Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß dem § 290 Abs 1 StPO wird das angefochtene Urteil dahin ergänzt, daß dem Angeklagten die Vorhaft vom 22. Juli 1981, 19,30 Uhr, bis 29. Juli 1981, 17,30 Uhr, auf die Strafe angerechnet wird. Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der stellvertretende Leiter des Arbeitsamtes Zell am See und Abteilungsleiter der Beratungs- und Kundendiensteinheit Emil A des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs 1
StGB schuldig erkannt.
Es liegt ihm zur Last, daß er in den Jahren 1980 und 1981 als Beamter mit dem Vorsatz, den Staat in seinem Recht auf 'überwachung und Kontrolle des inländischen Arbeitsmarktes, insbesondere auf beschränkte Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen an Ausländer unter Einhaltung internationaler Vereinbarungen sowie auf Einhaltung gesundheitspolitischer Vorschriften' zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbrauchte, daß er in 29 Fällen an türkische Staatsangehörige, die ohne Arbeits-Sichtvermerk als Touristen nach Österreich eingereist waren, Arbeits-(Beschäftigungs-)Bewilligungen ohne die im § 4 Abs 3 Z 2 und 3
(im Urteilsspruch irrig Z 1 und 2) AusländerbeschäftigungsG (AuslBG) vorausgesetzten ärztlichen Zeugnisse und ohne vorherige schriftliche Anfrage an die zuständige Sicherheitsbehörde im Sinn des § 4 Abs 3 Z 7 desselben Gesetzes erteilte.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5
und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Zunächst sei die für den vorliegenden Fall entscheidungswesentliche Rechtslage nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (Bundesgesetz vom 20. März 1975, BGBl 1975/218) dargestellt:
Soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, dürfen Arbeitgeber Ausländer nur beschäftigen und diese eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn ihnen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder sie einen Befreiungsschein besitzen (§ 3 Abs 1 und 2).
Grundsätzlich ist Voraussetzung für die (im allgemeinen in die Kompetenz der Arbeitsämter fallende; §§ 19, 20) Erteilung der Beschäftigungsbewilligung ua gemäß dem § 4 Abs 3 Z 2, 3 und 7 das Vorliegen eines inländischen ärztlichen Zeugnisses oder eines gleichzuhaltenden ärztlichen Zeugnisses ausländischer Stellen im Sinn des § 5 Abs 1 (Infektionsfreischein; § 4 Abs 3 Z 2), eines Zeugnisses über eine ergänzende ärztliche Untersuchung im Sinn des § 5 Abs 2 (Arbeitsfähigkeitsbescheinigung; § 4 Abs 3 Z 3) sowie, daß fremdenpolizeiliche oder paßrechtliche Gründe dem Aufenthalt oder der Beschäftigung des Ausländers nicht entgegenstehen (§ 4 Abs 3 Z 7).
Der Infektionsfreischein (§§ 4 Abs 3 Z 2, 5 Abs 1) dient dem Schutz der inländischen Volksgesundheit vor der Einschleppung epidemischer Krankheiten. Durch die Feststellung der Arbeitsfähigkeit in einer Arbeitsfähigkeitsbescheinigung (§§ 4 Abs 3 Z 3, 5 Abs 2) soll vermieden werden, daß eingereiste arbeitsunfähige Ausländer schon nach kurzer Beschäftigungsdauer öffentliche Leistungen, insbesondere diejenigen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen und damit den öffentlichen Sozialhaushalt unnötig belasten (vgl Schnorr, Ausländerbeschäftigungsgesetz, MKK, S 49, 57 ff). Die Arbeitsfähigkeitsbescheinigung kann innerhalb einer in der Beschäftigungsbewilligung hiefür zu bestimmenden Frist nachträglich vorgelegt werden; geschieht dies nicht, so erlischt die Beschäftigungsbewilligung (§ 5 Abs 5).
§ 5 Abs 3 und 4 enthalten Verordnungsermächtigungen an den Bundesminister für soziale Verwaltung, der berechtigt ist, (Abs 3) im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz festzulegen, daß die ärztliche Untersuchung im Sinn des Abs 1 (§ 4 Abs 3 Z 2; Infektionsfreischein) zu entfallen hat, wenn die epidemiologische Lage in den Herkunftsländern der Ausländer, die besondere Art ihrer beruflichen Tätigkeit oder der bereits längere ununterbrochene Aufenthalt im Bundesgebiet dies ohne Gefährdung der Volksgesundheit zuläßt, und (Abs 4) ferner festlegen kann, daß die ergänzende ärztliche Untersuchung im Sinn des Abs 2 (§ 4 Abs 3 Z 2; Arbeitsfähigkeitsbescheinigung) zu entfallen hat, wenn es sich um Ausländer handelt, bei denen auf Grund der besonderen Art ihrer beruflichen Tätigkeit oder sonstiger Umstände angenommen werden kann, daß sie in ihrer Arbeitsfähigkeit nicht erheblich beeinträchtigt sind.
Von diesen Verordnungsermächtigungen wurde Gebrauch gemacht. Demnach entfallen, bezogen ua auf türkische Staatsangehörige und soweit hier von Bedeutung, die Erfordernisse 1./ des Infektionsfreischeines und der Arbeitsfähigkeitsbescheinigung im Fall einer beruflichen Tätigkeit, die im allgemeinen durch die Kurzfristigkeit ihrer Ausübung im Inland charakterisiert ist und längstens drei Monate dauert;
2./ des Infektionsfreischeines auch bei nachweislich bereits ein Jahr übersteigendem Aufenthalt im Bundesgebiet;
3./ der Arbeitsfähigkeitsbescheinigung auch a) - was hier nicht in Betracht kommt - bei Volontären (§ 3 Abs 5) oder Betriebsabgesandten (§ 18), selbst wenn die Beschäftigung länger als drei Monate dauert; b) im Falle der Verlängerung einer Beschäftigungsbewilligung; c) bei Ausländern, die bereits bisher auf Grund einer Beschäftigungsbewilligung beschäftigt waren und für die von einem anderen Arbeitgeber eine Beschäftigungsbewilligung beantragt wird, sofern zwischen der Beendigung des vorherigen Beschäftigungsverhältnisses und der Einbringung des Antrages auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht mehr als drei Monate liegen.
Die Beurteilung schließlich, ob fremdenpolizeiliche oder paßrechtliche Gründe dem Aufenthalt oder der Beschäftigung des Ausländers entgegenstehen (§ 4 Abs 3 Z 7) fällt in die Zuständigkeit der Fremdenpolizei bzw der Paßbehörde. Vor der Aufnahme einer Beschäftigung in Österreich bedürfen ua Staatsangehörige der Türkei eines Arbeits-Sichtvermerkes im Reisepaß, und zwar ohne Rücksicht darauf, daß sie als Touristen sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet einreisen dürfen. Bei Nichteinbringung des Arbeits-Sichtvermerkes wäre daher der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung (von vornherein) abzulehnen. Im Erlaßwege wurde es jedoch den Arbeitsämtern gestattet, in Einzelfällen vom Nachweis eines Arbeits-Sichtvermerkes abzusehen, wenn aus arbeitsmarktmäßigen Gründen ein besonderes Interesse an der Beschäftigung des Ausländers besteht. In diesen Einzelfällen hat das Arbeitsamt vor Erteilung der Beschäftigungsbewilligung bei der zuständigen Sicherheitsbehörde anzufragen, ob paßrechtliche Bedenken bestehen (vgl Schnorr, aaO, S 55, 113 f und Durchführungserlaß des Bundesministeriums für soziale Verwaltung zum AuslBG /Zl 35.402/3-2/1975 iF Zl 35.402/12-III/2/1977 und Zl 35.402/4-III/2/1978/).
An sich zutreffend ist das Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde, soweit mit Beziehung auf den Vorwurf der Unterlassung von schriftlichen Anfragen an die Sicherheitsbehörde im Sinn des § 4 Abs 3 Z 7 AuslBG einesteils in der Mängelrüge das Unterbleiben einer Erörterung der Verantwortung des Beschwerdeführers, wonach diese Anfragen fernmündlich geschehen seien (Band I, S 492, 495 d. A), sowie der Aussagen des Zeugen Mag. B über die Möglichkeit (und Zulässigkeit) solcher telefonischer Anfragen (Band I, S 500 d. A) und des Zeugen C über eine entsprechende tatsächliche übung beim Arbeitsamt Zell am See (Band II, S 44 d.A) gerügt und anderenteils in der Rechtsrüge unter Bestreitung eines gesetzlichen Gebotes der Form der Schriftlichkeit mangelnde Tatbildlichkeit der Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen auf Grund bloß mündlicher Anfragen an die Sicherheitsbehörde eingewendet wird:
Dem Gesetz (§§ 4, 25 AuslBG) kann ein solches Gebot der Schriftlichkeit nicht entnommen werden. Wohl sieht der bereits zitierte Durchführungserlaß des Bundesministeriums für soziale Verwaltung zum AuslBG (zu § 25 AuslBG) die Auflage eines 'einfachen Vordruckes', somit also Schriftlichkeit für die in Rede stehende Anfrage vor (vgl auch den am 4. Februar 1981 beim Arbeitsamt Zell am See eingelangten Erlaß des Landesarbeitsamtes Salzburg vom 26. Jänner 1981, Band I, S 372 d.A). Im bloßen Verstoß gegen das im Erlaßwege statuierte - wenngleich auch als solches der Ordnungsgemäßheit und Sauberkeit der Vollziehung dienende - Gebot der Schriftlichkeit kann indes keinesfalls eine für das Tatbild des Amtsmißbrauches nach dem § 302 Abs 1 StGB als möglich vorausgesetzte und vom Tätervorsatz (§ 5 Abs 1 StGB) umfaßte Schädigung, im gegebenen Fall an einem konkreten staatlichen Recht, nämlich der Vereitelung einer bestimmten, mit Notwendigkeit vorzunehmenden fremdenpolizeilichen oder paßbehördlichen (Prüfungs-)Maßnahme, gelegen sein.
Ob nun der Verstoß gegen die aufgetragene Schriftlichkeit oder überhaupt die Unterlassung jeglicher, auch telefonischer Anfragen als erwiesen angenommen wurde, ist dem Ersturteil nicht sicher zu entnehmen.
Allerdings bleibt diese Undeutlichkeit der Urteilsbegründung letztlich ohne Auswirkung auf den Schuldspruch, weil - wie noch darzulegen sein wird - ausreichende mängelfrei begründete Feststellungen über die Verletzung der gesetzlichen Vorschriften des § 4 Abs 3 Z 2 und 3 AuslBG getroffen wurden und der Frage, ob durch den inkriminierten Akt des in Verfolgung gezogenen Beamten (hier: die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG) der Staat in einem oder mehreren konkreten Rechten geschädigt wurde, für die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens im Sinn des § 302 Abs 1 StGB keine entscheidende Bedeutung zukommt.
Entgegen der Ansicht der Generalprokuratur liegt in dem Umstand, daß der Angeklagte durch sein Tatverhalten nicht (auch) fremdenpolizeiliche oder paßbehördliche Prüfungsmaßnahmen vereitelte, keine gesonderte Tat, die einem Freispruch zugänglich wäre. Die Tat des Angeklagten besteht in der rechtswidrigen Erlassung von Bescheiden; werden dadurch mehrere Gesetzesbestimmungen verletzt und damit eine Mehrheit von Schutzzwecken beeinträchtigt, so erhöht sich der Unrechtsgehalt der Tat, es tritt damit aber keine Realkonkurrenz ein, deren Vorliegen Voraussetzung für einen (Teil-) Freispruch wäre. Gänzlich unbegründet ist die Beschwerde jedoch mit ihrem übrigen Vorbringen:
Ein Begründungsmangel (Z 5) haftet dem Ersturteil nicht schon deshalb an, weil es (S 5 letzter Absatz bis S 8 erste Zeile der Ausfertigung) fast wörtlich Passagen der Anklagebegründung (S 5 vorletzter Absatz bis S 7 einschließlich erster Absatz) wiedergibt. Dieser Teil der Urteilsgründe enthält - der Beschwerde zuwider - im wesentlichen die dem Urteilsspruch entsprechenden und entscheidungswesentlichen Sachverhaltsannahmen.
Dabei begründete das Erstgericht, entgegen den Beschwerdeeinwendungen, die in subjektiver Beziehung (im allgemeinen) getroffene Feststellung, daß der Angeklagte mit der einschlägigen Gesetzeslage und den entsprechenden Dienstvorschriften ('bestens') vertraut war, in ausreichender Weise, denkrichtig, lebensnah und daher formal mängelfrei mit der langjährigen Amtserfahrung und der Funktion des Angeklagten als eines stellvertretenden Leiters des Arbeitsamtes Zell am See sowie mit seiner Instruktorentätigkeit im Arbeitsmarktservice. Entscheidungswesentlich ist jedoch gar nicht, ob der Angeklagte über die gesamte einschlägige Rechtslage informiert war oder nicht, sondern seine Kenntnis von den spezifischen, die Voraussetzungen für die gegenständlichen Beschäftigungsbewilligungen normierenden Rechtsvorschriften, deren amtsmißbräuchliche Verletzung ihm zum Vorwurf gemacht wird, das sind die Bestimmungen der §§ 4 Abs 3 Z 2 und 3 sowie 5 Abs 1 und 2 über die ärztliche Untersuchung (Infektionsfreischein und Arbeitsfähigkeitsbescheinigung). Gerade die Kenntnis dieser Vorschriften gab der Angeklagte aber im Verfahren erster Instanz zu und motivierte seine Zuwiderhandlungen gegen diese mit der längeren Dauer der ärztlichen Untersuchungen und der Annahme, daß Untersuchungen von der Bezirkshauptmannschaft vorgenommen würden (Band I, S 492 ff, II, 22 d.A). Im Hinblick auf diese vom Erstgericht herangezogene Feststellungsgrundlage (Bd II/53 d. A) gehen sämtliche weiteren Einwendungen der Mängelrüge gegen die Urteilsannahmen in bezug auf die Kenntnis des Angeklagten von den spezifischen, für die in Rede stehenden Amtshandlungen maßgeblichen Rechtsvorschriften ins Leere.
Gleiches gilt für jene Beschwerdeeinwendungen, in denen der Beschwerdeführer seine sachliche Zuständigkeit zur Erteilung der Beschäftigungsbewilligungen in Zweifel zieht.
Diese steht nicht nur auf Grund seiner Verantwortung (Band I, S 493 f, Band II, S 23 f d.A), sondern auch nach der - in der Beschwerde ins Treffen geführten - Geschäftsverteilung fest. Darnach fiel im tatgegenständlichen Zeitraum die 'Bescheidbearbeitung im Ausländerverfahren' (grundsätzlich) in die Zuständigkeit des selbständigen Bearbeiters Erika D (Verwendungsgruppe C), deren Vertretung dem Angeklagten oblag. Lediglich einfache Bescheide in diesem Sachbereich konnte auch der Arbeitsvermittler Günther E (VB d) 'erstellen' (Band I, S 383 f d.A), dem der Angeklagte seiner Verantwortung nach in bezug auf die Beschäftigungsbewilligungen auch Weisungen erteilte (Band I, S 493 d.A).
Die Verantwortung des Angeklagten, wonach er die Bewilligungsbescheide überwiegend bloß unterfertigt habe, war nicht erörterungsbedürftig, weil er im Verfahren gar nicht behauptete, Bescheide ohne Kenntnis ihres Inhaltes bzw der entsprechenden aktenmäßigen Unterlagen unterschrieben zu haben, sondern ausdrücklich deponierte, daß der jeweilige Bescheidunterfertiger, also auch er selbst, 'entschieden' hat (Band II, S 24 d.A). Bei seinen Ausführungen sowohl unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 als auch der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO, in denen er - der Sache nach nur aus dem letzteren Nichtigkeitsgrund - in Ansehung der Fälle Punkt 8, 9, 26 und 27 des Schuldspruches die eingangs dargestellten Befreiungsgründe im Sinn des § 5 Abs 3 und 4 AuslBG und der auf Grund dieser erlassenen Ausführungsverordnung reklamiert, mißdeutet der Beschwerdeführer zunächst die Voraussetzungen für die Befreiung vom Erfordernis des Infektionsfreischeins und der Arbeitsfähigkeitsbescheinigung. Es reicht nämlich, wie bereits oben erwähnt, nicht bloß aus, daß die angestrebte berufliche Tätigkeit im Inland drei Monate nicht übersteigt, sondern es muß zudem die berufliche Tätigkeit im allgemeinen durch die Kurzfristigkeit ihrer Ausübung im Inland charakterisiert sein. Hiezu gehört nicht die Tätigkeit eines Hilfsarbeiters im Baugewerbe bzw in einem Baugeschäft in den Fällen 8, 9 und 26 und auch nicht eines (Küchen-)Helfers in einer Jausenstation im Fall 27, mag es sich hiebei auch um eine Art Saisonarbeit gehandelt haben. Andererseits widerspricht der Beschwerdeeinwand, es habe sich der Arbeitnehmer bei Bewilligung im Fall 27 am 23. Jänner 1981 bereits nachweislich länger als ein Jahr im Bundesgebiet aufgehalten, dem Akteininhalt. Wie sich aus den bezüglichen Anträgen ergibt, war Sebattin F erst seit März 1980 (Antrag 26) oder seit dem 7. April 1980 (Antrag 27) in Österreich. In den übrigen Fällen des Schuldspruchs, in denen die Beschäftigungszeit jeweils drei Monate überstieg, traf entweder die Voraussetzung eines mehr als einjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet ausdrücklich nicht zu oder es ergibt sich zumindest aus den Akten keinerlei Hinweis auf eine solche Aufenthaltsdauer, die das Erstgericht zu einer diesbezüglichen Feststellung veranlassen hätte können.
Mit der im Tatzeitraum ortsüblichen Dauer der ärztlichen Untersuchung im Sinn der §§ 4 Abs 3 Z 2, 5 Abs 1
AuslBG befaßte sich das Erstgericht im Rahmen der Erörterung der Verantwortung des Angeklagten (Band I, S 491) ebenso (Bd II/56 d.A) wie mit der Verantwortung, er habe von der ärztlichen Untersuchung aus Gründen der Arbeitsmarktpolitik abgesehen (Band I, S 491 f, 494 f, Band II, S 22 d.A und Urteilsseite 11). Die im gegebenen Zusammenhang aus dem Umstand, daß die Untersuchung (von den bereits behandelten, hier aber nicht in Betracht zu ziehenden gesetzlichen Ausnahmefällen abgesehen) aus Gründen der öffentlichen Gesundheit - unabhängig von einem arbeitsmarktpolitischen Interesse - zwingend vorgeschrieben ist, gezogene Schlußfolgerung auf einen dem Angeklagten bewußten Gesetzesverstoß, und damit auf den wissentlichen Befugnismißbrauch und den Schädigungsvorsatz im Sinn des § 302 Abs 1 StGB ist, entgegen den teils unter der Z 5, teils unter der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO aufscheinenden, sachlich jedoch nur nach dem ersteren Nichtigkeitsgrund zu wertenden Beschwerdeeinwendungen, insbesondere auch angesichts der spezifischen Organwalterstellung des Beschwerdeführers und seiner Kenntnis der erwähnten Rechtsvorschriften durchaus denkrichtig und lebensnah. Soweit das Erstgericht unbeschadet der die Kenntnis der Rechtsvorschriften bejahenden Verantwortung des Angeklagten davon ausgeht, daß er diese Vorschriften 'kennen mußte' und es ihm 'bekannt sein mußte', daß er durch sein Verhalten die Republik Österreich in ihren Rechten schädigte (Bd II/59 d.A), handelt es sich, wie die ausdrückliche Urteilsfeststellung sowohl des wissentlichen Befugnismißbrauches als auch des diesen tragenden Vorsatzes (konkreter) Rechtsschädigung (Bd II/58 f d.A) zeigt, um eine, wenngleich sprachlich nicht ganz geglückte, Umschreibung der überzeugung des Erstgerichts (§ 258 Abs 2 StPO) von der Stringenz seiner Schlußfolgerungen.
Mit seinem die Kenntnis der relevanten Bestimmungen des AuslBG, seine sachliche Zuständigkeit und den Schädigungsvorsatz bestreitenden Gutgläubigkeit bei der Unterfertigung ihm vorerledigter Aktenstücke reklamierenden Vorbringen der Rechtsrüge aber geht der Beschwerdeführer nicht vom Urteilssachverhalt aus und bringt daher den materiellen Nichtigkeitsgrund (Z 9 lit a) nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Das Erstgericht nahm, worauf bereits hingewiesen wurde, auf der inneren Tatseite ausdrücklich als erwiesen an, daß der wissentlich erfolgte Befugnismißbrauch vom Vorsatz des Angeklagten getragen war, die Republik Österreich in ihren Rechten (Risikoausschluß in bezug auf die öffentliche Gesundheit) zu schädigen.
Wenn der Beschwerdeführer in seiner Rechtsrüge den festgestellten Schädigungsvorsatz negiert und einwendet, er sei der irrigen Meinung gewesen, daß die ärztlichen Untersuchungen ohnedies von der Bezirkshauptmannschaft veranlaßt werden würden - wiewohl in der Mehrheit der Fälle wegen der Art der Beschäftigung (Arbeiter- bzw Hilfsarbeitertätigkeit im handwerklichen Bereich und im Baugewerbe) eine Untersuchung nach dem Bazillenausscheidergesetz gar nicht in Betracht kam - so verläßt er damit den Boden des Urteilssachverhaltes und führt deshalb die Rechtsrüge nicht dem Gesetz gemäß aus.
Somit mußte die Nichtigkeitsbeschwerde als unbegründet und teils auch als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt verworfen werden. Eine materielle, vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachte Nichtigkeit nach dem § 281 Abs 1 Z 11 StPO haftet dem Ersturteil allerdings insofern an, als ein Ausspruch im Sinn des § 38 StGB unterblieb. In amtswegiger Wahrnehmung dieser Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 11 StPO) war daher die Anrechnung dieser Vorhaftzeit auf die Strafe nachzutragen.
Mithin war insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden. Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 302 Abs 1 StGB eine - gemäß dem § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehene - Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die Wiederholung der strafbaren Handlung, als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Angeklag.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafausmaßes und die Umwandlung der Freiheitsstrafe in eine - gleichfalls bedingt nachzusehende - Geldstrafe an.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz im wesentlichen richtig und auch vollständig angeführt. Wenn der Berufungswerber auf seine bisher einwandfreien Dienstleistungen hinweist, ist ihm entgegenzuhalten, daß ihn als stellvertretenden Behördenleiter, dem auch die Revision anderer Bediensteter oblag, ein gehobenes Maß an Verantwortung und damit eine besondere Pflicht zur Gesetzestreue traf. Die vielfache Tatwiederholung und ihre Fortsetzung durch einen Zeitraum von über einem Jahr lassen das bekämpfte Strafausmaß nicht überhöht erscheinen.
Damit fehlt es aber - schon wegen der Höhe der für schuldadäquat befundenen Freiheitsstrafe - jedenfalls an einer Voraussetzung für die Anwendung des § 37 StGB
Aus diesen Erwägungen konnte auch der Berufung kein Erfolg beschieden sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
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