OGH 13Os123/86

OGH13Os123/869.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Oktober 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kuras als Schriftführers in der Strafsache gegen Wilhelm N*** wegen des Verbrechens des Betrugs nach §§ 146 f. StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengerichts vom 20.Jänner 1986, GZ. 13 Vr 3601/85-8, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB (1) und im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte werden mit ihren Berufungen darauf verwiesen.

Text

Gründe:

Der Kaufmann Wilhelm N*** wurde des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB (1) und des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er "zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vermutlich im November 1983" Anton K*** zur Gewährung eines Darlehens von 150.000 S durch die Vorspiegelung verleitet, es binnen acht Tagen zurückzahlen zu wollen, und dadurch um diesen Betrag betrügerisch geschädigt (1) und als Schuldner mehrerer Gläubiger seit Beginn des Jahrs 1983 in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder geschmälert, indem er, wie auch durch den Schuldspruch zu 1 ersichtlich, neue Verbindlichkeiten einging und dadurch den Zinsendienst, Gebühren und Kosten auf sich nahm, zu deren Abdeckung er aus eigenem Vermögen infolge Überschuldung nicht in der Lage ist (2).

Der Angeklagte bekämpft diese Schuldsprüche mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Zum Schuldspruch wegen Betrugs (1) erweist sich die Rechtsrüge (allerdings aus dem Grund des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO) als stichhältig. Dem rechtlichen Schluß, daß der Angeklagte "von vornherein nicht die Absicht hatte, das Darlehen ordnungsgemäß zurückzuerstatten" (S. 85), liegt in faktischer Hinsicht die Feststellung zugrunde, daß dem Angeklagten zum Zeitpunkt der Darlehensaufnahme in Verbindung mit seiner Zahlungsunfähigkeit bewußt sein mußte, daß er mit seinen geringen Eigenmitteln von 70.000 S zusammen mit dem Darlehen von 150.000 S nur 220.000 S zur Verfügung hatte (und daher nicht in der Lage war, den Personenkraftwagen Marke Mercedes seiner Ehefrau zu ersteigern, um aus dessen Verkaufserlös nachfolgend das Darlehen zurückzuzahlen), er also wissen mußte, daß er zu einer Darlehensrückzahlung nicht in der Lage sein werde, "weil seine Barmittel (inklusive Darlehen) nicht ausreichen konnten, den gegenständlichen Mercedes zu ersteigern" (S. 81).

Rechtliche Beurteilung

Da ein bloßes "Wissen-müssen" lediglich unbewußte Fahrlässigkeit unterstellt, folglich keine Bejahung eines dolosen Handelns bedeutet (LSK. 1978/142, 13 Os 207/84 u.a.), in bezug auf das für den Betrug nach § 146 StGB essentielle Tatbildmerkmal der Schädigung aber zumindest bedingter Vorsatz erforderlich ist, liegt der von der Beschwerde relevierte Feststellungsmangel vor.

Der Schädigungsvorsatz hätte hier schon deshalb klar und unmißverständlich konstatiert werden müssen, weil das Darlehen offenbar mittlerweile zur Gänze zurückgezahlt wurde (die Urteilsgründe S. 82 vernachlässigen offenbar die vom Zeugen K*** erwähnte Teilzahlung von 50.000 S an seinen Anwalt: S. 72). Ohne daß es erforderlich wäre, auf das weitere Beschwerdevorbringen gegen den Schuldspruch wegen Betrugs (1) einzugehen, waren dieser und der Strafausspruch gemäß § 285 e StPO schon in einer nichtöffentlichen Beratung aufzuheben, zumal die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat. In diesem Umfang war daher die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen. Anders die den Schuldspruch wegen Krida (2) betreffende Beschwerde. Der Rechtsrüge (Z. 10) zuwider ergibt sich aus den Urteilskonstatierungen mit voller Deutlichkeit, daß die persönliche Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten gemeint ist (S. 84 unten). Auch das Eingehen zumindest einer neuen Verbindlichkeit im Zustand der Zahlungsunfähigkeit ist durch die Aufnahme des Darlehens von Anton K*** (1) und die damit verbundenen Zinsen und Kosten hinlänglich konkretisiert (S. 77). Insoweit geht daher die Nichtigkeitsbeschwerde nicht von den Urteilsfeststellungen aus und entbehrt damit einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Sie war daher gemäß §§ 285 a Z. 2, 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO auch insoweit bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen. Abschließend sei bemerkt, daß zwischen Betrug und fahrlässiger Krida eine echte Konkurrenz rechtlich durchaus möglich ist (Leukauf-Steininger 2 , § 146 StGB RN. 65, SSt. 37/56, zuletzt 13 Os 195/83, 13 Os 35/84).

Mit ihren Berufungen waren die beiden Prozeßparteien auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

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