Rechtssatz
Was die sogenannten "doppelrelevanten Tatsachen" betrifft, also jene, aus denen sowohl die internationale Zuständigkeit als auch die Begründetheit des Anspruchs erfolgt, muss die Schlüssigkeit des Klagevorbringens ausreichen, um nicht die Zuständigkeitsprüfung mit einer weitgehenden Sachprüfung zu belasten.
Normen
LGVÜ II 2007 allg
EuGVÜ Art20
EuGVVO 2012 Art7 Nr2
Verordnung (EG) Nr 44/2001 des Rates 32001R0044 Brüssel I-Verordnung (EuGVVO) Art5 Nr1
Verordnung (EG) Nr 44/2001 des Rates 32001R0044 Brüssel I-Verordnung (EuGVVO) Art5 Nr3
Verordnung (EG) Nr 44/2001 des Rates 32001R0044 Brüssel I-Verordnung (EuGVVO) Art6 Nr1
5 Ob 188/03p | OGH | 29.06.2004 |
Beisatz: Ob tatsächlich der geforderte materiellrechtliche Zusammenhang vorliegt, ist (grundsätzlich) erst im Hauptverfahren zu prüfen. (T1)<br/>Beisatz: Hier: Art 6 Z 1 EuGVVO. (T2) |
9 Ob 25/07b | OGH | 08.08.2007 |
Auch; Beisatz: Dann, wenn der zuständigkeitsbegründende Sachverhalt auch anspruchsbegründend (also „doppelrelevant") ist, kommt eine Klagezurückweisung mangels Nachweises dieses Sachverhaltes auch dann nicht in Betracht, wenn das Erstgericht von den Sachverhaltsbehauptungen des Klägers abweichende Feststellungen getroffen hat. Auch in diesem Fall ist bei der Prüfung der Zuständigkeitsfrage von den Behauptungen des Klägers auszugehen. (T3) |
4 Ob 124/07z | OGH | 02.10.2007 |
Beis wie T1; Beis wie T2; Veröff: SZ 2007/151 |
6 Ob 72/13a | OGH | 06.06.2013 |
Vgl auch; Beisatz: Die Zuständigkeitsprüfung soll nicht mit einer weitgehenden Sachprüfung belastet sein. (T4)<br/>Beisatz: Im Zusammenhang mit doppelrelevanten Tatsachen hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass die Beurteilung, ob die diesbezüglichen Prozessbehauptungen schlüssig sind, immer nur den Einzelfall betrifft und damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO bildet. (T5) |
1 Ob 132/13p | OGH | 29.08.2013 |
Vgl; Beisatz: Die Rechtsprechung zur Behandlung doppelrelevanter Tatsachen bei der Zuständigkeitsprüfung, die von den „Klagebehauptungen“ bzw den „schlüssigen Klagebehauptungen“ ausgeht, hat nahezu ausnahmslos Fälle im Auge, in denen der Kläger zwar Tatsachen vorgetragen hat, die sowohl für die Sach‑ als auch die Zuständigkeitsentscheidung von Bedeutung sind, die aber vom Prozessgegner bestritten wurden. Dass in solchen Fällen die Sachentscheidung den Vorrang haben soll, wenn erst nach Durchführung eines Beweisverfahrens das Vorliegen dieser Tatsachen abschließend beurteilt werden kann, hat vernünftige prozessökonomische Erwägungen für sich. Diese passen allerdings nicht ohne weiteres auf die Fälle der behaupteten Streitgenossenschaft wegen einer vermeintlichen Solidarverpflichtung, wenn die Haftung der Streitgenossen auf unterschiedliche rechtliche Erwägungen gestützt wird. Dann liegt häufig keineswegs die Situation vor, dass auch schon gegenüber jener Partei, die die Zuständigkeit bestreitet, eine abschließende Sachentscheidung möglich wäre, die den Vorrang vor einer Zurückweisungsentscheidung haben soll. Vielmehr führt die allein aufgrund der Klageangaben gewonnene Erkenntnis, dass der behauptete Klageanspruch gegenüber der einen Partei mit Sicherheit nicht besteht, keineswegs zwingend dazu, dass nunmehr auch über das gegen die andere Partei erhobene Begehren meritorisch abgesprochen werden könnte. (T6) |
9 Ob 8/19w | OGH | 28.03.2019 |
Beisatz: Hier: LGVÜ II 2007. (T9) |
4 Ob 96/23f | OGH | 27.06.2023 |
vgl; Beisatz: Wenn die schlüssigen, die Zuständigkeit begründenden, Tatsachenbehauptungen zugleich Anspruchsvoraussetzungen („doppelrelevante Tatsachen“) sind, so ist ihre Richtigkeit zu unterstellen. (T10)<br/>Anm: vgl auch RS0115860 [T4] |
4 Ob 116/23x | OGH | 25.01.2024 |
vgl; Beisatz wie T5<br/>Beisatz wie T6: Hier liegen in Ansehung der Zweitbeklagten keine doppelrelevanten Tatsachen vor, sodass es bei der allgemeinen Grundsatzregel zu bleiben hat, dass jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen hat. (T11) |
Dokumentnummer
JJR_20020115_OGH0002_0050OB00312_01W0000_002
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