OGH 13Os56/79

OGH13Os56/7926.4.1979

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Santa als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alexander A und andere wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls nach den § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 131 StGB und anderer strafbarer Handlungen mit Zustimmung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengerichtes vom 18. Jänner 1979, GZ 8 Vr 2820/78-20, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem Ausspruch, der Angeklagte Alexander A habe, bei dem Diebstahl (am 12.9. 1978; Punkt 1 des Urteilssatzes) auf frischer Tat betreten, gegen die Hausdetektivin Margit B durch Versetzen eines Faustschlages gegen den rechten Oberarm Gewalt angewendet, um sich die weggenommenen Sachen zu erhalten und demgemäß auch in der rechtlichen Beurteilung der Tat (auch) nach § 131 StGB, ferner - dies teilweise gemäß § 290 Abs. 1 StPO - in den Punkten 2 und 4, betreffend die Schuldsprüche der Monika A wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 'Abs. 1' (richtig: Abs. 3) zweiter Fall StGB sowie in den beide Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfange der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten zurückgewiesen.

Mit ihren Berufungen werden sie auf diese Entscheidung verwiesen. Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens, soweit sie den erfolglosen Teil ihrer Nichtigkeitsbeschwerden betreffen, zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Alexander und Monika A - ein Ehepaar - schuldig erkannt und zwar Alexander A des Verbrechens des schweren Diebstahls nach § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128

Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 131 StGB (Punkte 1 und 3 des Urteilssatzes) und Monika A des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 'Abs. 1' (richtig Abs. 3) zweiter Fall StGB sowie der Vergehen des Diebstahls nach § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 StGB und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB. Inhaltlich des Schuldspruchs haben die Angeklagten am 12.9.1978 in Graz 1.) in Gesellschaft als Beteiligte Berechtigten des Kaufhauses C & D fremde bewegliche Sachen, nämlich eine Schultasche im Wert von 298 S, einen Radiergummi im Wert von 3,70 S, eine Tube Uhu im Wert von 10,20 S sowie eine Packung Wachskreiden im Wert von 66 S (Gesamtschaden: 371,90 S) mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei Alexander A, bei dem Diebstahl auf frischer Tat betreten, gegen die Hausdetektivin Margit B durch Versetzen eines Faustschlages gegen den rechten Oberarm Gewalt anwendete, um sich die weggenommenen Sachen zu erhalten; 2.) Monika A die Margit B durch die öußerung, wenn sie die Genannte auf der Straße erwische, blühe ihr etwas, gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen; 3.) Alexander A in der Nacht zwischen dem 17. und 18.11.1978

in Graz dem Karl E fremde bewegliche Sachen, nämlich Lebensmittel und Waren sowie Bargeld in einer 5.000 S, jedoch nicht 100.000 S übersteigenden Höhe durch Einbruch in ein Gebäude mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und 4.) Monika A die von ihrem Gatten am 17.11.1978 unter 3.) angeführten, auf die obgenannte Weise durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen, die mit einer fünf Jahre erreichenden Freiheitsstrafe bedroht ist, erlangten Sachen durch teilweisen Verbrauch und durch Aufbewahren an sich gebracht, wobei ihr die obgenannten strafbaren Umstände bekannt waren.

Mit ihren ziffernmäßig auf die Z 5, '9' (gemeint: 9 lit. a) und 'loa' (gemeint: 10) des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden bekämpfen der Angeklagte Alexander A die ihm angelasteten Diebstahlsqualifikationen nach § 129 Z 1 und 131 StGB und Monika A den Schuldspruch wegen Verbrechens der Hehlerei sowie die ihr (angeblich) angelastete Qualifikation nach § 131 StGB.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerden sind teilweise begründet. Soweit allerdings der Angeklagte Alexander A dem Urteil in bezug auf die Qualifikation seines Verhaltens in Richtung des § 129 Z 1 StGB Begründungs- und Feststellungsmängel zum Vorwurf macht und die Angeklagte Monika A analoges in bezug auf die ihr - angeblich - zum Vorwurf gemachten Qualifikation nach § 131

StGB behauptet, sind die Beschwerden nicht im Recht. Den Rechtsmittelausführungen des Erstangeklagten zuwider hat nämlich das Schöffengericht ausdrücklich festgestellt (vgl. S 142) und dies mit dem Hinweis auf dessen (durch die übrigen Beweisergebnisse erhärtete) geständige Verantwortung (vgl. S 129, 130) auch schlüssig und mängelfrei begründet, daß Alexander A in das Lebensmittelgeschäft des Karl E nach dem Aufbrechen einer Tür eingedrungen war, weshalb weder von einem Begründungsnoch von einem Feststellungsgebrechen in bezug auf die bekämpfte Einbruchsqualifikation die Rede sein kann. Dem Beschwerdevorbringen der Monika A in bezug auf die - angebliche - Qualifikation nach § 131 StGB mangelt es hingegen überhaupt an jeglichem erörterungsfähigem sachlichen Substrat, weil weder dem Urteilssatz (vgl. S 139 f) noch den Gründen entnommen werden kann, daß diese Angeklagte - wie die Beschwerde behauptet - des Verbrechens des räuberischen Diebstahls, qualifiziert nach § 131 StGB, schuldig erkannt worden wäre. Der Schuldspruch (vgl. Punkt 1 des Urteilssatzes) lautet vielmehr bei ihr nur auf das Vergehen des Diebstahls nach § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 StGB, mit welchem Hinweis es sein Bewenden haben kann.

Mußten die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten im vorgenannten Umfang nach dem Gesagten als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO in einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückgewiesen werden, muß ihnen in folgenden Punkten Berechtigung zuerkannt werden:

In der Tat läßt nämlich das Urteil - worauf die Rechtsmittelwerber zutreffend hinweisen - hinreichende Konstatierungen zur subjektiven Tatseite sowohl hinsichtlich der bei Alexander A angenommenen Qualifikation nach § 131 StGB als auch in bezug auf den Schuldspruch der Monika A wegen des Verbrechens nach § 164 StGB vermissen. Daß sich im Urteilsspruch die Wendungen finden, Alexander A habe, auf frischer Tat betreten, gegen die Hausdetektivin Margit B durch Versetzen eines Faustschlags gegen den rechten Oberarm Gewalt angewendet, 'um sich die weggenommenen Sachen zu erhalten' bzw. Monika A seien, als sie die von Alexander A durch Einbruch erbeuteten Sachen an sich brachte, die 'obgenannten strafbaren Umstände bekannt gewesen', vermag die aufgezeigten Feststellungsmängel ebensowenig zu sanieren wie der Umstand, daß bezüglich der Monika A in den Urteilsgründen ausgeführt wird (vgl. S 144), es hätte ihr angesichts dessen, daß weder sie noch Alexander A über ein regelmäßiges Einkommen verfügten, 'auffallen müssen', daß die Vielzahl der Lebensmittel, die ihr Ehemann in den Morgenstunden des 18.11.1978 nach Hause brachte, 'bedenklich seien'. Denn durch die Anführung der verba legalia im Urteilsspruch wird lediglich ein Akt der Subsumtion im Sinne des § 260 Z 2

StPO gesetzt, nicht aber eine Tatsachenfeststellung getroffen (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer, E Nr. 60 c zu § 281 Abs. 1 Z 5 StPO), während allgemeine Redewendungen wie 'der Angeklagte habe wissen müssen' zur Annahme eines unbedingten oder bedingten bösen Vorsatzes nicht ausreichen (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer, E Nr. 16 a zu § 281 Abs. 1 Z 5 StPO).

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten hat sich der Oberste Gerichtshof aber auch davon überzeugt, daß das angefochtene Urteil in bezug auf die Angeklagte Monika A nicht nur an der bereits erwähnten, sondern noch an einer weiteren materiellrechtlichen, d.h. von Amts wegen aufzugreifenden Nichtigkeit leidet.

Denn das Schöffengericht hat auch zum Schuldspruch der Genannten wegen Vergehens der gefährlichen Drohung laut § 107 Abs. 1 StGB (Punkt 2 des Urteilssatzes) - abgesehen von der, wie gezeigt, unzureichenden Anführung der verba legalia im Urteilsspruch - zur subjektiven Tatseite überhaupt keinerlei Konstatierungen vorgenommen, sondern sich damit begnügt, den Wortlaut der von der Angeklagten gegenüber Margit B gebrauchten Wendung (vgl. S 142) anzuführen.

Teils in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden und teils gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen war daher das angefochtene Urteil in den vorangeführten Qualifikationen bzw. Schuldsprüchen sowie in den beide Angeklagte betreffenden Aussprüchen über die Strafe gemäß § 285 e StPO mit Zustimmung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen, ohne daß es erforderlich gewesen wäre, auf das weitere Beschwerdevorbringen (insbesondere der Monika A) einzugehen. Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf diese Entscheidung zu verweisen.

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