OGH 4Ob513/95 (RS0045850)

OGH4Ob513/9517.11.2023

Rechtssatz

Die Schlechterfüllung eines Vertrages kann für sich allein genommen die Haftung auch für die Prozesskosten nicht begründen, weil Gewährleistungsprozesse keine typische Folge von Gewährleistungsansprüchen sind. Nur wenn der Regresspflichtige über die Schlechterfüllung der Hauptleistung hinaus weitere Vertragspflichten verletzt, wie zum Beispiel die (Nebenpflicht) Pflicht, den regressberechtigten Subauftraggeber wahrheitsgemäß über die Vertragsabwicklung zu informieren, und wenn diese Pflichtverletzung für den Gewährleistungsprozess kausal ist, kann es zu einer Haftung des Regresspflichtigen für die Prozesskosten kommen.

Normen

ABGB §932 I
ABGB §1295 Ia7
ABGB §1313
ABGB §1313a I

4 Ob 513/95OGH28.03.1995
6 Ob 538/95OGH12.10.1995

Veröff: SZ 68/186

4 Ob 568/95OGH21.11.1995

nur: Die Schlechterfüllung eines Vertrages kann für sich allein genommen die Haftung auch für die Prozesskosten nicht begründen. Nur wenn der Regresspflichtige über die Schlechterfüllung der Hauptleistung hinaus weitere Vertragspflichten verletzt, kann es zu einer Haftung des Regresspflichtigen für die Prozesskosten kommen. (T1)

4 Ob 26/97wOGH18.03.1997

nur T1

4 Ob 127/97yOGH10.06.1997

Ähnlich; Veröff: SZ 70/108

7 Ob 277/98fOGH28.05.1999

Auch

6 Ob 68/99iOGH15.12.1999
9 Ob 76/00tOGH26.04.2000

nur: Nur wenn der Regresspflichtige über die Schlechterfüllung der Hauptleistung hinaus weitere Vertragspflichten verletzt, wie zum Beispiel die (Nebenpflicht) Pflicht, den regressberechtigten Subauftraggeber wahrheitsgemäß über die Vertragsabwicklung zu informieren, und wenn diese Pflichtverletzung für den Gewährleistungsprozess kausal ist, kann es zu einer Haftung des Regresspflichtigen für die Prozesskosten kommen. (T2)

2 Ob 168/01xOGH09.07.2001

Gegenteilig; Beisatz: Hat der Geschäftsherr seinem Auftraggeber (allein) für die Schlechterfüllung durch seinen Erfüllungsgehilfen einzustehen, dann kann er vom Erfüllungsgehilfen regelmäßig auch die von ihm aufgewendeten Prozesskosten nach den Grundsätzen der Bestimmungen über den Schadenersatz ersetzt begehren. Die Prozesskosten sind eine kausale Folge der Schlechterfüllung durch den Erfüllungsgehilfen; sie sind auch adäquate Schäden, weil sie nicht bloß durch eine außergewöhnliche Verkettung von Umständen bedingt waren. (T3)<br/>Veröff: SZ 74/119

1 Ob 40/02tOGH26.02.2002

Vgl aber; Beis wie T3; Beisatz: Dadurch, dass Gewährleistungsansprüche und damit zusammenhängende Prozesse keine untypischen Folgen einer Schlechterfüllung durch den Subunternehmer sind, wird nur der Adäquanzzusammenhang zwischen der Schlechterfüllung und dem beim Hauptunternehmer auf Grund des verlorenen Prozesses eingetretenen Kostenschaden bejaht. Für die Ersatzpflicht des Subunternehmers wäre es darüber hinaus aber noch erforderlich, dass der eingetretene Schaden auch im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der verletzten Vertragspflicht steht, was dann der Fall wäre, wenn die Verpflichtung, mangelfrei zu erfüllen, gerade auch derartige Schäden wie die zu beurteilenden verhindern sollte, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist. (T4)

3 Ob 53/02vOGH18.07.2002

Vgl aber; Beisatz: Zwischen einer Vertragsverletzung und der durch sie zwar verursachten, aber ersichtlich aussichtslosen Prozessführung des Regressnehmenden besteht kein Rechtswidrigkeitszusammenhang. (T5)

3 Ob 313/01bOGH29.01.2003

Vgl aber; nur: Nur wenn der Regresspflichtige über die Schlechterfüllung der Hauptleistung hinaus weitere Vertragspflichten verletzt, und wenn diese Pflichtverletzung für den Gewährleistungsprozess kausal ist, kann es zu einer Haftung des Regresspflichtigen für die Prozesskosten kommen. (T6)<br/>Beis ähnlich wie T3; Beis wie T4 nur: Für die Ersatzpflicht des Subunternehmers wäre es darüber hinaus aber noch erforderlich, dass der eingetretene Schaden auch im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der verletzten Vertragspflicht steht, was dann der Fall wäre, wenn die Verpflichtung, gerade auch derartige Schäden wie die zu beurteilenden verhindern sollte, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist. (T7)<br/>Beisatz: Hat die beklagte Werkunternehmerin nur eine Hauptleistungspflicht verletzt und darüber hinaus die klagende Werkbestellerin weder veranlasst noch darin bestärkt, sich auf das Vorverfahren einzulassen oder einen ihr nachteiligen Prozess-Standpunkt zu verfechten, so ist sie für die Kosten des Vorverfahrens nicht ersatzpflichtig. (T8)

9 Ob 140/03hOGH17.12.2003

Auch; Beisatz: Es sind nur jene Schäden zu ersetzen, die im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der verletzten Vertragspflicht stehen, was dann der Fall ist, wenn die (verletzte) Verpflichtung gerade auch Schäden wie die zu beurteilenden verhindern soll; wurde der Werkbesteller hingegen vom Werkunternehmer weder veranlasst noch darin bestärkt, sich auf das Verfahren gegen einen Dritten einzulassen, so besteht in der Regel keine Ersatzpflicht für die Kosten des Vorverfahrens. (T9)

1 Ob 218/04xOGH23.11.2004

Vgl aber; nur T6; Beis ähnlich wie T4; Beisatz: Führt aber eine Partei einen Rechtsstreit - egal ob auf Aktiv- oder auf Passivseite -, der nach menschlichem Ermessen aussichtslos erscheint, sodass ihr von vornherein der Prozessverlust droht, dann kann sie das von ihr eingegangene Prozesskostenrisiko nicht auf die Person abwälzen, die in materieller Hinsicht verantwortlich für die Zahlungspflicht des Prozessführenden gewesen ist. (T10)

4 Ob 197/05gOGH24.01.2006

Auch; nur T1; Beis wie T8; Beis wie T9; Beisatz: Dass es der Beklagte auch während des Vorprozesses unterließ, die bestehenden Mängel zu beheben (sich an der Mängelbehebung der Klägerin zu beteiligen), fällt in den Bereich seiner Hauptleistungspflicht aus dem Werkvertrag, deren Verletzung allein die schadenersatzrechtliche Haftung für die Kosten des Vorprozesses nicht begründet. (T11)

10 Ob 79/05yOGH19.12.2006

Auch; Beis wie T9; Beisatz: Für diese Fälle scheint es durchaus angezeigt, den in den Kosten eines Passivprozesses bestehenden Schaden in den Schutzzweck jener Vertragsnormen einzubeziehen, die den Vertragspartner - insbesondere wenn er davon wisse, dass die Leistung schließlich einem Dritten zugutekommen soll - dazu verpflichten, seine vertraglich geschuldete Leistung ordnungsgemäß zu erbringen. (T12)

4 Ob 5/07zOGH13.02.2007

Auch; Beisatz: Die Kosten eines erkennbar aussichtslosen Vorprozesses sind vom schlechterfüllenden Vertragspartner nicht zu ersetzen, weil insofern der Rechtswidrigkeitszusammenhang fehlt. (T13)

7 Ob 18/06gOGH08.03.2007

Vgl aber; Beis wie T10; Beisatz: Keine Schadenersatzhaftung für die Kosten des Vorprozesses, wenn auch ein Regressanspruch aus diesem Titel vor Zustellung der Streitverkündung (als dem maßgeblichen prozessualen Schritt) von vornherein nicht in Betracht kam und die Kosten einer aussichtslosen Prozessführung mit der vom Beklagten verletzten Norm jedenfalls nicht im Rechtswidrigkeitszusammenhang stehen. (T14)

6 Ob 100/07kOGH13.07.2007

Vgl aber; Beis wie T3 nur: Die Prozesskosten sind eine kausale Folge der Schlechterfüllung; sie sind auch adäquate Schäden, weil sie nicht bloß durch eine außergewöhnliche Verkettung von Umständen bedingt waren. (T15)<br/>Beis wie T9 nur: Es sind nur jene Schäden zu ersetzen, die im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der verletzten Vertragspflicht stehen, was dann der Fall ist, wenn die (verletzte) Verpflichtung gerade auch Schäden wie die zu beurteilenden verhindern soll. (T16)<br/>Beis ähnlich wie T12; Beis wie T13; Beisatz: Hier: Schadenersatzanspruch bejaht. (T17)

8 Ob 88/07kOGH11.10.2007

nur T1

8 Ob 92/08zOGH14.10.2008

Auch, nur T1; nur T6; Beisatz: Jedenfalls dann, wenn die beklagte Werkunternehmerin den Werkbesteller weder veranlasst noch darin bestärkt hat, sich auf das Vorverfahren einzulassen und einen nachteiligen Prozessstandpunkt zu verfechten, ist sie für die Kosten des Vorverfahrens nicht ersatzpflichtig. (T18)

7 Ob 73/10aOGH30.06.2010

Vgl

4 Ob 146/10iOGH09.11.2010

Auch

6 Ob 4/12zOGH15.03.2012

Beis wie T18

1 Ob 96/13vOGH27.06.2013

Auch; Beis wie T9

7 Ob 143/13zOGH13.11.2013

Vgl auch; nur T2

3 Ob 182/13fOGH19.12.2013

Vgl auch; Beis wie T3; Beis wie T4

1 Ob 170/13aOGH19.12.2013

Vgl aber; nur T2; nur T6; Beis wie T4; Beis wie T7; Beis wie T15

4 Ob 91/14gOGH24.06.2014

Auch; nur T2; nur T6; Beis wie T4; Beis wie T7; Beis wie T15

8 Ob 17/15fOGH27.05.2015

Auch; Beisatz: Hier: Ersatzpflicht des falsch beratenden Rechtsanwalts für Kosten eines Folgenprozesses ist zu bejahen, wenn die Kosten nicht durch eine außergewöhnliche Verkettung von Umständen entstanden sind und wenn im Einzelfall ein Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der verletzten Vertragspflicht und dem Kostenschaden besteht. Kosten eines ersichtlich aussichtslosen Prozesses sind aber nie zu ersetzen. Der Schutzzweck des Vertrages zwischen Rechtsanwalt und Mandanten erschöpft sich im Zusammenhang mit der Einleitung und Führung eines Rechtsstreits nicht nur im Rechtsstreit selbst, sondern umfasst auch die Vermeidung von Nachteilen, die vorhersehbar mit der Führung und insbesondere mit dem Verlust des Prozesses verbunden sein können (hier daher Ersatzpflicht für Kosten eines durch die Fehlberatung ausgelösten Folgeprozess bejaht). (T19)

8 Ob 8/15gOGH28.04.2015

Auch

5 Ob 125/15sOGH21.12.2015

Vgl auch; Beis ähnlich wie T3; Beis wie T5; Beis ähnlich wie T10; Beis wie T12; Beis wie T13

7 Ob 114/15pOGH15.06.2016

Auch; Beis wie T3; Beis wie T12; Beisatz: Hier: Vorprozess war Passivprozess. (T20)

6 Ob 50/16wOGH30.05.2016

Vgl aber; Beis wie T15; Beisatz: Hier: Die Beklagte ist im Vorverfahren der Klägerin als Nebenintervenientin beigetreten und hat stets geltend gemacht, ihr Produkt sei nicht ungeeignet gewesen; damit hat sie die Klägerin aber veranlasst beziehungsweise darin bestärkt, sich auf das Vorverfahren einzulassen, sodass sie der Klägerin die im Vorverfahren aufgelaufenen Verfahrenskosten zu ersetzen hat. (T21)

8 Ob 63/16xOGH17.08.2016

Vgl aber; Beis wie T20; Beisatz: Jene Entscheidungen, die für eine Kostenregresspflicht zusätzlich zur Schlechterfüllung des Vertrags noch eine weitere Voraussetzung wie etwa die Verletzung einer Informationspflicht verlangen, betreffen jeweils einen Aktivprozess (Vorprozess) des Regressklägers. Hier war der Vorprozess aus Sicht der Regressklägerin aber ein Passivprozess, und zwar im Zusammenhang mit einer Erfüllungsgehilfenkette. (T22)<br/>

10 Ob 43/16wOGH11.10.2016

Vgl aber; Beis wie T3

7 Ob 39/17mOGH08.11.2017

Tw abweichend; Beis wie T3; Beis wie T12; Beis wie T15; Beis wie T22

4 Ob 209/19tOGH28.01.2020

Vgl; Beisatz: Hier: Haftung einer Bank für Kosten eines Strafverfahrens, das wegen unrichtigen Auskünften über die Berechtigung an einem Sparbuch eingeleitet wurde. (T23)

3 Ob 160/20fOGH02.11.2020

Vgl; Beis wie T5; Beis wie T10; Beis wie T13; Beis wie T14; Beis wie T19

8 Ob 85/21iOGH14.09.2021

Vgl; Beis wie T5; Beis wie T10; Beis wie T12; Beis wie T13

4 Ob 106/23aOGH27.06.2023

vgl; Beisatz: Als Pflichtverletzungen kommen vor allem die Verletzung einer vertraglichen Haupt- oder Nebenpflicht, die Verletzung einer vor- oder nachvertraglichen Pflicht, eine Irreführung gegenüber dem Vertragspartner oder sonst eine arglistige Irreführung in Betracht. Die Pflichtverletzung muss für das Vorverfahren (mit-)ursächlich gewesen sein. Der Dritte muss den Kläger im Vorprozess somit durch sein Verhalten veranlasst und darin bestärkt haben, den Vorprozess zu führen oder sich auf diesen einzulassen. (T24)<br/>Beisatz: Hier: Eine vertragliche Pflichtverletzung in Bezug auf diesen Prozess ist dem Beklagten nicht vorzuwerfen. Damit kann der Beklagte für die Kosten dieses Passivprozesses – als grundsätzlich vom Rechtswidrigkeitszusammenhang umfasst - nur dann haften, wenn ihn an der ursprünglichen Vertragsverletzung ein Verschulden trifft. (T25)

8 Ob 80/23gOGH17.11.2023

vgl; Beisatz wie T14; Beisatz wie T22; Beisatz wie T24<br/>Beisatz: Hier: Haftung der beklagten Rechtsanwaltskanzlei für die Kosten eines Vorverfahrens wegen unterlassener Streitverkündung mangels Kausalität verneint (T26)

Dokumentnummer

JJR_19950328_OGH0002_0040OB00513_9500000_001