OGH 1Ob199/16w

OGH1Ob199/16w23.11.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, *****, vertreten durch Dr. Peter Berethalmy und Dr. Christiane Berethalmy‑Deuretzbacher, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Stadtgemeinde A*****, vertreten durch Dr. Walter Eisl, Rechtsanwalt in Amstetten, wegen 755.867,06 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 12. Juli 2016, GZ 14 R 48/16f‑68, mit dem das Teil‑ und Zwischenurteil des Landesgerichts St. Pölten vom 27. Jänner 2016, GZ 4 Cg 57/14d‑62, teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00199.16W.1123.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung:

Die Klägerin ist eine gemeinnützige Bauvereinigung. Sie erwarb mit Kaufvertrag vom 8. 5. 1991 eine im Stadtgebiet der Beklagten gelegene Liegenschaft im Ausmaß von 6.832 m 2 (in der Folge auch: Grundstück). Das Grundstück grenzt im Südosten an den M*****bach, im Norden an den H*****bach und im Nordosten an den Zusammenfluss von H*****bach und M*****bach. Es liegt im dreißigjährigen Hochwasserabflussgebiet dieser beiden Bäche.

Das ursprünglich als Grünland gewidmete Grundstück wurde von der Beklagten aufgrund des Antrags der damaligen Eigentümer mit Verordnung vom 5. 2. 1990 (hinsichtlich 60 % der Fläche) bzw vom 7. 11. 1990 (hinsichtlich des übrigen Teils mit Ausnahme eines Grünland‑Grüngürtels in den an die beiden Bäche angrenzenden Bereichen) in Bauland‑Wohngebiet umgewidmet.

Im Vertrauen auf diese Baulandwidmung und die uneingeschränkte Bebaubarkeit erwarb die Klägerin die Liegenschaft; wäre diese als Grünland gewidmet und/oder deren Lage im Hochwasserabflussgebiet kenntlich gemacht gewesen, hätte sie die Liegenschaft nicht erworben.

Die Beklagte bestätigte der Klägerin am 13. 5. 1991, dass das Grundstück im Bauland‑Wohngebiet samt Grünland‑Grüngürtel liege, wobei „der Entwurf“ des Flächenwidmungsplans „derzeit“ beim Land N***** zur Genehmigung aufliege.

Das Land N***** als Aufsichtsbehörde genehmigte „den Entwurf“ des Flächenwidmungsplans mit Bescheid vom 30. 12. 1991.

Es steht nicht fest, ob das „schutzwasserwirtschaftliche Grundsatzkonzept“ und das „generelle Regulierungsprojekt“ eines Zivilingenieurs für Bauwesen aus den Jahren 1976 und 1977 bei der Beklagten auflag oder ihren Organen in der Zeit zwischen 1987 und 1991 bekannt war oder nicht.

Im Zuge des Umwidmungsverfahrens hatte die Beklagte ein geologisches Gutachten bei einer Sachverständigen in Auftrag gegeben, weil das Grundstück zwischen den zwei Flüssen gelegen und beim Kanalbau entlang einer angrenzenden Straße eine hohe Bodeninstabilität aufgrund starker Grundwasserführung beobachtet worden war. Die Geologin nahm Sondierungen vor; ihr Gutachten fiel zugunsten der Bebaubarkeit der Liegenschaft aus.

Schon Anfang 1988 hatte die Beklagte einen Ingenieurkonsulenten für Raumplanung und Raumordnung mit der Erstellung des neuen Flächenwidmungsplans beauftragt. Ihm wurde von einer Hochwassergefährdung der Liegenschaft nichts bekannt; zwischen 1988 und August 1991 gab es keine Ereignisse, aus denen er im Zuge eines Augenscheins auf eine Hochwassergefährdung schließen hätte können. Das Land N***** wies trotz Anfragen an diverse Landesdienststellen nicht auf die Hochwassergefährdung hin. Der Raumplaner führte Erhebungen bei der Wasserbauabteilung und beim forsttechnischen Dienst für Wildbach‑ und Lawinenverbauung durch. Die ihm übermittelten Grundlagenpläne – wie der Plan „naturräumliche Grundlagen“, dem die Hochwassergefährdung zuzuordnen ist – boten keine Hinweise auf eine Hochwassergefährdung des Grundstücks. Für die Beklagte stellte sich im Zuge der Erstellung des Flächenwidmungsplans das Problem einer Hochwasser‑ bzw Überflutungsgefährdung des Grundstücks nicht; sie hatte keine Bedenken. Der Raumplaner schickte den Entwurf des Flächenwidmungsplans an alle Haushalte und rief jeden auf, Erfahrungen betreffend Hochwassergefährdung bekannt zu geben; er erhielt keine Hinweise auf eine Hochwassergefährdung des Grundstücks. Der „Niederösterreich‑Atlas“, in dem Überflutungsgebiete veröffentlicht werden, existiert erst seit etwa 2005/2006 und stand anlässlich der Erstellung des Flächenwidmungsplans noch nicht zur Verfügung.

Tatsächlich war „der Bereich, in dem die Klagsliegenschaft liegt“, durchschnittlich alle zwanzig Jahre durch Hochwasser überflutet. Es steht nicht fest, in welchem Ausmaß konkret das Grundstück dabei überflutet wurde.

Nach Ankauf der Liegenschaft begann die Klägerin mit der Kalkulation und Planung eines gemeinnützigen Wohnbauprojekts. Sie tätigte Aufwendungen für Architektenhonorare, Bauvorbereitungskosten und Sachverständigengebühren. Im Mai 1992 erfuhr ein Mitarbeiter der Klägerin am „Kanalamt“ der Beklagten, dass in Ansehung der Liegenschaft Hochwassergefahr bestehe. Die Klägerin berücksichtigte dies bei ihrer Planung, die die Anhebung der Liegenschaft um etwa einen Meter vorsah. Letztlich plante sie eine Wohnhausanlage mit 36 Wohneinheiten, verteilt auf vier Stiegen, und beantragte 1995 die baubehördliche Bewilligung, die ihr die Beklagte mit der Auflage erteilte, dass eine wasserrechtliche Bewilligung zu erwirken sei. In der Bauverhandlung hatte nämlich der Vertreter der Wasserbauabteilung des Landes N***** Einwände dahin erhoben, dass die geplante Geländeerhöhung, die Zufahrtsstraßen, Parkplätze und Teile der Wohnhausanlage im dreißigjährigen Überflutungsbereich der beiden Bäche lägen.

Die Bezirkshauptmannschaft A***** erteilte der Klägerin über ihren Antrag vom 8. 3. 2000 die wasserrechtliche Bewilligung mit Bescheid vom 6. 6. 2000, der aber letztlich aufgrund von Beschwerden diverser Anrainer vom Verwaltungsgerichtshof im Februar 2002 aufgehoben wurde.

Mit Verordnung vom 13. 9. 2006 verhängte die Beklagte für die Liegenschaft eine Bausperre zwecks Abwehr der Bedrohung durch Hochwässer des H*****bachs und des M*****bachs. Sie wird erst aufgehoben, wenn Hochwasserschutzmaßnahmen im Bereich dieser beiden Gerinne fertiggestellt sind.

Letztlich wies die Bezirkshauptmannschaft A***** mit Bescheid vom 18. 6. 2013 den Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die geplante Wohnhausanlage auf der Liegenschaft ab. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Die Klägerin erhob keine Berufung, weil sie der Meinung war, aufgrund der Bausperre und wegen Änderungen der Niederösterreichischen Bauordnung eine Baubewilligung für das Projekt nicht erhalten zu können. Ein weiterer Grund dafür waren die langjährigen Probleme mit den Anrainern.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus dem Titel der Amtshaftung Schadenersatz von insgesamt 755.867,06 EUR sA. Grundlage ihres Kaufentschlusses sei der Flächenwidmungsplan 1990 der Beklagten gewesen, der die Liegenschaft als Bauland‑Wohngebiet ausgewiesen habe. Die Bestätigung über die Baulandwidmung habe diese Widmungsart bekräftigt. Es habe keine Hinweise auf Nutzungsbeschränkungen der Liegenschaft und keine Aufklärung darüber gegeben, dass sie im Hochwasserabflussbereich des H*****bachs liege, obwohl das der Beklagten insbesondere aufgrund des Wissens ihrer mit den örtlichen Gegebenheiten vertrauten Organe bekannt gewesen sei. Auch ein bereits 1977 erstelltes „schutzwasserwirtschaftliches Grundsatzkonzept“, das einen umfassenden Hochwasserschutz für den H*****bach vorsehe, sei der Beklagten bekannt gewesen. Sie habe eine Wohnhausanlage mit vier selbständigen Wohnhäusern und 36 Wohneinheiten geplant. Im Zuge des Bauverfahrens sei erst 1996 hervorgekommen, dass die Liegenschaft im Hochwasserabflussbereich des H*****bachs liege und das Bauvorhaben eine wasserrechtliche Genehmigung brauche, die letztlich mit Bescheid vom 18. 6. 2013 rechtskräftig verweigert worden sei. Eine Berufung habe sie als aussichtslos nicht mehr erhoben, zumal das Projekt nach den einhelligen Gutachten der Sachverständigen im ursprünglich geplanten Umfang nicht bewilligungsfähig gewesen sei. Ein auf drei Wohnhäuser reduziertes Bauvorhaben sei aus wirtschaftlichen Gründen nicht weiterverfolgt worden, zumal dieses eingeschränkte Projekt ein vertieftes Retentionsbecken im Ausmaß von 1.500 m 2 erfordert hätte. Mittlerweile sei die Wirksamkeit der ursprünglichen Baubewilligung abgelaufen und es sei auch zu einer Änderung der Förderungsbedingungen gekommen. Gemäß § 15 Abs 3 Z 1 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 (kurz: NÖ ROG 1976) hätte die Liegenschaft nie in Bauland umgewidmet werden dürfen, jedenfalls hätte die Beklagte die Nutzungsbeschränkungen kenntlich machen müssen. Die Klägerin hätte die Liegenschaft nicht erworben und kein Bauvorhaben geplant, wenn die gesetzwidrige Umwidmung nicht erfolgt oder jedenfalls die Nutzungsbeschränkung kenntlich gemacht worden wäre. Der Schaden aus dem Ankauf der Liegenschaft betrage 574.511,76 EUR. Dazu kämen Aufwendungen für frustrierte Planungsmaßnahmen im Ausmaß von 88.988,30 EUR und Verdienstentgang aufgrund des Unterbleibens des Bauvorhabens von 92.367 EUR.

Die Beklagte wendete im Wesentlichen ein, die Umwidmung der Liegenschaft von Grünland in Bauland sei über Antrag der damaligen Eigentümerinnen am 5. 2. 1990 erfolgt. Die Aufsichtsbehörde habe den Flächenwidmungsplan am 30. 12. 1991 genehmigt. Dieser sei formell und inhaltlich ordnungsgemäß erlassen worden. Damals habe es keine konkreten, insbesondere nicht durch Gutachten oder Literatur belegten Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Liegenschaft einer Nutzungsbeschränkung oder gar einem Widmungsverbot unterliegen könnte. Unterlagen wie einen Gefahrenzonenplan oder Aussagen über Überflutungsgebiete habe es für den Bereich nicht gegeben. Das „schutzwasserwirtschaftliche Grundsatzkonzept“ aus 1977 habe nicht die Beklagte beauftragt, es sei ihr nicht bekannt. Da das Grundstück nicht im Hochwasserabflussgebiet, sondern im Überflutungsgebiet gelegen sei, sei bis 1996 eine Baulandwidmung jedenfalls zulässig gewesen. Die Frage des Hochwasserschutzes habe sich Anfang der 1990er Jahre nicht gestellt, damals sei man von einem dreißigjährigen Hochwasser ausgegangen. Die Widmung der Liegenschaft in Bauland sei nach dem Stand der Technik unbedenklich gewesen. Eine Sorgfaltspflichtverletzung oder ein Verschulden ihrer Organe liege nicht vor. Jedenfalls seien ihre Organe von einer vertretbaren Rechtsansicht ausgegangen. Das auf drei Wohnhäuser eingeschränkte Bauvorhaben der Klägerin wäre mit der geringfügigen Abänderung, dass ein Retentionsbecken mit einer Vertiefung von 0,75 m zu schaffen sei, der wasserrechtlichen Bewilligung zugänglich gewesen. Die Klägerin habe das Projekt grundlos aufgegeben und auf der Bewilligung des ursprünglich eingereichten Projekts beharrt. Die Bausperre habe die Beklagte wegen Streitigkeiten mit den Anrainern verhängt, sie könne bei Vorliegen eines wasserrechtlich bewilligten Projekts wieder aufgehoben werden.

Das Erstgericht erkannte mit Teil‑ und Zwischenurteil das Klagebegehren hinsichtlich 574.511,76 EUR sA als dem Grunde nach zu Recht bestehend und wies das Mehrbegehren von 181.355,30 EUR sA ab. Rechtlich vertrat es die Auffassung, die Organe der Beklagten hätten die Liegenschaft rechtswidrig in Bauland umgewidmet. Seit Inkrafttreten der Wasserrechtsgesetz‑Novelle 1990 am 1. 7. 1990 gelte gemäß § 38 Abs 3 WRG als Hochwasserabflussgebiet das bei dreißigjährigen Hochwässern überflutete Gebiet. Gemäß § 15 Abs 3 Z 1 NÖ ROG 1976 (LGBl 2008‑0) durften Flächen, die aufgrund ihrer natürlichen Gegebenheiten zur Bebauung ungeeignet seien, insbesondere Flächen in Hochwasserabflussgebieten, nicht als Bauland gewidmet werden. Gemäß Abs 2 Z 2 leg cit waren Flächen, für die Nutzungsbeschränkungen bestanden (wie etwa Hochwasserabflussgebiete), im Flächenwidmungsplan kenntlich zu machen. Wenn auch die erste teilweise Umwidmung bereits am 5. 2. 1990 und somit vor Inkrafttreten der WRG‑Novelle 1990 erfolgt sei, habe doch seit 1. 7. 1990 die Verpflichtung bestanden, das bei dreißigjährigem Hochwasser überflutete Gebiet im Flächenwidmungsplan kenntlich zu machen. Der „Beschluss“ über die Ausweitung der Baulandwidmung in die endgültige Form sei erst am 7. 11. 1990 ergangen. Die Beklagte sei außerdem verpflichtet gewesen, nach Inkrafttreten der WRG‑Novelle 1990 ein Verfahren nach § 22 Abs 2 NÖ ROG 1976 [gemeint: idF der 8. Novelle vom 16. 9. 1999, LGBl 8000‑13] einzuleiten und die Baulandwidmung zu korrigieren. Nach dem Vorbringen der Beklagten sei es Stand der Technik gewesen, von einem dreißigjährigen Hochwasser auszugehen.

Da die Gemeinde bei konkreten Anhaltspunkten für eine Hochwassergefährdung die Verpflichtung treffe, sich Gewissheit über das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Hochwasserabflussgebiets zu verschaffen, treffe ihre Organe auch ein Verschulden. Einerseits liege das Grundstück zwischen zwei Flüssen, andererseits sei dem Bauamtsdirektor der Beklagten bekannt gewesen, dass der Bereich, in dem die Liegenschaft liege, im Ausmaß von 150 m 2 im Abstand von rund 20 Jahren überflutet werde und diese Überflutungen vom H*****bach ausgingen. Generell hätten Organe und Mitarbeiter der Beklagten davon gewusst, dass der H*****bach immer wieder übergehe, insbesondere die Mitarbeiter des „Kanalamts“ der Beklagten. Sie hätten aber keine Veranlassung gesehen, Informationen an den beauftragten Raumplaner weiterzuleiten. Die Vorgangsweise der Beklagten sei unvertretbar rechtswidrig gewesen.

Da der Schutzzweck der Raumordnungsgesetze die subjektiv‑öffentlichen Rechte der Liegenschaftseigentümer und ihrer Rechtsnachfolger erfasse, habe sich die Klägerin darauf verlassen dürfen, dass die Liegenschaft nicht in einer Gefahrenzone (etwa durch Hochwasser) liege. Sie habe bewiesen, dass sie im Falle pflichtgemäßem Vorgehens der Beklagten die Liegenschaft nicht erworben hätte. Sie habe durch den Erwerb der Liegenschaft einen Vermögensschaden erlitten, für den die Beklagte dem Grunde nach hafte.

Hinsichtlich der übrigen Ansprüche der Klägerin fehle es allerdings an der Kausalität. Die Aufwendungen für Projektplanung und ‑entwicklung von 88.988,30 EUR habe sie nicht im Vertrauen auf die uneingeschränkte Bebaubarkeit der Liegenschaft und das Fehlen hochwasserbedingter Nutzungsbeschränkungen, sondern unabhängig davon getätigt. Auch für den Verdienstentgang von 92.367 EUR sei das Verhalten der Beklagten nicht kausal; bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten wäre die Liegenschaft nicht umgewidmet oder die Nutzungsbeschränkung kenntlich gemacht worden; die Klägerin hätte sie diesfalls nicht erworben und daher auch keinen Verdienst für örtliche Bauaufsicht und Bauverwaltung lukrieren können.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin im Umfang der Abweisung des Klagebegehrens von 92.367 EUR sA nicht Folge und bestätigte insoweit das Ersturteil als Teilurteil (das von der Klägerin nicht bekämpft, in Rechtskraft erwuchs). Im Übrigen gab es der Berufung der Klägerin hinsichtlich der Abweisung des weiteren Klagebegehrens von 88.988,30 EUR sA und der Berufung der Beklagten, die sich gegen das erstinstanzliche Zwischenurteil wendete, zur Gänze Folge und hob das Ersturteil insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Rechtlich führte es – soweit für das Rekursverfahren relevant – aus, dass die Beurteilung der Rechtswidrigkeit einer Verordnung nicht dem Amtshaftungsgericht zustehe und die Frage nach einer allfälligen schuldhaften Rettungspflichtverletzung der Klägerin sowie die eines Verschuldens der für die Beklagte handelnden Organe aufgrund des festgestellten Sachverhalts noch nicht abschließend beurteilt werden könne. § 15 Abs 2 Z 2 NÖ ROG 1976 (LGBl 8000‑0) habe von Nutzungsbeschränkungen „auf Grund von Bundes‑ und Landesgesetzen“ gesprochen und in diesem Zusammenhang auch „Hochwasserabflussgebiete“ erwähnt; darauf habe sich im Zeitraum 1990/1991 auch das Verbot der Baulandwidmung bezogen (§ 15 Abs 3 Z 1 NÖ ROG 1976). Eine Definition dieses Begriffs habe damals nur § 38 Abs 3 WRG geboten. Gemäß dieser Bestimmung seien bis zum 30. 6. 1990 die Hochwasserabflussgebiete – sofern bei den Gemeinden in den Abdrucken der Katastralmappen die Grenzen der Hochwasserabflussgebiete für zwanzig‑ bis dreißigjährige Hochwässer nicht ersichtlich gemacht worden waren, was weder behauptet noch festgestellt worden sei und nur über Verordnung des Landeshauptmannes zu erfolgen gehabt hätte – jene Flächen anzusehen gewesen, die erfahrungsgemäß häufig überflutet worden seien. Bei häufiger Überflutung von Flächen sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (2010/07/0080; 98/07/0106) regelmäßig nur an Abstände von wenigen Jahren zu denken gewesen. Überflutungen, die in Abständen von etwa zehn und mehr Jahren stattgefunden hätten, seien nicht mehr als „häufig“ zu bezeichnen gewesen, weil der Gesetzgeber nur für jene Gebiete, für die entsprechende Unterlagen bestanden hätten und für die daher durch Einzeichnungen in die Abdrucke der Katastralmappen die Grenzen der Hochwasserabflussgebiete festgelegt worden wären, eine eindeutige Regelung hinsichtlich des Umfangs des Hochwasserabflussgebiets getroffen habe. Erst mit der am 1. 7. 1990 in Kraft getretenen (Art IV Abs 1 leg cit) WRG‑Novelle 1990, BGBl 1990/252, sei § 38 Abs 3 WRG dahin geändert worden, dass ab diesem Zeitpunkt als Hochwasserabflussgebiet im Sinn des § 38 Abs 1 WRG das bei 30jährlichen Hochwässern überflutete Gebiet gelte. Erst ab diesem Zeitpunkt habe daher von einer Änderung des Bedeutungsgehalts des (an sich unverändert gebliebenen) § 15 Abs 3 Z 1 NÖ ROG 1976 ausgegangen werden können. Da das Grundstück lediglich zu 60 % bereits mit Verordnung vom 5. 2. 1990, im Übrigen hingegen mit Verordnung am 7. 11. 1990 in Bauland umgewidmet worden sei, bestünden hinsichtlich der letztgenannten Verordnung Bedenken gegen deren Gesetzmäßigkeit, weil sie auf die Änderung des § 38 Abs 3 WRG und die daraus abzuleitende weitere Auslegung des Begriffs „Hochwasserabflussgebiet“ im NÖ ROG 1976 offensichtlich nicht Rücksicht genommen habe. Mangels entsprechender Übergangsbestimmungen der WRG‑Novelle 1990 und des damals unverändert gebliebenen NÖ ROG 1976 könne auch nicht von Vornherein gesagt werden, dass auf das bereits anhängige Umwidmungsverfahren die geänderte Rechtslage nicht anzuwenden sei. Diese Frage wäre daher an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

Organe der Beklagten hätten im Zuge des – über Antrag der Rechtsvorgänger der Klägerin eingeleiteten – Umwidmungsverfahrens hinsichtlich der Liegenschaft ein Ermittlungsverfahren im Sinn des § 13 NÖ ROG 1976 (LGBl 8000‑0) eingeleitet, ein geologisches Sachverständigengutachten eingeholt und einen Raumplaner beauftragt. Aus den Feststellungen sei abzuleiten, dass sich die Organwalter der Beklagten im Umwidmungsverfahren grundsätzlich bemüht hätten, sich Gewissheit über das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Hochwasserabflussgebiets zu verschaffen. Das allein reiche aber noch nicht aus, um eine Sorgfaltspflichtverletzung zu verneinen. Wäre den befassten Organen bzw Organwaltern tatsächlich bekannt gewesen, dass Überflutungen des Grundstücks alle paar Jahre in einem solchen Ausmaß erfolgt seien, dass auch für einen nicht Sachkundigen daraus zu schließen sei, es handle sich um ein Abflussgebiet für Hochwässer des M*****bachs bzw H*****bachs, wäre eine Sorgfaltswidrigkeit zu bejahen. Hätten diese Organe hingegen nur gewusst, dass die Bäche etwa alle zwanzig Jahre übergehen und dann Hochwassergefahr bestehe, ohne aber in Kenntnis von relevanten Überflutungen des Grundstücks zu sein, könnte angesichts der Ergebnisse des Grundlagenermittlungsverfahrens noch nicht von einer Sorgfaltspflichtverletzung ausgegangen werden. Auch ein Wissen eines bloß untergeordneten Mitarbeiters im „Kanalamt“ würde hiefür noch nicht ausreichen. Die dazu getroffenen Feststellungen des Erstgerichts seien ergänzungsbedürftig und zu präzisieren.

Auch in Bezug auf eine allfällige Rettungspflichtverletzung der Klägerin sei der Sachverhalt noch ergänzungsbedürftig. Der Klägerin sei die beantragte baubehördliche Bewilligung mit der Auflage erteilt worden, auch eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen. Diese sei ihr von der Bezirkshauptmannschaft A***** letztlich versagt worden. Eine Berufung gegen diesen Bescheid habe sie nicht mehr erhoben. Dass ein derartiges Rechtsmittel geeignet hätte sein können, ihren Schaden abzuwenden, „liege auf der Hand“. Die Klägerin leite ihren Ersatzanspruch ja auch aus der nun nicht mehr möglichen Bebauung der Liegenschaft und den frustrierten Aufwendungen für die Bauführung ab. Beide Schäden würden prima facie nicht bestehen, hätte sie die wasserrechtliche Bewilligung erlangt. Auch wenn die wasserrechtliche Bewilligung „nur unter Auflagen“ (so etwa das sogenannte Retentionsbecken und ein auf drei Stiegen beschränktes abgeändertes Projekt) erteilt worden wäre, würde das bedeuten, dass der Klägerin eine Bebauung der Liegenschaft möglich gewesen wäre; auch ihr Planungsaufwand wäre – zumindest teilweise – damit nicht als frustriert anzusehen gewesen. Im fortzusetzenden Verfahren sei auch die Frage des Verschuldens an der Rettungspflichtverletzung noch zu prüfen, wozu es einer entsprechenden Tatsachengrundlage bedürfe.

Das Berufungsgericht ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil zur Frage, inwieweit Mitarbeiter und Organe der Beklagten im Zusammenhang mit Umwidmungsverfahren Sorgfaltspflichten treffen, wenn ein Ermittlungsverfahren unter Beiziehung von Sachverständigen ohnedies geführt worden sei, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege. Auch zur Frage der Rettungspflichtverletzung „in einem Sachverhalt wie dem vorliegenden“ bestehe keine höchstgerichtliche Rechtsprechung.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Klägerin gegen die Aufhebung des erstinstanzlichen Zwischenurteils im Umfang von 574.511,76 EUR sA erhobene Rekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.

1.1. Gemäß § 26 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 (NÖ ROG 1976, LGBl 8000‑0 auch idF der 19. Novelle, LGBl 8000‑25) hatten die Gemeinden die in diesem Gesetz geregelten Aufgaben – mit wenigen, für den vorliegenden Fall nicht bedeutsamen Ausnahmen – im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen. Flächenwidmungspläne wurden von den Gemeinden im Rahmen der Hoheitsverwaltung erlassen (§ 13 Abs 3 NÖ ROG 1976, LGBl 8000‑0, [Arg.: „als behördliche Maßnahme“]; 1 Ob 48/00s = SZ 73/90). Die Änderung des Flächenwidmungsplans durch die beklagte Gemeinde kann nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs Amtshaftungsansprüche der Klägerin begründen, weil sie in Vollziehung der Gesetze erfolgte und eine Maßnahme der Hoheitsverwaltung darstellte, deren Fehlerhaftigkeit bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs 1 AHG zu einer Haftung des Rechtsträgers führt (RIS‑Justiz RS0113715 [T1]).

1.2. Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs erfasst der Schutzzweck von Raumordnungsgesetzen jedenfalls die subjektiv‑öffentlichen Rechte der Liegenschaftseigentümer und ihrer Rechtsnachfolger (RIS‑Justiz RS0038504 [T1, T4]; RS0121624; vgl RS0027563 [T1]). Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits ausgesprochen, dass Flächenwidmungspläne für die Frage der Bebaubarkeit einer Liegenschaft von entscheidender Bedeutung sind und ihr Inhalt die wichtigste Grundlage für alle wirtschaftlichen Dispositionen, die mit dem Kauf und der Bebauung von Grundstücken verknüpft sind, darstellt (1 Ob 158/06a = SZ 2006/175). Der Zweck der Baulandbestätigung wird vor allem darin gesehen, dem Käufer die Gewissheit zu verschaffen, dass er Bauland erwirbt und ihm damit eine verlässliche Grundlage für die richtige Einschätzung des Kaufgegenstands und dessen Werts zu bieten (RIS‑Justiz RS0038504 [T9]). Der Oberste Gerichtshof hat demnach Erwerbern eines Baugrundstücks, dessen Lage im Hochwassergebiet der Flächenwidmungsplan zu Unrecht nicht ausgewiesen hatte, nach Erteilung der Baubewilligung einen Amtshaftungsanspruch auf Ersatz ihrer frustrierten Aufwendungen bei der Bebauung des Grundstücks (eines reinen Vermögensschadens) zugebilligt (1 Ob 158/06a, krit dazu Kerschner , Amtshaftung der Gemeinden bei Baugenehmigung in hochwassergefährdeten Gebieten, RFG 2008/22, 85).

Nach diesen Kriterien ist auch die von der Klägerin geltend gemachte Wertdifferenz betreffend die Liegenschaft, die Gegenstand des Rekursverfahrens ist, grundsätzlich vom Schutzzweck des NÖ ROG 1976 erfasst. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen erwarb die Klägerin die Liegenschaft am 8. 5. 1991 im Vertrauen auf den Flächenwidmungsplan und die darin festgelegte Widmung Bauland‑Wohngebiet. Wäre die Liegenschaft als Grünland gewidmet gewesen oder ihre Lage im Hochwasserabflussgebiet kenntlich gemacht gewesen, hätte sie die Liegenschaft nicht erworben. Einem Käufer, der eine solche Liegenschaft im Vertrauen auf ihre Bebaubarkeit erwarb, ist aber nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs ein Amtshaftungsanspruch auf Ersatz seiner (Vermögens‑)Schäden zuzubilligen (vgl auch 1 Ob 239/13y = RdU 2015/58, 83 [ Ecker ] = ZVB 2014/94, 316 [ Oppel ]). Ist die Grundlagenforschung derart mangelhaft, dass hochwassergefährdete Flächen als Bauland ausgewiesen werden, sind auch jene Aufwendungen zu ersetzen, die der Eigentümer im Vertrauen auf die Bestandskraft der Widmung getätigt hat ( Kleewein in RdU 2007/112, 215 [Glosse zu 1 Ob 178/06t]).

2. Zur Frage der Rechtswidrigkeit der Umwidmung des Grundstücks der Klägerin durch die beklagte Gemeinde ist auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, die von den Parteien im Rekursverfahren nicht bekämpft wird, zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Um die Gesetzwidrigkeit dieser Verordnung für das Amtshaftungsgericht bindend festzustellen, muss ein Antrag nach Art 89 Abs 2 iVm Art 139 Abs 1 Z 1 B‑VG auf Aufhebung der Änderung des Flächenwidmungsplans an den Verfassungsgerichtshof gestellt werden (§ 11 Abs 3 AHG; 1 Ob 239/13y; Kleewein , Amtshaftung in der Raumplanung, bbl 2008, 1 [3]; vgl Schragel , AHG 3 [2003] Rz 271, 337; RIS‑Justiz RS0050058). Entgegen der Ansicht der Klägerin wird eine Verordnung nicht nur „angewendet“, wenn sie Erzeugungsbedingung für den zu setzenden Akt ist, sondern auch, wenn die Beurteilung ihrer Gesetzmäßigkeit – wie im Amtshaftungsverfahren – nur die Vorfrage für die Entscheidung einer Rechtssache bildet (RIS‑Justiz RS0050245). Die Klägerin stützt ihren Amtshaftungsanspruch darauf, dass die Flächenwidmung in Bauland nicht hätte vorgenommen werden dürfen. Die Baulandbestätigung vom 13. 5. 1991 gab bloß die beschlossene Flächenwidmung in Bauland (richtig) wieder, sodass sie daraus ihre Ansprüche nicht ableiten kann.

3. Unerheblich ist schließlich die (nunmehrige) Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe nach Erlassung des Flächenwidmungsplans gegen ihre Pflicht zur Rückwidmung verstoßen. Ob die Beklagte allenfalls aus anderen Rechtsgründen haftet, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens, in dem ausschließlich zu prüfen ist, ob ihr bei Erlassung des Flächenwidmungsplans Fehler unterlaufen sind. Den Ausführungen der Klägerin zur Verletzung der Pflicht zur Rückwidmung steht – wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausführte – das Neuerungsverbot entgegen (§ 482 Abs 1, § 504 Abs 2 ZPO).

4. Soweit die Klägerin versucht, die Beweiswürdigung und die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen zu bekämpfen, ist sie darauf zu verweisen, dass dies auch im Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO nicht möglich ist, weil der Oberste Gerichtshof nicht Tatsacheninstanz ist (RIS‑Justiz RS0069246; vgl RS0043817 [T4]).

5. Die Beklagte hat gemäß § 1298 ABGB (wegen der Missachtung einer gesetzlichen Verpflichtung) zu behaupten, dass ihr das schadensursächliche rechtswidrige Verhalten ihrer Organen nicht auch als schuldhaft anzulasten wäre und diesen Beweis zu erbringen (1 Ob 158/06a mwN; RIS‑Justiz RS0049961). Die Organe der Beklagten sind zwar am Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB zu messen (RIS‑Justiz RS0026381; RS0049940 [T2]), die Sorgfaltsanforderungen dürfen aber auch nicht überspannt werden (RIS‑Justiz RS0026450 [T1]).

Wenn das Berufungsgericht der Ansicht ist, dass der Sachverhalt zur Beurteilung des Verschuldens der (Organe der) Beklagten noch nicht genügend geklärt ist, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RIS‑Justiz RS0042179). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es komme darauf an, ob die Organe der Beklagten über amtliches Wissen verfügten, das geeignet gewesen sei, die Ergebnisse des Grundlagenermittlungsverfahrens im Sinn des § 13 NÖ ROG 1976 und des eingeholten geologischen Sachverständigengutachtens zu erschüttern, ist nicht zu beanstanden. Zweck des Rekurses ist die Überprüfung der Rechtsansicht der zweiten Instanz durch den Obersten Gerichtshof; ist die dem Aufhebungsbeschluss zugrunde liegende Rechtsansicht (wie hier) zur Frage des schuldhaften Verhaltens der beklagten Gemeinde richtig, kann der Oberste Gerichtshof nicht überprüfen, ob die Verfahrensergänzung tatsächlich notwendig ist (RIS‑Justiz RS0042179 [T17]).

6. Zu den Grundsätzen der Rettungspflicht im Amtshaftungsrecht:

6.1. Nach § 2 Abs 2 AHG (idF vor dem Verwaltungsgerichtsbarkeits‑Ausführungsgesetz 2013, BGBlI 2013/33) besteht der Ersatzanspruch dann nicht, wenn der Geschädigte den Schaden durch ein Rechtsmittel oder eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (nun eine solche beim Verwaltungsgericht und Revision beim Verwaltungsgerichtshof) hätte abwenden können.

Unter „Rechtsmitteln“ im Sinn des § 2 Abs 2 AHG sind prozessuale Rechtsbehelfe zur Abhilfe gegen gerichtliche oder sonstige behördliche Entscheidungen zu verstehen, die dazu dienen, fehlerhafte gerichtliche (oder sonstige behördliche) Entscheidungen, sei es im Instanzenweg, sei es auf andere Weise, zu beseitigen (RIS‑Justiz RS0050080; RS0110188). Dieser Rechtsmittelbegriff ist extensiv auszulegen (RIS‑Justiz RS0050097) und umfasst alle prozessualen Anfechtungsmittel im weiteren Sinn, sodass nur für nicht sanierbare Akte der Vollziehung Ersatz zu gewähren ist. Das Gesetz überlässt auf diese Weise zunächst dem Betroffenen selbst die Wahrung seiner Interessen und gewährt ihm Amtshaftungsansprüche nur dort, wo er innerhalb des betreffenden Verfahrens alle Anfechtungsmittel vergeblich ausgeschöpft hat (RIS‑Justiz RS0026901).

Das Wort „können“ in § 2 Abs 2 AHG bedeutet nur, dass ein Rechtsbehelf bestand, der seiner Art nach abstrakt die Möglichkeit bot, den Schaden noch zu verhindern (RIS‑Justiz RS0053073 [T1]), wobei nur offenbar aussichtslose Abhilfemaßnahmen die Rechtsfolgen des § 2 Abs 2 AHG nicht eintreten lassen, was vor allem dann der Fall ist, wenn ein bestimmter Rechtsbehelf schon nach seiner abstrakten Wirkungsmöglichkeit zur Schadensabwehr ungeeignet ist. Der potenzielle Erfolg eines nicht erhobenen Rechtsbehelfs ist dagegen von den Gerichten nicht nachzuvollziehen. Diese Einschränkung der Überprüfungsbefugnis des Amtshaftungsgerichts wird in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs damit begründet, dass das Gericht im Sinn des § 11 Abs 1 AHG nicht berechtigt sei, die Rechtswidrigkeit eines Bescheids selbständig zu prüfen und daher den Eintritt der Rechtsfolgen des § 2 Abs 2 AHG nur nach der Erschöpfung des Rechtszugs als Klagevoraussetzung zu beurteilen habe. Wenn jemand gewillt sei, einen Rechtsträger wegen der Schadensfolgen aus einem rechtswidrigen Bescheid zu klagen, mute ihm das Gesetz zu, zunächst den primären Rechtsschutz der Verfahrensgesetze auszunützen. Der Kläger müsse daher sogar einen Bescheid bekämpfen, den er selbst für richtig halte (RIS‑Justiz RS0053063; zuletzt 1 Ob 123/15t mwN).

Nach den allgemeinen Regeln des Schadenersatzrechts (§ 1304 ABGB) setzt auch der Ausschluss des Ersatzanspruchs nach § 2 Abs 2 AHG ein Verschulden oder besser eine Sorglosigkeit des Amtshaftungsklägers im Umgang mit seinen eigenen Rechtsgütern voraus (RIS‑Justiz RS0027200; RS0027565). Dabei kommt es einerseits auf die konkreten Kenntnisse und Fähigkeiten des Geschädigten und andererseits auf die gesamten Begleitumstände seines Verhaltens an (RIS‑Justiz RS0027565 [T5]).

6.2. Ein Liegenschaftseigentümer, dessen Baubewilligungsansuchen nur wegen einer während des Verwaltungsverfahrens erfolgten Änderung des Flächenwidmungsplans, deren gesetzwidrige Erlassung er behauptet, abgewiesen wurde, muss das Verfahren zur Abwendung noch nicht endgültig entstandener, sondern nur bei Aufrechterhaltung der Verordnung weiter bestehen bleibender Schäden bis zum Verwaltungsgerichtshof fortführen. Ein Amtshaftungsanspruch kann hingegen nicht entstehen, weil entweder die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofs schuldhaft unterlassen wurde (§ 2 Abs 2 AHG) oder aber der Schaden wegen Aufhebung der Verordnung durch den vom Verwaltungsgerichtshof angerufenen Verfassungsgerichtshof beseitigt wird bzw gemäß § 2 Abs 3 AHG nicht ersatzfähig ist (1 Ob 34, 35/82 = SZ 55/190; RIS‑Justiz RS0050044).

In einem Fall, in dem der Schaden der Erwerber deshalb entstand, weil sie in Unkenntnis der wahren Sachlage das Grundstück erwarben, um eine Baubewilligung ansuchten und infolge Bewilligung des Bauvorhabens mit (Bau‑)Kosten belastet wurden, die bei Kenntnis des Umstands, dass sich das Baugrundstück (teilweise) im Hochwasserabflussgebiet befand, nicht entstanden wären, verneinte der Oberste Gerichtshof eine Verletzung der Rettungspflicht dahin, dass die Erwerber nicht um eine wasserrechtliche Bewilligung angesucht hatten. Sie könnten nicht darauf verwiesen werden, dass sie ohnehin in einem hochwassergefährdeten Gebiet bauen hätten dürfen (1 Ob 158/06a = SZ 2006/175).

6.3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Klägerin dadurch, dass sie – nach Aufhebung der zunächst erteilten wasserrechtlichen Bewilligung durch den Verwaltungsgerichtshof – gegen den wasserrechtlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft A***** vom 18. 6. 2013 keine Berufung erhob, nicht die Verletzung der Rettungspflicht nach § 2 Abs 2 AHG anzulasten. Abgesehen davon, dass die Bekämpfung der Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung den behaupteten Schaden, der Gegenstand des Rekursverfahrens ist (die Wertdifferenz infolge der bestehenden Hochwassergefahr), nicht verhindern könnte, setzt – wie dargelegt – die Rechtsfolge des § 2 Abs 2 AHG ein Verschulden bzw Sorglosigkeit im Umgang mit den eigenen Rechtsgütern des durch eine hoheitliche Handlung Geschädigten voraus (RIS‑Justiz RS0027200). Wenn sie aber im Hinblick auf die bestehende Bausperre, die auch bei einer wasserrechtlichen Bewilligung der Umsetzung des projektierten Wohnbaus entgegensteht, die Erhebung eines Rechtsmittels gegen den gar nicht als amtshaftungsrelevant anzusehenden Bescheid unterlässt, liegt keine schuldhafte Rettungspflichtverletzung vor. Der vom Berufungsgericht herangezogene Umstand, dass allenfalls die wasserrechtliche Bewilligung „unter Auflagen“ (so etwa ein Retentionsbecken und ein auf drei Stiegen beschränktes abgeändertes Projekt) erteilt worden wäre, betrifft die – allerdings von der Beklagten zu behauptende und zu beweisende (RIS‑Justiz RS0031357 [T10]) – Verletzung der Schadensminderungspflicht, weil dies darauf hinausläuft, dass durch eine Verkleinerung des Projekts möglicherweise nur ein Teil der Aufwendungen der Klägerin frustriert gewesen wäre. Die Frage der Verletzung der Schadensminderungspflicht gehört jedoch im Allgemeinen zur Anspruchshöhe (RIS‑Justiz RS0040783). Aber auch zur Beurteilung einer allfälligen Verletzung der Schadensminderungspflicht der Klägerin fehlen tragfähige Feststellungen.

7. Aus diesen Erwägungen ist (im Umfang der Anfechtung) der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts – mit Ausnahme der Ausführungen zu § 2 Abs 2 AHG – beizupflichten.

Die Aufhebung des Urteils des Erstgerichts zur Verfahrensergänzung ist somit im Ergebnis zutreffend erfolgt.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Stichworte