Rechtssatz
Ob im politischen Meinungsstreit eine den politischen Gegner treffende Äußerung noch im Sinne des Art 10 MRK gerechtfertigt erscheint, ist vor allem an der politischen Bedeutung der die eigene Sicht und Haltung ausdrückenden Stellungnahme, insbesondere im Zusammenhang mit dem politischen Verhalten des Betroffenen an der dem Anlassfall und der Bedeutung des Aussageinhalts angepassten Form und Ausdrucksweise sowie dem danach zu unterstellenden Verständnis der Erklärungsempfänger zu messen.
6 Ob 171/99m | OGH | 29.09.1999 |
Vgl auch; Beisatz: Es können selbst Beschimpfungen im Rahmen politischer Debatten durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gerechtfertigt sein, wenn ein entsprechender Sachbezug gegeben ist. (T1) |
1 Ob 117/99h | OGH | 27.10.1999 |
Vgl; Beisatz: Es muß - wenngleich gewiß nicht im gleichen Ausmaß wie bei (Partei-)Politikern, die mit ihren Äußerungen an die Öffentlichkeit drängen, - im Interesse einer freien, demokratischen Diskussion Kritik auch an der Amtsführung von Vereinsorganen erlaubt sein. Sie muß allerdings in einer Form vorgebracht werden, die das absolut geschützte Recht auf Ehre nicht verletzt, und, sofern sie - wie hier - einen nachprüfbaren Tatsachenkern enthält, auch erweislich wahr sein. (Hier: Auseinandersetzung von Vertretern unterschiedlicher Interessengruppen im Zuge eines standespolitischen Meinungsstreits innerhalb des klagenden Vereins. (T2) |
6 Ob 88/00k | OGH | 13.04.2000 |
Auch; Beis ähnlich T2; Beisatz: Eine in die Ehre eingreifende politische Kritik auf Basis unwahrer Tatsachenbehauptungen verstoßt gegen § 1330 ABGB. Behauptung, dass die Heime der Klägerin Heimstätte illegalen Drogenhandels seien, in einem derartigen Heim Suchtgift in näher bezeichnetem Wert sichergestellt worden sei und durch die Kläger Drogenhändler gedeckt würden. (T3) |
6 Ob 273/05y | OGH | 26.01.2006 |
Vgl; Beisatz: Das Recht auf freie Meinungsäußerung findet in der Interessenabwägung gegenüber der ehrenbeleidigenden Rufschädigung seine Grenze in einer unwahren Tatsachenbehauptung. Hier: Herabsetzung durch unwahre Tatsachenbehauptungen, mit denen jemand eines verwerflichen Verhaltens - des „Durchdrehens" und der Verschleuderung von Gemeindevermögen - bezichtigt wird. (T4) |
6 Ob 159/06k | OGH | 12.10.2006 |
Vgl; Beisatz: Hier: Inserat in einer Faschingszeitung im Zuge einer politischen Auseinandersetzung. (T5) |
6 Ob 110/08g | OGH | 07.07.2008 |
Vgl; Beisatz: Hauptverfahren zum Provisorialverfahren 6 Ob 159/06k mit Bezugnahme auf die Entscheidung MR2007, 419 (Lindon und Otchakovsky-Laurens/Frankreich) des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. (T6) |
15 Os 81/11t | OGH | 29.06.2011 |
Vgl auch; Beisatz: Auch gegenüber Politikern sind Werturteile ohne hinreichendes Tatsachensubstrat oder Wertungsexzesse nicht vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. (T7) |
6 Ob 237/16w | OGH | 22.12.2016 |
Vgl; Beis wie T7; Beisatz: Hier: Beschimpfung eines Politikers als „Arsch“ – Grenzen der freien Meinungsäußerung überschritten. (T8) |
Dokumentnummer
JJR_19950822_OGH0002_0060OB00018_9400000_001
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