OGH 6Ob18/94 (RS0054830)

OGH6Ob18/9422.8.1995

Rechtssatz

Ob im politischen Meinungsstreit eine den politischen Gegner treffende Äußerung noch im Sinne des Art 10 MRK gerechtfertigt erscheint, ist vor allem an der politischen Bedeutung der die eigene Sicht und Haltung ausdrückenden Stellungnahme, insbesondere im Zusammenhang mit dem politischen Verhalten des Betroffenen an der dem Anlassfall und der Bedeutung des Aussageinhalts angepassten Form und Ausdrucksweise sowie dem danach zu unterstellenden Verständnis der Erklärungsempfänger zu messen.

Normen

ABGB §1330 A
ABGB §1330 B1
MRK Art10 Abs2 IV3
MRK Art10 Abs2 IV4a

6 Ob 18/94OGH22.08.1995
6 Ob 1/96OGH11.01.1996
6 Ob 1005/96OGH22.02.1996

Vgl

6 Ob 24/95OGH13.10.1995

Auch

6 Ob 2060/96aOGH28.09.1996
6 Ob 171/99mOGH29.09.1999

Vgl auch; Beisatz: Es können selbst Beschimpfungen im Rahmen politischer Debatten durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gerechtfertigt sein, wenn ein entsprechender Sachbezug gegeben ist. (T1)

1 Ob 117/99hOGH27.10.1999

Vgl; Beisatz: Es muß - wenngleich gewiß nicht im gleichen Ausmaß wie bei (Partei-)Politikern, die mit ihren Äußerungen an die Öffentlichkeit drängen, - im Interesse einer freien, demokratischen Diskussion Kritik auch an der Amtsführung von Vereinsorganen erlaubt sein. Sie muß allerdings in einer Form vorgebracht werden, die das absolut geschützte Recht auf Ehre nicht verletzt, und, sofern sie - wie hier - einen nachprüfbaren Tatsachenkern enthält, auch erweislich wahr sein. (Hier: Auseinandersetzung von Vertretern unterschiedlicher Interessengruppen im Zuge eines standespolitischen Meinungsstreits innerhalb des klagenden Vereins. (T2)

6 Ob 88/00kOGH13.04.2000

Auch; Beis ähnlich T2; Beisatz: Eine in die Ehre eingreifende politische Kritik auf Basis unwahrer Tatsachenbehauptungen verstoßt gegen § 1330 ABGB. Behauptung, dass die Heime der Klägerin Heimstätte illegalen Drogenhandels seien, in einem derartigen Heim Suchtgift in näher bezeichnetem Wert sichergestellt worden sei und durch die Kläger Drogenhändler gedeckt würden. (T3)

6 Ob 109/00yOGH23.11.2000

Beis wie T1; Veröff: SZ 73/181

6 Ob 142/03fOGH10.07.2003

Auch

6 Ob 83/04fOGH26.08.2004
6 Ob 273/05yOGH26.01.2006

Vgl; Beisatz: Das Recht auf freie Meinungsäußerung findet in der Interessenabwägung gegenüber der ehrenbeleidigenden Rufschädigung seine Grenze in einer unwahren Tatsachenbehauptung. Hier: Herabsetzung durch unwahre Tatsachenbehauptungen, mit denen jemand eines verwerflichen Verhaltens - des „Durchdrehens" und der Verschleuderung von Gemeindevermögen - bezichtigt wird. (T4)

6 Ob 159/06kOGH12.10.2006

Vgl; Beisatz: Hier: Inserat in einer Faschingszeitung im Zuge einer politischen Auseinandersetzung. (T5)

6 Ob 258/07wOGH24.01.2008
6 Ob 110/08gOGH07.07.2008

Vgl; Beisatz: Hauptverfahren zum Provisorialverfahren 6 Ob 159/06k mit Bezugnahme auf die Entscheidung MR2007, 419 (Lindon und Otchakovsky-Laurens/Frankreich) des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. (T6)

Bsw 28525/95EGMR26.02.2002

Vgl auch; Veröff: NL 2002,29

Bsw 39394/98EGMR13.11.2003

Vgl auch; Veröff: NL 2003,307

6 Ob 128/10gOGH17.11.2010

Vgl auch

15 Os 81/11tOGH29.06.2011

Vgl auch; Beisatz: Auch gegenüber Politikern sind Werturteile ohne hinreichendes Tatsachensubstrat oder Wertungsexzesse nicht vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. (T7)

6 Ob 114/11zOGH18.07.2011

Vgl auch

6 Ob 216/11zOGH13.10.2011

Vgl

6 Ob 237/16wOGH22.12.2016

Vgl; Beis wie T7; Beisatz: Hier: Beschimpfung eines Politikers als „Arsch“ – Grenzen der freien Meinungsäußerung überschritten. (T8)

6 Ob 66/16yOGH29.11.2016

Auch; Beis wie T7

Dokumentnummer

JJR_19950822_OGH0002_0060OB00018_9400000_001