OGH 6Ob88/00k

OGH6Ob88/00k13.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Parteien 1. Dr. Michael L*****, 2. C*****, beide vertreten durch Dr. Werner Suppan, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Parteien 1. Mag. Hilmar K*****, 2. F*****, beide ***** beide vertreten durch Mag. Martin Machold, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 3. Februar 2000, GZ 15 R 149/99p-9, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78 und 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre bedeutet das "Verbreiten" einer Tatsache nach § 1330 Abs 2 ABGB das Mitteilen dieser Tatsache, und zwar sowohl das Äußern eigener Überzeugung als auch das Weitergeben der Behauptung eines Dritten, ohne sich mit dessen Äußerung zu identifizieren (MR 1999, 334 - Die roten Bosse mwN aus Lehre und Rechtsprechung). Intellektuelle Verbreiter - zu denen Medieninhaber eines periodischen Druckwerks oder Verleger eines Buches gehören - sind diejenigen, die zu der verbreiteten Äußerung eine individuelle geistige Beziehung haben, bloß technischer Verbreiter ist derjenige, dem eine solche Beziehung fehlt (MR 1999, 334 - Die roten Bosse mwN). Der erkennende Senat hat bereits ausgesprochen, dass auch ein Buchhändler "technischer Verbreiter" der in den von ihm vertriebenen Büchern enthaltenen Tatsachen und Wertungen im Sinn des § 1330 ABGB ist, ihm jedoch aus einer umfassenden Interessenabwägung gewonnene Rechtfertigungsgründe zugute gehalten werden könnten (MR 1999, 334 - Die roten Bosse mwN), so wenn er bei Einhaltung der objektiv gebotenen Sorgfalt die Unwahrheit der von ihm (technisch) verbreiteten kreditschädigenden Tatsachen nicht erkennen habe können.

Die Vorinstanzen haben eine Haftung des Zweitbeklagten als Verbreiter der beanstandeten Äußerungen bejaht. Ihre Auffassung ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil die vom Zweitbeklagten veranlasste Presseaussendung den Hinweis enthielt, wonach Rückfragen an den Zweitbeklagten gerichtet werden können.

Sinn und Bedeutungsinhalt einer Äußerung, wie auch die Frage, ob Tatsachen verbreitet wurden oder eine wertende Meinungsäußerung vorliegt, richten sich nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerung nach dem Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers (MR 1995, 97, MR 1995, 137 je mwN; 6 Ob 56/00d). Die Äußerung ist so auszulegen, wie sie von den angesprochenen Verkehrskreisen im Zusammenhang mit dem Gesamtinhalt bei ungezwungener Auslegung verstanden wird, wobei die Ermittlung des Bedeutungsinhaltes einer Äußerung im Allgemeinen eine Rechtsfrage ist, die von den näheren Umständen des Einzelfalles, insbesondere der konkreten Formulierung und dem Zusammenhang, in dem sie geäußert wurde, abhängt (6 Ob 2060/96a mwN, MR 1998, 269 - Schweine-KZ, 6 Ob 56/00d).

Die Revisionsrekurswerber meinen nun, die vom Zweitbeklagten in das APA-Netz eingespeisten Äußerungen des Erstbeklagten seien die kritische Wertung von im Wesentlichen korrekt wiedergegebenen Sachverhalten. Als Teilnehmer an der daran geführten politischen Diskussion müsse sich die Klägerin diese (in ihrem Kern richtige) Kritik gefallen lassen. Diese Argumentation übersieht aber, dass auch eine in die Ehre eingreifende politische Kritik auf Basis unwahrer Tatsachenbehauptungen gegen § 1330 ABGB verstößt. Das Erstgericht konnte nämlich nicht feststellen, dass die Heime der Zweitklägerin Heimstätte illegalen Drogenhandels seien, in einem derartigen Heim Suchtgift in näher bezeichnetem Wert sichergestellt worden sei und durch die Kläger Drogenhändler gedeckt würden. Den Beklagten ist somit der ihnen obliegende Wahrheitsbeweis im Sicherungsverfahren nicht gelungen.

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