OGH 9Os107/80

OGH9Os107/8021.10.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Oktober 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hausenberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Stefan A und andere wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 2, 129 Z 1, 130 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Franz B sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Februar 1980, GZ. 1 d Vr 2190/79-54, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Verlesung der Berufung der Staatsanwaltschaft und Anhörung der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schaller und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz B wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt,

1. in Ansehung des Angeklagten Franz B in dem unter Punkt B) II) des Urteilssatzes ergangenen Schuldspruch sowie 2. aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 290 Abs. 1 StPO im Ausspruch, der Angeklagte Stefan A habe die ihm laut Punkt A) 1) bis 71) des Urteilssatzes angelasteten Diebstähle durch Einbruch in Kraftfahrzeuge begangen, ferner im Ausspruch, die Angeklagte Margarete C habe durch die ihr laut dem Punkt B) I) des Urteilssatzes zur Last gelegten Tathandlungen Sachen, die ein anderer durch eine mit fünf Jahre erreichender Freiheitsstrafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt habe, gekauft oder an sich gebracht, wobei ihr der diese Strafdrohung begründende Umstand bekannt gewesen sei, und demgemäß in den Aussprüchen über die Unterstellung der Taten des Angeklagten Stefan A (auch) unter die Bestimmung des § 129 Z 1 StGB und jener der Angeklagten Margarethe C (auch) unter die Bestimmung des § 164 Abs. 3 StGB, sowie in den diese Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen (einschließlich den Aussprüchen über die Vorhaftanrechnungen) aufgehoben und im Umfang der Aufhebung I. gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Stefan A wird für das ihm nach dem aufrecht bleibenden Teil seines Schuldspruchs weiterhin zur Last fallende Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 2, 130 StGB nach § 128 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 (zwei) Jahren verurteilt.

Die diesen Angeklagten betreffenden Aussprüche über den Ersatz der Kosten des Strafverfahrens und über die Anrechnung der Vorhaft werden aus dem Ersturteil übernommen;

II. im übrigen wird die Sache zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte Franz B und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 27. Juni 1937 geborene Hilfsarbeiter Stefan A des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 2, 129 Z 1, 130

StGB, sowie die am 4. Oktober 1931 geborene Hausfrau Margarete C und der am 7. Oktober 1925 geborene Altwarenhändler Franz B des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 StGB schuldig erkannt.

Von einer Reihe weiterer Diebstahlsfakten wurde der Angeklagte A hingegen gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Während das Urteil seitens der Angeklagten Stefan A und Margarete C unangefochten blieb, erhob der Angeklagte Franz B gegen seinen Schuldspruch eine (ziffernmäßig) auf § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit. a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Schon der mit Beziehung auf den erstangeführten Nichtigkeitsgrund erhobene Beschwerdeeinwand, das angefochtene Urteil sei in Ansehung des Schuldspruchs des Angeklagten B im Ausspruch über entscheidende Tatsachen nur offenbar unzureichend begründet und aktenwidrig, erweist sich als gerechtfertigt.

Dem Angeklagten B wird angelastet, er habe in der Zeit von März bis Mitte Dezember 1978 gewerbsmäßig verschiedene, aus Diebstählen des Angeklagten A stammende Gegenstände von diesem und der Angeklagten C gekauft, wobei ihm der Umstand bekannt gewesen sei, daß A diese Sachen durch eine mit fünf Jahre erreichenden Freiheitsstrafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt habe. Die diesem Schuldspruch zugrundeliegende Annahme, der Angeklagte B habe mit der konkreten Möglichkeit gerechnet, daß es sich bei diesen Gegenständen, die er um insgesamt (ca.) 10.000 S erworben hatte, um Diebsgut handle, diese Möglichkeit billigend in Kauf genommen und sich damit abgefunden (vgl. S 237 d.A), stützte das Erstgericht einerseits auf die Erwägung, daß der Beschwerdeführer ab März 1978 nahezu jeden Mittwoch in die Wohnung der beiden Mitangeklagten gekommen sei, um verschiedene Sachen zu kaufen. Andererseits erachtete es zwar als nicht widerlegt, daß A und C behauptet hätten, die angebotenen Gegenstände stammten aus Käufen in Kaffee- und Gasthäusern, und der Beschwerdeführer dies ihnen auch geglaubt habe, meinte aber, daß dieser Umstand den Beschwerdeführer nicht entlasten könne, weil Diebe (erfahrungsgemäß) 'in gewissen Kaffeehäusern' versuchen, 'ihr Diebsgut loszuwerden'. Schließlich berief sich das Gericht auf eine (angebliche) Erklärung der Angeklagten C, wonach der Beschwerdeführer die Preise jeweils bestimmt bzw. 'diktiert' habe (vgl. S 234 ff d.A).

Diese der Annahme der subjektiven Tatseite zugrundeliegende Argumentation stellt keine zureichende Begründung dar. Entgegen den Beschwerdeausführungen konnte zwar der Umstand, daß der Beschwerdeführer regelmässig durch einen längeren Zeitraum in die Wohnung der Angeklagten A und C kam und zu wiederholten Malen dort verschiedene Gegenstände erwarb, an sich als Indiz dafür gewertet werden, daß er die diebische Herkunft dieser Gegenstände kannte, und zwar gleichgültig, ob dies während eines Zeitraums von 3/4 Jahren oder nur eines halben Jahres erfolgte und ob er die beiden Mitangeklagten bloß zwanzigmal oder noch öfter besuchte. Hingegen kann aus der Feststellung, der Beschwerdeführer sei auf Grund der Äußerungen der Angeklagten A und C der Meinung gewesen, A habe die bezüglichen Gegenstände jeweils in Kaffee- und Gasthäusern bekommen, bei lebensnaher Betrachtung nicht ohne weiteres auf ein doloses Handeln geschlossen werden. Denn wie der Beschwerdeführer zutreffend aufzeigt, fehlt im Urteil eine logisch einwandfreie und einleuchtende Begründung, woraus er hätte erkennen sollen, daß der Erwerb der Gegenstände durch A in solchen Lokalen erfolgte, die deren Herkunft aus einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen nahelegen.

Mit dem Hinweis auf Angaben der Angeklagten C, wonach der Angeklagte B die Preise diktiert haben soll, ist dem Erstgericht ferner - auch darin ist die Beschwerde im Recht - eine Aktenwidrigkeit unterlaufen, weil nach dem maßgeblichen Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolles Margarete C in ihrer Verantwortung erklärte, A habe die Preise ausgemacht (vgl. S 196 d.A). Im übrigen läßt dieser Teil der Begründung gleichfalls einen logischen Zusammenhang mit der als erwiesen angenommenen Tatsache vermissen, weil aus dem Umstand, daß dem Beschwerdeführer bei der Preiserstellung - als Altwarenhändler - eine führende Rolle zukam, keine Rückschlüsse auf dessen inneres Vorhaben gezogen werden können.

Aus all dem folgt, daß das Urteil mit Begründungsmängeln im Sinne der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet ist. Denn da das Gericht seine Überzeugung, der Angeklagte B habe die diebische Herkunft der von A und C erworbenen Gegenstände (zumindest dolo eventuali) gekannt, auf verschiedene Umstände in ihrem Zusammenhalt gründete, zieht die aufgezeigte mangelhafte Begründung bezüglich einzelner Komponenten nach Lage des Falles auch einen nach § 281 Abs. 1 Z 5 StPO zu beurteilenden Mangel der hieraus im Ergebnis resultierenden Tatsachenfeststellung nach sich (vgl. SSt 44/3 ua). Demzufolge erweist sich eine Urteilsaufhebung im Schuldspruch des Angeklagten B und eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz in diesem Umfang als unumgänglich, ohne daß auf die weiters noch geltend gemachten Beschwerdepunkte eingegangen werden müßte.

Überdies war aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß dem Urteil in seinen die Angeklagten A und C betreffenden Teilen eine diesen zum Nachteil gereichende Nichtigkeit im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO anhaftet:

Hinsichtlich des Angeklagten A wurde im Urteil ausgesprochen, er habe die ihm laut dem Punkt A) des Urteilssatzes angelasteten (71) Diebstähle durch Einbruch in Kraftfahrzeuge begangen, und es wurde seine Tat demgemäß auch der Bestimmung des § 129 Z 1 StGB unterstellt.

Nach den Urteilsfeststellungen war er in die größtenteils versperrt abgestellten Kraftfahrzeuge, aus denen er - gewerbsmäßig - Sachen im Gesamtwert von mindestens 155.175,-- S erbeutete (S 231 d.A) auf die Weise gelangt, daß er sich - nach den der Entscheidung ersichtlich zugrunde liegenden Annahmen nicht rechtswidrig - einen Schlüsselbund verschiedenster Autoschlüssel besorgte und solange die einzelnen Autoschlüssel an den Fahrzeugen probierte, bis er einen passenden fand (vgl. S 231 d.A). Damit benützte er aber, um in Kraftfahrzeuge einzudringen, keinen nachgemachten oder widerrechtlich erlangten Schlüssel;

ein zufällig passender Schlüssel aus einem vom Täter mitgeführten Schlüsselvorrat erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Ebensowenig ist ein solcher als 'ein anderes nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmtes Werkzeug' zu werten (vgl. EvBl. 1977/164 /verstärkter Senat/ ZVR 1979/

108; in diesem Sinn ferner Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, RN 18, und Bertel, Wiener Kommentar, RN 10 zu § 129 StGB). Daraus folgt aber auch, daß bei den Angeklagten C und B die Qualifikation des § 164 Abs. 3 StGB nicht darauf gestützt werden konnte, sie hätten einen die Vortat nach § 129 Z 1 StGB qualifizierenden Umstand gekannt (vgl. S 221 f, 238 d.A), wobei der Vollständigkeit halber noch erwähnt sei, daß die Urteilsfeststellung, diesen Angeklagten 'mußte klar sein', daß die von ihnen verhehlten, verhandelten oder an sich gebrachten Sachen nur durch eine im § 129 StGB beschriebene Handlung vom Dieb hatten erlangt werden können (S 238 d.A), die Annahme eines bedingten Vorsatzes nicht deckt (vgl. LSK 1978/142).

Während hinsichtlich des Angeklagten A bereits in der Sache selbst entschieden werden kann, weil andere Umstände, welche die Qualifikation des § 129 Z 1

bis 3 StGB begründen könnten, durch die Verfahrensergebnisse nicht indiziert sind, nötigt die aufgezeigte Gesetzesverletzung in Ansehung der Angeklagten C zur Rückverweisung der Sache an die erste Instanz im Umfang der erforderlich gewordenen Aufhebung. Wurden doch im Urteil keine Konstatierungen darüber getroffen, ob der Wert der zahlreichen von Margarete C verhehlten Gegenstände mehr als 100.000 S betrug oder ob diese jedenfalls in Kenntnis des Umstands handelte, daß der Gesamtwert der von A erbeuteten Sachen aus Diebstählen, hinsichtlich deren ihr Hehlerei zum Vorwurf gemacht wird, diesen Betrag überschritten hat. Insoweit erweist sich demnach die Sache als noch nicht spruchreif.

Die Strafe war beim Angeklagten A neu zu bemessen. Sie erfolgte nach § 128 Abs. 2 StGB als jener Strafnorm, die bereits eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren vorsieht; unerheblich bleibt somit, daß das Erstgericht, das bei diesem Angeklagten die Strafe ersichtlich im Hinblick auf die gewerbsmäßige Begehung der Diebstähle durch Einbruch - was nicht zutrifft -

nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB ausgemessen hatte, keine Erörterungen darüber anstellte, ob und allenfalls aus welchem Grund die Gewerbsmäßigkeit (auch) in Beziehung auf die Begehung schwerer Diebstähle anzunehmen war.

Der Oberste Gerichtshof wertete als erschwerend die mehrfache Qualifikation der Tat zum Verbrechen, als mildernd das Geständnis des Angeklagten A und eine teilweise Sicherstellung der Diebsbeute (S 53 bis 57 in ON 4 der Akten).

In Abwägung dieser Strafzumessungsgründe und unter Bedachtnahme darauf, daß gegenüber dem erstgerichtlichen Urteil jedenfalls die Qualifikation des § 129 Z 1 StGB entfällt, erschien dem Obersten Gerichtshof eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren als dem Unrechtsgehalt der Taten und dem Verschulden des Angeklagten angemessen.

Die Aussprüche über die Anrechnung der Vorhaft und über den Kostenersatz waren hinsichtlich des Angeklagten A aus dem erstgerichtlichen Urteil zu übernehmen.

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