OGH 2Ob211/18w

OGH2Ob211/18w24.6.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Solé, den Hofrat Dr. Nowotny, die Hofrätin Mag. Malesich und den Hofrat Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei I* S*, vertreten durch Dr. Heinz‑Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte und gefährdende Partei * M* S*, vertreten durch Dr. Klemens Dallinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen einstweiliger Verfügung gemäß § 382 Abs 1 Z 8a erster Fall EO, Rechnungslegung und Unterhalt, 1. über die außerordentlichen Revisionen beider Parteien gegen das Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 28. August 2018, GZ 44 R 302/18i‑95, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 12. September 2018, GZ 44 R 302/18i‑99, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 4. Mai 2018, GZ 4 C 32/16y‑80, teilweise abgeändert wurde, und 2. über den außerordentlichen Revisionsrekurs der gefährdenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. August 2018, GZ 44 R 302/18i‑95, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 12. September 2018, GZ 44 R 302/18i‑99, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E125706

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

1. Der außerordentlichen Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 833,88 EUR (darin 138,98 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

2. Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

3. Der außerordentliche Revisionsrekurs der gefährdenden Partei wird zurückgewiesen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind österreichische Staatsbürger und waren seit 1987 verheiratet. Dieser Ehe entstammen keine Kinder. Zum Zeitpunkt der Eheschließung wohnten die Streitteile in der Wohnung top 5a in einem Haus in Wien. Im Jahr 2000 kauften die Streitteile im selben Haus die Wohnung top 8 (im Folgenden auch „Ehewohnung“), in die sie im Jahr 2001 übersiedelten. Die Wohnung steht im gemeinsamen Wohnungseigentum. Die ursprüngliche Ehewohnung top 5a wird seither vom Beklagten als Büro benützt. Die Klägerin benützt ihrerseits die weitere Wohnung top 7 als Büro. Nach der Übersiedlung in die Wohnung top 8 bezahlte die Klägerin einige Jahre die Gas- und Stromrechnung für top 7 und top 8. Der Beklagte hingegen bezahlte die Betriebskosten und die Haushaltsversicherungsprämien für alle drei Wohnungen.

Im Jahr 2013 zog der Beklagte aus dem gemeinsamen Schlafzimmer mit der Begründung aus, die Klägerin schnarche zu laut, und nächtigte fortan auf der Couch im Wohnzimmer. Seit die Ehewohnung im Frühjahr 2015 neu gestaltet und eine neue Sitzgarnitur angeschafft wurde, die über keine Schlaffunktion mehr verfügte, nächtigt der Beklagte nur mehr in seinem Büro top 5a.

Anfang 2016 sagte der Beklagte zur Klägerin, dass er sich scheiden lassen wolle. Sie müsse ab Mitte April 2016 für ihn nicht mehr die Wäsche waschen und einkaufen gehen. Die Klägerin nahm dies zur Kenntnis. Mitte April 2016 trennten sich „die Lebensbereiche“ der Streitteile.

Die Ehe der Streitteile war für den Beklagten zumindest seit Ende 2015, für die Klägerin seit dem Frühjahr 2016 unheilbar zerrüttet. Im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz war zwischen den Parteien das Scheidungsverfahren anhängig. Mittlerweile ist die Ehe rechtskräftig geschieden.

Das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen des Beklagten belief sich im Jahr 2014 auf ca 11.960 EUR, im Jahr 2015 auf ca 8.236 EUR und im Jahr 2016 auf ca 10.000 EUR.

Die Klägerin war ab den Neunzigerjahren selbstständig erwerbstätig, woraus sie 2014 ein monatliches Nettoeinkommen von 653 EUR, 2015 von 759 EUR und 2016 von 1.180 EUR erzielte.

Die Ehewohnung ist eine Neubauwohnung mit 105 m² Wohnfläche und einer 70 m² großen Terrasse. Die Kreditraten für die Ehewohnung zahlte immer nur der Beklagte. Der fiktive Mietwert der Ehewohnung beträgt 1.653,40 EUR.

Der Beklagte leistete der Klägerin folgenden Naturalunterhalt:

Im Jahr 2016 leistete er jeweils monatlich 448,66 EUR an anteiliger Kreditrückzahlung für die Ehewohnung, 409 EUR für eine Lebensversicherung lautend auf die Klägerin, 38,36 EUR an Wien Energie, 270,05 EUR anteilige Betriebskosten für die Ehewohnung, 153,19 EUR Betriebskosten für das Büro der Klägerin top 7, 80,55 EUR Anteil der Klägerin für eine private Krankenversicherung und 138,06 EUR Anteil der Klägerin für eine weitere Krankenversicherung, gesamt somit 1.537,87 EUR monatlich.

Im Jahr 2017 leistete er jeweils monatlich 448,66 EUR an anteiliger Kreditrückzahlung für die Ehewohnung, 409 EUR für eine Lebensversicherung lautend auf die Klägerin, 38,36 EUR an Wien Energie, 270,05 EUR anteilige Betriebskosten für die Ehewohnung und 138,06 EUR Anteil der Klägerin für eine private Krankenversicherung, gesamt somit 1.304,13 EUR monatlich.

Im Jahr 2018 leistete er jeweils monatlich 448,66 EUR an anteiliger Kreditrückzahlung für die Ehewohnung, 409 EUR für eine Lebensversicherung lautend auf die Klägerin, 38,36 EUR an Wien Energie, 307,89 EUR anteilige Betriebskosten für die Ehewohnung und 138,06 EUR Anteil der Klägerin für eine private Krankenversicherung, gesamt somit 1.341,97 EUR monatlich.

Die Klägerin begehrte zuletzt vom Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei Rechnungslegung über sein Einkommen des Wirtschaftsjahres 2016 „bis laufend“ sowie die Zahlung rückständigen Unterhalts von 43.696,83 EUR samt Zinsen für den Zeitraum von 15. 4. 2016 bis 28. 2. 2018, monatlichen Unterhalts von 3.332,34 EUR ab 1. 3. 2018 sowie weiteren, sich aus der Vorlage der dem Rechnungslegungsbegehren entsprechenden Unterlagen ergebenden Unterhalts. Sie begehrte zuletzt weiters, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zur Zahlung eines monatlichen einstweiligen Unterhalts von 1.793,33 EUR von 9. 11. 2016 bis 31. 12. 2016, von 2.028,21 EUR von 1. 1. 2017 bis 31. 12. 2017, von 2.028,73 EUR von 1. 1. 2018 bis 19. 2. 2018 sowie von 3.332,34 EUR ab 20. 2. 2018 zu verpflichten. Sie erstattete dazu näheres Vorbringen zu den beiderseitigen Einkommen und den vom Beklagten getragenen Aufwendungen. Der Beklagte leiste nicht den geschuldeten Unterhalt und verweigere die Übermittlung seiner Gehaltsunterlagen.

Der Beklagte wendete ein, das Klage- und das Provisorialbegehren sei (aus näher dargestellten Gründen) rechtsmissbräuchlich. Das von der Klägerin erzielte Einkommen sei deutlich höher als von ihr angegeben, jedenfalls könne sie auf ein ihren Unterhaltsbedarf zur Gänze deckendes Einkommen angespannt werden. Er habe über die Jahre hinweg umfassend Naturalunterhalt geleistet, so für die Ehewohnung und das Büro der Klägerin, für die Aufwendungen des täglichen Lebens, für die Krankenversicherung der Klägerin, und ebenso zahlreiche Barleistungen, so auch für das Unternehmen der Klägerin. Der fiktive Mietzins für die Ehewohnung belaufe sich auf zumindest 1.653,40 EUR monatlich, dessen Hälfte sei als Naturalunterhalt anzurechnen.

Das Erstgericht wies das Rechnungslegungsbegehren ebenso ab (Punkt I.1.) wie das Begehren, den Beklagten zur Zahlung des sich aufgrund der Rechnungslegung ergebenden Unterhaltsbetrags zu verpflichten (Punkt I.2.), soweit dieser die in Punkt I.3. und I.4. seiner Entscheidung festgesetzte Unterhaltsverpflichtung übersteige. In Punkt I.3. verpflichtete das Erstgericht den Beklagten zur Zahlung eines den Zeitraum von 15. 4. 2016 bis 28. 2. 2018 umfassenden Unterhaltsrückstands von 42.903,85 EUR samt Zinsen. Das Mehrbegehren in Höhe von 792,98 EUR sA wies es (rechtskräftig) ab. In Punkt I.4. verpflichtete das Erstgericht den Beklagten ab 1. 3. 2018 zur Leistung eines laufenden Unterhalts in Höhe von monatlich 3.321,50 EUR und wies das Mehrbegehren von 10,84 EUR (rechtskräftig) ab. Weiters verpflichtete das Erstgericht mit einstweiliger Verfügung den Beklagten zu einstweiligen monatlichen Unterhaltszahlungen in jeweils bestimmter Höhe ab 9. 11. 2016 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Unterhaltsklage und wies das Mehrbegehren ab.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, das Rechnungslegungsbegehren und das darauf gestützte, zahlenmäßig noch unbestimmte Zahlungsbegehren sei nicht berechtigt, weil die Klägerin die erforderlichen Daten anderweitig in Erfahrung habe bringen können. Im Übrigen habe die Klägerin den Unterhaltsanspruch nicht verwirkt und sei auch nicht auf ein höheres fiktiv zu erzielendes eigenes Einkommen anzuspannen. Bei der Ermittlung des Unterhaltsanspruchs sei von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen der Klägerin von 864 EUR und von einem solchen des Beklagten von 10.065 EUR auszugehen. Angesichts dieser enormen Einkommensdifferenz schulde der Beklagte 33 % seines Einkommens, somit einen monatlichen Unterhalt von (ungekürzt) 3.321,50 EUR. Darauf seien bis einschließlich Februar 2018 die Naturalunterhaltsleistungen des Beklagten anzurechnen. Für die im gemeinsamen Wohnungseigentum stehende und von beiden Parteien bewohnte Ehewohnung sei daher vom Geldunterhalt die auf die Klägerin entfallende Hälfte der Kreditrückzahlungen sowie der Betriebskosten abzuziehen. Beim durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen der Klägerin von 864 EUR sei von einer Gefährdung ihres Lebensunterhalts auszugehen, weshalb die einstweilige Verfügung zu erlassen gewesen sei.

Das von beiden Parteien angerufene Berufungsgericht gab dem Rechnungslegungsbegehren mit einer Präzisierungstatt, hob Punkt I.2. sowie die Kostenentscheidung des erstgerichtlichen Urteils auf und trug insoweit dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Hinsichtlich des (weiteren) Zahlungsbegehrens verringerte es den vom Beklagten zu zahlenden rückständigen Betrag für den Zeitraum von 15. 4. 2016 bis 28. 2. 2018 auf 34.400 EUR samt Zinsen. Den ab 1. 3. 2018 vom Beklagten bis zur rechtskräftigen Beendigung des Scheidungsverfahrens zu leistenden laufenden monatlichen Unterhalt beließ es bei 3.321,50 EUR. Es verminderte auch den Zuspruch des einstweiligen Unterhalts im Rahmen der einstweiligen Verfügung.

In rechtlicher Hinsicht meinte das Berufungsgericht, Einkommensteuerbescheide seien für sich alleine nicht zur Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage geeignet. Das steuerpflichtige Einkommen sei nicht mit dem unterhaltsrelevanten Einkommen identisch, weshalb das Rechnungslegungsbegehren berechtigt sei. Die Klägerin sei weder auf ein höheres Eigeneinkommen anzuspannen noch habe sie ihren Unterhaltsanspruch verwirkt. Im Fall einer nicht ausbezahlten Wohnung seien auch im Ehegattenunterhalt für die Anrechnung des Naturalunterhalts „Wohnen“ nicht die Kreditraten heranzuziehen, sondern es sei nur der fiktive Mietzins relevant. Von April 2016 bis Februar 2018 sei auf den Geldunterhalt daher nicht die (geringere) anteilige Kreditrückzahlung für die Ehewohnung, sondern die Hälfte der fiktiven Mietkosten, somit 826,70 EUR, anzurechnen, woraus sich der geringere Zuspruch für den rückständigen Unterhalt ergebe.

Das Berufungsgericht ließ gegen den bestätigenden und abändernden Teil seines Urteils die ordentliche Revision sowie gegen seine Provisorialentscheidung den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Einen Ausspruch über die Zulassung des Rekurses gegen den aufhebenden Teil enthält die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht.

Die Klägerin begehrt mit ihrer außerordentlichen Revision die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils, soweit es den Zuspruch für rückständigen Unterhalt betrifft.

Der Beklagte begehrt mit seiner außerordentlichen Revision die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens, mit seinem außerordentlichen Revisionsrekurs die gänzliche Abweisung des Sicherungsbegehrens.

Der Beklagte beantragt in der ihm vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision der Klägerin als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Die außerordentliche Revision des Beklagten ist mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der gefährdenden Partei ist unzulässig.

Zu 1.

Die Klägerin macht in ihrer Revision geltend, nach oberstgerichtlicher Rechtsprechung (insbesondere 3 Ob 164/17i) könne der Unterhaltsschuldner bei Hälftemiteigentum an der vom Unterhaltsberechtigten benützten Wohnung und bei vom Unterhaltsberechtigten nicht gebilligtem, grundlosem Auszug des Unterhaltsverpflichteten aus der Ehewohnung nicht – wie das Berufungsgerichturteilte – die Hälfte des fiktiven Mietwerts der Wohnung als Naturalunterhalt vom Geldunterhalt abziehen, sondern nur ein Viertel davon.

Der Beklagte wendet in der Revisionsbeantwortung ein, die Annahme der Vorinstanzen, er würde die Wohnung mitbenützen, sei nicht von den Tatsachenfeststellungen gedeckt, weil feststehe, dass es bereits im April 2016 zu einer Trennung der Lebensbereiche gekommen sei. Er sei auch nicht – wie die Klägerin unterstelle – aus der Wohnung grundlos oder „nicht konsentiert“ ausgezogen. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung gehe davon aus, dass der Unterhaltsberechtigte nicht des gesamten grundsätzlich zustehenden Geldunterhalts bedürfe, wenn er nicht für die Kosten der Wohnversorgung aufzukommen habe. Dies gelte selbst dann, wenn er seinen Wohnbedarf in einer ihm selbst gehörenden Eigentumswohnung oder einem solchen Haus decke, weil sein Wohnbedürfnis damit befriedigt sei. Die Wohnkostenersparnis sei auch in diesem Fall zu berücksichtigen. Die von der Klägerin ins Treffen geführte Entscheidung 3 Ob 164/17i stehe mit der übrigen Rechtsprechung im Widerspruch und sei vereinzelt geblieben.

Hierzu wurde erwogen:

1.1. Zu den vom Beklagten angesprochenen (impliziten) Tatsachenannahmen der Vorinstanzen ist Folgendes auszuführen:

Die Klägerin hat bereits in der Klage vorgebracht, die Haushaltsgemeinschaft zwischen den Streitteilen sei jedenfalls seit Mitte April 2016 aufgehoben. Der Beklagte komme aber immer wieder in die Ehewohnung, etwa um zu duschen, er tauche auf, um die Klägerin zu provozieren, setze sich auf die Terrasse oder sehe fern. Er habe ihr die Ehewohnung nicht gänzlich zur alleinigen Nutzung überlassen.

Der Beklagte hat im Schriftsatz ON 10 vom Dezember 2016 darauf erwidert, er benütze selbstverständlich die eheliche Wohnung weiter, etwa um zu arbeiten, zu essen, fernzusehen etc. Es sei ihm nicht zumutbar, die von ihm zur Gänze finanzierte und im Miteigentum stehende Wohnung der Klägerin gänzlich zur alleinigen Nutzung zu überlassen.

Diesem ihrem jeweiligen Vorbringen haben die Parteien auch in der Folge in erster Instanz nicht mehr widersprochen.

Angesichts des zitierten Zugeständnisses des Beklagten ist auf Tatsachenebene (trotz der festgestellten „Trennung der Lebensbereiche Mitte April 2016“) im Sinne des Revisionsvorbringens der Klägerin von einer weiteren Mitbenützung der Wohnung durch den Beklagten auszugehen, zumal der Beklagte die in der rechtlichen Beurteilung des Ersturteils enthaltene dislozierte Tatsachenfeststellung, die Wohnung werde noch von beiden Parteien bewohnt, in seiner Berufung nicht bekämpft hat.

Davon ausgehend, kommt es darauf, ob die Klägerin dem (partiellen) Auszug des Beklagten (zum Übernachten) zugestimmt hat, nicht an. Überdies träfe den Beklagten die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass sein Auszug aus der Ehewohnung zu Recht erfolgt wäre (RS0109128), sodass allfällige Unklarheiten in dieser Frage zu seinen Lasten gingen.

1.2. In der bereits gefestigten jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sind folgende Grundsätze anerkannt:

1.2.1. Auch im Fall einer nicht ausbezahlten Wohnung sind beim Ehegattenunterhalt für die Anrechnung des Naturalunterhalts „Wohnen“ nicht die Kreditraten, sondern es ist der fiktive Mietwert heranzuziehen (RS0130891, RS0080373 [T20, T24]). Steht die Wohnung im Miteigentum oder im gemeinsamen Wohnungseigentum der Ehegatten, ist die fiktive Mietersparnis im Ausmaß der Miteigentumsanteile zu berücksichtigen (RS0121283, RS0080373 [T23]).

1.2.2. Benützt – wie hier – auch der unterhaltspflichtige Ehegatte weiterhin die Ehewohnung, so ist die fiktive Mietersparnis auf beide Ehegatten aufzuteilen, sodass auf den unterhaltsberechtigten Teil nur die Hälfte entfällt (vgl RS0123487). Dasselbe gilt, wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte bei aufrechter Ehe die Ehewohnung grundlos verlässt (RS0114742).

1.2.3. Steht demnach die vom Unterhaltsberechtigten benützte Wohnung im Alleineigentum des Unterhaltspflichtigen, ist grundsätzlich der ganze fiktive Mietwert anzurechnen, wenn der Unterhaltspflichtige die Ehewohnung berechtigterweise verlassen hat. Die Anrechnung reduziert sich um den Kopfteil des Unterhaltspflichtigen, wenn dieser in der Wohnung wohnen bleibt oder unberechtigterweise ausgezogen ist (oder weggewiesen wurde); bei einem kinderlosen Paar also um die Hälfte (4 Ob 42/10w mwN = RS0047254 [T11]).

1.2.4. Aber auch wenn die Wohnung im Alleineigentum des Unterhaltsberechtigten steht, ist dessen Wohnbedürfnis damit befriedigt. Er bedarf in diesem Fall nicht mehr des gesamten festgesetzten Geldunterhalts, um sein vollständiges Unterhaltsbedürfnis zu decken. Die Wohnkostenersparnis ist auch in diesem Fall (ebenfalls grundsätzlich mit dem gesamten fiktiven Mietwert) zu berücksichtigen (7 Ob 179/11s mwN = RS0047254 [T17]; 9 Ob 39/14x; vgl auch 8 Ob 64/13i), sofern der Unterhaltsberechtigte für die Wohnung keine Kosten aufwenden muss (7 Ob 179/11s; 1 Ob 137/16b). Für die Berücksichtigung des Kopfteils des Unterhaltspflichtigen gilt das zu 1.2.3. Gesagte.

1.2.5. Steht die Wohnung hingegen im gleichteiligen Miteigentum (bzw im gemeinsamen Wohnungseigentum) der Ehegatten, so soll dies nach bisheriger Rechtsprechung (vgl 1.2.1.) bei berechtigtem Auszug des Unterhaltspflichtigen zur Anrechnung der Hälfte des fiktiven Mietwerts führen (6 Ob 43/12k; RS0121283), während es bei Mitbenützung oder unberechtigtem Auszug des Unterhaltspflichtigen unter Berücksichtigung seines Kopfteils zur Anrechnung nur eines Viertels kommen soll (3 Ob 164/17i; 4 Ob 85/16b).

1.3. Daraus lassen sich folgende Schlüsse ziehen:

1.3.1. Ein Vergleich der Rechtsprechung in den Fällen des Alleineigentums (1.2.3. und 1.2.4.) mit jener in den Fällen des Miteigentums (1.2.5.) zeigt eine nicht begründbare unterschiedliche, nämlich schlechtere Behandlung des Unterhaltspflichtigen im Fall des Miteigentums oder gemeinsamen Wohnungseigentums, weil der anteiligen eigenen Wohnversorgung des Unterhaltsberechtigten nicht Rechnung getragen wird. Wendet man dagegen konsequenterweise die bei Alleineigentum des Unterhaltsberechtigten zur Anwendung gelangenden Grundsätze auch im Fall des Miteigentums (gemeinsamen Wohnungseigentums) an, so führt dies zu dem Ergebnis, dass sich der Unterhaltspflichtige bei berechtigtem Auszug sowohl seinen dem Unterhaltsberechtigten zur Verfügung gestellten Anteil als auch – wegen der auch insoweit vorhandenen Wohnkostenersparnis – den Anteil des Unterhaltsberechtigten, somit den gesamten fiktiven Mietwert, anrechnen kann. Bei unberechtigtem Auszug oder – wie hier – bei weiterer Mitbenützung der Ehewohnung durch den Unterhaltspflichtigen wäre dann jeweils die Hälfte beider mitbenützter Miteigentumshälften bzw des halben Mindestanteils, also auch insgesamt die Hälfte des fiktiven Mietwerts anrechenbar.

1.3.2. Mit dieser aus der in Punkt 1.2.4. erörterten Rechtsprechung ableitbaren Rechtsfolge, auf die der Beklagte in seiner Revisionsbeantwortung hinweist, haben sich die zur Anrechnung des fiktiven Mietwerts in den Fällen des Miteigentums ergangenen Entscheidungen bisher nicht auseinandergesetzt. Auch in der von der Klägerin herangezogenen Entscheidung 3 Ob 164/17i blieb die Wohnkostenersparnis der Unterhaltsberechtigten aufgrund ihres eigenen Hälfteeigentums unberücksichtigt, ohne dass diese Frage erörtert worden wäre.

1.3.3. Der erkennende Senat hält in den Fällen des Miteigentums an der Ehewohnung bzw des gemeinsamen Wohnungseigentums die Berücksichtigung der anteiligen eigenen Wohnversorgung des Unterhaltsberechtigten unter den auch bei Alleineigentum geltenden Voraussetzungen (keine Belastung mit Kosten der Wohnversorgung) für folgerichtig und sachgerecht. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Feststellungen kein Hinweis, dass die Klägerin im strittigen Zeitraum irgendwelche Aufwendungen für die Ehewohnung getätigt hat. Demnach erweist sich die Anrechnung des halben fiktiven Mietwerts durch das Berufungsgericht vorbehaltlich des noch Folgenden als zutreffend.

1.4. Naturalunterhalt ist grundsätzlich nur im angemessenen Umfang anzurechnen; dem Unterhaltsberechtigten hat stets ein in Geld zu leistender Unterhalt zuzukommen, weil er ja von der Wohnung allein nicht leben kann (RS0047254 [T12]).

1.4.1. Wo die Angemessenheitsgrenze liegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Zumindest bei durchschnittlichen Verhältnissen lässt die Rechtsprechung eine Kürzung des Geldunterhaltsanspruchs aus dem Titel der Wohnversorgung daher lediglich um rund ein Viertel zu (4 Ob 42/10w; 6 Ob 43/12k; 4 Ob 54/19y mwN). Gebührt dem Unterhaltsberechtigten aufgrund seines Eigeneinkommens ein Ergänzungsunterhalt, so ist dieses Viertel aus dem Eigeneinkommen und dem ungekürzten Ergänzungsunterhalt zu ermitteln (6 Ob 43/12k; 4 Ob 54/19y mwN). Eine über das Viertel hinausgehende Anrechnung ist aber nicht ausgeschlossen (4 Ob 42/10w). Sie wäre nur dann zulässig, wenn der Restunterhalt noch zur angemessenen Deckung der Restbedürfnisse ausreicht (8 Ob 64/13i).

1.4.2. Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen – in dritter Instanz unbeanstandet – den Unterhalt der Klägerin angesichts des hohen Einkommensunterschieds mit 33 % vom Einkommen des Beklagten, aber ohne Abzug des Eigeneinkommens der Klägerin bemessen. Der so ermittelte Unterhalt beträgt 3.321,50 EUR, ein Viertel davon sind rund 830 EUR. Dies entspricht der Hälfte des fiktiven Mietwerts (826,70 EUR), die somit jedenfalls voll anrechenbar ist.

1.4.3. Dazu kommt, dass die Klägerin ja auch über ein eigenes, wenn auch geringes Einkommen verfügt. Im Regelfall sollen dem Unterhaltsberechtigten drei Viertel der Summe seines Eigeneinkommens und des ungekürzten Geldunterhalts verbleiben (vgl 6 Ob 43/12k; 8 Ob 41/16m). Das bedeutet hier einen Betrag von rund 3.139 EUR (864 + 3.321,50 = 4.185,50 x 75 %). Selbst wenn man in die Angemessenheitsprüfung neben dem anteiligen fiktiven Mietwert auch noch die weiteren vom Beklagten getragenen anteiligen Wohnungsbenützungskosten (Betriebskosten, Zahlungen an Wien Energie) einzubeziehen hätte (einschließlich anteiligem Mietwert zuletzt 1.172,95 EUR), verblieben der Klägerin 72 % des Gesamtbetrags (wobei die weiteren Naturalleistungen des Beklagten außer Betracht zu bleiben haben). Diese geringfügige Überschreitung des Viertels böte angesichts der Höhe des Unterhalts auch keinen Anlass für eine Minderung der anzurechnenden Kosten der Wohnversorgung im weiteren Sinn.

1.5. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich demnach insgesamt als zutreffend, weshalb der Revision der Klägerin nicht Folge zu geben ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Zu 2.

2.1. Der gerügte (Verfahrens-)Verstoß gegen § 405 ZPO („samt Belegen“) liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

2.2. Eine ordentliche Rechnungslegung umfasst nach ständiger Rechtsprechung auch alle Angaben, die eine Überprüfung der Rechnung ermöglichen (RS0035036). Alle zur Prüfung der erfolgten Rechnungslegung erforderlichen Belege sind zur Einsicht vorzulegen oder in Kopie zur Verfügung zu stellen (RS0035036 [T1]; vgl auch RS0035039, RS0035045).

Soweit der Beklagte vorbringt, er könne manche Belege nicht vorlegen, ohne Verschwiegenheitspflichten gegenüber Auftraggebern zu verletzen, ist er auf die ihm offen stehende Möglichkeit zu verweisen, bei derartigen Belegen (nur) den Namen des Auftraggebers und/oder sonstige von Geheimhaltungsinteressen umfasste Informationen unkenntlich zu machen (vgl 2 Ob 52/18p).

2.3. Bei schwankendem Einkommen des Unterhaltspflichtigen ist das in einem längeren Beobachtungszeitraum erzielte Durchschnittseinkommen als Unterhaltsbemessungsgrundlage heranzuziehen (RS0113405). Die heranzuziehenden Beobachtungszeiträume hängen aber jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (RS0047509 [T10]).

Wird also wie hier auch Unterhalt für die Zukunft begehrt (und beschränkt sich daher der Unterhaltsanspruch nicht nur auf vergangene, bestimmte Zeiträume), ist als Unterhaltsbemessungsgrundlage das Durchschnittseinkommen der letzten drei der Beschlussfassung vorangegangenen Wirtschaftsjahre heranzuziehen (RS0053251). Der Zusatz „bis laufend“ schadet dabei nicht. Das jeweils konkret erzielte Einkommen wäre nur dann maßgebend, wenn Unterhalt bloß für die Vergangenheit begehrt worden wäre, was hier aber nicht der Fall ist (vgl 7 Ob 80/13k).

2.4. Bei der Beurteilung, ob Rechtsmissbrauch vorliegt, der zur Verwirkung des Unterhaltsanspruchs gemäß § 94 Abs 2 Satz 2 ABGB führt, sind stets die Umstände des Einzelfalls maßgeblich (RS0009766 [T9]). Ob die Voraussetzungen für eine Anspannung im konkreten Fall gegeben sind oder nicht, richtet sich ebenso nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls (RS0113751, RS0007096). Angesichts der von den Vorinstanzen getroffenen (hier nur auszugsweise wiedergegebenen) Feststellungen ist deren Beurteilung, der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei nicht verwirkt und sie sei auch nicht auf ein höheres Eigeneinkommen als das tatsächlich erzielte anzuspannen, nicht korrekturbedürftig.

2.5. Da eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen ist, ist die außerordentliche Revision des Beklagten zurückzuweisen.

Zu 3.

Gerichtliche Entscheidungen über einstweiligen Unterhalt werden grundsätzlich jeweils für die Dauer jenes Verfahrens erlassen, in dem sie beantragt wurden (RS0110851). Der hier der Klägerin gewährte einstweilige Unterhalt geht zeitlich und betraglich nicht über den nunmehr endgültigen (Punkt 1. und 2. dieser Entscheidung) Unterhaltszuspruch hinaus. Damit ist betreffend die Bekämpfung der einstweiligen Verfügung über den einstweiligen Unterhalt die Beschwer als Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels weggefallen (vgl RS0041770 [T21, T40]). Überdies hätte das Rechtsmittel auch keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt, weshalb es jedenfalls zurückzuweisen ist.

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