Spruch:
Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin erhielt am 13.6.1991 von der G***** Service GesmbH in Wörschach den Auftrag, eine Arbeitsbühne von V*****, Dänemark, zur E***** GmbH in Graz zu transportieren. Die Klägerin übernahm den Auftrag, gab ihn aber wegen Terminschwierigkeiten am 25.6.1991 an die Beklagte weiter. Diese beauftragte ihrerseits die S***** & Co GesmbH in Wien, welche den Auftrag an einen dänischen Frachtführer weitergab, der schließlich die dänische Firma ***** TD beauftragte, welche den Transport tatsächlich durchführte. Ein durchgehender Frachtbrief mit sämtlichen in der Auftragskette aufscheinenden Frachtführern wurde nicht ausgestellt.
Beim Transport durch den dänischen Unterfrachtführer trat an der Arbeitsbühne ein Schaden auf. Die Firma G***** GesmbH verständigte vom Schaden die Klägerin, welche die Beklagte von den gestellten Forderungen benachrichtigte. Die Beklagte lehnte jegliche Ersatzleistung ab. Die G***** GesmbH brachte schließlich zu 9 Cg 118/91 des Landesgerichtes Leoben gegen die hier klagende Partei eine Schadenersatzklage über S 118.028,65 ein. Nach Streitverkündung schloß sich die Beklagte als Nebenintervenientin auf seiten der nunmehrigen Klägerin und dortigen Beklagten an, welche zur Zahlung von S 62.194,20 sA und zum Barauslagenersatz von S 11.700 verpflichtet wurde. Den Berufungen beider Parteien sowie der Nebenintervenientin wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 5.10.1993 keine Folge gegeben. Die eigenen Prozeßkosten der Klägerin - im Vorprozeß erfolgte Kostenaufhebung - beliefen sich nach dem RAT-G auf S 68.603. Die Klägerin überwies an die G***** GesmbH den durch Urteil zugesprochenen Betrag von S 87.058,20 (darin enthalten S 13.164 an Zinsen) am 10.11.1993.
Mit der am 17.11.1993 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von S 155.621,20 und brachte vor, beim Transport der Arbeitsbühne durch den dänischen Frachtführer sei ein Schaden aufgetreten. Die G***** GesmbH habe den Ersatz eines Betrages von S 130.028,65 begehrt, die Beklagte habe trotz unverzüglicher Verständigung jegliche Ersatzleistung abgelehnt. Die Klägerin habe den im Vorprozeß zugesprochenen Betrag einschließlich Zinsen und Verzugszinsen und Barauslagen von zusammen S 87.058,20 überwiesen. Die eigenen Kosten im Vorprozeß hätten S 68.603 betragen. Die Klägerin sei wegen der Weigerung der Beklagten, in den Schadenersatzprozeß einzutreten, genötigt gewesen, das Schadenersatzbegehren ihres Auftraggebers zu bestreiten. Die Kosten im Prozeß seien nur deshalb aufgelaufen, weil die Beklagte noch im Berufungsverfahren ihre Bestreitung aufrecht erhalten habe.
Die Beklagte bestritt und erhob den Einwand der Verjährung. Mangels eines durchgehenden Frachtbriefes sei Kapitel VI der CMR und damit auch Art 37 Abs 4 CMR nicht anwendbar. Für die Verjährung der klägerischen Ansprüche gelte vielmehr die einjährige Verjährungsfrist des Art 32 CMR, die mit Abschluß des Vertrages am 25.6.1991 zu laufen begonnen habe und zum Zeitpunkt der Klagseinbringung längst abgelaufen gewesen sei. Im übrigen sei ein Rückgriff gegen die Beklagte auch nach Art 37 CMR nicht zulässig, da die Beklagte den Transportauftrag weitergegeben habe. Für eine Haftung der Beklagten für die Kosten der Klägerin im Vorprozeß fehle es überhaupt an einer rechtlichen Grundlage.
Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von S 75.358,20 sA und wies das Mehrbegehren von S 80.303 ab.
Es führte aus, mangels eines durchgehenden Frachtbriefes liege eine Beförderung im Sinne des Art 34 CMR oder des § 432 Abs 2 HGB nicht vor. Die einzelnen Unterfrachtführer bildeten daher mit der Klägerin als Hauptfrachtführer keine gesamtschuldnerische Rechtsgemeinschaft. Ein Rückgriffsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte komme daher nur unter dem Gesichtspunkt des Verhältnisses Geschäftsherr-Erfüllungsgehilfe nach § 1313 ABGB in Betracht. Dieser Rückgriffsanspruch sei grundsätzlich für den im Vorprozeß zugesprochenen Betrag samt Anhang zu bejahen. Der Anspruch sei auch nicht verjährt, weil ein Rückgriffsanspruch erst mit tatsächlicher Zahlung durch den zum Rückgriff Berechtigten entstehe. Die Klage sei wenige Tage nach der tatsächlichen Zahlung erhoben worden. Für die eigenen Kosten von S 68.603 und die bezahlten Barauslagen von S
11.700 im Vorprozeß könne die Klägerin keinen Rückersatz verlangen. Ein Anspruch auf Ersatz notwendiger Verfahrenskosten stehe außerhalb des DHG, welches hier nicht anwendbar sei, nur dann zu, wenn der Rückgriffnehmer in seinen Rechten verletzt und die Kosten des Vorprozesses Folgen dieser Rechtsverletzung seien. Weder aus dem Verfahren 9 Cg 118/91 des Landesgerichtes Leoben noch aus dem eigenen Vorbringen der Klägerin ließen sich Anhaltspunkte dafür erkennen, daß die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Rechtsverletzung begangen habe, die einen Rückersatz der Kosten begründen könnte.
Das Berufungsgericht gab keiner der von beiden Parteien erhobenen Berufungen Folge.
Nach Art 3 CMR bzw § 432 Abs 1 HGB hafte der Hauptfrachtführer für die Ausführung der Beförderung bis zur Ablieferung des Gutes an den Empfänger, die Klägerin sei daher auch von ihrem Auftraggeber zur Haftung für den eingetretenen Schaden herangezogen worden. Die Rückgriffsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte als Unterfrachtführerin könnten mangels eines durchgehenden Frachtbriefes weder auf Art 34 CMR noch auf § 432 Abs 3 HGB und damit auf eine gesamtschuldnerische Haftung sondern nur auf § 1313 ABGB gestützt werden. Die Haftung des nach dieser Bestimmung Regreßpflichtigen für die Prozeßkosten des rückgriffsberechtigten Geschäftsherrn werde von Reischauer in Rummel ABGB2 Rz 6 zu § 1313 mit der in der Schlechtleistung liegenden Vertragsverletzung des Regreßverpflichteten gegenüber dem Regreßberechtigten begründet. Nach früherer höchstgerichtlicher Rechtsprechung seien die Prozeßkosten eines Gewährleistungsprozesses des einem Dritten aus Verschulden des Lieferanten oder Zwischenhändlers haftenden Gewährleistungspflichtigen als nach allgemeinen Schadenersatzregeln zu ersetzende Mängelfolgeschäden behandelt worden. Der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung 3 Ob 526/88 unter ausdrücklicher Ablehnung der Ansicht von Reischauer ausgeführt, daß die Prozeßführung grundsätzlich nur das Rechtsverhältnis des Rückgriffsberechtigten zum Dritten betreffe, der Prozeß daher im eigenen Interesse geführt werde. Die Kosten eines solchen Prozesses könnten daher nicht ohne weiteres zu dem vom wirklichen Schädiger oder Mitschädiger verursachten Schaden gehören. Nur bei Vorliegen eines besonderen Verhältnisses könne es zum Rückersatz dieser Kosten kommen. In der Entscheidung 4 Ob 515/94 sei eine Haftung für Prozeßkosten des Rückgriffsberechtigten mit schadenersatzrechtlichen Überlegungen oder auf Grund der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag in Erwägung gezogen, mangels eines klaren überwiegenden Vorteiles für den Beklagten aber in concreto verneint worden.
Keines der für die Begründung der Regreßfähigkeit von Prozeßkosten herangezogenen Argumente treffe hier zu, die Klägerin habe sich weder darauf berufen, der von der Beklagten zu vertretende Transportschaden habe die Prozeßführung erfordert noch geltend gemacht, der Vorprozeß sei zum klaren überwiegenden Vorteil der Beklagten geführt worden. Ein Ersatz der Kosten des Vorprozesses komme daher nicht in Betracht.
Die in der Berufung der Beklagten vertretene Rechtsmeinung, der Rückgriffsanspruch der Klägerin sei nach Art 32 CMR verjährt, treffe nicht zu. Es entspreche herrschender Rechtsprechung und Lehre, daß der Geschäftsherr, wie ein Gesamtschuldner nach § 896 ABGB, Zahlung erst begehren könne, wenn er den seinem Vertragspartner entstandenen Schaden ersetzt habe. Es sei ein Grundsatz des österreichischen Verjährungsrechtes, daß die Verjährung erst zu jenem Zeitpunkt zu laufen beginnen könne, in dem das Recht an sich hätte ausgeübt werden können. Dieser Grundsatz habe durch Art 32 CMR keine Änderung erfahren, aus dieser Konventionsbestimmung ergebe sich nicht, daß Leistungsansprüche, die noch gar nicht geltend gemacht werden können, weil sie noch nicht entstanden seien, bereits vor ihrer Entstehung verjährt sein könnten.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil die Rechtsprechung zum Regreß von Prozeßkosten gegen den Gehilfen nach § 1313 ABGB uneinheitlich sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten, welche nur die Rechtsansicht der Vorinstanzen bekämpft, die Rückgriffsforderung sei nicht verjährt, ist mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig, jene der Klägerin, die die Abweisung der eigenen Kosten und Barauslagen des Vorprozesses bekämpft, ist nicht berechtigt.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und der Lehre, daß die Verjährung von Regreßansprüchen eines Hauptfrachtführers gegen seinen Unterfrachtführer, auch wenn kein einziger (durchgehender) Frachtbrief ausgestellt wurde, erst mit der Zahlung des Hauptfrachtführers an den Geschädigten beginnt (SZ 58/122 mwN; Schütz in Straube HGB Rz 7 zu Art 32 CMR). Mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO war die Revision der Beklagten gemäß § 508a Abs 2 ZPO zurückzuweisen.
Die Klägerin vertritt in ihren Revisionsausführungen den Standpunkt, die Kosten des Vorprozesses seien schon allein deshalb vom Rückgriff erfaßt, weil die Beklagte diesem Verfahren als Nebenintervenientin beigetreten und als solche die Berechtigung der Forderung des dort klagenden Auftraggebers der Klägerin noch bis zum Abschluß des Berufungsverfahrens bestritten habe.
Während Reischauer (aaO) den Standpunkt vertritt, daß auch außerhalb des DHG (welches eine positiv-rechtliche Regelung enthält) unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzrechtes ein Anspruch auf Ersatz der notwendigen Verfahrenskosten zusteht, wenn der Regressierende in seinen Rechten verletzt wurde und die Kosten des vorhergehenden Verfahrens Folgen dieser Rechtsverletzung sind, insbesondere wenn der Regreßverpflichtete gegenüber dem Regreßberechtigten eine Vertragsverletzung (Schlechterfüllung durch den Erfüllungsgehilfen) begangen hat, steht die jüngere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auf dem Standpunkt, daß entstandene Prozeßkosten nur bei Vorliegen eines besonderen Verhältnisses rückgefordert werden können, wenn etwa ein besonderer Freistellungsanspruch besteht, wie bei Versicherungsverhältnissen (Regulierungskosten) wenn eine besondere gesetzliche Regelung wie nach § 3 Abs 2 DHG besteht, können auch aufgelaufene eigene oder fremde Prozeßkosten Gegenstand des Rückersatzes sein. Ein Rückersatz kann nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen oder dann in Betracht kommen, wenn die Prozeßführung des Regreßberechtigten im Sinne des § 1037 ABGB zum klaren überwiegenden Vorteil des Regreßpflichtigen oder zur Abwehr eines Schadens gegen Dritte diente (Gamerith in Rummel ABGB2 Rz 10 zu § 896 mwN). Die Schlechterfüllung eines Vertrages kann für sich allein genommen die Haftung auch für Prozeßkosten nicht begründen, denn grundsätzlich betrifft die Prozeßführung nur das Verhältnis des Rückgriffsberechtigten zum Dritten, der Rückgriffsberechtigte führt den Prozeß im eigenen Interesse, die Kosten gehören daher nicht ohne weiteres zu dem vom wirklichen Schädiger oder Mitschädiger verursachten Schaden (3 Ob 526/88). Nur wenn der Regreßpflichtige über die Schlechterfüllung der Hauptleistung hinaus weitere Vertragspflichten verletzt, so zB die Nebenpflicht, den Regreßberechtigten über die Vertragsabwicklung zu informieren und wenn diese Pflichtverletzung für den Prozeß kausal ist, kann es zu einer Haftung des Regreßpflichtigen für Prozeßkosten kommen (4 Ob 513,514/95, vgl auch 4 Ob 515/94).
Keiner der für die Begründung der Regreßfähigkeit von Prozeßkosten dargelegten Rechtsgründe ist hier gegeben. Der Kläger hat die Ansprüche seines Auftraggebers im Vorprozeß bestritten, weil er den eingetretenen Schaden als vom Auftraggeber und nicht vom ausführenden Frachtführer verschuldet und die gestellten Forderungen überdies - zum Teil erfolgreich - als unberechtigt und überhöht erachtete. Eine Verletzung von Informationspflichten durch die Beklagte, die den Transport ja auch nicht selbst durchgeführt hat, und die für den Vorprozeß kausal gewesen wäre, wurde nicht behauptet. An der Tatsache, daß der Vorprozeß im eigenen Interesse des Klägers geführt wurde ändert auch nichts, daß die Beklagte nach erfolgter Streitverkündung als Nebenintervenientin beigetreten ist und den Prozeßstandpunkt des Klägers unterstützte, dabei aber auch ihre dadurch aufgelaufenen Kosten getragen hat. Dies vermag ohne zusätzliches Vorbringen, etwa die Klägerin hätte ohne Aufforderung der Beklagten den Prozeß nicht weitergeführt, für sich allein keine Ersatzpflicht zu begründen, sondern nur in gewissen Fällen Bindungswirkungen in der Hauptsache hervorzurufen. Daß die Prozeßführung ausschließlich zum klaren überwiegenden Vorteil der Beklagten erfolgt sei, wurde nicht behaupet und ist auch nicht hervorgekommen. Der Kläger hat die geltend gemachten Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach zur Abwendung und Beschränkung seiner eigenen Haftung gegenüber seinem Vertragspartner bestritten.
Der Revision des Klägers war daher ein Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision der Beklagten hingewiesen. Das Revisionsinteresse beider Streitteile war etwa gleich hoch, sodaß mit gegenseitiger Kostenaufhebung vorzugehen war.
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