OGH 11Os17/79

OGH11Os17/7913.3.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.März 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schifter als Schriftführer in der Strafsache gegen Liselotte A wegen des Vergehens des schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 2 StGB. und eines anderen Deliktes über die von der Angeklagten Liselotte A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24. November 1978, GZ. 1 d Vr 5028/78-27, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen der Verteidigerin der Angeklagten, Rechtsanwalt Dr. Deixler, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung wegen Schuld wird zurückgewiesen.

Der Berufung wegen Strafe wird nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO. fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 15.April 1953 geborene beschäftigungslose Liselotte A der Vergehen des schweren Betruges nach den § 146, 147

Abs. 2 StGB. und des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt, begangen in Wien dadurch, daß sie I./ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, nämlich der Ausfolgung von Geldbeträgen, verleitete, welche diese an ihrem Vermögen schädigten, und zwar 1. im November und Dezember 1977 Ines B durch die falsche Vorgabe, für deren (vorgegaugelten) Freund, Christian C, zur Enthaftung Geld zu benötigen;

Schaden mindestens 10.000 S;

2. in der Zeit vom 2.April 1978 bis zum 10.Mai 1978 Erich D unter dem falschen Schein einer rückzahlungsfähigen und - willigen Darlehensnehmerin; Schaden 5.600 S;

3. Mitte Mai 1978 Irmtraud E unter dem falschen Schein einer rückzahlungsfähigen und auch -willigen Darlehensnehmerin; Schaden

2.500 S;

4. Anfang Juli 1978 Margit F unter falscher Zusicherung einer Wohnungsvermittlung; Schaden 7.900 S.

II./ fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert nachgenannten Personen mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar 1. im Februar 1978 ein Fernsehgerät im Wert von 2.660 S der Ines B, 2. am 11.März 1978 einen Bargeldbetrag von 1.500 S der Edeltraud G. Nur den Schuldspruch wegen Vergehens des Betruges zum Nachteil des Erich D und der Irmtraud E (Pkt. I 2 u. 3 des Urteilssatzes) bekämpft die Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die sie ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe nach dem § 281 Abs. 1 Z. 5, 9 lit. a und 'aushilfsweise' 10 StPO. stützt. Als mangelhaft begründet im Sinne des erstangerufenen Nichtigkeitsgrundes rügt die Beschwerdeführerin die Feststellung des Schöffengerichtes, sie habe dem Erich D und der Irmtraud E ihre Zahlungsfähigkeit und -willigkeit vorgetäuscht. Denn (bloß) aus der unwahren Behauptung, sie stehe in Arbeit, und aus der übergabe von angeblich zur Wohnung der Beschwerdeführerin passender Schlüssel sowie eines wertlosen Personalausweises könne noch nicht auf einen Irreführungs- und Schädigungsvorsatz geschlossen werden. Die ungewöhnliche 'Besicherung' des Darlehens hätte dem Gläubiger auffallen müssen;

daraus allein schon hätte sich für ihn das hohe Risiko der Kreditgewährung ergeben. Es könne deshalb nicht davon ausgegangen werden, wie es das Schöffengericht tue, daß die Beschwerdeführerin ihre Zahlungsfähigkeit vorgetäuscht habe.

Der Hinweis auf ihre Beschäftigungslosigkeit genüge als Indiz für ihren (bedingten) Schädigungsvorsatz nicht, denn sie habe auf Hilfe von dritter Seite hoffen können;

es habe ihr Vater auch in einem anderen Fall den Schaden gutgemacht. Diese Beschwerdeausführungen zeigen keinen Begründungsmangel auf und erweisen sich in Wahrheit als ein im Nichtigkeitsverfahren unzulässiger und damit unbeachtlicher Versuch, die freie richterliche Beweiswürdigung nach Art einer - im übrigen gleichfalls unzulässig ergriffenen - Schuldberufung zu bekämpfen. Denn das Erstgericht hat seine der Zurechnung, daß die Beschwerdeführerin bei den Darlehensaufnahmen bei D und E mit Täuschungs- und (zumindest bedingtem) Schädigungsvorsatz gehandelt hat, zu Grunde liegende Tatsachenfeststellung, es habe die Angeklagte bei der Darlehensaufnahme von D gewußt, daß sie 'das Geld', gemeint das Darlehen, überhaupt nicht werde zurückzahlen können (S. 192) bzw., sie habe mit einer Rückgabe des Geldes an E nicht gerechnet (S. 194), eingehend und durch die Verfahrensergebnisse gedeckt begründet. Es hat dabei keineswegs nur auf die Art der 'Besicherung' des von D gegebenen Darlehens abgestellt.

Es hat seine Feststellungen vielmehr vornehmlich auf die Tatsache der Beschäftigungslosigkeit der Beschwerdeführerin, die sie ihren Kreditgebern verschwiegen hat, und auf die geradezu ausweglose finanzielle Situation gestützt und daraus den - der Lebenserfahrung entsprechenden - Schluß gezogen, daß die Beschwerdeführerin ihre Gläubiger bei Darlehensaufnahme über ihre wirtschaftliche Lage vorsätzlich täuschte und die Schädigung ihrer Gläubiger, die dadurch eingetreten ist, daß keine Rückzahlung erfolgte, ernstlich erwog und sich billigend damit abfand. Entgegen dem Beschwerdevorbringen spricht auch die Besicherung des Darlehens des Erich D durch einen Personalausweis und einen angeblich zur Wohnung der Beschwerdeführerin passenden Schlüssel nicht gegen die Feststellung, dem Genannten sei von der Angeklagten ihre Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit betrügerisch vorgespiegelt worden.

Gegen diese Annahme kann auch nicht mit Erfolg ins Treffen geführt werden, daß der Vater der Beschwerdeführerin den Schaden aus dem von dieser an Edeltraud G begangenen Diebstahl gutmachte. Die Behauptung, die Beschwerdeführerin habe mit einer Rückzahlung der Darlehen durch ihre Eltern gerechnet, stellt überdies eine im Nichtigkeitsverfahren unbeachtliche Neuerung dar.

Die Mängelrüge erweist sich somit in keiner Richtung als gerechtfertigt.

Aber auch die auf die Z. 9 lit. a bzw. 'aushilfsweise Z. 10' des § 281 Abs. 1 StPO. gestützte Rechtsrüge versagt.

Soweit die Beschwerdeführerin davon ausgeht, es könne ihr keine Täuschungshandlung und auch kein Schädigungsvorsatz vorgeworfen werden, führt sie den angerufenen Nichtigkeitsgrund nicht gesetzmäßig aus; denn das Erstgericht hat ausdrücklich festgestellt, daß die Beschwerdeführerin ihre Gläubiger bei der Darlehensaufnahme vorsätzlich in Irrtum führte und deren Schädigung zumindest ernstlich erwog und billigend in Kauf nahm, also keineswegs bloß (bewußt) fahrlässig handelte. Die Beschwerdeführerin vergleicht demnach nicht den vom Schöffengericht festgestellten Sachverhalt mit dem darauf angewendeten Gesetz und versucht hieraus den Nachweis unrichtiger Rechtsanwendung abzuleiten, sondern sie unterzieht einen völlig anderen Sachverhalt, dem sie ihre vom Gericht als unglaubhaft abgelehnte Verantwortung zugrunde legt, der rechtlichen Würdigung; ein solches Abweichen von den erstgerichtlichen Feststellungen ist jedoch bei der Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes unzulässig, weshalb sich eine weitere Erwiderung auf das erwähnte Vorbringen erübrigt.

Soweit die Beschwerdeführerin aber in diesem Zusammenhang den Vorwurf erhebt, das Schöffengericht habe die Schuldformen des bedingten Vorsatzes und der bewußten Fahrlässigkeit nicht hinreichend voneinander abgegrenzt, ist ihr zwar zuzugeben, daß die im Urteil verwendeten Formulierungen:

'. .. obwohl sie wissen mußte, daß sie die Rückgabetermine gar nicht einhalten konnte (S. 189) ....' und '.... da sie ja wußte, bzw. wissen mußte, daß sie keinerlei Möglichkeit hat, das Geld vereinbarungsgemäß zurückzubezahlen ....' (S. 195), bei isolierter Betrachtung die Auslegung zulassen, die Beschwerdeführerin hätte bei Aufnahme der Darlehen infolge zu optimistischer Einschätzung ihrer wirtschaftlichen Situation und ihrer künftigen finanziellen Möglichkeiten gehofft, ihren Verpflichtungen nachkommen zu können und somit im Sinn obiger Ausführungen nur bewußt fahrlässig gehandelt, sich also eines Betruges nicht schuldig gemacht. Sieht man die Urteilsgründe jedoch in ihrem Zusammenhang, so ergibt sich mit aller Klarheit, daß das Schöffengericht trotz dieser Formulierungen davon ausgegangen ist, daß die Beschwerdeführerin die Schädigung ihrer Gläubiger ernstlich erwogen und billigend in Kauf genommen hat. Denn das Schöffengericht hat, wie schon bei Erörterung der Mängelrüge der Beschwerdeführerin klargestellt wurde, eindeutig festgestellt, daß sich die Beschwerdeführerin immer weitere Geldbeträge von Erich D ausborgte, 'obwohl sie wußte, daß sie dieses Geld überhaupt nicht zurückzahlen wird können' (S. 192) und daß sie (von Irmtraud E) 'das Geld nur haben wollte, aber mit der Rückgabe tatsächlich nicht rechnete' (S. 194). Diese Feststellungen lassen erkennen, daß das Schöffengericht trotz der vorerwähnten beiden Formulierungen, die zu Mißverständnissen Anlaß geben könnten, auch in den beiden in der Beschwerde angefochtenen Betrugsfakten ohne Rechtsirrtum der Angeklagten vorsätzliches, im Sinne der § 146, 147 Abs. 2 StGB.

tatbestandsmäßiges Verhalten zugerechnet und dieses ihr daher zu Recht ebenfalls als Vergehen des schweren Betruges angelastet hat. Da dem Erstgericht somit kein Rechtsirrtum unterlaufen ist, liegt auch der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a (oder Z. 10) nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Liselotte A war daher zu verwerfen.

Ihre Schuldberufung war zurückzuweisen, weil ein solches Rechtsmittel gegen schöffengerichtliche Urteile in der Strafprozeßordnung nicht vorgesehen ist.

Das Erstgericht verhängte über die Angeklagte nach dem § 147 Abs. 2 StGB., unter Anwendung des § 28 StGB., eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren.

Bei der Strafbemessung wertete es die Tatwiederholungen, das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, den raschen Rückfall der Angeklagten sowie deren einschlägige Vorstrafen als erschwerend, das teilweise Geständnis und die Schadensgutmachung in einem Faktum (durch den Vater) hingegen als mildernd.

Mit ihrer Berufung strebt die Angeklagte eine Herabsetzung der über

sie verhängten Freiheitsstrafe an.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt. Die Angeklagte vermag keine weiteren Umstände darzutun, die ihr Verhalten in einem milderen Licht erscheinen ließen. Das in erster Instanz gefundene Strafmaß erweist sich somit, insbesonders unter Bedachtnahme auf den äußerst raschen Rückfall, keineswegs als zu hoch.

Der Berufung der Angeklagten in Ansehung des Strafmaßes konnte daher kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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