BVwG W123 1427179-1

BVwGW123 1427179-18.7.2014

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W123.1427179.1.00

 

Spruch:

W123 1427179-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. am 01.01.1994, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.05.2012, AZ. 11 06.027-BAT, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gem. §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF wird das Verfahren insoweit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger von der Volksgruppe der Hazara stellte - nach illegaler und schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet - am 20.06.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zum Fluchtgrund gab er an, dass er ein Lebensmittelgeschäft in der Provinz Maydan-Wardak, XXXX, gehabt habe. In diesem Gebiet habe es viele Taliban gegeben. Diese Taliban hätten im Geschäft des Beschwerdeführers ihre Waffen und Munitionen gelagert. Der Beschwerdeführer habe das nicht gewollt und habe die Taliban aufgefordert, keine Waffen mehr zu lagern. Die Taliban seien immer wieder gekommen und hätten die Waffen im Geschäft des Beschwerdeführers hinterlegt. Der Beschwerdeführer sei dann zur Polizei gegangen und habe dies gemeldet. Als die Taliban ihre Waffen wieder abholen haben wollen, habe der Beschwerdeführer gesagt, dass die Waffen bei der Polizei seien. Daraufhin hätten die Taliban den Beschwerdeführer aufgefordert, diese wiederzubeschaffen, ansonsten würden sie den Beschwerdeführer mitnehmen und er müsse einen Selbstmordanschlag durchführen. Der Beschwerdeführer habe davor Angst gehabt, deshalb sei er geflüchtet.

2. Am 17.08.2011 fand eine erste Einvernahme vor dem Bundesasylamt statt. Die Niederschrift lautet auszugsweise:

LA: Bitte nennen Sie Ihr Geburtsdatum und Ihren konkreten Geburtsort?

AW: Das weiß ich gar nicht.

LA: Wissen Sie Ihren Geburtsort und Geburtsdatum?

AW: Ich bin 17 Jahre und zwei Monate alt, soweit ich weiß, aber ich habe meine Eltern nicht nach meinem genauen Geburtsdatum gefragt.

Meine älteste Schwester ist 21, meine andere Schwester ist 19 und der Altersunterschied zwischen uns beträgt jeweils zwei Jahre, daher denke ich, ich bin 17 Jahre.

LA: Geburtsort bitte?

AW: Meine leibliche Mutter ist verstorben. Meine Stiefmutter und meinen Vater habe ich danach nicht gefragt.

Befragt, ob ich meine Geburtsprovinz kenne gebe ich an, in Maydan Wardak bin ich geboren.

Vorhalt: Weswegen führten Sie am 20.06.2011 polizeilich erstbefragt aus, in XXXX, Maydan Wardak, Afghanistan geboren zu sein und führen aber heute aus, Ihren Geburtsort nicht zu kennen?

AW: Ich meinte damals, dass ich aus XXXX in Maydan Wardak komme.

LA: Was ist XXXX?

AW: Das ist so wie die Gegend hier Traiskirchen, die Bahnstation in Traiskirchen.

Nachgefragt, das ist kein Dorf oder Distrikt, dass ist so wie eine Station.

...

LA: Sie selbst, sind Sie verlobt oder verheiratet?

AW: Ich bin nicht verheiratet, aber ich bin verlobt.

Nachgefragt, ich bin seit fünf Monaten verlobt. Meine Verlobte heißt XXXX. Wir waren ineinander verliebt und haben uns daher verlobt.

Meine Familie hat um Sie geworben, aber ich wollte diese Verlobung auch selbst.

LA: Wo wohnt XXXX?

AW: Auch in XXXX. Wir lebten in derselben Gasse.

LA: Wo konkret wohnen Ihr Vater, Ihre Stiefmutter und gesamt sechs Geschwister bzw. Stiefgeschwister jetzt im Moment?

AW: Ich stehe in Kontakt. Sie sind noch in XXXX. Wir haben letzte Woche telefoniert und ich habe erfahren, dass sie auch vorhaben, nach Pakistan zu reisen.

LA: Warum plant Ihre Kernfamilie den Umzug nach Pakistan?

AW: Die Sicherheitslage in unserer Gegend ist schlecht, deswegen.

...

LA: Wer betreibt dieses Lebensmittelgeschäft von Ihnen jetzt?

AW: Die Familie ist in den Norden gereist. Ich glaube, sie sind in Mazar-e-Sharif. Sie wollten weiter nach Pakistan.

Vorhalt: Im Vorfeld heute führten Sie aus, dass Ihre Familie bei Ihrem letzten Telefonat vor einer Woche noch immer in XXXXlebte und auch das Haus Ihrer Familie dort noch nicht verkauft ist. Nun führen Sie aus, dass laut Ihnen glaublich Ihre Familie inzwischen in Mazar-e-Sharif ist?

AW: Ich meinte, dass Sie dort lebten.

Vorhalt: Erstbefragt am 20.06.2011 führten Sie nicht aus, dass Ihre leibliche Mutter verstorben ist und Frau XXXXIhre Stiefmutter ist und Ihre drei jüngeren Brüder XXXX, XXXX und XXXX Ihre Stiefbrüder. Erklären Sie mir das?

AW: Ich wurde nicht gefragt, ob das meine Stiefmutter ist oder ob das meine Stiefgeschwister sind.

...

LA: Nennen Sie nun bitte die Gründe für Ihre Flucht aus Afghanistan etwa zwei Monate vor Ihrer Ankunft in Ö., was war dann der Auslöser für Ihre Flucht?

AW: Die Taliban hatten ja Waffen in meinem Laden gelagert und ich habe das der Polizei gemeldet. Ich bin aber nicht vor der Behörde geflüchtet. Wegen dem Drohbrief musste ich vor den Taliban flüchten.

LA: Schildern Sie mir bitte wie das abgelaufen ist, als die Taliban von Ihnen ihre Waffen zurückgefordert haben, die die Polizei einbehalten hatte?

AW: Zweimal kamen Taliban auf offener Straße auf mich zu und haben mich aufgefordert. Beim dritten Mal meinten sie, sie würden mir vergeben, wenn ich mit ihnen im Gegenzug zusammenarbeite.

LA: Wann konkret war dieses dritte Zusammentreffen?

AW: Ich erinnere mich nicht.

LA: Wie lange circa vor Ihrer letzten Ausreise aus Afghanistan war dieses dritte Zusammentreffen, wo die Taliban wollten, dass Sie für sie arbeiten?

AW: Also nach dem Drohschreiben wurde ich zweimal zur Rückgabe der Waffen aufgefordert. Das dritte Mal forderten sie mich auf, mit ihnen zusammen zu arbeiten.

Ich habe nicht genau in Erinnerung, wann das war.

LA: Was für eine Arbeit sollten Sie für die Taliban machen?

AW: Ich sollte Waffen transportieren weil sie meinten, dass ich als Minderjähriger nicht verdächtigt werde, Waffen zu transportieren.

LA: Aber Sie hatten sich ja im Vorfeld schon selbst polizeilich als Minderjähriger gestellt, der Waffen lagerte. Somit waren Sie doch schon betreffend Waffen behördlich vorbelastet?

Anmerkung: AW wiederholt sein Vorbringen.

LA: Eben weil Sie sich der Polizei schon gestellt hatten, waren Sie doch behördlich vorbelastet, mit Waffen zu tun zu haben. Erklären Sie mir das bitte?

AW: Ja. Aber die Taliban denken nicht an so was und wollen nur ihre Arbeit erledigt haben. Ich soltle für die auch andere junge Burschen überreden, für die Taliban zu arbeiten.

Vorhalt: Es ist schlichtweg nicht logisch nachvollziehbar, weswegen die Taliban, die wegen Ihnen ja schon Waffen an die Polizei verloren hatten, Ihnen nochmals Waffen anvertrauen sollten. Erklären Sie mir das bitte?

AW: Die Taliban schicken dich irgendwo hin in irgendeine Provinz und erteilen dir eine Aufgabe, die ihnen passt.

LA: Wollten die Taliban sonst noch etwas anderes außer Waffentransport und Jugendliche anwerben?

AW: Sie meinten auch, wenn ich diese zwei Arbeiten nicht fertig bringe, sollte ich als Märtyrer ins Paradies kommen, als Selbstmordattentäter.

LA: Wann haben Sie eigentlich begonnen Ihrem Vater und Ihrer Stiefmutter von Ihren Problemen mit den Taliban zu berichten?

AW: An dem Tag, als ich zur Polizei bin nach XXXX wurde auch mein Vater hinbestellt. Ich bin zur Polizei und wurde genau befragt, wer ich bin, wer meine Familie ist und so weiter. Die Polizei hat dann meinen Vater angerufen und hinbestellt.

Als ich das erzählt habe bei der Behörde und die Behörde Vater bestellte, hat er davon erfahren.

LA: Nachdem die Taliban Sie aufforderte, für Sie Waffen zu transportieren und Jugendliche anzuwerben, andernfalls Selbstmordattentäter zu werden, sind Sie danach noch ein weiteres Mal mit den Taliban zusammengetroffen?

AW: Nein, denn dann bin ich geflüchtet.

LA: Wie viele Tage danach haben Sie Ihre Flucht begonnen?

AW: Zuhause habe ich davon erzählt. Am Vormittag habe ich das erzählt gegen 10:00 und am selben Tag in der Nacht sind wird geflüchtet.

LA: Und wann überhaupt haben Sie vom vorliegenden Drohschreiben der Taliban erfahren?

AW: Um 10:00 am Vormittag. Habe ich schon vorhin so gesagt.

LA: Somit haben Sie Ihren Eltern vom Plan der Taliban mit Ihnen erzählt und zeitgleich - auch um 10:00 Uhr - Ihre Eltern Ihnen vom Drohschreiben gegen Sie erzählt und in der Nacht desselben Tages sind Sie geflüchtet?

AW: Das ist richtig.

LA: Haben Sie sich nochmals an die Polizei gewendet?

AW: Ist sinnlos.

LA: Warum?

AW: Das sind normale Fälle für die afghanische Polizei und die Polizei rät, auf sich selbst aufzupassen.

LA: Aber Sie haben sich ja schon wegen der Waffen in Ihrem Laden an die Polizei gewendet und wurde ordentlich ermittelt und auch Ihrem Wunsch an die Polizei, die Waffen zu entfernen, nachgekommen?

AW: Die Polizei hätte mir wahrscheinlich geraten, zu übersiedeln und woanders mein Leben aufzubauen. Es gibt zu viele Taliban, auch in der Regierung, das ist allgemein bekannt. Selbst der Bruder vom XXXX hat es nicht überlebt und ich wäre nur ein normaler Mann.

3. Am 20.04.2012 fand vor dem Bundesasylamt eine weitere Einvernahme statt. Die Niederschrift lautet auszugweise:

LA: Wo leben Ihre Eltern und Geschwister derzeit?

AW: Alle leben in Mazar-i-Sharif.

LA: Wo in Mazar-i-Sharif?

AW: Sie leben im Bezirk XXXX. Sie wohnen dort in einem Miethaus.

Befragt, wer aller in diesem Miethaus lebt gebe ich an, mein Vater, meine Stiefmutter, meine zwei Schwestern und vier Brüder.

LA: Wovon lebt Ihre Familie in Mazar-i-Sharif?

AW: Mein Vater arbeitet. Er ist Arbeiter.

LA: Seit wann wohnt Ihre Kernfamilie dort in XXXX?

AW: Das weiß ich nicht genau.

Befragt, seit wann circa gebe ich an, das kann ich nicht einschätzen, ich weiß das nicht.

LA: Stehen Sie derzeit in Kontakt?

AW: Ja, einmal im Monat telefonieren wir.

LA: Welche Verwandten haben Sie sonst noch in Afghanistan, damit meine ich auch Onkeln, Tanten etc.?

AW: Meine Großmutter mütterlicherseits ist bereits verstorben und meine Großvater väterlicherseits ist bereits verstorben. Ein Onkel väterlicherseits von mir lebt in Kabul. Ich habe fünf Onkel mütterlicherseits und ich glaube, sie leben alle in Kabul.

Befragt, wie lange ich zu meinen gesamt sechs Onkeln von mir schon keinen Kontakt mehr habe gebe ich an, das ist schon lange her.

Ich glaube, ich habe eine Tante mütterlicherseits und zwei Tanten väterlicherseits, aber genau weiß ich das nicht.

LA: Wie geht es Ihrer Kernfamilie in Mazar-i-Sharif?

AW: Es geht ihnen gut.

LA: Die Familie Ihrer Verlobten XXXX, wo lebt diese?

AW: Sie wohnen in XXXX in der Provinz Maydan Wardak.

...

LA: Haben die Taliban sich noch einmal an jemanden aus Ihrer Familie gewendet?

AW: Ich glaube, meine Familie wurde von den Taliban bedroht und dann wechselten sie die Wohnadresse.

LA: Ihre Familie hatte ja laut Ihnen in der letzten EV vor, nach Pakistan umzuziehen. Warum zogen Ihre Eltern und Geschwister dann letztlich Mazar-i-Sharif, Balkh?

AW: Weil derzeit die Sicherheitslage in Pakistan schlechter ist als in Afghanistan. Daher ist mein Vater mit der Familie nach Mazar-i-Sharif gezogen.

LA: Wurde das Lehmhaus Ihrer Familie in XXXX verkauft?

AW: Ich habe meinen Vater das nicht gefragt.

Ich weiß es nicht.

LA: Wissen Sie, wann die Taliban Ihre Familie in XXXX bedroht haben?

AW: Das weiß ich nicht.

Befragt, ob das vor oder nach meiner Flucht aus Afghanistan war gebe ich an, das war nach meiner Flucht. Ich nahm Kontakt mit meiner Familie auf und habe erfahren, dass sie jetzt in Mazar-i-Sharif ist.

LA: Hat Ihre Familie seitdem Sie in Mazar-i-Sharif lebt Ruhe vor den Taliban?

AW: Ja. Sie sagen, es geht ihnen gut.

...

LA: Eine letzte Frage habe ich noch. Wenn Sie sagen: "damals wegen meiner Probleme war ich schon bei der Polizei", wann konkret und in welcher Angelegenheit haben Sie sich in Afghanistan an die Polizei gewendet?

AW: Wann ich genau zur Polizei ging weiß ich nicht, aber wegen der erwähnten Probleme

ging ich zur Polizei.

Nachgefragt gebe ich an, weil ich die Waffen im Geschät hatte ging ich zur Polizei.

LA: Haben Sie sich auch einmal in einer anderen Gelegenheit als den besagten Waffen an die Polizei gewendet?

AW: Nur wegen der Probleme mit den Taliban.

LA: Als die Taliban deren Waffen zurückverlangten und meinten, Sie sollen sich ihnen anschließen und gegebenenfalls Selbstmordattentäter werden, haben Sie sich wegen dieser Bedrohung auch an die Polizei gewendet?

AW: Ja, ich war auch deshalb bei der Polizei. Als ich denen sagte, dass mich die Taliban bedrohen und verlangen, für sie zu arbeiten, lachten die Polizisten und sagten, ich soll zu einer anderen Provinz gehen und dort leben, oder Afghanistan verlassen und im Ausland leben. Sie sagten mir, dass das meine Probleme seien und ich selbst schauen soll, wie ich damit fertig werde.

Befragt, ob ich oder mein Vater auch wegen dem erhaltenen Drohbrief bei der Polizei war gebe ich an, mein Vater ging hin, aber ich weiß nicht, was die Polizei ihm sagte.

Vertreterin an AW: Welches Schreiben ist im Original bei der Polizei in Afghanistan?

AW: Der Original Drohbrief ist bei der Polizei in Maydan Wardak.

LA: Warum gaben Sie in unserer letzten Einvernahme an, sich eben nicht an die Polizei gewendet zu haben, nachdem die Taliban Ihnen drohten bzw. zum Mitglied bzw. zum Selbstmordattentäter machen wollten?

AW: Auch das letzte Mal habe ich Ihnen erzählt, dass ich bei der Polizei war und die mir sagten, dass das meine Privatprobleme wären und ich das selbst lösen soll.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Die Beweiswürdigung lautet auszugsweise:

Sie waren nicht in der Lage, die von Ihnen im Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe glaubhaft zu machen. Es kam nämlich zu gravierenden Widersprüchen und war Ihr Gesamtvorbringen von einer offensichtlichen Unlogik durchzogen.

So konnte Ihnen schon einmal nicht gefolgt werden, wenn Sie angaben, die Taliban hätten im Dorf XXXX in Ihrem dortigen Lebensmittelladen mehrfach Waffen und Munition gelagert, nachdem diese eine "Scheinfreundschaft" mit Ihnen geschlossen hätten, was Sie - nachdem Sie den Inhalt der Ladungen entdeckt hätten - bei der nächstgelegenen Behörde - laut Ihnen in der sog. Hauza im Amt der Direktion 25 in XXXX - gemeldet hätten. Laut Ihnen weiters wären noch am Tag Ihrer dortigen polizeilichen Meldung die Waffen der Taliban aus Ihrem Geschäft in XXXX geholt und beschlagnahmt worden und wäre es zu drei Verhören Ihrer Person gekommen, bevor das Verfahren gegen Sie eingestellt und Sie von der Behörde als unschuldig erklärt worden wären. Hierbei ist schon einmal nicht nachvollziehbar, dass laut Ihnen die Taliban die Waffenbeschlagnahmung und Ihre drei Verhöre bei der Polizei im zehn Minuten von XXXX entfernten XXXX nicht bemerkt hätten, sondern drei Tage nach der Beschlagnahmung, als sie wieder geöffnet hätten, ihre Waffen abholen hätten wollen. Folgt man nämlich Ihren Angaben, wonach die Taliban dergestalt mächtig in Ihrer Heimatprovinz wären, dass diese Sie auch überall anders in Afghanistan ausfindig machen hätten können, so lässt sich dieser von Ihnen behauptete Einfluss nicht damit vereinbaren, dass die Taliban drei Tage lang nicht bemerkt hätten, dass Sie deren Waffen der Behörde gemeldet hätten. Komplett unlogisch ist nun hierbei aber auch, dass die Taliban NACHDEM Sie deren bei Ihnen im Geschäft gelagerte Waffen den Behörden übergeben und den Taliban damit geschadet hätten, Sie innerhalb kürzester Zeit zur Zusammenarbeit mit ihnen aufgefordert und gewollt hätten, dass Sie Waffen für sie transportieren, junge Burschen anwerben und - sollte Ihnen dies nicht gelingen - als Selbstmordattentäter fungieren. Absolut nicht logisch ist hierbei nämlich, dass Sie einerseits den Taliban geschadet hätten und sie den Behörden verraten hätten und aber andererseits die Taliban Ihnen nochmals deren Waffen anvertrauen hätten sollen, da die Taliban logischerweise wieder damit rechnen hätten müssen, dass Sie dies der Polizei melden.

Auch, dass laut Ihnen im Verfahren Ihr Vater einen Drohbrief erhalten hätte, in welchem die Taliban Ihnen gedroht hätten, Sie "in die Hölle zu schicken", wovon Sie aber erst eine Woche später erfahren hätten und aber die Taliban, nachdem diese Ihnen den Brief bereits geschrieben gehabt hätten, Sie zweimal zur Rückgabe der Waffen und einmal zur Zusammenarbeit mit Ihnen aufgefordert hätten, ist schlichtweg nicht nachzuvollziehen und demnach nicht glaubhaft. Denn hätten sich die behaupteten Ereignisse tatsächlich zugetragen, hätten die Taliban nicht 1) ein zweites Mal Vertrauen in Sie gesetzt, weil Sie sie bereits einmal verraten hätten, 2) Sie nicht zuerst schriftlich mit dem Tod bedroht, um aber dann 3) Sie wieder zur Waffenrückgabe und letztlich zur Zusammenarbeit aufzufordern.

Zum als Beweismittel vorgelegten Schriftstück - der Kopie eines Schreibens der Taliban an Ihre Person - wird angemerkt, dass dieses kopierte Schreiben nicht die Beweiskraft einer inländischen Urkunde besitzt und der freien Beweiswürdigung unterliegt. Wenn man das Schriftstück betrachtet, so findet sich daran weder ein leserlicher (Behörden)Stempel und die Art und Weise des Druckes wäre überall herstellbar und daraus ist nicht ersichtlich, dass dieses im Herkunftsstaat hergestellt wurde. Aufgrund dieser Tatsache und der diesbezüglichen - bereits ausgeführten - Unlogik in Ihrem Vorbringen, sowie bei Berücksichtigung dass es als amtsbekannt gilt, dass diverse Gefälligkeitsbestätigungen gegen ein Entgelt auf Verlangen hergestellt werden bzw. durch ein organisiertes Fälschernetz hergestellt und vertrieben werden, wird daher zum Ergebnis gelangt, dass dieser sowohl eine Aussagekraft, als auch die Echtheit und Richtigkeit versagt wird.

Weiters kam es zu einer eklatanten inhaltlichen Steigerung in Ihrem Vorbringen. Sie hatten nämlich in Ihrer polizeilichen Erstbefragung am 20.06.2011 mit keinem Wort eingelassen, dass die Taliban von Ihnen auch verlangt hätten, Waffen für sie zu transportieren und andere junge Männer anzuwerben, sondern dies erst vor dem BAA am 17.08.2011 ins Treffen geführt. Betrachtet man nun hierbei aber die Tragweite der behaupteten Forderung der Taliban an Sie, so konnte Ihrer Erklärung dieser Widersprüchlichkeit, wonach Sie in Ihrer Erstbefragung nicht so genau befragt worden wären, wie vor dem BAA, keinesfalls gefolgt werden, zumal es Ihnen zweifelsfrei zuzutrauen gewesen wäre, alle fluchtrelevanten Details zumindest kurz zu nennen, als Sie erstmals nach Ihren Fluchtgründen befragt wurden, um diesbezüglichen Schutz für sich zu erlangen, was bei tatsächlich Flüchtenden üblicherweise der Fall ist. Das absolute Nicht-Nennen aber, ist in Ihrem Fall in Zusammenschau mit der bereits gewürdigten Unlogik, was nun die Taliban überhaupt wann von Ihnen gewollt hätten, unzweifelhaft als weiteres Indiz für die Unglaubwürdigkeit Ihrer Ausführungen zu werten.

Auch, dass Sie in Ihrer polizeilichen Erstbefragung am 20.06.2011 noch angeführt haben, Sie selbst hätten die Taliban aufgefordert, in Ihrem Geschäft keine Waffen mehr zu lagern, was Sie im weiteren Verlauf des Verfahrens aber mit keinem Wort mehr erwähnten, verdeutlich nochmals, dass Sie sich betreffend Ihre Fluchtgründe nicht der Wahrheit bedienten. Denn laut Ihnen vor dem BAA hätten Sie die Waffen der Taliban selbst entdeckt und wären daraufhin sofort zur Behörde gegangen, um diese zu melden. Von einer Aufforderung Ihrerseits an die Taliban, deren Waffenlagerungen zu unterlassen, verloren Sie nach dem 20.06.2011 kein weiteres Wort.

In Ihrer zweiten Einvernahme vor dem BAA am 20.04.2012 kam ein weiterer ganz gravierender Widerspruch zutage. Befragt, ob Sie sich wegen der angeblich bestanden habenden Bedrohung durch die Taliban an die örtlichen Behörden Ihrer Heimatprovinz gewendet hätten, wie Sie es auch bereits zuvor getan gehabt hätten, als Sie die Waffen in Ihrem Geschäft gemeldet hätten, gaben Sie am 20.04.2012 an: "Ja, ich war auch deshalb bei der Polizei. Als ich denen sagte, dass mich die Taliban bedrohen und verlangen, für sie zu arbeiten, lachten die Polizisten und sagten ich soll zu einer anderen Provinz gehen und dort leben, oder Afghanistan verlassen und im Ausland leben. Sie sagten mir, dass das meine Probleme seien und ich selbst schauen soll, wie ich damit fertig werde. ..." (siehe Niederschrift 20.04.2012, S. 9). Zu ein und demselben Thema hatten Sie jedoch in Ihrer Einvernahme vor dem BAA am 17.08.2011 angegeben, sich deswegen nicht an die Polizei gewendet zu haben, nachdem die Taliban Sie bedroht hätten, sondern umgehend geflüchtet zu sein, weil das (laut Ihnen am 17.08.2011) sinnlos gewesen wäre und dies normale Fälle in Afghanistan wären, bei denen die Polizei üblicherweise raten würde, auf sich selbst aufzupassen. Am 17.08.2011 hatten Sie weiters (komplett gegenteilig zu Ihren Angaben vom 20.04.2012) noch ins Treffen geführt: "Die Polizei hätte mir wahrscheinlich geraten zu übersiedeln und woanders mein Leben aufzubauen. Es gibt zu viele Taliban, auch in der Regierung, das ist allgemein bekannt. Selbst der Bruder vom XXXX hat es nicht überlebt und ich wäre nur ein normaler Mensch." (siehe Niederschrift vom 17.08.2011, S. 16). Von gleichlautenden - und folglich glaubhaften - Einlassungen im Verfahren kann demnach auch in diesem Zusammenhang nicht die Rede sein.

Zum vorliegenden Antragsschreiben Ihres Vaters an die nationale Sicherheitsbehörde in Maydan Wardak muss gesagt werden, dass auch dieses nicht geeignet war, Ihre unglaubwürdigen Ausführungen zu den Fluchtgründen zu bestätigen. Dies deshalb, weil die bestätigende "Behörde" - deren Stempel überdies nicht lesbar ist - lediglich auf Basis der Ausführungen Ihres Vaters, jedoch nicht auf dort amtsbekannten Informationen, bestätigt, was Ihnen in der Heimat passiert wäre. Überdies zeigt sich auch bei Betrachtung des besagten Schreibens, dass dieses mit drei verschiedenen blauen Stiften (vermutlich Kugelschreibern) verfasst wurde. Hierbei ist nicht erklärlich, dass der Behördenvertreter der nicht entzifferbaren Behörde mit einem anderen Stift unterschrieben haben sollte als dem Stift, mit welchem er den behördlichen Kommentar zum Schreiben Ihres Vaters verfasst haben sollte. Summa summarum war also auch dieses vorliegende Schreiben nicht geeignet, Ihr Vorbringen glaubhaft zu machen und ist hierbei nochmals auf die sämtlichen Widersprüche im Verfahren hinzuweisen. Der Vollständigkeit halber muss auch hier nochmals darauf verwiesen werden, dass solche handgeschriebenen Schriftstücke überall herstellbar wäre und daraus nicht ersichtlich ist, dass dieses im Herkunftsstaat bzw. in Ihrer Heimatprovinz hergestellt wurde. Ferner muss nochmals gesagt werden, dass als amtsbekannt gilt, dass diverse Gefälligkeitsbestätigungen gegen ein Entgelt auf Verlangen hergestellt werden bzw. durch ein organisiertes Fälschernetz hergestellt und vertrieben werden, sowie diese Fälscher die verschiedensten Stempel gebrauchen, um einen "behördlichen Anschein" zu erwecken.

5. Am 31.05.2012 erhob der Beschwerdeführer - rechtzeitig - Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes in vollem Umfang. Der Beschwerdeführer verwies auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und führte aus, dass die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers im Wesentlichen deshalb abgewiesen habe, weil die Behörde den Beschwerdeführer als unglaubwürdig eingestuft habe. Dabei beschränke sich die belangte Behörde im Wesentlichen auf die Ebene der persönlichen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers.

6. Mit Stellungnahme vom 11.12.2012 wies der Beschwerdeführer auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 27.06.2012 hin, in der dieser auf das Verbot einer näheren Befragung zu den Fluchtgründen eingehe. Der Verfassungsgerichtshof weise dabei explizit auf den Zweck der Regelung hin, der darin bestehe, den Asylwerber davor zu schützen, sich "im Anschluss an die Flucht aus ihrem Herkunftsstaat vor uniformierten Staatsorganen über traumatische Ereignisse verbreitern zu müssen, weil sie unter Umständen erst vor kurzem vor solchen geflohen sind." Auch der Beschwerdeführer habe eine lange Flucht hinter sich gebracht und hätte man bei der polizeilichen Erstbefragung wohl zumindest darauf Rücksicht nehmen müssen.

7. Am 18.02.2014 übermittelte der Beschwerdeführer eine weitere Stellungnahme. In einem Telefonat mit dem Vater des Beschwerdeführers habe der Beschwerdeführer erfahren, dass vor einigen Wochen die Schwester des Beschwerdeführers auf der Straße von Mitgliedern der Taliban aufgegriffen und mitgenommen worden sei. Die Schwester des Beschwerdeführers habe die Adresse der Familie bekannt gegeben und sei daraufhin der Vater von den Taliban aufgesucht und genauso wie die Schwester des Beschwerdeführers nach dem Aufenthaltsort des Beschwerdeführers gefragt worden. Der Vater habe daraufhin den Männern der Taliban geantwortet, dass der Beschwerdeführer in Pakistan durch eine Autobombe getötet worden sei. Die Schwester des Beschwerdeführers sei dennoch nicht herausgegeben worden, da die Mitglieder der Taliban vermuten würden, dass der Beschwerdeführer in Europa sei. Ferner sei der Nachfolger des Geschäfts, in dem der Beschwerdeführer früher gearbeitet habe, ebenfalls nach dem Beschwerdeführer gefragt worden und habe dieser keine Auskunft geben können; sei er in weiterer Folge getötet worden.

8. Am 24.06.2014 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Die Niederschrift lautet auszugsweise:

R: Wann ist Ihre Familie von XXXX weggezogen?

BF: Bei meiner Einvernahme vom 17.08.2011 habe ich angegeben, dass meine Familie die in Entscheidung getroffen hat, nach Mazar-e-Sharif zu gehen. Ob sie tatsächlich dann nach Mazar-e-Sharif gegangen sind oder nicht, wusste ich nicht. Als ich mein Interview nachher selbst gelesen habe, habe ich festgestellt, das einige Fragen und Antworten nicht so stimmen, wie ich sie beantwortet habe. Ich kann allerdings nicht sagen, ob der Fehler damals bei mir lag oder beim Dolmetscher.

Vorhalt: R: In der Befragung vom 20.04.2012 haben Sie vor dem BAA ausgesagt, dass Ihre Familie nach Mazar-e-Sharif gezogen ist und es ihr gut geht. Was sagen Sie dazu?

BF: Auch am 20.04.2012 bei meiner Einvernahme vor dem BAA habe ich angegeben, dass meine Familie die Entscheidung getroffen hat, dass sie nach Mazar-e-Sharif gehen würden. Darüber hinaus haben sie mir gesagt, wenn sie nach Mazar-e-Sharif gehen würden, besteht die Möglichkeit, dass sie ein besseres Leben dort haben könnten, weil die Stadt Mazar-e-Sharif eine "gute" Stadt ist.

Vorhalt: R: Die Passage im Protokoll vom 20.04.2012 lautet folgendermaßen: "LA: Hat Ihre Familie seitdem Sie in Mazar-e-Sharif lebt Ruhe vor den Taliban? AW: Ja. Sie sagen, es geht ihnen gut." R:

Woher haben Sie gewusst, dass es Ihrer Familie seitdem gut geht (in Mazar-e-Sharif)?

BF: Ich bin damals von meinem Vater angerufen worden. Er hat mir mitgeteilt, dass die Familie nach Mazar-e-Sharif gehen würde und wenn Sie nach Mazar-e-Sharif gehen würden, dann würde es ihnen besser gehen. Wie ich damals gefragt worden bin, und wie ich damals die Frage verstanden habe, kann nicht heute nicht sagen, weil ich vorhin angegeben habe, dass ich damals ein Jugendlicher war, vermutlich habe ich die Frage nicht richtig verstanden oder man hat die Antwort nicht richtig übersetzt.

Der Richter weist auf die jüngste Stellungnahme des BF vom 18.02.2014 hin und stellt dazu die folgenden ergänzenden Fragen.

Der Richter weist die D an, dieses Schriftstück dem BF zu übersetzen. Es wurde eine Seite (S.2) der Stellungnahme rückübersetzt.

R: Sie sagen in diesem Schriftsatz, dass Sie mit Ihrem Vater telefoniert haben. Wer hat angerufen, Sie oder Ihr Vater?

BF: Mein Vater hat mich angerufen.

R: Wo war Ihr Vater zu dieser Zeit?

BF: Er war in Mazar-e-Sharif.

..........

R: Blieb Ihre Schwester in der Verwahrung der Taliban, nachdem sie

die Adresse Ihrer Familie bekannt gegeben hatte?

BF: Mein Vater hat mit mir gestritten (am Telefon) und hat mir

gesagt warum ich in Europa über meine Probleme, die ich in

Afghanistan hatte, gesprochen habe und warum ich nicht gesagt habe,

dass ich nach Europa auf Urlaub gegangen bin. Daher weiß ich nicht,

ob sie meine Schwester noch immer in ihrem Gewahrsam haben, oder

nicht.

..........

R: Woher wissen die Taliban, dass Ihre Familie sich nunmehr in Mazar-e-Sharif aufhält. Das ist doch weit weg von der Ursprungsprovinz zu Mazar-e-Sharif.

BF: Es sind alles Vermutungen. Es besteht die Möglichkeit, dass sie meine Familie verfolgt haben oder dass sie zufällig meine Schwester in Mazar-e-Sharif gesehen haben. Der Geheimdienst der Taliban ist sehr aktiv und sie haben mehrere Geheimdienste.

R: Der Vorfall ist ca. vier Monate her. Was passierte seitdem? Wurde Ihr Vater noch ein weiteres Mal von den Taliban belästigt?

BF: Seitdem mein Vater am Telefon mit mir gestritten hat, habe ich mit meinem Vater bzw. mit meiner Familie keinen Kontakt mehr. Er hat mir vorgeworfen, dass ich für die Familie und für ihn Schwierigkeiten bereitet habe. Ich bin von meinem Vater verstoßen worden. Er sagte mir, dass ich "nicht mehr sein Sohn" sei. Ich bin in Europa alleine. Ich habe niemanden, weder Vater noch Mutter.

R: Sie können nicht angeben, ob Ihre Schwester inzwischen von den Taliban freigelassen wurde?

BF: Nein.

R: Wie haben Sie sich bisher mit jener Schwester verstanden, die von den Taliban entführt worden ist?

BF: Die Beziehung zwischen mir und meiner Schwester beschreibe ich als sehr gut. Ich habe sie sehr lieb.

R: Standen Sie mit ihr in Kontakt, etwa telefonisch?

BF: Nachdem in der Familie nur mein Vater ein Telefon besitzt, wenn er mich angerufen hat, habe ich mit der ganzen Familie am Telefon gesprochen, darunter auch dieser Schwester.

R: Ist es Ihnen egal, was mit Ihrer Schwester passiert?

BF: Ich bin bereit zu sterben, aber ich möchte nicht, dass meiner Schwester Schaden zugefügt wird, es ist mir nicht egal.

R: Nach dem telefonischen Streit mit dem Vater: Haben Sie seitdem auch keinen Kontakt zur Mutter bzw. sonstigen Angehörigen?

BF: Wie ich vorhin angegeben habe, dass in der Familie nur mein Vater ein mobiles Telefon besaß, besteht daher nicht die Möglichkeit, mit den restlichen Familienmitgliedern in Kontakt zu bleiben, da ich wie gesagt mit meinem Vater bzw. mein Vater mit mir gestritten hat. Nach dem Streit bin ich so zornig geworden, dass ich mein Handy auf den Boden geworfen habe. Dadurch wurde mein Handy kaputt. Nach diesem Streit hatte ich solche Ängste gehabt, dass ich meine Wohnung nicht mehr verlassen konnte und ich habe immer wieder daran gedacht, dass vielleicht mein Vater Recht hat, dass ich tatsächlich für die Schwierigkeiten und Probleme, mit denen meine Familie konfrontiert ist, verantwortlich bin.

R: Könnten Sie sich vorstellen, doch nach Afghanistan, konkret nach Mazar-e-Sharif, zurückzukehren?

BF: Überhaupt nicht. Ich habe vorhin gesagt, dass mein Vater mich aus der Familie verstoßen hat. Ich habe niemanden in Afghanistan. Zweitens, wenn ich nach Afghanistan zurückkehre, werde ich zu 100% getötet. Drittens, Österreich ist sowohl mein Vater- als auch meine Mutter und mein Land.

R: Vor dem Streit mit Ihrem Vater: Hatten Sie da mit einem Familienmitglied Schwierigkeiten oder haben Sie sich mit allen verstanden?

BF: Vor dem Streit hatte ich mit meinen Familienmitgliedern eine sehr gute Beziehung gehabt und ich hatte mit niemand einen Streit.

R: Nachdem die Taliban bei Ihrem Vater waren: Hat sich Ihr Vater damals an die örtliche Polizei gewandt?

BF: Nein. Ich glaube ich habe das vorhin vergessen anzugeben, dass die Taliban meinem Vater gesagt haben, dass sie meine Schwester in ihrem Gewahrsam haben und sie nach mir fragen. Wenn mein Vater sich an die Polizei wenden würde, werden sie meine Schwester umbringen. Sie wird geköpft.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Afghanistans und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Er stammt aus der Provinz Wardak. Die Familie des Beschwerdeführers, in concreto sein Vater, seine Stiefmutter, seine zwei Schwestern und vier Brüder leben derzeit in Mazar-i-Sharif. Der Beschwerdeführer stand jedenfalls bis Februar dieses Jahres in regelmäßigen telefonischen Kontakt mit seiner Familie.

Der Beschwerdeführer verfügt über ein Externistenprüfungszeugnis über die vierte Klasse der Hauptschule (NMS XXXX). Der Beschwerdeführer hat am 12. und 13.06.2013 ein Kurzpraktikum im Lehrberuf "Straßenerhaltungsfachmann" absolviert. Der Beschwerdeführer verfügt über eine Arbeitsbestätigung ("demeter", St. Andrä am 22.08.2013), aus der hervorgeht, dass der Beschwerdeführer vom 24.07.2013 bis 19.08.2013 als Erntehelfer beschäftigt war, ferner über eine Kursbestätigung der Volkshochschule St. Pölten vom 19.12.2013, aus der hervorgeht, dass der Beschwerdeführer den "B1-Aufbaukurs für Fortgeschrittene" besucht hat, schließlich über eine Empfehlungsschrift des Vereins Christ Aktiv vom 20.06.2014. Der Beschwerdeführer hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass er am 07.06.2014 die Deutschprüfung B1 abgelegt hat. Eine diesbezügliche Bestätigung wurde nicht vorgelegt. Sonstige Abschlüsse konnte der Beschwerdeführer nicht vorweisen. Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner Arbeit nach und war auch nicht für längere Zeit bei einer karitativen Organisation tätig. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer ist gesund und leidet an keiner chronischen Krankheit.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen ist nicht glaubhaft. Es kann nicht festgestellt werden, dass ihm in Afghanistan eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht.

1.2. Sicherheitslage:

Staatendokumentation (Stand: 28.01.2014):

Der Gouverneur der Balkh Provinz, Mohammed Atta Noor, wird als möglicher Anwärter auf das Präsidentenamt gesehen (Reliefweb 26.5.2013).

Der Trend bezüglich der Sicherheitslage ging im ersten Quartal des Jahres 2013 in Richtung einer Verschärfung: Es wurden 30 Vorfälle registriert. Die Vorfälle haben sich damit in der Provinz Balkh im Vergleich zum selben Quartal des Vorjahres um 88 Prozent erhöht. (ANSO 4.2013). Allerdings berichteten Sicherheitsbeamte im Juli 2013 von einem starken Rückgang krimineller Aktivitäten (Bakhtar News 21.7.2013).

Im November 2013 wurden bei einem Selbstmordattentat in der Stadt Mazar-e Sharif auf den Vize-Gouverneur, der unverletzt blieb, mindestens zwei Zivilisten getötet, sowie vier weitere verletzt (Khaama 17.11.2013).

Schweizer Flüchtlingshilfe (Stand 30.09.2013)

Osten und Süden. Im Süden waren auch 2012 die meisten zivilen Opfer zu beklagen (46 Prozent). Der Fokus der regierungsfeindlichen Gruppierungen richtete sich jedoch zunehmend auf den Osten, wo die gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Folge rasant angestiegen sind. Insbesondere in Nangarhar haben die regierungsfeindlichen Gruppierungen eine signifikante Eskalation zur Verstärkung ihrer Hochburg im Osten unternommen. ANSO geht davon aus, dass es sich um eine strategische Positionierung im Hinblick auf 2014 handelt. Im Frühjahr 2013 konnten die regierungsfeindlichen Gruppierungen ihre Position im Osten weiter konsolidieren und auch im Süden sind die Angriffe erneut in die Höhe geschnellt. Die meist umkämpften Provinzen waren 2012/13 Kandahar, Nangarhar, Helmand, Khost, Kunar und Ghazni.

Norden. Im Norden sind enge Verstrickungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen,lokalen Machthabern und Kräften der organisierten Kriminalität bedeutsam. Während die Aktivitäten regierungsfeindlicher Gruppierungen gemäss ANSO2012 mit Ausnahme der Provinzen Baghlan und Faryab abnahmen, wurde im ersten Quartal 2013 in den meisten Provinzen des Nordens eine Verschlechterung der Sicherheitslageverzeichnet. Grund dafür sind zahlreiche militärische Operationen der internationalen Truppen, zunehmende Anschläge regierungsfeindlicher Gruppierungen sowie die Aktivitäten lokaler Milizen. Die regierungsfeindlichen Gruppierungen sind im Begriff, neben dem Süden und Osten des Landes eine dritte Front vom Norden Richtung Süden zu schaffen (Faryab-Badhis-Ghor-Farah-Helmand). In der bisher als ruhig geltenden Provinz Badakhshan gewannen die regierungsfeindlichen Gruppierungen nach dem Abzug der ISAF ebenfalls an Einfluss. Anfang März 2013 mussten ISAF-Soldatinnen und Soldaten zur Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräftenach Badakhshan zurückgeschickt werden. Ende September 2013brachten die Taliban den Distrikt Keran-wa-Monjan der Provinz Badakhshan unter ihre Kontrolle. Der Verwaltungs- sowie der Polizeichef mussten fliehen.

Westen. Die Anschläge sind in den westlichen Provinzen im Vergleich zum Vorjahr im Durchschnitt um 72 Prozent in die Höhe geschnellt. In den westlichen Grenzprovinzen konnte beobachtet werden, wie es regierungsfeindlichen Gruppierungen gelungen ist, die entstehende Lücke der abziehenden internationalen Truppen zu füllen.

Kabul und Zentrum. Auch 2013 stellten die Taliban unter Beweis, dass sie in Kabuls Hochsicherheitszonen weiterhin komplexe Anschläge durchführen können. So ereignete sich etwa beim Besuch des neuen US-Verteidigungsministers am 9. März2013 vor dem Verteidigungsministerium ein Selbstmordanschlag. Am 10. Juni 2013 griffen Angehörige der Taliban das NATO-Hauptquartier im militärischen Teil des Flughafens in Kabul an und lieferten den afghanischen Sicherheitskräften ein rundvierstündiges Gefecht. Nur ein Tag später, am 11. Juni 2013, verübten Angehörige der Taliban einen Anschlag auf den Obersten Gerichtshof in Kabul.

Deutsche Bundesregierung, Fortschrittsbericht, vom Jänner 2014, S.11:

Eine zusammenfassende Betrachtung der Sicherheitssituation erlaubt es, von einer "ausreichend kontrollierbaren Sicherheitslage" in den Bevölkerungszentren und entlang der bedeutsamen Verkehrsinfrastruktur zu sprechen. In diesen Gebieten leben rund 80 Prozent der afghanischen Bevölkerung. In der Hauptstadt Kabul ist die Sicherheitslage durch die ANSF trotz einzelner medienwirksamer Anschläge und häufigen Hinweisen auf Anschlagsplanungen unverändert "überwiegend kontrollierbar". In den ländlichen - vorwiegend paschtunisch geprägten - Gebieten im Osten und Süden herrscht hingegen eine "überwiegend nicht" oder in einigen wenigen Distrikten teilweise sogar eine "nicht kontrollierbare Sicherheitslage". Dass ein potenziell verheerender Selbstmordanschlag mit einer übergroßen Wirkladung von nahezu 30 t Explosivstoff in der ostafghanischen Provinz Paktiya im Oktober 2013 verhindert werden konnte, unterstreicht sowohl die Wachsamkeit und Kompetenz der ANSF als auch das regional weiterhin hohe Bedrohungspotenzial der RFK.

Anfragebeantwortung zu Afghanistan, accord vom 04.02.2014:

Die US-amerikanische Rechercheagentur des Kongresses (Congressional Research Service, CRS) beschreibt im Oktober 2013 unter anderem die Provinz Bamiyan als eine der "stabileren Provinzen". Die politische Führung der Provinzen Bamiyan und Balkh würde sich jedoch beschweren, dass 80 Prozent der internationalen Hilfe in unruhige Provinzen fließen würde und die Bedürfnisse von armen Afghanen in friedlichen Gebieten ignoriert würden:

"Some of the more stable provinces, such as Bamiyan and Balkh, complain that 80% of international aid has flowed to the restive provinces and ignoring the needs of poor Afghans in peaceful areas."

(CRS, 23. Oktober 2013, S. 58)

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 11.02.2014:

Die Sicherheitslage in Kabul und den anderen großen Städten, wie Herat, Mazar-e Sharif und Faizabad ist vergleichsweise gut. UNHCR gab an, dass Kabul eine Option ist um in Sicherheit zu sein, es hängt aber von der Art des Konflikts und dem Profil der Person ab.

Hochrangige Beamte und Beschäftigte im öffentlichen Dienst sehen sich einer realen Gefahr ausgesetzt, in allen Gebieten Afghanistans durch Aufständische eingeschüchtert oder verfolgt zu werden.

Beamte und Beschäftigte mit niedrigem Rang im öffentlichen Dienst sehen sich in unsicheren Randgebieten Afghanistans auch einer realen Gefahr ausgesetzt, durch Aufständische eingeschüchtert oder verfolgt zu werden. In den sicheren Gegenden in Afghanistan, welche nicht unter Kontrolle der Aufständischen sind (zum Beispiel die Städte Kabul, Herat und Mazar) besteht diesbezüglich nur ein geringes Risiko. Wenn so ein Beamter oder Beschäftigter seine Regierungstätigkeit beendet und in eine andere (sichere) Gegend umsiedelt, besteht für ihn -sofern keine spezifischen individuellen Umstände, welche zu einer Verfolgung führen bestehen- die Möglichkeit sich den Bedrohungen der Aufständischen zu entziehen.

Es gibt Hinweise, dass die Bedrohung von NGOs rückläufig ist und dass afghanische NGO - Arbeitnehmer nicht mehr systematisch von den Aufständischen verfolgt werden. Unter bestimmten Umständen kann dies dennoch der Fall sein: Arbeit für eine US-finanzierte oder eine US-Organisation oder wenn es um Aktivitäten geht die von den Aufständischen als politisch erachtet werden. Das Risiko einer derartigen Bedrohung ist jedoch in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat gering. Es kommt jedoch auf die individuellen Umstände an.

Es ist nach den individuellen Umständen des Einzelfalls festzustellen, ob die Taliban die Person weiterhin bedrohen würden, nachdem sie ihren Job gekündigt oder die Tätigkeiten eingestellt hat. Wenn ein afghanischer Zivilist seine Arbeit für eine NGO, eine internationale Organisation oder für ein ausländisches Unternehmen beendet und in eine sichere Gegend umsiedelt besteht für ihn -sofern keine spezifischen individuellen Umstände, welche zu einer Verfolgung führen bestehen- die Möglichkeit sich den Bedrohungen der Aufständischen zu entziehen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesasylamtes und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Staatsangehörigkeit und die Identität des Beschwerdeführers (Name, Geburtsdatum, Geburtsort) ergeben sich aus dem von ihm im Lauf des Verfahrens vorgelegten afghanischen Reisepass, dessen Echtheit im Lauf des Verfahrens nicht angezweifelt wurde. Die Feststellungen zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit, zum Wohnort im Herkunftsland, den Familienverhältnissen und den Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus der unzweifelhaften Aktenlage.

Die Länderfeststellungen gründen auf den jeweils angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen, denen nach der Einräumung der Möglichkeit zur Stellungnahme nicht entgegengetreten wurde, besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich aus den folgenden Erwägungen der Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid an, wonach das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat aus asylrelevanten Gründen nicht glaubhaft ist:

Das Bundesasylamt hat sich im Rahmen der Beweiswürdigung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in umfassender Weise auseinander gesetzt, dabei Widersprüchlichkeiten aufgezeigt und ist schlüssig und nachvollziehbar zum Ergebnis gelangt, dass die geschilderten Fluchtgründe als nicht glaubhaft zu beurteilen waren (siehe dazu insbesondere die oben unter I., Rn 4, zitierten Originalpassagen des angefochtenen Bescheids).

Der Beschwerdeführer hat zudem weder in der Beschwerde vom 31.05.2012, noch in der Stellungnahme vom 11.12.2012 den Versuch unternommen, die schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Bundesasylamtes zu entkräften. Der Beschwerdeführer wies einzig auf die Tatsache hin, dass er im Zuge der Erstbefragung eine lange Flucht hinter sich gebracht habe und man diesen Umstand bei der polizeilichen Erstbefragung berücksichtigen hätte müssen. Zwar wies das Bundesasylamt im Rahmen seiner Beweiswürdigung auf das "gesteigerte Vorbringen" des Beschwerdeführers (zwischen Erstbefragung und den Einvernahmen vor dem Bundesasylamt) hin, jedoch hat die belangte Behörde dieses Vorbringen nicht - wie offenbar der Beschwerdeführer vermeint - als einzigen Grund für die mangelnde Glaubwürdigkeit herangezogen. Dies betraf eher einen Nebenaspekt im Rahmen der Beweiswürdigung. Vielmehr hat das Bundesasylamt konkret dargelegt, warum die Aussagen des Beschwerdeführers im Zuge der Einvernahmen vor dem Bundesasylamt als nicht glaubhaft zu qualifizieren waren (vgl. insbesondere die Seite 51, Seite 52 [ersten zwei Absätze], Seite 53 [zweiter Absatz] und Seite 53 [erster Absatz]).

Aber auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht hinterließ der Beschwerdeführer keinen glaubhaften Eindruck. Dies zeigte sich schon daran, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage (bzw. nicht willens) gewesen war, schlüssig und nachvollziehbar aufzuklären, warum er einerseits am 20.04.2012 vor dem Bundesasylamt zu Protokoll gegeben hat, dass seine Familie in Mazar-i-Sharif lebe und es ihnen gut gehe, jedoch plötzlich vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr angeben könne, dass die Familie nach Mazar-i-Sharif gegangen sei und auch dort lebe. Völlig unglaubwürdig wird diese Angabe mit der seitens des Bundesverwaltungsgerichts daran anschließenden Konfrontation des Beschwerdeführers mit seiner jüngst eingebrachten Stellungnahme vom 18.02.2014 und der Antwort des Beschwerdeführers, wonach sein Vater ihn aus Mazar-i-Sharif angerufen habe, demzufolge also sein Vater (bzw. die ganze Familie des Beschwerdeführers) offenkundig doch in Mazar-i-Sharif lebt.

Auch die Ausführungen zum behaupteten Vorfall im Jänner 2014, in der die Schwester des Beschwerdeführers von den Taliban entführt worden sein soll, erscheinen nicht glaubhaft. Der Anlassfall, der den Beschwerdeführer zur Flucht bewegt hat, muss sich zeitlich ungefähr in den ersten Monaten des Jahres 2011 zugetragen haben (der Beschwerdeführer war vor dem Bundesasylamt nicht im Stande, ein konkretes Datum anzugeben). Bereits in diesem Jahr soll jedoch seine Familie nach Mazar-i-Sharif gegangen sein. Im Rahmen der zweiten Befragung des Bundesasylamtes vom 20.04.2012 gab der Beschwerdeführer explizit an, dass sich seine Familie nunmehr in Mazar-i-Sharif befinde, es ihr gut gehe und seit diesem Zeitpunkt keine Probleme mehr mit den Taliban bestanden hätten. Warum aber im Jahre 2014, also nachdem die Familie nach den eigenen Aussagen des Beschwerdeführers "ungestört" in Mazar-i-Sharif leben konnte, die Taliban plötzlich in einer der sichersten Städte Afghanistans erscheinen und dann ausgerechnet am Beschwerdeführer, der bereits im Jahr 2011 nicht mehr in Afghanistan lebt, ein so großes Interesse haben sollen, ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar. Da nach den eigenen Ausführungen des Beschwerdeführers auch noch vier Brüder des Beschwerdeführers in Mazar-i-Sharif leben, wäre, für den unwahrscheinlichen Fall, dass die Taliban tatsächlich Informationen über den Aufenthaltsort der Familie des Beschwerdeführers erhalten haben sollen, wohl eher davon auszugehen, dass die Taliban - anstelle der Schwester des Beschwerdeführers - einen der vier Brüder des Beschwerdeführers entführt hätten, zumal - nach Struktur und Grundausrichtung der Taliban - wohl eher Männer primäre Zielsubjekte für ihre Interessen (Zwangsrekrutierungen, Selbstmordanschläge etc.) sind.

Schließlich führt die Tatsache, dass es zwischen dem Vater und dem Beschwerdeführer im Zuge des Telefonates zu einem Streit gekommen und aufgrund dessen der Vater seinen Sohn "verstoßen" haben soll, noch nicht automatisch dazu, dass der Beschwerdeführer - wie von ihm in der Verhandlung behauptet - nunmehr "keine Familie" mehr in Afghanistan habe. Das Bundesverwaltungsgericht geht vielmehr davon aus, dass im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Mazar-i-Sharif allfällige Streitigkeiten belegt werden können und der Beschwerdeführer mit Unterstützung seiner Familienangehörigen rechnen wird können.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (siehe insbesondere § 1 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I 144/2013).

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 7 B-VG, BGBl. 1/1930 idF BGBl. I 164/2013, wird der Asylgerichtshof mit 01.01.2014 zum Verwaltungsgericht des Bundes und hat daher das vorliegende Beschwerdeverfahren zu führen. Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I 144/2013, sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

Zu A) I.

1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 Statusrichtlinie [RL 2004/83/EG des Rates] verweist.). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (in der Fassung des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen, oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z. B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 25.01.2001, 2001/20/0011).

Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 23.07.1999, 99/20/0208; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Von mangelnder Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law² [1996] 73; weiters VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 20.09.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203).

Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist:

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

Eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen konnte vom Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht werden (vgl. Beweiswürdigung). Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

Das Bundesverwaltungsgericht hat somit vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zahl 95/18/0049; 05.04.1995, Zahl 95/18/0530;

04.04.1997, Zahl 95/18/1127; 26.06.1997, Zahl 95/18/1291;

02.08.2000, Zahl 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zahl 93/18/0214)

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zahl 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zahl 98/01/0122; 25.01.2001, Zahl 2001/20/0011).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zahl 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zahl 95/21/0294; 25.01.2001, Zahl 2000/20/0438; 30.05.2001, Zahl 97/21/0560).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. vs. Vereinigtes Königreich, Zahl 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zahl 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zahl 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB. Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK in Verbindung mit § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bzw. § 50 Abs. 1 FPG bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. vs. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zahl 2000/01/0443;

13.11.2001, Zahl 2000/01/0453; 09.07.2002, Zahl 2001/01/0164;

16.07.2003, Zahl 2003/01/0059).

Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zahl 2001/21/0137).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten (oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000; VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; 8.6.2000, 99/20/0203; 8.6.2000, 99/20/0586;21.9.2000, 99/20/0373; 25.1.2001, 2000/20/0367; 25.1.2001, 2000/20/0438; 25.1.2001, 2000/20/0480; 21.6.2001, 99/20/0460;16.4.2002, 2000/20/0131; vgl. dazu überdies EUGH 17.2.2009, Meki Elgafaj/Noor Elgafaj vs. Staatssecretaris van Justitie, C-465/07 , a, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 45, wonach eine Bedrohung iSd Art. 15 lit. c der Richtline 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 [StatusRL] auch dann vorliegt, wenn der einen bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat (unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG, dies ist nun auf § 8 Abs. 1 AsylG zu übertragen) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.2.2001, 98/21/0427; 20.6.2002, 2002/18/0028).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind:

Dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.

Aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen ergibt sich, dass die Provinz Balkh - im Vergleich zu anderen Provinzen - als nicht derart unsicher qualifiziert werden kann, dass es einem Beschwerdeführer von vornherein verunmöglicht würde, dorthin zurück zu gelangen. Das betrifft insbesondere die Hauptstadt Mazar-e-Sharif, in der die Familie des Beschwerdeführers lebt. Mazar-e-Sharif verfügt über eine vergleichsweise gute Infrastruktur mit dem Bestehen eines Flughafens, der für den zivilen Flugverkehr geeignet ist. Aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 11.02.2014 geht außerdem hervor, dass die Sicherheitslage in großen Städten, darunter Mazar-e Sharif "vergleichsweise gut" ist.

Zudem wollte der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Sicherheitslage in Afghanistan nicht Stellung nehmen (vgl. den Auszug aus der Niederschrift: "R: Möchten Sie zur Sicherheitslage in Afghanistan, im Speziellen zu Mazar-e-Sharif, eine Stellungnahme abgeben? BF:

Nein, ich bin über die Sicherheitslage in Afghanistan nicht informiert, aber man kann über BBC Informationen holen. Ich nehme an, wenn meine Schwester freigelassen wird, wird meine Familie sich nicht mehr in Mazar-e-Sharif aufhalten.")

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen arbeitsfähigen und gesunden jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Es ist daher anzunehmen, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat in der Lage sein wird, sich ein ausreichendes Auskommen zu sichern und somit nicht in eine hoffnungslose Lage kommen wird. Zudem lebt seine gesamte Familie nunmehr in Mazar-e Sharif "gut" (vgl. bereits die Aussage des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt am 20.04.201, womit aber davon ausgegangen werden kann, dass dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nach Afghanistan durch seine Familienangehörigen eine wirtschaftliche und soziale Unterstützung zuteil wird.

Im gegenständlichen Fall haben sich in einer Gesamtschau der Angaben des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der zur aktuellen Lage in Afghanistan herangezogenen Erkenntnisquellen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach die unmittelbar nach erfolgter Rückkehr allenfalls drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht wären, dass sich daraus bei objektiver Gesamtbetrachtung für den Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit das reale Risiko einer derart extremen Gefahrenlage ergeben würde, die im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen und somit einer Rückführung nach Afghanistan entgegenstehen würde. Die bloße Möglichkeit einer allenfalls drohenden extremen (allgemeinen) Gefahrenlage in Afghanistan reicht nicht aus, sondern es müssen vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; konkret zu Afghanistan: zB Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichts vom 29.06.2010, Zl. BVerwG 10 C 10.09; weiters EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 84; 20.12.2011, J.H. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 48839/09, Rz 55).

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

Zu A) II.

§ 75 Abs. 20 AsylG normiert, dass, wenn das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Abs. 18 und 19 in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz

den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes,

jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,

den zurückweisenden Bescheid gemäß § 4 des Bundesasylamtes,

jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 4 folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,

den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt, oder

den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 aberkannt wird,

bestätigt, so hat das Bundesverwaltungsgericht in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen.

Da ein "Übergangsfall" gemäß § 75 Abs. 19 vorliegt, bei dem lediglich über die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu entscheiden ist, ist nunmehr eine Entscheidung darüber zu treffen, ob die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen wird (§ 75 Abs. 20 1. Satz, 2. Fall und 2. Satz Asylgesetz 2005).

Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihres Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachtteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Bei dieser Abwägung sind insbesondere die Dauer des Aufenthaltes, das tatsächliche bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung maßgeblich. Auch die Frage, ob das Privat-und Familienleben in eine Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (vgl. VfGH vom 29.9.2007, B 1150/07-9).

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Zum Beschwerdeführer ist auszuführen, dass dieser erst seit Juni 2011, also knappe drei Jahre, in Österreich lebt. Dieser Aufenthalt war aber nur durch ein vorübergehendes asylrechtliches Aufenthaltsrecht legitimiert, von dem der Beschwerdeführer wusste, dass es - im Falle der Abweisung des Antrags - enden wird, und das auf Grund eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz gewährt wurde. In diesem Zusammenhang ist auf die Rechtsprechung des EGMR hinzuweisen, wonach im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert wurde (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05).

Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich. Aufgrund der vorgelegten Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner geregelten Arbeit nach und verfügt auch nicht über eine Einstellungszusage. Es liegen lediglich Bestätigungen für die Zeit vom 24.07.2013 bis 19.08.2013 als "Erntehelfer", für ein Kurzpraktikum im Lehrberuf "Straßenerhaltungsfachmann" (12. und 13.06.2014) vor. Ferner ein Externistenprüfungszeugnis über die 4. Klasse Hauptschule vom 19.07.2013. Eine Bestätigung, wonach der der Beschwerdeführer über sehr gute Deutschkenntnisse verfügen würde, liegen dem Verfahrensakt nicht bei.

Mangels eines regelmäßigen und legalen Einkommens und sonstiger Hinweise auf eine Verfestigung in Österreich kann eine auch nur ansatzweise tiefgehende Integration nicht erkannt werden. Weiters ist der Beschwerdeführer zwar unbescholten, jedoch rechtswidrig nach Österreich eingereist und hat sich durch die Behauptung falscher Tatsachen im Asylverfahren einen vorübergehenden Aufenthalt erschlichen, sodass zu erkennen ist, dass der Beschwerdeführer gegen die öffentliche Ordnung im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts erheblich verstoßen hat.

Zusammenfassend ist daher im vorlegenden Fall von keiner Verletzung des Rechts-, Familien- oder Privatleben durch die Ausweisung auszugehen; mangels einer solchen Verletzung ist die Ausweisung aus heutiger Sicht nicht auf Dauer unzulässig.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zum Spruchpunkt A) des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte