OGH 11Os75/89 (11Os76/89)

OGH11Os75/89 (11Os76/89)1.6.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.Juni 1990 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofko als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dr. Rudolf K*** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und Abs. 2 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Dr. Rudolf K***, Dr. Hannes M*** und Dr. Dieter S*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23.März 1988, GZ 12 b Vr 3.769/81-1.157, sowie über die Beschwerde des Angeklagten Dr. Rudolf K*** gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 1.Juni 1989, GZ 12 b Vr 3.769/81-1.171, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Dr. Rudolf K*** und Dr. Hannes M*** wird, soweit sie sich gegen den Schuldspruch laut Punkt A und B des Urteilssatzes richten, Folge gegeben und es wird - im übrigen gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO - das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil (einschließlich der Verweisung der Privatbeteiligten E*** U*** AG auf den Zivilrechtsweg) unberührt bleibt, in seinen Schuld- und Strafaussprüchen aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.

Mit ihren hiedurch unerledigt gebliebenen Rechtsmitteln werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden - im zweiten

Rechtsgang - der am 8.Februar 1915 geborene frühere Generaldirektor der E*** U*** Aktiengesellschaft für elektrische Energie (im folgenden kurz: E*** U*** AG) Dr. Rudolf K*** des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und Abs. 2 StGB und des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 StGB, weiters der am 21.Dezember 1943 geborene ehemalige Prokurist der E*** U*** AG Dr. Hannes M*** des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und Abs. 2 StGB als Beteiligter gemäß dem § 12 (dritter Fall) StGB und des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 StGB, sowie der am 12.Juli 1933 geborene seinerzeitige Geschäftsführer der Ö*** K***-T*** GesmbH (im folgenden kurz: Ö***) Dr. Dieter S*** des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 StGB schuldig erkannt. Im ersten Rechtsgang waren alle drei Angeklagten des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und Abs. 2 StGB, Dr. M*** und Dr. S*** als Beitragstäter (§ 12, dritter Fall, StGB), sowie des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB, insoweit Dr. K*** und Dr. M*** als Beteiligte gemäß dem § 12, dritter Fall, StGB, schuldig erkannt worden. Dieses Urteil war mit Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 30. Jänner 1987, GZ 11 Os 141/86-6, in Stattgebung der dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen worden.

Laut Punkt A des nunmehr angefochtenen Urteiles hat Dr. Rudolf K*** in Wien die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, als Vorstandsmitglied der E*** U*** AG über deren Vermögen zu verfügen und diese Gesellschaft zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und dadurch der AG einen Vermögensnachteil in Höhe von 32,2 Millionen S zugefügt, indem er am 14.Juli 1980 zusammen mit einem weiteren Vorstandsmitglied der E*** U*** AG in der Generalversammlung der Ö*** die Erhöhung des Stammkapitals dieser Gesellschaft von 22 Millionen S um einen von der E*** U*** AG mit einem Agio von 110 % zu übernehmenden Erhöhungsbetrag von 2 Millionen S auf 24 Millionen S, sowie weiters von 24 Millionen S um einen je zur Hälfte von der E*** U*** AG und der Dipl.Ing. Erwin T*** GesmbH zu übernehmenden Erhöhungsbetrag von 56 Millionen S auf 80 Millionen S bewirkte und am 25. (richtig wohl: 15. - vgl US 54) Juli 1980 sowie am 23.September 1980 die Übernahmsbeträge einzahlen ließ, obgleich er die für den Anteilserwerb erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrates der E*** U*** AG sowie der ÖIAG durch Täuschung über entscheidungswesentliche Umstände, nämlich durch Verheimlichung der ungeklärten wirtschaftlichen Situation der Ö***, erschlichen hatte. Der Angeklagte Dr. Hannes M*** wurde schuldig erkannt, zur Ausführung dieser strafbaren Handlung des Dr. K*** dadurch beigetragen zu haben, daß er - insbesondere durch bewußtes Verschweigen wesentlicher Punkte des Wirtschaftsprüferberichtes über den Jahresabschluß 1978 der Ö*** gegenüber den Organen der ÖIAG und durch unrichtige Auskünfte an die Wirtschaftsprüfer der E*** U*** AG anläßlich der Prüfung des Beteiligungsansatzes der Ö*** - an der Täuschung über die wirtschaftliche Lage der Ö*** mitwirkte (Punkt B des Schuldspruchs).

Hingegen wurde Dr. Dieter S*** von der Anklage, zu der unter Punkt A des Schuldspruchs bezeichneten Tat des Dr. K*** durch Mitwirkung an der Täuschung über die wirtschaftliche Lage der Ö*** beigetragen zu haben, gemäß dem § 259 Z 3 StPO (rechtskräftig) freigesprochen.

Inhaltlich der (ursprünglichen) schriftlichen Anklage vom 20. April 1983 (Band 61, ON 837) wurde Dr. S*** vorgeworfen, das Verbrechen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB dadurch begangen zu haben, daß er im einverständlichen Zusammenwirken mit Dipl.Ing. Erwin T*** am 24.Jänner 1980 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten die Ö*** unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der Ö*** L*** AG (im folgenden kurz: Ö***) durch Täuschung über die schlechte wirtschaftliche Lage der Ö*** zur Einräumung eines Kredites von 25 Millionen S, mithin zu einer Handlung verleitete, welche dieses Geldinstitut um 25 Millionen S an seinem Vermögen schädigte; Dr. K*** und Dr. M*** wurde - laut der modifizierten Fassung der Anklage (Band 80, Hv 51 S 1) - angelastet, zu diesen Betrugshandlungen dadurch beigetragen zu haben, daß sie im Herbst 1979 übereinkamen, den Jahresabschluß der Ö*** zum 30. Dezember 1978 nicht den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten sowie den Bewertungsvorschriften entsprechend gestalten zu lassen und die Gesellschaft unter dem Schein eines wirtschaftlich gesunden Unternehmens weiterzuführen, sowie dadurch, daß sie am 18.Dezember 1979 in Ausführung dieses Entschlusses den Jahresabschluß der Ö*** zum 31.Dezember 1978, in welchem die wirtschaftliche Lage des Unternehmens wesentlich besser dargestellt wurde, als sie war, für die E*** U*** AG billigten, Dr. M*** darüber hinaus durch Übernahme und Ausübung der Funktion eines Geschäftsführers der Ö***.

In der Hauptverhandlung am 9.April 1984 (Band 79/Hv 42 S 84 ff) wurde die Anklage gegen Dr. S*** dahin ausgedehnt, er habe zum Nachteil der Z*** UND K*** W*** (im folgenden kurz: "Z") Verfügungsberechtigte dieser Bank Anfang 1980 zur Gewährung eines Kredites von 70 Millionen S, eines weiteren Kredites von 10 Millionen Saudi-Rial und zur Abgabe einer Garantie gegenüber der S*** B*** in Höhe von 2 Millionen Saudi-Rial,

sowie Mitte 1980 zur Gewährung eines Kredites von 45 Millionen S betrügerisch veranlaßt; Dr. K*** und Dr. M*** wurde laut ausgedehnter Anklage angelastet, auch zu diesen Betrugshandlungen des Dr. S*** auf die bezeichnete Weise vorsätzlich beigetragen zu haben.

In diesem Umfang waren im ersten Rechtsgang anklagekonforme Schuldsprüche gefällt worden. Gegenstand der Hauptverhandlung und der Uurteilsfällung im zweiten Rechtsgang war außerdem eine Anklage der Staatsanwaltschaft vom 17.August 1987 (Band 85, ON 11 in ON 1126), nach welcher Dr. M*** und Dr. S*** das Verbrechen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB (auch) dadurch begangen haben sollen, daß sie als Geschäftsführer der Ö*** im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten Dipl.Ing. Erwin T*** als Beteiligte am 30. Dezember 1980 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten die Ö*** unrechtmäßig zu bereichern, Mitglieder des Kreditkomitees der C*** E***-C*** GesmbH (im folgenden kurz: C***) durch Verschweigung der schlechten wirtschaftlichen Situation der Ö*** und durch die Vorgabe, diese Gesellschaft habe für den Geschäftsfall K*** Leistungen im Wert von 19,8 Millionen S und für den Geschäftsfall I*** Leistungen im Wert von

30,1 Millionen S erbracht, Dr. M*** weiters durch die Vorgabe, die E*** U*** AG habe sich voll hinter die Ö*** gestellt, es liege kein Grund zur Besorgnis vor und er könne nur empfehlen, die Forderungskäufe weiterhin durchzuführen, weil mit verstärktem Engagement der E*** U*** AG die Finanzierung auch in Hinkunft ein weitgehend risikoloses Geschäft sei, zur Zuzählung eines Darlehens von 28 Millionen S verleiteten, wodurch die Bank (C***) einen Schaden in dieser Höhe erlitten habe.

Das von der Anklagebehörde als Betrug inkriminierte Tatverhalten der Angeklagten beurteilte das Schöffengericht nunmehr (im zweiten Rechtsgang) als fahrlässige Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 StGB. Darnach haben die Angeklagten Dr. K***, Dr. M*** und Dr. S*** in einem Zeitraum vom Jänner 1980 bis 16.März 1981 die Zahlungsunfähigkeit der Ö***, welche Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, dadurch herbeigeführt, daß Dr. M*** und Dr. S*** als Geschäftsführer der Ö*** die Gesellschaft ohne ausreichendes Eigenkapital führten, unverhältnismäßig Kredit benützten und Organisation und Rechnungswesen der Gesellschaft nicht ausreichend für Großanlagen- und Generalunternehmergeschäfte einrichteten, sowie die erforderliche Kontrolle des Mitgeschäftsführers Dipl.Ing. Erwin T*** unterließen und sich trotz ausreichender Warnungen auf seine Ausführungen zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens verließen, Dr. K*** als Mitglied und Vorsitzender des Beirates der Ö***, welcher als Organ der Mitwirkung der Gesellschafter an der Geschäftsführung der genannten Gesellschaft eingerichtet war, dadurch, daß er den Beirat entgegen den Bestimmungen des Konsortialvertrages nur sporadisch einberief, wodurch eine ausreichende Kontrolle der Geschäftsführung unterblieb, in Kenntnis aller maßgebenden Umstände der Geschäftsführung die Fortführung der Geschäfte der Gesellschaft ohne ausreichende wirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen genehmigte und sich trotz ausreichender Warnungen vor der Geschäftsführertätigkeit des Dipl.Ing. Erwin T*** auf dessen Ausführungen zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens verließ (C des Schuldspruches). Das Urteil wird von den Angeklagten Dr. Rudolf K***, Dr. Hannes M*** und Dr. Dieter S*** mit getrennt

ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden bekämpft. Dr. K*** macht ausdrücklich die Nichtigkeitsgründe der Z 3, 5, 5 a, 8, 9 (lit) a, 9 (lit) b und 11, Dr. M*** jene der Z 5, 5 a, 9 (lit) a und 9 (lit) c geltend; Dr. S*** stützt sein Rechtsmittel auf die Z 5, 5 a, 8, 9 (lit) a und 9 (lit) b des § 281 Abs. 1 StPO.

Zu den Punkten A und B des Schuldspruches:

Den gegen die Verurteilung wegen Untreue gerichteten Nichtigkeitsbeschwerden des Dr. K*** und des Dr. M*** kommt insoweit Berechtigung zu, als darin aus der Z 5 die dem Schuldspruch zugrundeliegende Feststellung bekämpft wird, diese beiden Angeklagten hätten ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, daß als Folge ihrer als Befugnismißbrauch beurteilten Verhaltensweise auch ein Schaden im Vermögen der E*** U*** AG eintreten werde. Wie in den Beschwerdeschriften im Ergebnis zutreffend aufgezeigt wird, ist der diesbezügliche Ausspruch des Gerichtes über entscheidende Tatsachen in mehrfacher Hinsicht mit Begründungsmängeln iS des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO behaftet:

Nach den zur subjektiven Tatseite getroffenen Urteilskonstatierungen erkannten die Angeklagten Dr. K*** und Dr. M*** auf Grund des ihnen Ende 1979 zur Kenntnis gelangten Prüfungsberichtes der Arbeitsgemeinschaft I***-Wirtschaftsberatungs- und Revisions-GesmbH und Dkfm. Mag. Rudolf S***, daß dem Jahresabschluß der Ö*** zum 31. Dezember 1978 der Bestätigungsvermerk aus formellen und materiellen Gründen versagt woren war, weil infolge organisatorischer und sachlicher Mängel im Rechnungswesen und im internen Kontrollsystem die Beurteilung der Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft an Hand der aus dem Jahresabschluß abgeleiteten Daten nur zu Ergebnissen mit eingeschränktem Aussagewert führen konnte; insbesondere wäre darnach mangels ordnungsgemäßer Erfassung und Verrechnung der Einzelkosten der "Aufträge in Ausführung" eine verlustfreie Bewertung dieser Bilanzposition, welche einen wesentlichen Anteil auf der Aktivseite ausmachte, nicht möglich gewesen (US 25, 26). Nach Ansicht des Schöffengerichtes war daher beiden Beschwerdeführern die Unsicherheit der - erkennbar überhöhten - Bewertung der Aktiven des Unternehmens und die Unüberschaubarkeit der wirtschaftlichen Lage der Ö*** bewußt (US 31, 39, 48). Die im Prüfbericht aufgezeigten Mängel erkannten sie allerdings nicht in ihrer vollen tatsächlichen Höhe; auf Grund ihrer langjährigen Erfahrung "mußten" sie aber "erkennen", daß es sich nicht um bloße Formfehler handelte, sondern um materielle Fehler, die größenordnungsmäßig über bloße "Unschärfen" hinausgehen (US 61). Auf Grund der Ergebnisse einer Beiratssitzung und Beiziehung der Wirtschaftsprüfer konnten die beiden Angeklagten jedoch zur Auffassung gelangen, daß diese Mängel in ihrer negativen Auswirkung nicht so schwer wiegen (US 25), weshalb Dr. K*** und Dr. M*** ungeachtet der Warnungen des Wirtschaftsprüferberichtes und zusätzlicher vertraulicher Mitteilungen des Wirtschaftsprüfers Dkfm. W*** über bedenkliche Geschäftspraktiken des allein vertretungsbefugten Geschäftsführers Dipl.Ing. T*** (US 28, 31) dessen "Jubelmeldungen" über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und über die Ausführung von Großaufträgen vertrauten, ohne die im Wirtschaftsprüferbericht enthaltenen Daten näher zu überprüfen (US 40), und in weiterer Folge in ihrer Eigenschaft als in die Generalversammlung der Ö*** entsandte Vertreter der E*** U*** AG (gemeinsam mit Dipl.Ing. T*** und Dr. S*** als Vertreter des weiteren Gesellschafters Dipl.Ing. Erwin T*** GesmbH) gemäß dem § 35 GesmbHG die Genehmigung des Jahresabschlusses der Ö*** für das Jahr 1978 und die Entlastung ihrer Geschäftsführer beschlossen (US 28). Weiters ging der Gerichtshof davon aus, daß Dr. K*** und Dr. M*** durch eine Erhöhung des Stammkapitals der Ö*** von zunächst 22 Millionen S um einen von der E*** U*** AG mit einem Agio von 110 % zu übernehmenden Betrag von 2 Millionen S auf 24 Millionen S und sodann um einen je zur Hälfte von der E*** U*** AG und der Dipl.Ing. Erwin T*** GesmbH zu leistenden Betrag von 56 Millionen S auf 80 Millionen S den bisher sehr niedrigen Eigenkapitalanteil verbessern wollten, ihnen dabei aber klar war, daß der Aufsichtsrat der E*** U*** AG und die Organe der ÖIAG wegen der ungeklärten wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft einer solchen Anteilserhöhung der E*** U*** AG an der Ö*** nicht zustimmen würden (US 38, 39). Sie beschlossen deshalb, die ihnen bekannten "Unsicherheiten" den Mitgliedern des Aufsichtsrates und den Gremien der ÖIAG zu verheimlichen. Demgemäß verschwiegen sie bewußt und wider besseres Wissen die für die Verweigerung des Bestätigungsvermerkes maßgebenden materiellen Mängel im Rechnungswesen und im internen Kontrollsystem und unterließen es, über entscheidungsrelevante ungeklärte Umstände im Bereich der wirtschaftlichen Situation der Ö*** zu berichten. Hiebei wußten sie von der wirtschaftlich schlechten Lage der Ö***, wie sie aus dem Wirtschaftsprüferbericht für das Jahr 1978 und aus der darin aufgezeigten Unsicherheit der Bewertung der "Aufträge in Arbeit" ersichtlich war. Solcherart täuschten Dr. K*** und Dr. M*** die Mitglieder des Aufsichtsrates der E*** U*** AG und der Organe der ÖIAG bewußt, um ihre Zustimmung zur Anteilserhöhung zu erlangen (US 41 bis 47, 50, 53, 54, 60 und 62). Nach Erschleichung dieser Zustimmungserklärungen wurden die auf die E*** U*** AG entfallenden Erhöhungsbeträge von insgesamt 32,3 Millionen S am 15.Juli und 23.September 1980 einbezahlt.

Rechtliche Beurteilung

Nach Überzeugung des Schöffengerichtes nahmen Dr. K*** und Dr. M*** hiebei einen Vermögensnachteil in Kauf, zumal ihnen bewußt gewesen sei, daß der von der E*** U*** AG geleistete Erhöhungsbetrag im Fall eines Konkurses der Ö*** verloren war. "Im Hinblick auf den katastrophalen Wirtschaftsprüferbericht und die mangelnde sofortige ausreichende Reaktion darauf mußten sie jedenfalls mit einem solchen Schadenseintritt rechnen. In der Hoffnung, daß es schon irgendwie gut gehen wird, fanden sie sich jedoch mit dem Verlust ab" (US 54). Aus der bewußt falschen und auf Täuschung abzielenden Information der Entscheidungsträger ergebe sich logisch, daß die Angeklagten Dr. K*** und Dr. M*** damit rechneten, es könnte durch ihre Vorgangsweise bei der Kapitalerhöhung die E*** U*** AG am Vermögen geschädigt werden. "Hätten sie nämlich nicht damit gerechnet, hätten sie diese Umstände ja gar nicht verheimlicht, sondern offen mit einem entsprechenden positiven Kommentar den Entscheidungsträgern präsentieren können."

Wenn sie aber fürchteten, die Entscheidungsträger würden bei voller Kenntnis der Sachlage ablehnen, "müssen" sie auch die negativen Konsequenzen der Beschlußfassung, nämlich eine allfällige Schädigung der E*** U*** AG gekannt und in Kauf genommen haben (US 62, 63). Zudem habe Dr. K*** die in der (seinerzeit von ihm selbst initiierten) Verschmelzung der Ö*** mit der T***-Gruppe per Ende 1977 gelegene wirtschaftliche Fehlleistung in der Hoffnung "vertuschen" wollen, durch eine Kapitalaufstockung der Ö*** den Anteil der E*** U*** AG an diesem Konzernunternehmen doch noch zu retten. Bei der ungeklärten wirtschaftlichen Lage des Unternehmens sei dies nur mit kriminellen Methoden möglich gewesen. Dr. M*** sei im Interesse seiner Karriere und wegen persönlicher Wertschätzung bereit gewesen, Dr. K*** bei dessen kriminellen Methoden zu unterstützen (US 63, 64). Über die Erwartungen der Beschwerdeführer zur künftigen Entwicklung der Geschäftsergebnisse wurde vom Erstgericht festgestellt, daß die Ausweitung der Großanlagen- und Generalunternehmergeschäfte auf Länder der dritten Welt mit einem sehr hohen Risiko verbunden war und bei unzureichender Eigenkapitalbasis die Gefahr der Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit in sich barg, wobei die durch die fehlende interne Kontrolle und Auftragsverfolgung bedingten Risken in Kalkulation jedenfalls zu Lasten des Unternehmens gingen (US 31, 33). Die in diesen - hier sinngemäß und gerafft

wiedergegebenen - Entscheidungsgründen dargelegten Erwägungen des Erstgerichtes decken jedoch nicht die (Urteils-)Annahme, die Angeklagten Dr. K*** und Dr. M*** hätten bei der von ihnen veranlaßten Aufstockung des Stammanteils der E*** U*** AG an der Ö*** mit bedingtem Vorsatz auf Zufügung eines Vermögensnachteils gehandelt: Die Urteilsfeststellungen zur inneren Tatseite der beiden Beschwerdeführer sind zunächst insofern widersprüchlich, als zum einen angenommen wird, Dr. K*** und Dr. M*** hätten die für den Erfolgseintritt wesentlichen Tatumstände erkannt, wogegen das Erstgericht an anderer Stelle von bloßer Erkennbarkeit ausgeht:

Reicht doch die Annahme, die Angeklagten hätten bestimmte Tatsachen erkennen oder sich ihrer bewußt sein müssen, für die Annahme eines darauf bezogenen bedingten Vorsatzes keineswegs aus (Leukauf-Steininger Komm2 Rz 18 zu § 5 StGB und die dort zitierte Judikatur). Zum anderen genügt für die Bejahung eines bedingt-vorsätzlichen Verhaltens auch das bloße "Inkaufnehmen" eines tatbildmäßigen Erfolges nicht, weil dies lediglich besagt, der Täter habe die Deliktsverwirklichung ernstlich für möglich gehalten, ohne daß daraus ein Schluß auf die für ein Handeln mit dolus eventualis außerdem erforderliche Willenskomponente ableitbar wäre (vgl Leukauf-Steininger Komm2 Rz 17 zu § 5 StGB, weiters EvBl 1981 Nr 138 uva).

Den Urteilsgründen haftet aber auch ein weiterer innerer Widerspruch an. Das Gericht konzediert den Beschwerdeführern nämlich, sie hätten aus den Bemängelungen der Wirtschaftsprüfer lediglich geschlossen, die Bewertung eines wesentlichen Teiles der Aktiven der Ö*** sei derart unsicher, daß eine verläßliche Beurteilung der Vermögens- und Ertragslage der Ö*** unmöglich und die Heranziehung des Jahresabschlusses 1978 als Entscheidungsgrundlage für eine Kapital- und Anteilserhöhung nicht statthaft sei, wirft ihnen aber andererseits vor, sie hätten daraus eine wirtschaftlich schlechte Lage des Unternehmens ersehen, ohne anzugeben, auf welche Beweisgrundlage sich diese Annahme stützt.

Vor allem aber wird den Angeklagten Dr. K*** und Dr. M*** ausdrücklich zugestanden, sie hätten den Erklärungen und Versprechungen des Dipl.Ing. Erwin T*** ungeachtet warnender Hinweise aus dem Kreis der Wirtschaftsprüfer vertraut, die im Wirtschaftsprüferbericht aufgezeigten Mängel nicht in voller Schwere erkannt und trotz der mit der Geschäftsführung des Dipl.Ing. T*** und der mit den von ihm entrierten Auslandsgeschäften verbundenen Risken letztlich doch gehofft, daß es zum Eintritt eines Vermögensschadens der E*** U*** AG als Folge der Kapitalzuführung an die Ö*** nicht kommen werde und daß ein Konkurs dieses Unternehmens vermieden werden könne (US 40, 63).

Eine solche Hoffnung ist aber mit der Annahme eines - wenngleich bedingten - Schädigungsvorsatzes nicht in Einklang zu bringen. Wie schon in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 30. Jänner 1987, GZ 11 Os 141/86-6, eingehend zum Ausdruck gebracht wurde (s insbes S 33-38 des zit Erkenntnisses), entspricht eine derartige Erwartungshaltung im allgemeinen eher einer - wenn auch bewußten - Fahrlässigkeit als einem bedingt vorsätzlichen Handeln, bei welchem der Täter nicht nur die Deliktsverwirklichung ernstlich für möglich halten muß, sondern bei Fassung des Tatentschlusses hinzunehmen gewillt ist, daß der tatbildmäßige Schadenserfolg tatsächlich eintritt. Bei einer derartigen Fallgestaltung kann nicht schon aus dem äußeren Geschehen als solchem auf den Schädigungsvorsatz des Täters geschlossen werden. Durch die Annahme einer bewußten Täuschung der Mitglieder des Aufsichtsrates der E*** U*** AG und der Organe der ÖIAG mit dem Ziel, sich auf solche Weise die (demnach erlistete: vgl § 870 ABGB) Zustimmung zur Anteilserhöhung zu verschaffen, wird zwar der für den Tatbestand der Untreue begriffsessentielle wissentliche Mißbrauch der Vertretungsmacht hinreichend dargetan (vgl die bereits in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 30.Jänner 1987 zitierten Vorentscheidungen, insbesondere ÖJZ-LSK 1984/41 und RZ 1964, S 214); daraus allein läßt sich aber noch nicht die logisch mängelfreie Folgerung ableiten, der Machthaber (und andere Tatbeteiligte) hätten auch die Zufügung eines Vermögensnachteiles auf Seite des Machtgebers in ihren Vorsatz aufgenommen. Aus dem Umstand, daß die Angeklagten Dr. K*** und Dr. M*** befürchteten, bei voller Offenlegung der wirtschaftlichen Lage der Ö*** würden ihnen die (nach dem § 16 Abs. 2 lit g der Satzung der E*** U*** AG bzw die gemäß dem § 6 Abs. 3 des ÖIG-Gesetzes, BGBl 1967/23, idF der ÖIG-Gesetz-Novelle 1969, BGBl 1970/47) erforderlichen Zustimmungserklärungen zur geplanten Transaktion verweigert werden, kann keineswegs geschlossen werden, daß sie sich damit zugleich auch mit einem Scheitern ihres Vorhabens, die Finanzsituation der Ö*** durch Zufuhr von Eigenkapital zu verbessern und den wirtschaftlichen Zusammenbruch des Unternehmens hintanzuhalten, auch innerlich abgefunden hätten.

Daß die vorsätzliche falsche Darstellung des Vermögensstandes einer Gesellschaft oder das vorsätzliche Verschweigen einer sich darauf beziehenden Tatsache durch ihre Organe nicht zwangsläufig mit der Schädigung einer GesmbH einhergehen muß, zeigt auch die Strafbestimmung des § 123 GesmbHG. Das listige Vorgehen des Dr. K*** und des Dr. M*** bei der Kapitalaufstockung der Ö*** setzt demnach nicht denknotwendig Schädigungsvorsatz voraus. Auch nach der forensischen Erfahrung wäre in einem derartigen Fall die Annahme eines bedingten Schädigungsvorsatzes geradezu atypisch, bedarf doch - wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 30.Jänner 1987, GZ 11 Os 141/86-6, ausgeführt hat - die Beurteilung des kaufmännischen Verhaltens bei der Führung eines lebenden Unternehmens, das mit großer wirtschaftlicher Kapazität und großem Auftragsbestand ausgestattet ist, einer besonders eingehenden, alle maßgebenden wirtschaftlichen und unternehmerischen Aspekte in Betracht ziehenden Prüfung des Tatvorsatzes. Über diese für das weitere Verfahren bindende Rechtsauffassung des Obersten Gerichtshofes setzte sich das Erstgericht unter Verstoß gegen die Bestimmung des § 293 Abs. 2 StPO hinweg. Im vorliegenden Fall wäre aber eine den dargelegten Kriterien genügende, eingehende Begründung der Annahme eines Schädigungsvorsatzes umso erforderlicher gewesen, als für die mit der Kapitalerhöhung einhergehenden und ihr zeitlich teils vorausgehenden, teils auch nachfolgenden Kreditaufnahmen ein betrügerisches Handeln der Angeklagten wegen des Fehlens der subjektiven Tatbestandserfordernisse verneint wurde (US 65). Es zeigt sich sohin, daß - wie die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zu den Nichtigkeitsbeschwerden zutreffend ausführt - der Schuldspruch der Angeklagten Dr. K*** und Dr. M*** laut den Punkten A und B - wie schon im ersten Rechtsgang - mit Begründungsmängeln iS des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO behaftet ist; das Urteil war deshalb in diesem Umfang zwecks Verfahrenserneuerung aufzuheben.

Im Fall der Verneinung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 153 StGB im erneuerten Rechtsgang wird der Sachverhalt auch in Richtung des Vergehens nach dem § 123 GesmbHG zu prüfen sein.

Zu Punkt C des Schuldspruchs:

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerden konnte sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugen, daß der Schuldspruch wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 StGB mit einem - von Amts wegen wahrzunehmenden - materiell-rechtliche Nichtigkeit (Z 9 lit a/Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO) des Urteiles bewirkenden Feststellungsmangel behaftet ist, welcher von keinem der Beschwerdeführer geltend gemacht wird:

In dem den Schuldspruch C des angefochtenen Urteils betreffenden Teil der Entscheidungsgründe geht das Erstgericht einerseits davon aus, daß die Zahlungsunfähigkeit der Ö*** in den ersten Monaten des Jahres 1981 eintrat (US 35), wobei hiefür unter anderem die zusätzlichen - vom öffentlichen Ankläger als betrügerisch qualifizierten - Kreditaufnahmen und die damit verbundenen Kosten dieser Fremdfinfanzierung zumindest mitursächlich waren (US 37 unten). Die Gefahr der Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit habe bereits im Lauf der Jahre 1978 und 1979 bestanden (US 31). Andererseits konstatierte das Erstgericht, daß erhebliche Teile der erforderlichen Liquidität durch Vorfinanzierungen seitens der C*** sichergestellt wurden, bei denen jedenfalls der Verdacht besteht, daß sie Dipl.Ing. T*** betrügerisch zum Nachteil der C*** herauslockte. Im Anschluß daran wird auf Urteilsseite 36 wörtlich ausgeführt: "Hätte die Export-Finanzierung durch die C*** und die Überziehungen im Bereiche der Ö*** L*** nicht

stattgefunden, wäre die Zahlungsunfähigkeit mit Sicherheit schon früher eingetreten." Weitere Konstatierungen über den Zeitpunkt der ohne die in Rede stehenden Kreditaufnahmen und Überziehungen mit Sicherheit schon früher gegebenen Zahlungsunfähigkeit der Ö*** sind dem angefochtenen Urteil allerdings nicht zu entnehmen. Daraus wird deutlich, daß das Schöffengericht in offensichtlicher Verkennung der Bedeutung des Tatbestandsmerkmales "Zahlungsunfähigkeit" im § 159 Abs. 1 Z 1 StGB die sowohl in zeitlicher wie in kausaler Hinsicht erforderliche Feststellung über den Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit der Ö*** nach den und als Folge der inkriminierten Tathandlungen der Angeklagten in Wahrheit gar nicht traf: Nach ständiger Rechtsprechung ist nämlich unter Zahlungsunfähigkeit der dauernde Mangel an Zahlungsmitteln zu verstehen, welcher daran hindert, alle fälligen Schulden bei redlicher wirtschaftlicher Gebarung zu bezahlen (SSt 55/76; EvBl 1982/164; RZ 1973/95; SSt 26/78 uva; vgl jüngst etwa 11 Os 11/87 und 11 Os 51/88 beide nv). Bei Anlegung dieses Maßstabes redlicher wirtschaftlicher Gebarung (eines Schuldners) wird aber der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit keineswegs dadurch hinausgeschoben, daß über die wirtschaftliche Lage des Schuldners getäuschte Gläubiger jenem immer wieder Kreditmittel zur Verfügung stellen, deren Rückzahlung ihm unter normalen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht mehr möglich wäre, mag er auch damit den laufenden Zahlungsverkehr aufrechterhalten können (vgl abermals EvBl 1982/164). Zwar ist bei Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit in der Regel auch die Möglichkeit des Schuldners zu berücksichtigen, zur Begleichung fälliger Verbindlichkeiten weiteren ("gesunden") Kredit aufzunehmen (vgl JBl 1978, 158); außer Betracht zu bleiben hat jedoch eine noch bestehende Kreditmöglichkeit, von welcher ein redlicher Kaufmann mangels Rückzahlungsfähigkeit keinen Gebrauch machen würde. Es ist dem Gesetzgeber nämlich nicht zusinnbar, den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit - der nach dem § 68 KO aF (§ 66 KO idF des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1982, BGBl Nr 370) eine Konkursvoraussetzung, nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 StGB die Verwirklichung des tatbildlichen Erfolges sowie nach dem § 159 Abs. 1 Z 2 StGB eine zeitbezogene Tatbestandsvoraussetzung bildet - von subjektiv-individuellen Umständen, wie etwa dem besonders vertrauenswürdigen Auftreten des Schuldners, seiner Skrupellosigkeit oder realitätsfremden Beurteilung der Rückzahlungsmöglichkeiten oder der Leichtgläubigkeit von Kreditgebern, abhängig gemacht zu haben. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß er im Interesse der Gleichbehandlung aller Gläubiger Zugriffe auf den gemeinsamen Befriedigungsfonds ab einem nach objektivem Maßstab - nämlich jenem der kaufmännischen Sorgfaltspflicht - bestimmbaren Zeitpunkt zu unterbinden bestrebt war (so schon 11 Os 51/88 nv).

Auf den vorliegenden Fall angewendet bedeutet dies, daß eine nur mehr mit betrügerischen Mitteln - also mit Täuschungs-, Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz - aufrechterhaltene Liquidität der Ö*** an der dennoch bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit nichts zu ändern vermochte. Das Erstgericht hätte sich demnach nicht mit der Feststellung begnügen dürfen, daß die Zahlungsunfähigkeit mit Sicherheit schon früher eingetreten wäre, wenn die in Rede stehenden - nach dem Vorgesagten mit den Anforderungen einer redlichen wirtschaftlichen Gebarung nicht zu

vereinbarenden - betrügerisch erlangten Export-Finanzierungen nicht stattgefunden hätten; es hätte vielmehr von diesen derart bemakelten Kreditaufnahmen abstrahieren müssen und hätte zu prüfen und kundzutun gehabt, mit welchem früheren Zeitpunkt danach der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Ö*** anzunehmen wäre. Da dies nicht geschah und auch nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Ö*** möglicherweise schon vor Beginn des inkriminierten Tatzeitraums (Jänner 1980) zahlungsunfähig iS des § 159 StGB war, erweist sich (auch) der Schuldspruch der Angeklagten Dr. M***, Dr. S*** und Dr. K*** wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida als mit materiell-rechtlichen Feststellungsmängeln behaftet, welche eine abschließende rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes durch den Obersten Gerichtshof nicht zulassen:

Wäre nämlich die Zahlungsunfähigkeit der Ö*** im dargelegten Sinn tatsächlich schon vor dem Jahresende 1979 gegeben gewesen, dann wäre denkfolgerichtig auszuschließen, daß sie durch das den Angeklagten angelastete nachfolgende Tatverhalten herbeigeführt wurde, wie dies für eine Verwirklichung des vom Erstgericht herangezogenen Tatbestandes nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 StGB erforderlich ist. Zwar käme diesfalls eine Beurteilung der in Rede stehenden Kreditaufnahmen als ein Eingehen neuer Schulden in der Bedeutung des (mit gleicher Strafdrohung ausgestatteten) Vergehens nach dem § 159

s. 1 Z 2 StGB in Betracht, doch wäre hiefür in subjektiver Hinsicht die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis der Angeklagten um eine im jeweiligen Tatzeitpunkt bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit der Ö*** vorauszusetzen. Hiezu sind dem angefochtenen Urteil jedoch für einen Schuldspruch ausreichende Feststellungen gleichfalls nicht zu entnehmen.

Damit steht bereits fest, daß das angefochtene Urteil auch im Schuldspruch zu Pkt C als nichtig aufzuheben ist.

Da aber zu diesem Teil des erstgerichtlichen Schuldspruches von sämtlichen Angeklagten Verlust des Verfolgungsrechtes der Staatsanwaltschaft (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit b - der Angeklagte Dr. M*** beruft sich ausdrücklich auf Z 9 lit c - StPO), von den Angeklagten Dr. K*** und Dr. S*** darüber hinaus auch Anklageüberschreitung (§ 281 Abs. 1 Z 8 StPO) geltend gemacht wird, war dieses Beschwerdevorbringen zu prüfen, weil im Fall seiner Berechtigung eine Verfahrenserneuerung insoweit entbehrlich wäre. Im ersten Rechtsgang hatte der öffentliche Ankläger in der Hauptverhandlung am 28.März 1984 die Anklage in Richtung fahrlässige Krida ausgedehnt. Zum einen wurde Dr. M*** und Dr. S*** zur Last gelegt, die Zahlungsunfähigkeit der Ö*** dadurch fahrlässig herbeigeführt zu haben, daß sie die Gesellschaft ohne ausreichendes Eigenkapital führten, unverhältnismäßig Kredit benützten und Großanlagen- und Generalvertretergeschäfte eingingen, obwohl ausreichende Kalkulationen fehlten und Organisation und Rechnungswesen für derartige Geschäfte nicht eingerichtet waren, und zwar Dr. S*** von Mitte 1978 bis 18.März 1981 als Geschäftsführer der Ö*** im Zusammenwirken mit Dipl.Ing. Erwin T*** und (zum Teil auch mit) Dipl.Ing. Hans L*** - dieser ferner auch dadurch, daß er die Fusion der Ö*** und der schwer verschuldeten T***-Generalvertretungen GesmbH beschloß - und Dr. M*** in der Zeit von Ende 1979 bis 18.März 1981 als Geschäftsführer der Ö*** im Zusammenwirken mit Dipl.Ing. Erwin T***. Zum anderen wurde Dr. S*** vorgeworfen, den Tatbestand nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 StGB auch dadurch begangen zu haben, daß er in der Zeit von Mitte 1977 bis Frühjahr 1981 die Zahlungsunfähigkeit des P*** Establishments als dessen faktischer Geschäftsführer fahrlässig herbeiführte, indem er das ständig schwer verschuldete Unternehmen ohne ausreichendes Eigenkapital führte und unverhältnismäßig Kredit aufnahm, wobei er für keine entsprechende Betriebsorgansation und kein dem Geschäftsumfang entprechendes Rechnungswesen sorgte. Laut Anklagevorwurf hat Dr. M*** zur Ausführung strafbarer Handlungen anderer weiters dadurch beigetragen, daß er am 16.Juni 1978 namens der E*** U*** AG der Fusion der Ö*** mit der T***-Generalvertretungen GesmbH zustimmte und Dr. K*** dadurch, daß er von Mitte 1978 bis 18.März 1981 als von der E*** U*** AG entsandtes Mitglied des Beirates der Ö*** die Fusion mit der T***-Generalvertretungen GesmbH mitbeschloß und Großanlagen- und Generalvertretergeschäfte genehmigte. Anläßlich dieser Anklageausdehnung gab der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft die Erklärung zu Protokoll, "daß sämtliche Kreditaufnahmen im Jahr 1980 nicht von der Ausdehnung der Anklage in Richtung fahrlässiger Krida umfaßt sind, sondern Gegenstand der Voruntersuchung bleiben" (Band 78/Hv 41 S 65 bis 67). In der Hauptverhandlung am 18.Mai 1984 verkündete die Vorsitzende des Schöffengerichtes den Senatsbeschluß auf Ausscheidung des gesamten Faktums wegen des § 159 StGB gemäß dem § 57 StPO (Band 80/Hv 51 S 35). In der Hauptverhandlung am 30. Mai 1984 beantragte der öffentliche Ankläger, ihm die gesonderte Verfolgung der Angeklagten Dr. K***, Dr. M*** und Dr. S*** im Umfang der Anklageausdehnung gemäß dem § 263 StPO vorzubehalten (Band 80/Hv 55 S 2). Im darauffolgenden Urteil (des ersten Rechtsganges) wurde sodann vom Schöffengericht ein Vorbehalt im Sinn dieses Antrages ausgesprochen (Band 82 S 7). Da die Anklage wegen fahrlässiger Krida in der Hauptverhandlung ausgedehnt wurde, standen dem Gericht nach dem klaren Wortlaut des § 263 StPO drei Möglichkeiten zur Verfügung: Die sofortige gemeinsame Erledigung der schriftlichen und der mündlich ausgedehnten Anklage mit Urteil, die Vertagung der Hauptverhandlung zur gemeinsamen Aburteilung aller Anklagepunkte (einschließlich der mündlich ausgedehnten) und schließlich der von der Staatsanwaltschaft begehrte Verfolgungsvorbehalt im Urteil. Ein in der Hauptverhandlung gefaßter und verkündeter Beschluß des Schöffengerichtes, das Verfahren wegen hinzugekommener Taten gemäß dem § 57 StPO auszuscheiden, stellt hingegen keine gesetzmäßige Erledigung einer in der Hauptverhandlung ausgedehnten Anklage dar (RZ 1987/77, EvBl 1989/179). Zu einem Verlust des Verfolgungsrechtes gemäß dem § 263 Abs. 2 StPO wäre es demgemäß nur dann gekommen, wenn dem Ankläger nicht - auf sein Verlangen - die selbständige Verfolgung wegen der hinzugekommenen Tat urteilsmäßig vorbehalten worden wäre, in welchem Fall der öffentliche Ankläger das Urteil wegen Nichterledigung der Anklage (§ 281 Abs. 1 Z 7 StPO) hätte anfechten müssen (Mayerhofer-Rieder2 ENr 112 zu § 263 StPO). Da nun eine Ausdehnung der Anklage schon begrifflich das Begehren in sich schließt, dem Ankläger die Verfolgung wegen der neuen Anschuldigung vorzubehalten, falls der Gerichtshof darüber nicht sogleich urteilen sollte (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO2, ENr 42 zu § 263 StPO), war das Begehren gemäß dem § 263 StPO unmittelbar vor Urteilsfällung nicht verspätet, und es blieb das Verfolgungsrecht des Anklägers gewahrt. Demgemäß konnte die Staaatsanwaltschaft später auch die auf das Kridafaktum ausgedehnte Anklage gegen einen Strafantrag austauschen und die getrennte Verfahrensführung veranlassen (§ 263 Abs. 4 StPO, vgl dazu Mayerhofer-Rieder2 ENr 119 zu § 263 StPO, und aus dem Akt AZ 3 d E Vr 9494/84 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ON 17, 18, 24, 34 und 37 - siehe auch Beilage./C der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dr. K***).

Aus dieser prozessualen Vorgangsweise kann aber vor allem auch deshalb keine Anklageüberschreitung abgeleitet werden, weil das Erstgericht im erneuerten Verfahren lediglich in Abweichung von der Anklage wegen Betruges hinsichtlich solcher Tathandlungen, die mit der Aufnahme von Krediten für die Ö*** im Jahr 1980 im Zusammenhang standen, einen Schuldspruch wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 StGB fällte. Ist doch der Gerichtshof an die Anträge des Anklägers nur insoweit gebunden, als er den Angeklagten nicht einer Tat für schuldig erklären kann, auf welche die Anklage weder ursprünglich gerichtet war, noch während der Hauptverhandlung ausgedehnt wurde (§ 267 StPO). Die Tatidentität bleibt aber gewahrt, wenn das Gericht entsprechend seiner Verpflichtung zur Prüfung des von der Anklage und ihrer Begründung erfaßten Geschehens nach allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zum Ergebnis kommt, daß der Sachverhalt einen anderen Tatbestand verwirklicht als jenen, auf den die Anklage abzielt. Dabei ist es dem Gericht unbenommen, zusätzlich für den Deliktserfolg mitursächliche Komponenten, welche in der Anklage nicht ausdrücklich erwähnt wurden, in den Schuldvorwurf aufzunehmen und über den durch die Anklage gezogenen Tatsachenkreis hinauszugreifen, sofern nur im Kern an den der Anklage zugrundeliegenden Lebenskonkreta streng festgehalten wird. Demnach konnte das Erstgericht grundsätzlich im Umfang der Anklagen wegen Kreditbetruges zum Nachteil der Ö***, der "Z" und der C*** ohne Anklageüberschreitung zu einer Verurteilung wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida gelangen (vgl JBl 1988, 732 ua). Dem stand auch die nunmehr getrennte Verfahrensführung ob des vom Verfolgungsvorbehalt nach dem § 263 StPO betroffenen Anklagefaktums prinzipiell nicht entgegen; hatte doch der öffentliche Ankläger insoweit ausdrücklich die Erklärung abgegeben, daß die Kreditaufnahmen der Ö*** im Jahr 1980 von der Anklageausdehnung in Richtung des § 159 Abs. 1 Z 1 StGB nicht erfaßt sein sollen. Dem nunmehr im zweiten Rechtsgang geschöpften Urteil haftet demnach die geltend gemachte materielle Nichtigkeit nicht an. Da sich also zeigt, daß eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat und die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, war bereits bei der nichtöffentlichen Beratung über die zum Vorteil der Angeklagten ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden gemäß dem § 285 e StPO vorzugehen, wobei auf das übrige Beschwerdevorbringen nicht mehr eingegangen zu werden brauchte.

Mit ihren gegenstandslos gewordenen weiteren Rechtsmitteln waren die Angeklagten auf diese kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Im erneuerten Verfahren wird das erkennende Gericht das gemäß

dem § 293 Abs. 3, § 290 Abs. 2 StPO geltende - sich allerdings nur

auf den Sanktionenbereich erstreckende (vgl SSt 56/79 = RZ 1986/32

= EvBl 1986/89; EvBl 1987/197 = RZ 1988/11) - Verschlimmerungsverbot

zu beachten haben.

Für den Fall einer abermaligen Verneinung der für eine Beurteilung des inkriminierten Tatverhaltens als Betrug erforderlichen subjektiven Tatseite wird das Erstgericht den Sachverhalt - je nach dem angenommenen Zeitpunkt des Eintrittes der Zahlungsunfähigkeit der Ö*** - nicht nur in Richtung des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB zu prüfen haben. Es wird auch zu berücksichtigen sein, daß - entgegen der im nunmehr aufgehobenen Urteil ausgedrückten (US 67) Rechtsansicht - eine strafrechtliche Haftung des Angeklagten Dr. K*** als unmittelbarer Täter der Vergehen nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 oder Z 2 StGB auf der Grundlage der bisherigen Verfahrensergebnisse auszuschließen ist. Dem Erstgericht ist zwar darin zuzustimmen, daß auch Mitglieder des Aufsichtsrates einer GesmbH das Vergehen der fahrlässigen Krida in unmittelbarer Täterschaft (§ 12, erster Fall, StGB) verwirklichen können, ergibt sich doch ihre Subjekteigenschaft aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut: Nach dem § 161 Abs. 1 StGB ist gleich einem Schuldner unter anderem nach dem § 159 StGB zu bestrafen, wer eine der dort genannten strafbaren Handlungen als leitender Angestellter (§ 309 StGB) einer juristischen Person begeht. Nach der Legaldefinition des § 309 Abs. 2 StGB hinwieder sind unter leitenden Angestellten Angestellte eines Unternehmens, auf dessen Geschäftsführung ihnen ein maßgeblicher Einfluß zusteht, zu verstehen. Ihnen stehen Geschäftsführer, Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats und Prokuristen ohne Angestelltenverhältnis gleich. Demnach sind die den leitenden Angestellten gesetzlich gleichgestellten (§ 309 Abs. 2 StGB) Aufsichtsratsmitglieder ex lege intranei und damit (potentiell) unmittelbare Täter der im § 161 Abs. 1 StGB genannten Sonderdelikte (Kienapfel BT II2, § 161 StGB, RN 3 a, 4).

Mitglieder des "Beirates" einer juristischen Person dagegen scheinen in der taxativen Aufzählung des § 309 Abs. 2, zweiter Satz, StGB nicht auf; eine Ausdehnung des Täterkreises auch auf sie verstößt demnach gegen das Analogieverbot (§ 1 StGB). Dazu kommt, daß nach dem aktenkundigen Text des im Jahr 1976 abgeschlossenen Konsortialvertrages (Bd XII ON 252 S 29-37) der hier in Rede stehende Beirat "außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Sphäre" der Ö*** geschaffen wurde (Pkt III) und daß darin ausdrücklich zwischen einer Tätigkeit im Beirat und "in" (nicht etwa beigefügt: anderen !) "Gesellschaftsorganen" unterschieden wird (Pkt IV). Darüber hinaus enthält der - an anderer Stelle auch als Syndikatsvertrag bezeichnete - Konsortialvertrag in seinen den Beirat betreffenden Punkten lediglich Sollvorschriften, ohne eine Weisungsbefugnis des Beirates gegenüber den Geschäftsführern festzulegen. Eine rein grammatikalische Auslegung des genannten Vertragswerkes ließe demnach die im aufgehobenen Urteil gezogene Schlußfolgerung auf eine (auch gesellschaftsrechtlich verpflichtende) Mitwirkungsbefugnis des Beirates an der Geschäftsführung der Ö*** nicht zu.

Für den Fall der abermaligen Aktualität einer Tatbeurteilung in Richtung fahrlässiger Krida im erneuerten Rechtsgang werden demzufolge in tatsachenmäßiger Beziehung auch diesbezüglich zum - für die Annahme eines strafbaren Tatbeitrages des Dr. K*** vorauszusetzenden (SSt 51/2, SSt 55/76; JBl 1987, 798; vgl auch SZ 59/132) - Bestand einer spezifischen, eigenen Sorgfaltspflicht dieses Angeklagten gegenüber den Gläubigern der Ö*** substanzielle Konstatierungen zu treffen sein.

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