Rechtssatz
"Wissen-müssen" oder "Rechnen-müssen" ist dem "Wissen" nicht gleichzuhalten, ebenso nicht dem "In Kauf Nehmen"; die Feststellung des "Wissenmüssens" reicht für die Annahme des bedingten bösen Vorsatzes nicht aus.
12 Os 150/70 | OGH | 09.10.1970 |
Veröff: EvBl 1971/144 S 243 |
10 Os 207/70 | OGH | 03.11.1970 |
Auch; Beisatz: Hier: Wissen müssen oder wissen können. (T1) |
12 Os 60/71 | OGH | 18.05.1971 |
Ähnlich |
9 Os 160/71 | OGH | 20.04.1972 |
Ähnlich; Beisatz: Floskeln wie "der Angeklagte mußte wissen" oder "es mußte ihm bekannt sein", vermögen keinesfalls eine ausreichende sowie rechtlich einwandfreie Begründung für die Annahme einer dolosen, von Schädigungsabsicht getragen (amtsmißbräuchlichen) Handlungsweise abzugehen. (T2) |
9 Os 141/73 | OGH | 14.12.1973 |
Beisatz: Der Täter muß mit dem möglichen Schadenseintritt (tatsächlich) rechnen und ihn in Kauf nehmen. (T3) Veröff: RZ 1974/25 S 49 |
12 Os 28/74 | OGH | 23.04.1974 |
Vgl auch; Beisatz: Der Vorwurf, der Täter hätte um das Vorliegen eines bestimmten Tatbestandsmerkmals wissen müssen, reicht zur Annahme eines auch nur bedingten Vorsatzes nicht aus. (T4) Veröff: EvBl 1975/26 S 52 |
11 Os 38/76 | OGH | 14.05.1976 |
Beisatz: Der Angeklagte habe Verdacht schöpfen und die Möglichkeit der diebischen Herkunft der Gegenstände bedenken müssen, indiziert bewußte Fahrlässigkeit; daß er mit dieser Möglichkeit gerechnet hat, läßt den Schluß auf dolus principalis zu. (T5) |
9 Os 64/75 | OGH | 23.06.1976 |
Ähnlich |
9 Os 122/76 | OGH | 15.12.1976 |
Ähnlich |
12 Os 131/77 | OGH | 27.10.1977 |
Beis wie T2; Veröff: SSt 48/81 |
11 Os 17/79 | OGH | 13.03.1979 |
Beisatz: Trotz der Formulierung "wissen müssen" kann sich aus dem gesamten Urteilsinhalt der Vorsatz hinreichend ergeben. (T6) |
11 Os 16/80 | OGH | 13.02.1980 |
Beisatz: Hier: Bei Hehlerei: Handeln "in der Vermutung der Diebstahlsherkunft". (T7) |
9 Os 143/80 | OGH | 07.10.1980 |
Beisatz: Allgemeine Redewendungen dieser Art (hier: "bekannt sein müssen" und "für möglich halten müssen") decken auch die Schuldform bewußter Fahrlässigkeit ab, genügen daher nicht für die Annahme bedingten Vorsatzes. (T8) |
9 Os 107/80 | OGH | 21.10.1980 |
Vgl auch; Beisatz: Klar sein müssen. (T9) |
13 Os 159/80 | OGH | 15.01.1981 |
Vgl aber; Beisatz: Solche Formulierungen im Rahmen der Beweiswürdigung sind jedoch im Kontext der übrigen Entscheidungsgründe auszulegen und stehen der Konstatierung bedingt vorsätzlichen Handelns nicht entgegen. (T10) |
13 Os 65/81 | OGH | 09.07.1981 |
Vgl auch; Veröff: RZ 1981/79 S 276 = SSt 52/39 |
11 Os 72/83 | OGH | 21.09.1983 |
Vgl; Beis ähnlich T6; Beis ähnlich T10; Beisatz: Hier: Kein Hindernis für die Konstatierung wissentlichen Handelns. (T11) |
13 Os 123/86 | OGH | 09.10.1986 |
Vgl auch; Beisatz: Ein bloßes "Wissen - müssen" unterstellt lediglich unbewußte Fahrlässigkeit und bedeutet folglich keine Bejahung eines dolosen Handelns. (T12) |
14 Os 154/88 | OGH | 19.10.1988 |
Vgl auch; Beis wie T8; Beisatz: Hier: Erkennen mußte. (T14) |
13 Os 10/00 | OGH | 17.05.2000 |
Vgl; Beisatz: Die Feststellungen, es möge richtig sein, dass die Angeklagten keine Überlegungen zur insgesamt anfallend werdenden konkreten Schadenshöhe anstellten, doch sei aus den Aussagen des Erstangeklagten und Zweitangeklagten "auch" ableitbar, dass sie keineswegs darauf vertrauten, dass der Schaden lediglich bis zu einer bestimmten Höhe entstehen werde, vermögen die Annahme eines (zumindest bedingten) Vorsatzes zur Schadenshöhe von mehr als 500.000 S nicht zu tragen, weil es an der Konstatierung einer entsprechenden Wissenskomponente und Willenskomponente fehlt; die Ausführungen zur subjektiven Tatseite im Urteil indizieren bloß unbewusste ("keine Überlegungen") beziehungsweise bewusste ("vertrauten keineswegs darauf") Fahrlässigkeit zur genannten Schadenshöhe. (T15) |
Dokumentnummer
JJR_19690430_OGH0002_0120OS00074_6900000_001
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