OGH 11Os16/80

OGH11Os16/8013.2.1980

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie der Richteramtsanwärterin Dr. Zehetmayr als Schriftführerin in der Strafsache gegen Günther A wegen des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z. 2, Abs. 2 und 3 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengerichtes vom 30.Oktober 1979, GZ. 22 Vr 1.318/79-19, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Schuldspruch wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs. 1, Abs. 3 (erster Fall) StGB. sowie in der Entscheidung über die privatrechtlichen Ansprüche des Karl B als unangefochten unberührt bleibt, im übrigen aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Der am 13.Dezember 1948 geborene, zuletzt beschäftigungslose Günther A bekämpft das gegen ihn ergangene Urteil aus den Nichtigkeitsgründen der Z. 5, 8 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. nur im Schuldspruch wegen des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z. 2, Abs. 2

(erster Fall) und Abs. 3 (letzter Fall) StGB. sowie im Strafausspruch mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt, soweit sie nicht rechtsirrig eine Überschreitung der Anklage geltend macht (vgl. diesbezüglich Gebert-Pallin-Pfeiffer, III/2, Entscheidungen Nr. 56 ff. zu den §§ 262, 267 StPO., 10 Os 189/76 u.a.) und daher insoweit zurückzuweisen war, Berechtigung zu.

Aus den Nichtigkeitsgründen der Z. 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. wendet sich der Angeklagte gegen die Urteilsannahme seiner Kenntnis (zumindest in der Schuldform des dolus eventualis) der Herkunft des von einem Unbekannten übernommenen verfahrensgegenständlichen Mopeds aus einem (Einbruchs-) Diebstahl. Er bezeichnet die diesbezüglichen Aussprüche des Erstgerichtes ausdrücklich und im Rahmen des geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes der Sache nach zu Recht als unvollständig und offenbar unzureichend begründet.

Die bekämpften Schlußfolgerungen aus der Beschädigung des Lenkerschlosses erweisen sich schon deswegen als nicht tragfähig, weil es bereits an der Feststellung der Prämisse fehlt; ging doch das Erstgericht nur von der Annahme (im Sinn einer Vermutung) der Kenntnis des Angeklagten von dieser Beschädigung (arg.: 'Es ist anzunehmen, daß ...

aufgefallen ist), nicht jedoch von der tatsächlichen Kenntnis aus (siehe S. 90 d.A.); es setzte sich insbesonders auch nicht mit der Verantwortung des Beschwerdeführers auseinander, die als Indiz für seinen Vorsatz (vor allem auch zur angenommenen Qualifikation nach dem § 164 Abs. 3 StGB.) gewertete Beschädigung des Schlosses infolge seiner Alkoholisierung nicht bemerkt zu haben (sh. S. 16, 28, 57, 60).

Zutreffend wird ferner darauf verwiesen, daß das Urteil insofern mit einem logischen Mangel behaftet ist, als die 'Tatsache allein' (siehe S. 89 d.A.), daß das kurzfristige Überlassen des Mopeds an den (gehbehinderten) Angeklagten für den ihm nur vom Sehen her bekannten Übergeber des Fahrzeuges (allenfalls) mit Unannehmlichkeiten verbunden war (fehlende Verfügbarkeit über das Moped bis zum nächsten Tag, allfällige Notwendigkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) im Gegensatz zur Meinung des Erstgerichts noch keineswegs den Schluß nahe legt, Günther A habe die fehlende Verfügungsberechtigung dieses Mannes über das Moped 'zumindest vermutet'. Auch aus dem Umstand, daß 'jener Unbekannte für den Angeklagten eigentümerähnlich verfügte, indem er das Moped ... sogar bis zum nächsten Tag zur Verfügung stellte' (siehe S. 90 d. A.), läßt sich der weitere erstgerichtliche Schluß, der Angeklagte habe das Moped 'zumindest in der Vermutung der Diebstahlsherkunft' an sich gebracht, in keiner Weise ableiten, weil ein derartiges Verhalten, wie die Beschwerde zutreffend hervorhebt, durchaus auch bei einer Person denkbar wäre, die sich (zum Beispiel) im Weg einer unbefugten Gebrauchnahme in den (vorübergehenden) Besitz des Fahrzeuges gesetzt hätte.

Läßt man ferner nicht unberücksichtigt, daß die wiederholte Verwendung des Wortes 'vermuten' im Zusammenhang mit der Begründung der erstgerichtlichen Annahme der Kenntnis des Angeklagten von der Herkunft des Mopeds aus einem (Einbruchs-)Diebstahl lediglich die Wissenskomponente des bedingten Vorsatzes, nicht aber auch die angenommene Willenskomponente deckt (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar2, S. 113 f., vor allem RN. 16-18 und die dort bezogene Judikatur), dann liegt auf der Hand, daß die Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite, und zwar sowohl zum (Grund-)Tatbestand der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z. 2 StGB. als auch zur Qualifikation nach dem § 164 Abs. 3 StGB. mit formalen Begründungsmängeln behaftet sind. Da sich somit zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO. (i.d.F. BGBl. Nr. 28/1980) bereits bei einer nichtöffentlichen Sitzung wie im Spruch zu erkennen.

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