschaft EZ. X. die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung mit Rechtswirkung bis einschließlich 4. 6. 1964 und dieser Beschluß wurde am 19. Juni 1963 im Grundbuch vollzogen.

Zufolge des Beschlusses des Erstgerichtes vom 11. März 1964 wurde ob der genannten Liegenschaft auf Grund des Bescheides des BM. f. Finanzen vom 27. Februar 1964 zu B-OZ. 7 die Bestellung der burgenländischen Landwirtschaftskammer Eisenstadt zum öffentlichen Verwalter angemerkt.

Mit Kaufvertrag vom 11. und 14. Mai 1964 verkaufte Elisabeth N., vertreten durch Frieda N., und kauften Martin und Maria K. je zur Hälfte aus der EZ. X. eine Anzahl genau bezeichneter Grundstücke zum Kaufpreis von 75.000 S. In diesem Kaufvertrag ist auch die Aufsandungserklärung der Verkäuferin enthalten. Die Echtheit der Unterschrift der Frieda N. auf diesem Kaufvertrag ist mit 14. Mai 1964 notariell bestätigt.

Mit Eingabe vom 1. Juni 1964 beantragten Martin und Maria K. unter Vorlage des Kaufvertrages vom 11. und 14. Mai 1964 und des Rangordnungsbescheides die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes ob der mit dem genannten Kaufvertrag erworbenen Liegenschaft im Range der angemerkten Rangordnung und die Löschung der Anmerkung B-OZ. (Bestellung des öffentlichen Verwalters).

Das Erstgericht bewilligte die begehrten Eintragungen.

Über Rekurs der burgenländischen Landwirtschaftskammer Eisenstadt als öffentliche Verwalterin des ungarischen Vermögens änderte das Rekursgericht diesen Beschluß dahin ab, daß der Antrag des Martin und der Maria K. zur Gänze abgewiesen wurde.

Dies aus der Überlegung, daß auf Grund der mit Beschluß vom 11. März 1964 verfügten Anmerkung der öffentlichen Verwaltung und der sich aus §§ 5 und 6 Verwaltergesetz ergebenden Behinderung des Eigentümers während der öffentlichen Verwaltung, der Grundbuchsrichter aus beachtlichen Gründen Bedenken gegen die Fähigkeit der Verkäuferin haben mußte, über ihre Liegenschaft zu verfügen, zumal die bücherliche Anmerkung der öffentlichen Verwaltung nicht bloß der Überreichung des Grundbuchsgesuches um Einverleibung des Eigentumsrechtes der Käufer, sondern sogar dem Abschluß des Kaufvertrages zeitlich vorausgehe. Der Umstand, daß für die beabsichtigte Veräußerung eine Rangordnung vor der Anmerkung der öffentlichen Verwaltung vorbehalten worden sei, könne für die Beurteilung des Verbücherungsbegehrens nicht beachtet werden, da die Anmerkung der Rangordnung erst zur rechtlich beachtenswerten Tatsache werde, wenn der Eigentümer der Liegenschaft sich der Verfügung über den Rangordnungsbescheid zugunsten eines Dritten begebe.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragsteller nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

In ihrem Revisionsrekurs gegen diesen Beschluß verweisen die Antragsteller in erster Linie darauf, daß die Verkäuferin bereits am 26. September 1959 der Frieda N. die beglaubigte Spezialvollmacht zum Verkauf der Liegenschaft EZ. X erteilt habe und der Kaufvertrag tatsächlich auf Grund dieser Vollmacht mit den Antragstellern abgeschlossen worden sei. Das Rekursgericht habe die Rechtswirkungen dieser Vollmacht sowie der längst vor der Anmerkung der öffentlichen Verwaltung bewilligten Rangordnung unrichtig beurteilt. Außerdem entbehre die Anmerkung der öffentlichen Verwaltung jeder gesetzlichen Grundlage. Diese Anmerkung beruhe auf einem Bescheid des BM. f. Finanzen vom 27. Februar 1964, dessen Gesetzwidrigkeit erst mit dem Bundesgesetz vom 1. Juli 1964, BGBl. Nr. 151, behoben werden sollte. Diesen Mangel hätte das Rekursgericht ebenso beachten müssen, wie den Umstand, daß die burgenländische Landwirtschaftskammer kein Rekursrecht gehabt habe, weil der Beschluß des Erstgerichtes vom 11. März 1964 über die Anmerkung der öffentlichen Verwaltung der Elisabeth N. bisher noch nicht zugestellt worden sei und er deshalb nicht in Rechtskraft erwachsen habe können.

Der Oberste Gerichtshof hat hiezu erwogen:

Gemäß § 24 VerwalterG. 1952 (BGBl. Nr. 100/1953 in der Fassung des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1964, BGBl. Nr. 151/64) erfolgte die Bestellung und Abberufung von öffentlichen Verwaltern mit Bescheid. Dieser Bescheid ist den am Verfahren Beteiligten und den zuständigen Berufsvertretungen zuzustellen. Nach § 5 (4) l. c. ist eine Ausfertigung des Bescheides auch dem Grundbuchsamt zu übersenden, wenn zu dem unter öffentlicher Verwaltung stehenden Unternehmen eine Liegenschaft gehört. Das Grundbuchsamt hat die Bestellung des öffentlichen Verwalters im Grundbuch anzumerken. Aus diesen Bestimmungen folgt, daß der Zustellung des Bescheides und der Anmerkung der Bestellung des öffentlichen Verwalters im Grundbuch nur deklarative Bedeutung zukommt und die Wirksamkeit der öffentlichen Verwaltung ohne Rücksicht auf die Rechtskraft des Bestellungsbescheides bereits mit ihrer Bewilligung beginnt (vgl. Heller - Rauscher - Baumann, Komm. z. VerwalterG.[2], S. 47 und 77, EvBl. 1950 Nr. 4, S. 13, 7 Ob 259/57). Keinesfalls ist es Aufgabe des Grundbuchsgerichtes, den ihm zugestellten Bescheid über die Bestellung des öffentlichen Verwalters darauf zu prüfen, ob die rechtlichen und sachlichen Voraussetzungen für die Erlassung des Bescheides gegeben sind, vielmehr ist das Gericht an die Verfügung der Verwaltungsbehörde gebunden, wenn diese an sich dafür zuständig ist, mag die Verfügung auch unvollständig, mangelhaft oder fehlerhaft sein (SZ. XXIII 176). Daraus sowie aus dem Umstand, daß das BM. f Finanzen, auf dessen Bescheid die Bewilligung der öffentlichen Verwaltung der Liegenschaft der Elisabeth N. beruht, an sich zur Erlassung eines derartigen Bescheides zuständig ist (§ 1

(1) VerwalterG. 1952), ergibt sich, daß die im Revisionsrekurs vertretene Auffassung über die mangelnde Grundlage der bücherlichen Anmerkung der Bestellung eines öffentlichen Verwalters für die Liegenschaft der Elisabeth N. ebenso wie über den Mangel der Rekurslegitimation der burgenländischen Landwirtschaftskammer gegen den Beschluß des Erstgerichtes unhaltbar ist. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß die Liegenschaft der Elisabeth N., EZ. X., seit 27. Februar 1964 unter öffentlicher Verwaltung steht.

Gemäß § 5 (1) VerwalterG. 1952 ruhen während der Dauer der öffentlichen Verwaltung die Befugnisse des bisher Verfügungsberechtigten.

Unter dem vom Gesetz gebrauchten Begriff "Verfügungsberechtigter" sind alle Personen zu verstehen, denen ein Einfluß auf die Geschäftsführung, insbesondere in der Frage der Verwendung des Vermögens zusteht. Zur Wahrung der öffentlichen Interessen wird die Auslegung dieses Begriffes extensiv erfolgen müssen (Heller - Rauscher - Baumann a. a. O., S. 43 und 71). Als "Verfügungsberechtigte Personen" sind daher, wie sich wohl auch aus § 2 (1) VerwalterG. 1952 ergibt, in erster Linie der Unternehmer selbst und bei einer unter öffentlicher Verwaltung zu stellenden Liegenschaft deren Eigenberechtigter Eigentümer anzusehen. Hat der Unternehmer oder Eigentümer, auf den die Voraussetzungen des § 2 (1) des Gesetzes zutreffen, eine im Inland wohnhafte Person mit seiner Vertretung beauftragt, so ist trotzdem die Bestellung eines öffentlichen Verwalters am Platz, wenn der Vertreter nicht selbständig entscheiden kann, sondern in jedem einzelnen Fall einer Verfügung die Genehmigung des "Verfügungsberechtigten" einzuholen verpflichtet ist (vgl. Rkv 27/48 vom 13. März 1948, zitiert unter Nr. 37 in "Die Rechtsprechung der Rückstellungskommissionen", Heller - Rauscher, Wien, Manz 1949). Die Bestellung des öffentlichen Verwalters erfolgt daher in einem solchen Fall für das betroffene Unternehmen und damit auch mit Wirkung für den inländischen Bevollmächtigten, dessen Rechte und Pflichten auf den öffentlichen Verwalter übergehen, und der ab dem Zeitpunkt der Bewilligung der öffentlichen Verwaltung den Unternehmer nach außen zu vertreten hat (vgl. § 6 (1) VerwalterG. 1952). Hat hingegen der Unternehmer oder Eigentümer seinem Machthaber bereits vor der Bewilligung der öffentlichen Verwaltung bestimmte Aufträge zur Verfügung über den später unter öffentliche Verwaltung gestellten Vermögenswert erteilt, so ist dieser Machthaber zwanglos als "Verfügungsberechtigter" im Sinne des § 5 (1) VerwalterG. 1952 anzusehen, so daß auch dessen Befugnisse während der Dauer der öffentlichen Verwaltung ruhen und er von der Bewilligung der öffentlichen Verwaltung an nicht mehr in der Lage ist, als Vertreter des Unternehmers oder Eigentümers aufzutreten.

Da im vorliegenden Fall der zu verbüchernde Kaufvertrag im Namen der Verkäuferin von einer Person abgeschlossen wurde, die trotz der vorgelegten und auf sie ausgestellten, auf das bestimmte Geschäft lautenden Vollmacht vom 26. September 1959 (§ 31 (1) und (6) GBG.) zur Vertretung der Verkäuferin nicht mehr berechtigt war, kommt es hier nicht darauf an, daß im allgemeinen nach bürgerlichem Recht die Vollmacht des Machthabers durch den Verlust der Handlungsfähigkeit des Machtgebers nicht berührt wird und Frieda N. bereits längst vor der Bewilligung der öffentlichen Verwaltung der Liegenschaft der Elisabeth N. mit deren Verkauf beauftragt worden war.

Den Mangel der Vertretungsberechtigung der Frieda N. im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages hatte das Grundbuchsgericht im Rahmen seiner Verpflichtung, den Verbücherungsantrag des Martin und der Maria K. samt dessen Beilagen gemäß § 94 GBG. zu prüfen, wahrzunehmen, und es durfte deshalb eine aufrechte Erledigung des Antrages nicht erfolgen. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß schon vor der Bewilligung der öffentlichen Verwaltung der Liegenschaft in deren Grundbuchseinlage eine Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung angemerkt worden war, denn wie das Rekursgericht richtig erkannte, bezweckt die Anmerkung der Rangordnung bloß die Sicherung des Grundbuchsstandes zugunsten des künftigen Erwerbers, hebt aber nicht die Pflicht des Gerichtes auf, den Antrag um Einleibung im Range der Anmerkung nach § 94 GBG. zu prüfen (vgl. SZ. XXXV 64).

Trotz der von Dittrich in NotZ. 1965, S. 17, angemeldeten Bedenken hat der Oberste Gerichtshof keinen Anlaß, von seiner in der jüngeren Rechtsprechung einheitlich vertretenen Auffassung abzugehen, daß die Verbücherung eines Kaufvertrages im Range einer früheren Rangordnung bei Bedenken gegen die Handlungsfähigkeit des Verkäufers im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages ausgeschlossen ist, wenn sich die Bedenken etwa auf ein kurz nach Abschluß des Vertrages eingeleitetes Entmündigungsverfahren stützen (SZ. XXI 22, SZ. XXVII 53, 5 Ob 258/64). Der Besitz eines Rangordnungsbescheides für die beabsichtigte Veräußerung allein vermag daher dem Käufer einer Liegenschaft noch keine unbedingte Gewähr dafür zu geben, daß bei späterer Ausstellung des Kaufvertrages sein Eigentum an der Kaufliegenschaft unter allen Umständen intabuliert werde.

Ob im vorliegenden Fall mit Rücksicht auf die Anmerkung der Rangordnung der beabsichtigten Veräußerung und die Tatsache, daß trotz der öffentlichen Verwaltung der Liegenschaft Elisabeth N. weiterhin Eigentümerin derselben blieb, die Verkäuferin selbst nach Bewilligung der öffentlichen Verwaltung ihrer Liegenschaft noch berechtigt gewesen wäre, über den möglicherweise schon früher abgeschlossenen Kaufvertrag eine entsprechende verbücherungsfähige Urkunde zu errichten, kann dahingestellt bleiben, da eine solche Urkunde nicht vorliegt. Daß aus der Vollmacht der Elisabeth N. vom 26. September 1959 der wesentliche Inhalt des Kaufvertrages (Kaufobjekt, Kaufpreis und Person der Käufer) ersichtlich ist, vermag deshalb die Rechtslage der Antragsteller nicht zu ihren Gunsten zu beeinflussen.

Aus diesen Erwägungen war die im Ergebnis der Sach- und Rechtslage entsprechende Entscheidung des Rekursgerichtes zu bestätigen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte