OGH 12Os171/81

OGH12Os171/8117.12.1981

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Fabrizy als Schriftführerin in der Strafsache gegen Heinrich A wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 und 15 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 11.Februar 1981, GZ. 7 b Vr 265/78-94, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 14.Oktober 1939 geborene Heinrich A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach § 146, 147 Abs. 1 Z. 1, Abs. 3 und 15 StGB schuldig erkannt, weil er im April und Mai 1978 in Steyr und anderen Orten des Bundesgebietes mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Verantwortliche der Firma F-Werbeorganisation durch Hingabe fingierter Zeitschriftenannahmeverträge, mithin durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung von falschen Urkunden zu einer Handlung, nämlich zur Auszahlung von Provisionen verleitet bzw. zu verleiten versucht, wodurch die genannte Firma einen 100.000 S übersteigenden Schaden erlitt bzw. erleiden sollte, und zwar dadurch, daß er als Führer einer Zeitschriftenkolonne a) 354 Zeitschriftenannahmeverträge seiner Werber Ernst B, Ernst C, Herbert D und Gertraud E, von denen er wußte, daß sie gefälscht waren, an die Firma F-Werbeorganisation weiterleitete und dafür Provisionen von 129.280,80 S kassierte, b) 246 Zeitschriftenannahmeverträge seiner Werber Ernst B, Ernst C, Herbert D und Gertraud E, von denen er wußte, daß sie gefälscht waren, an die Firma F-Werbeorganisation weiterleitete, um hiefür eine Provision von 92.860 S zu kassieren, wobei es infolge Erkennens der Fälschungen seitens der Firma F-Werbeorganisation beim Versuch geblieben ist.

Nach den für den Schuldspruch maßgeblichen Feststellungen war der Angeklagte in der inkriminierten Zeit für die Firma F-Werbeorganisation als Leiter einer Vertreterkolonne in Steyr und Umgebung sowie in anderen Orten Ober- und Niederösterreichs tätig, in welchen die im Spruch genannten bereits rechtskrätig wegen Betruges abgeurteilten Personen, sich um den Abschluß von Zeitschriftenabonnements durch persönliche Vorsprachen bei dort wohnhaften Familien bemühten. Zu seinen Aufgaben gehörte es, die bei ihm täglich von den Werbern zur Ablieferung gebrachten Abonnementverträge zumindest stichprobenartig dahin zu überprüfen, ob diese vorgelegten Verträge auf ordnungsgemäße Weise zustandegekommen seien, nämlich ob die in den Bestellscheinen angeführten Personen tatsächlich unter der angegebenen Adresse existierten und ob sie tatsächlich selbst die Unterschrift auf den Vertrag nach einem Kundenbesuch des Werbers setzten. Von ihm kontrollierte Scheine hatte er dann auf der Rückseite mit seinem Handzeichen oder mit seiner Namensstampiglie zu versehen, woraus die Firma F wiederum erkennen konnte, welche Scheine vom Angeklagten A auf ihre Richtigkeit (Echtheit) kontrolliert wurden. Etwa anfangs bis Mitte April 1978 gingen infolge schlechten Geschäftsganges die einzelnen Werber (ohne direkte Absprache mit dem Angeklagten) dazu über, fingierte Bestellscheine zu produzieren, bei welchen sie vielfach die Namen der angeblichen Abonnenten aus Telefonbüchern oder aus Türschildern entnahmen und die Unterschriften fälschten.

Obwohl dies dem Angeklagten auf Grund seiner beruflichen Erfahrungen und der ungewähnlich hohen Steigerungsrate der Bestellungen auffiel oder auffallen mußte, bestätigte er dessen ungeachtet die Richtigkeit der getätigten Bestellungen. Durch Vorlage von insgesamt 354 (fingierten) Zeitschriftenannahmeverträge wurden zu Unrecht 129.280,80 S vom Angeklagten als Provisionen kassiert und für weitere 246 solcher Verträge ein Inkasso von weiteren 92.860 S versucht, wobei in letzterem Fall der Erfolg der Tathandlung infolge Entdeckung der Fälschungen abgewendet werden konnte. Zur subjektiven Tatseite stellte das Erstgericht fest, daß der Angeklagte zumindest ahnte, daß seine Werber die Bestellscheine fälschen und daß er diese zumindest vermuteten gefälschten Bestellungen - nicht bekannter Anzahl - mit zur Verprovisionierung durch die Firma F vorlegte und dabei bewußt in Kauf nahm, daß durch sie die Firma F mit einem auch 100.000 S übersteigenden Betrag geschädigt werden könnte (S. 305 d.A.).

Ferner, daß dem Angeklagten zumindest unterstellt werden müsse, daß er ab der zweiten Aprilhälfte 1978 den Verdacht hatte, daß unter den ihm vorgelegten Bestellscheinen eine nicht unbedeutende Anzahl von 'Springern' (gemeint fingierte Bestellungen) sein könnten (und müßten), und daß daher die Firma F durch seine unkontrollierte, von ihm sogar fälschlich als richtig bestätigte - Weitergabe durch Auszahlung von unbegründeten Provisionen geschädigt werde, und daß er durch Vorlage aller dieser (und von ihm zum Teil vermuteten falschen) Bestellscheinen bewußt in Kauf nahm, daß die Firma F durch Auszahlung der Provision geschädigt werde, wenn sich unter diesen insgesamt vorgelegten Bestellscheinen tatsächlich gefälschte Scheine befinden sollten, wobei es ihm gleichgültig war, wie hoch der entstandene Schaden sei, möglicherweise sogar über 100.000 S liege (s. S. 309, 310 d.A.).

Rechtliche Beurteilung

Wie der Beschwerdeführer zutreffend rügt, trifft damit das angefochtene Urteil keine ausreichenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite im Sinne des § 5 Abs. 1 StGB Das Erstgericht spricht seiner Wortwahl gemäß zwar mehrmals davon, daß der Angeklagte bei Vorlage der Bestellscheine es in Kauf nahm oder vermutete, daß die Firma F durch Auszahlungen von Provisionen geschädigt werde, wenn sich unter diesen Bestellscheinen tatsächlich gefälschte Scheine befinden sollten. Damit hat es aber nur zum Ausdruck gebracht, daß der Angeklagte mit der Möglichkeit einer Schädigung rechnete, nicht aber, daß er auch eine solche ernstlich für möglich hielt und sich mit ihr abfand. Mit anderen Worten lassen diese Konstatierungen die Frage offen, ob der Angeklagte, einem Erfolgseintritt allenfalls innerlich nur teilnahmslos gegenüberstehend, nur bewußt fahrlässig, nicht aber (sich mit der als möglich erkannten Schädigung auch abfindend) bedingt vorsätzlich gehandelt hat (vgl. hiezu Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2 RN. 17 und 18 zu § 5 und die dort zitierte Judikatur).

Da infolge der aufgezeigten Feststellungsmängel (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO) eine neue Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, war der begründeten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Folge zu geben, das Ersturteil nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (§ 285 e StPO), ohne daß es eines Eingehens auf die weiters geltendgemachten Nichtigkeitsgründe bedurfte.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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