OGH 2Ob67/14p

OGH2Ob67/14p9.7.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. H***** W*****, vertreten durch Dr. Edwin Morent, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. K***** K*****, vertreten durch Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterfertigung (Streitwert: 50.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 17. Februar 2014, GZ 15 R 14/14k‑24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 16. Dezember 2013, GZ 5 Cg 29/13g‑20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:

Die beklagte Partei ist schuldig, binnen 14 Tagen den Abtretungsvertrag nachfolgenden Inhalts zu unterfertigen:

„1. Dr. K***** K*****, geb. *****, ist Gesellschafter der zu FN ***** des Landesgerichts ***** protokollierten C***** GmbH. Sein Geschäftsanteil entspricht einer zur Gänze eingezahlten Stammeinlage im Nennbetrag von EUR 35.000 (EUR fünfunddreißigtausend).

2. Dr. K***** K***** tritt hiemit von diesem Geschäftsanteil an der C***** GmbH einen Teil der volleinbezahlten Stammeinlage im Nennbetrag von EUR 23.333,33 (EUR dreiundzwanzigtausenddreihundert-dreiunddreißig, dreiunddreißig) um den Abtretungspreis von EUR 1 (EUR eins) an Dr. H***** W*****, geb. *****, ab, und dieser erklärt die Vertragsannahme.

3. Der Abtretungspreis von EUR 1 (EUR eins) wurde vor Unterfertigung dieses Vertrags entrichtet.

4. Dr. H***** W***** erwirbt diesen Geschäftsanteil mit allen Rechten und Pflichten, die dem abtretenden Gesellschafter der Gesellschaft gegenüber zustehen bzw obliegen. Er erklärt, den Gesellschaftsvertrag in der derzeit geltenden Fassung zu kennen und sich allen seinen Vereinbarungen zu unterwerfen, ferner den abtretenden Gesellschafter hinsichtlich aller von ihm übernommenen Verpflichtungen und Verbindlichkeiten, die sich aus dem Gesellschaftsverhältnis ergeben, klag- und schadlos zu halten.

5. Dr. K***** K***** haftet dafür, dass der vertragsgegenständliche Geschäftsanteil sein unbeschränktes Eigentum darstellt und nicht mit irgendwelchen Rechten Dritter belastet ist. Er verpflichtet sich, etwa auftretende noch von ihm zu vertretende Verbindlichkeiten unverzüglich zu berichtigen und den Erwerber diesbezüglich schad- und klaglos zu halten. Er erklärt ferner, dass neben den dem Übernehmer bekannten Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags keinerlei Vereinbarungen oder Beschlüsse der Gesellschafter bestehen, die die mit dem vertragsgegenständlichen Geschäftsanteil verbundenen Mitgliedschaftsrechte beeinflussen.

6. Als Tag des Übergangs aller mit dem Geschäftsanteil verbundenen Rechte und Verbindlichkeiten auf den Erwerber wird der Tag der Unterfertigung dieses Vertrags vereinbart.

7. Sämtliche mit der Errichtung und Vergebührung dieses Vertrags verbundenen Kosten und Gebühren gehen zulasten des Übernehmers.“

Die beklagte Partei ist ferner schuldig, der klagenden Partei die mit 20.177,94 EUR (darin 2.348,16 EUR USt und 6.089 EUR Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind als Ärzte im Bereich der rekonstruktiven Orthopädie und orthopädischen Chirurgie tätig. Der Kläger hatte auf dem Gebiet der „antibiotisch imprägnierten Knochenchips“ europäische und amerikanische Patente erworben. Dabei handelt es sich um ein Verfahren zur Infektionsbehandlung durch „Reinigung“ von Knochengewebe und Imprägnierung des Knochens mit einem Antibiotikum. Die Streitteile beabsichtigten die Gründung einer Gesellschaft, um das Wissen des Klägers durch Entwicklung eines medizinischen Produkts zu vermarkten. Dazu benötigten sie „Gewebe-Rohmaterial“.

Der Kläger war ärztlicher Leiter und bis 5. 2. 2005 alleiniger Geschäftsführer einer „Ö***** Gesellschaft mbH“ (A***** = A*****). Nach den ursprünglichen Vorstellungen der Streitteile sollte das „Rohmaterial“ von der A***** bezogen und das fertige Produkt (O*****) über diese Gesellschaft in Verkehr gebracht werden. Als die A***** in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, kam auch die Idee auf, die A***** zu „übernehmen“. Ein im Auftrag des Beklagten im Mai 2004 erstellter Businessplan ergab, dass unter den angenommenen Prämissen „100.000 EUR plus 350.000 EUR“ benötigt werden würden, um das Projekt in kurzer Zeit durchzusetzen. Der Kläger hatte bereits sehr viel Zeit und Geld in die Entwicklung der Patente investiert. Die Streitteile einigten sich darauf, dass der Kläger seine Patente und sein Know‑how, der Beklagte den ihm damals aus einer Lebensversicherung zur Verfügung stehenden Betrag von 100.000 EUR einbringen würden. Damit sollte das Unternehmen zur Herstellung des Produkts auf Basis der Patente des Klägers in der Lage sein. Der Kläger sollte auch dazu beitragen, das Produkt bekannt zu machen. Die Streitteile bewerteten den „Input“ des Klägers mit zwei und jenen des Beklagten mit einem Drittel. Sie kamen ferner überein, dass der Kläger ‑ ua wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der A***** ‑ nicht als Gesellschafter der zu gründenden Gesellschaft aufscheinen sollte.

Die am 4. 3. 2005 mit einem Stammkapital von 35.000 EUR gegründete C***** GmbH (in der Folge: C*****) wurde am 11. 3. 2005 zu FN ***** im Firmenbuch eingetragen. Als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer fungiert seither der Beklagte. Die Stammeinlage ist voll einbezahlt. Der Kläger stellte C***** seine Patente mittels Lizenzvertrags zur Verfügung, der Beklagte investierte den erwähnten Betrag.

Am 11. 4. 2005 schlossen die Streitteile (nicht in der Form eines Notariatsakts) eine Treuhandvereinbarung mit folgendem wesentlichen Inhalt:

[...]

II.

Der TREUHÄNDER erklärt hiermit, diesen Geschäftsanteil […] nicht für eigene Rechnung erworben zu haben und innezuhalten, sondern zu zwei Drittel treuhändig für den TREUGEBER.

[…]

IV.

1. Der TREUHÄNDER verpflichtet sich,

a) Über den in Punkt II. beschriebenen treuhändig gehaltenen Zweidrittelgeschäftsanteil nicht ohne ausdrückliche Zustimmung des TREUGEBERS zu verfügen,

[…]

4. Der TREUHÄNDER ist weiters verpflichtet, den treuhändig innegehaltenen Geschäftsanteil ganz oder zum Teil jederzeit nach Wahl des TREUGEBERS unentgeltlich, um einen Abtretungspreis in Höhe von EUR 1,00 (…), in Höhe des Nominales oder unentgeltlich an den TREUGEBER selbst oder an eine von diesem namhaft gemachte Person durch Notariatsakt abzutreten.

[…]

VII.

Der TREUHÄNDER ist berechtigt, das Treuhandverhältnis jederzeit ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist gegenüber dem TREUGEBER aufzukündigen. In diesem Fall ist der TREUGEBER verpflichtet, nach Ablauf dieser drei Monate unverzüglich einen Abtretungsvertrag selbst oder mittels einer vom TREUGEBER namhaft gemachten Person durch Notariatsakt hinsichtlich des von der Treuhandschaft umfassten Geschäftsanteils nach Wahl des TREUGEBERS unentgeltlich, um einen Abtretungspreis von EUR 1,00 (…), in Höhe des Nominales oder unentgeltlich abzuschließen.

[...]

Gleichzeitig unterfertigte der (richtig) Beklagte ein vorformuliertes, ebenfalls nicht in der Form eines Notariatsakts verfasstes „Anbot auf Abtretung eines Geschäftsanteils“. Dort lautet es ua wie folgt:

Dr. K***** K***** […] macht Dr. H***** W***** […] folgendes Anbot auf Abtretung eines Geschäftsanteils:

[...]

II.

Im Falle der Annahme dieses Anbots tritt der ANBIETENDE zwei Drittel seines in Punkt I. beschriebenen Geschäftsanteils […] und zwar den einer voll einbezahlten Stammeinlage von EUR 23.333,33 (…) entsprechenden Teil seines Geschäftsanteiles um den Abtretungspreis in Höhe von EUR 1,00 (…) an den ÜBERNEHMER ab.

[…]

VII.

Mit diesem Anbot bleibt der ANBIETENDE dem ÜBERNEHMER bis zur tatsächlichen Annahme dieses Anbotes durch notarielle Annahmeerklärung unwiderruflich bis längstens 1. Jänner 2025 im Wort.

[...]

In der Folge wurde A***** an ein anderes Unternehmen verkauft, sodass sich C***** gezwungen sah, eine neue Gewebebank aufzubauen. Für den Aufbau einer neuen Gewebebank verfügte auch der Kläger über kein ausreichendes Know-how, weshalb die Hilfe externer Unternehmen benötigt wurde. Das erforderte mehr Zeit und finanzielle Mittel als ursprünglich geplant. Der Beklagte, der schon die Stammeinlage bezahlt hatte, übernahm allein die persönliche Haftung für die erforderlichen Kredite.

C***** nutzte die Patente des Klägers und entwickelte auf dieser Basis das Produkt O*****. Für die Anwendung dieses Medikaments benötigte man klinische Studien, die vom Kläger beigebracht werden sollten. Der Kläger veröffentlichte tatsächlich solche Studien, die auch C***** zur Verfügung standen, jedoch nicht in der Anzahl, wie der Beklagte sich das vorgestellt hatte. Ab 2010 wurde das Produkt vertrieben, wobei sich der Verkauf nur schleppend entwickelte. 2011 stellten sich bei C***** Liquiditätsprobleme ein, sodass zusätzliches Geld benötigt wurde. Der Beklagte forderte den Kläger vergeblich auf, Haftungen zu übernehmen. Er sagte ihm auch, dass die Anteilsverteilung nicht mehr passe.

Der Kläger verwies in seinen Fachvorträgen ein- oder zweimal auf das Produkt O*****. Er konnte es auch in einem Standardwerk platzieren. Inwieweit er in seinen Fachpublikationen das Produkt bewarb, konnte nicht festgestellt werden.

Der Kläger begehrte mit der am 1. 3. 2013 beim Erstgericht eingebrachten Klage, den Beklagten zur Unterfertigung des aus dem Spruch ersichtlichen Abtretungsvertrags zu verpflichten. Er stützte sich auf Punkt IV.4 des Treuhandvertrags und das Anbot des Beklagten. Den Abtretungspreis habe er schon bezahlt. Der Irrtumseinwand des Beklagten sei verjährt.

Der Beklagte wandte zusammengefasst ein, der Kläger sei seinen Verpflichtungen aus dem Treuhandverhältnis nicht nachgekommen, weshalb er es mit Schreiben vom 18. 9. 2012 beendet habe. Der Kläger habe sich am finanziellen Aufwand, den Haftungen, der Kapitalausstattung etc nicht beteiligt, der Beklagte habe das Unternehmen allein geführt. Es widerspräche Treu und Glauben, würde der Kläger nun vom alleinigen Einsatz des Beklagten profitieren. Auch habe der Kläger die zugesagten Studien nicht erstellt und kein Know‑how für den Aufbau einer Gewebebank eingebracht. Der Beklagte sei daher berechtigt gewesen, das Treuhandverhältnis, ein Dauerschuldverhältnis, aus wichtigem Grund aufzulösen. Es werde auch Irrtum geltend gemacht. Der Beklagte hätte den Treuhandvertrag nicht abgeschlossen, wenn er gewusst hätte, dass ihm sämtliche Belastungen verblieben und der Kläger seine Zusagen nicht einhalten werde. Der Kläger habe den Irrtum veranlasst, weil er zugesagt habe, die notwendigen Leistungen im Verhältnis der Anteile zu erbringen. In eventu stütze sich der Beklagte auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Die gesamte Treuhandvereinbarung basiere auf der Zusage des Klägers, zum Gedeih der Gesellschaft entsprechend beizutragen. Dies sei nicht geschehen. Im Übrigen wäre der Treuhandvertrag als Vorvertrag eines notariatsaktspflichtigen Hauptvertrags ebenfalls notariatsaktspflichtig gewesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es beurteilte Punkt IV.4 des Treuhandvertrags als Vorvertrag für einen zukünftigen Abtretungsvertrag, welcher der Form des Notariatsakts bedürfe. Daraus folge, dass auch der Vorvertrag in der Form eines Notariatsakts abgeschlossen hätte werden müssen. Da dies nicht der Fall sei, sei die Treuhandvereinbarung unwirksam. Sie könne nicht Grundlage für den Abschluss eines Abtretungsvertrags sein.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht widersprach zunächst der Ansicht des Erstgerichts, dass es sich bei dem Treuhandvertrag um einen Vorvertrag handle. Ein verbindlicher Vorvertrag hätte eine Vereinbarung zur Voraussetzung, künftig einen Vertrag schließen zu wollen, wobei sowohl der künftige Abschlusszeitpunkt als auch sein wesentlicher Inhalt (die essentialia negotii) bereits feststehen müssten. Keine dieser beiden Voraussetzungen sei hier erfüllt. Auch das vom Beklagten erstattete Abtretungsanbot sei nicht als Vorvertrag, sondern als unbefristetes Anbot auf Abschluss eines Abtretungsvertrags zu qualifizieren, das der Kläger mittlerweile angenommen habe.

Die Treuhandvereinbarung habe auch nicht iSd § 76 Abs 2 GmbHG der Form eines Notariatsakts bedurft. Die Verpflichtung zur Übertragung eines treuhändig gehaltenen Geschäftsanteils an den Treugeber sei nicht formpflichtig, wenn im Rahmen der Treuhandvereinbarung der Geschäftsanteil wirtschaftlich ohnedies dem Treugeber zuzuordnen sei. Eine Verneinung der Verpflichtung zur Rückübertragung würde zu einer wirtschaftlichen Veränderung dieser Zuordnung führen, welcher § 76 Abs 2 GmbHG entgegenwirken solle. Werde also ein Geschäftsanteil im Rahmen einer bestimmten Treuhandvereinbarung durch den Treuhänder auf Rechnung des Treugebers ‑ durch Gründung einer Gesellschaft oder späteren Erwerb ‑ erworben (sog Erwerbstreuhand), bestehe die Herausgabepflicht hinsichtlich des Anteils selbst dann, wenn der Treuhandvertrag nicht in Form eines Notariatsakts errichtet worden sei. Bewirke hingegen die Treuhandvereinbarung eine Verschiebung der wirtschaftlichen Zuordnung eines Geschäftsanteils, solle also etwa der auf eigene Rechnung gehaltene Anteil nunmehr auf Rechnung des Treuhänders gehalten werden (sog Vereinbarungstreuhand), sei das Formgebot zu beachten. Hier liege ein Fall der Erwerbstreuhand vor, hätten die Parteien doch ausdrücklich festgehalten, dass der Beklagte den Geschäftsanteil nicht (zur Gänze) auf eigene Rechnung erworben habe und innehalte, sondern (von Anfang an) zu zwei Drittel für den Kläger.

Dem Einwand des Beklagten, er habe die Treuhandvereinbarung außergerichtlich aufgekündigt, sodass sie gar nicht mehr bestehe, sei Punkt VII des Treuhandvertrags entgegenzuhalten, wonach in diesem Fall ein Abtretungsvertrag abzuschließen sei. Die Kündigung könne nicht dazu führen, dass der Beklagte auch im Innenverhältnis Alleingesellschafter werde.

Die Anfechtung wegen Irrtums sei nach § 1487 ABGB verjährt. Die Verjährungsfrist von drei Jahren laufe nicht erst ab Kenntnis des Irrtums, sondern ab Vertragsabschluss.

Das Problem der Geschäftsgrundlage stelle sich, wenn die Parteien bei Vertragsabschluss vom Bestehen oder künftigen Eintritt bestimmter Voraussetzungen ausgegangen und in dieser Erwartung enttäuscht worden seien, ohne hiefür eine vertragliche Regelung getroffen zu haben. Soweit sich der Beklagte darauf stütze, dass der Kläger diverse Zusagen nicht eingehalten habe, behaupte er Schlechterfüllung, nicht aber den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Davon abgesehen habe der Beklagte den Beweis für die behaupteten Versäumnisse des Klägers nicht erbracht.

Aufgrund der von den Parteien nicht absehbaren und von ihnen nicht beeinflussbaren Entwicklung sei allerdings die geplante „Übernahme“ der A***** gescheitert. Es habe eine neue Gewebebank aufgebaut werden müssen, wofür dem Kläger jenes Know-how gefehlt habe, das er nach der ursprünglichen Planung einbringen hätte können. Dies habe zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten der C***** geführt. Insoweit sei tatsächlich von einer relevanten Änderung der Geschäftsgrundlage auszugehen. Aufgrund der gesamten Umstände komme allerdings nicht eine Aufhebung, sondern bloß eine Anpassung des Vertrags in Betracht. Redliche Parteien hätten für so eine Situation entweder vereinbart, dass sich der Kläger ‑ abweichend vom ursprünglichen Plan ‑ auch finanziell am Unternehmen beteilige (also entweder Geld zuschieße oder Haftungen übernehme), oder dass der Anteil des Klägers (sein „Input“) mit weniger als zwei Drittel zu bewerten sei. Der Kläger habe die vom Beklagten verlangte finanzielle Beteiligung abgelehnt, sodass der Einwand des Beklagten, dem Kläger stehe kein Zwei-Drittel-Anteil zu, dem Grunde nach ‑ allerdings nur im Sinne einer Reduktion und nicht einer völligen Beseitigung des Anspruchs des Klägers ‑ berechtigt sei.

Welcher Anspruch dem Kläger tatsächlich zustehe, müsse aber nicht geprüft werden. Eine teilweise Stattgebung des Klagebegehrens scheide von vornherein aus, weil die Verpflichtung des Beklagten zur Unterfertigung eines Vertrags mit einem gegenüber dem Klagebegehren modifizierten Inhalt nicht in Betracht komme. Die Anleitungspflicht der Gerichte iSd § 182a ZPO gehe nicht so weit, dass der Kläger für den Fall der teilweisen Berechtigung der rechtsvernichtenden Einwendungen des Beklagten zu einer Klagsänderung durch Modifikation eines genau determinierten Vertrags, auf dessen Unterfertigung sich die Klage richte, angeleitet werden müsste. Das abweisende Urteil des Erstgerichts erweise sich im Ergebnis als berechtigt, weil der Beklagte keinen Anspruch auf Unterfertigung des von ihm konkret definierten Vertrags habe.

Gegen dieses Berufungsurteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens, allenfalls auch des „Zuspruchs“ eines geringeren Geschäftsanteils abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung das Rechtsmittel zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist. Das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Der Kläger macht geltend, die Vertragsanpassung sei nur über Einrede vorzunehmen, die der Beklagte im gesamten Verfahren nicht erhoben habe. Selbst wenn aber von der Rechtsansicht des Berufungsgerichts auszugehen wäre, hätte dem Klagebegehren durch Verpflichtung zur Abtretung eines geringeren Geschäftsanteils als zwei Drittel stattgegeben werden müssen. Ob der Kläger am Zuspruch eines Minus Interesse habe, sei im Verfahren nicht zur Sprache gekommen.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

1. Die Streitteile begründeten ein Treuhandverhältnis, bei dem das Treugut, nämlich der einzige Geschäftsanteil an der Gesellschaft, vom Beklagten zu zwei Drittel treuhändig für den Kläger gehalten wird. Da die Treuhandabrede im Interesse des Klägers lag und dieser nach außen hin nicht in Erscheinung treten sollte, liegt ein Fall der fremdnützigen und verdeckten Treuhand vor (vgl P. Bydlinski in KBB4 § 1002 Rz 7). Nach dem sogenannten Trennungsprinzip sind Gesellschaftsbeteiligung und Treuhandverhältnis voneinander zu trennen (6 Ob 37/08x mwN). Gesellschafter ist allein der Treuhänder, während zwischen dem Treugeber und der Gesellschaft keine Rechtsbeziehungen bestehen (vgl 6 Ob 37/08x; RIS-Justiz RS0123563). Das Rechtsverhältnis zwischen dem Treuhänder und dem Treugeber ist bloß obligatorischer Natur und bestimmt sich primär nach dem Treuhandvertrag (vgl 3 Ob 14/95). Diesem liegt im Innenverhältnis regelmäßig ein Auftragsverhältnis zugrunde, sodass das Rechtsverhältnis zwischen dem Treugeber und dem fremdnützigen Treuhänder mangels abweichender vertraglicher Regelungen nach den §§ 1002 ff ABGB zu beurteilen ist (vgl 9 Ob 68/08b; Apathy, Grundlagen und Grundsätze des Treuhandrechts, FS Reischauer [2010] 35 [50 f]; M. Gruber, Treuhandbeteiligung an Gesellschaften [2001] 83). Es ist als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren (9 Ob 68/08b; P. Bydlinski aaO § 1002 Rz 7; M. Gruber aaO 298 f). Die Beendigung des Treuhandverhältnisses hat stets zur Folge, dass der Treuhänder das Treugut an den Treugeber herausgeben, einen treuhändig gehaltenen Geschäftsanteil demnach an ihn (rück‑)übertragen muss (vgl 7 Ob 203/06p; 5 Ob 163/12z; RIS-Justiz RS0010491, RS0060142; M. Gruber aaO 304).

2. In Punkt IV.4 des Treuhandvertrags verpflichtete sich der Beklagte, den treuhändig gehaltenen Geschäftsanteil „jederzeit“ an den Kläger oder an eine von diesem namhaft gemachte Person zu übertragen. Gleichzeitig bot er dem Kläger die Abtretung dieses Geschäftsanteils mit Bindung bis zum 1. 1. 2025 an. Mit dieser vertraglichen Regelung wurde dem Kläger ein Gestaltungsrecht eingeräumt, das dem gesetzlichen Recht des Machtgebers auf jederzeitigen Widerruf des Auftragsverhältnisses (§ 1020 ABGB) entspricht (vgl Apathy aaO 51; M. Gruber aaO 300 f). Mit dem Zugang des Widerrufs wird das Vertragsverhältnis mit Wirkung ex nunc aufgelöst (P. Bydlinski aaO § 1020 Rz 1).

Der Kläger hat von dem ihm vertraglich eingeräumten Gestaltungsrecht spätestens mit Einbringung der Klage Gebrauch gemacht. War der Vertrag zu diesem Zeitpunkt noch aufrecht ‑ darauf wird im Folgenden noch (ergänzend; vgl Punkt 6.) einzugehen sein ‑ bedeutet dies, dass das Treuhandverhältnis mit Zustellung der Klage an den Beklagten aufgelöst worden ist. Damit wurde der Anspruch des Klägers auf Herausgabe des Treuguts, konkret also auf die Übertragung des bisher treuhändig gehaltenen Geschäftsanteils fällig.

3. Eine Anpassung des Treuhandvertrags (analog § 872 ABGB) aus dem Rechtsgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, wie sie das Berufungsgericht vor Augen hatte, ist nach herrschender Auffassung mittels Klage oder Einrede geltend zu machen (3 Ob 205/98p mwN; 1 Ob 192/03x; 2 Ob 173/12y; RIS-Justiz RS0016345; Bollenberger in KBB4 § 901 Rz 13; Kolmasch in Schwimann, ABGB-TaKomm² § 901 Rz 8; Rummel in Rummel, ABGB³ § 901 Rz 7a).

Der Kläger verweist in seinem Rechtsmittel zu Recht darauf, dass der Beklagte eine die Vertragsanpassung begehrende Einrede nicht erhoben hat. Seine Einwände waren allesamt auf die Auflösung der Treuhandvereinbarung mit Wirkung ex tunc (Irrtum) oder ex nunc (Kündigung; Wegfall der Geschäftsgrundlage) ausgerichtet. Hingegen hat er kein Vorbringen erstattet, das darauf schließen ließe, dass er den Treuhandvertrag mit anderem Inhalt als ursprünglich vereinbart aufrecht erhalten wollte. Die Vertragsanpassung stellt aber gegenüber der Vertragsaufhebung ein Aliud und nicht bloß ein Minus dar (3 Ob 503/89 mwN). Davon abgesehen hat der Beklagte seinen Eventualeinwand (Wegfall der Geschäftsgrundlage) nur auf nicht eingehaltene Zusagen des Klägers, nicht aber auf enttäuschte gemeinsame Erwartungen gestützt (zu diesem Kriterium vgl 5 Ob 136/12d; 5 Ob 117/13m; RIS-Justiz RS0017394, RS0017487, RS0017498, RS0017516, RS0017551; Bollenberger aaO § 901 Rz 9).

4. Zu keinem anderen Ergebnis käme man, wenn die zweitinstanzlichen Ausführungen im Sinne einer ergänzenden Vertragsauslegung zu verstehen sein sollten (vgl 3 Ob 502/94). Denn die Behauptungs- und Beweislast für die eine Vertragsanpassung rechtfertigenden Umstände trifft grundsätzlich die die Vertragsanpassung begehrende Partei (vgl auch 2 Ob 176/10m; RIS-Justiz RS0016262). Das Vorliegen einer Vertragslücke hat der Beklagte nicht behauptet (vgl 8 ObA 72/03a; Bollenberger aaO § 901 Rz 15).

5. Die Begründung des Berufungsgerichts, der Beklagte wäre zur ‑ letztlich ohnedies als nicht durchführbar erachteten ‑ Vertragsanpassung berechtigt, ist schon aus diesen Erwägungen nicht haltbar. Auf die weiteren in der Revision thematisierten Rechtsfragen kommt es daher nicht an. So kann auch insbesondere die in den Mittelpunkt der Revisionsbeantwortung gerückte Frage auf sich beruhen, ob und unter welchen Voraussetzungen einem Begehren auf Unterfertigung eines Vertrags nur teilweise stattgegeben werden könnte. Es erübrigt sich ferner, auf die Rüge des in einem Verstoß gegen § 182 ZPO erblickten Verfahrensmangels einzugehen.

6. Das Berufungsgericht hat die weiteren Einwände des Beklagten als nicht stichhältig verworfen. Ein Rechtsirrtum ist ihm dabei nicht unterlaufen. Da auch der Beklagte diese Ausführungen in der Revisionsbeantwortung nicht mehr in Zweifel zieht ‑ seiner Auffassung nach ist die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts „in keinster Weise zu beanstanden“ ‑ genügt im Wesentlichen der Hinweis auf die insoweit zutreffende Begründung des Berufungsgerichts (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Ergänzend ist kurz anzumerken:

6.1 Dass der Treuhandvertrag trotz der darin enthaltenen Abtretungsverpflichtung keines Notariatsakts bedurfte (§ 76 Abs 2 zweiter Satz GmbHG), entspricht der herrschenden Auffassung, weil sich durch die Abtretung vom Treuhänder an den Treugeber an der - hier von der Gründung der Gesellschaft an gegebenen ‑ „wirtschaftlichen Zuordnung“ des Treuguts zum Treugeber nichts ändert (vgl 9 Ob 138/06v; 7 Ob 203/06p mwN; RIS-Justiz RS0010442, RS0060207; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ [2007] § 76 Rz 22; Rauter in Straube, GmbHG [2009] § 76 Rz 200). Der für das Verfügungsgeschäft nach herrschender Meinung dennoch notwendige Notariatsakt (7 Ob 203/06p; 6 Ob 1/10f; Rauter aaO § 76 Rz 202; Schopper in M. Gruber/Harrer, GmbHG [2014] § 76 Rz 38) wird durch das hier angestrebte Urteil ersetzt (vgl 10 Ob 44/99a; 7 Ob 203/06p mwN; RIS-Justiz RS0060201 [T2], RS0060250 [T1]; Koppensteiner/Rüffler aaO Rz 26; Rauter aaO § 76 Rz 216; Schopper aaO § 76 Rz 44).

6.2 Zur angeblichen Auflösung des Treuhandvertrags durch (ordentliche oder außerordentliche) Kündigung des Beklagten (vgl dazu M. Gruber aaO 302) liegt keine Feststellung vor. Der Beklagte berief sich dazu auf das Schreiben vom 18. 9. 2012 (Beilage ./3). Diesem ist aber keine Auflösungserklärung zu entnehmen. Vielmehr wird darin nur auf ein Schreiben des Klägers vom 15. 8. 2012 „betreffend die Aufkündigung“ Bezug genommen. Ansonsten wird mit diesem Schreiben die Anfechtung des Treuhandvertrags wegen eines vom Kläger veranlassten Irrtums geltend gemacht.

Unabhängig davon hätte aber auch die Kündigung des Treuhandvertrags durch den Beklagten zur rechtlichen Folge, dass der treuhändig gehaltene Anteil an den Kläger zu übertragen ist (siehe bereits Punkt 1.). Zutreffend ist daher das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte durch einseitige Erklärung die „wirtschaftliche Zuordnung“ des bloß treuhändig gehaltenen Anteils nicht zu seinen Gunsten verändern kann. Allfällige Aufwandersatz- bzw Freistellungsansprüche des Beklagten (vgl M. Gruber aaO 87) sind hier nicht Verfahrensgegenstand, zumal sich der Beklagte auf ein Zurückbehaltungsrecht zur Sicherung solcher denkbaren Ansprüche (vgl M. Gruber aaO 304) nicht berufen hat.

6.3 Das Anfechtungsrecht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage wurde auch deshalb zutreffend verneint, weil dieses Institut gegenüber anderen Möglichkeiten, rechtsgeschäftliche Bindungen zu beseitigen, nur als letztes Mittel herangezogen werden darf (RIS-Justiz RS0017454). Gerade bei Dauerschuldverhältnissen steht als Rechtsbehelf aber die vorzeitige Auflösung aus wichtigem Grund zur Verfügung (2 Ob 173/12y mwN; RIS Justiz RS0018305), zu deren Rechtfertigung es im Allgemeinen nicht der Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage bedarf (RIS‑Justiz RS0017469; vgl im Übrigen Punkt 6.2).

7. Sonstige inhaltliche Einwände gegen die einzelnen Punkte des Abtretungsvertrags hat der Beklagte nicht erhoben. Aus den dargelegten Gründen sind die Urteile der Vorinstanzen daher im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.

8. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten aller drei Instanzen gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Der „vorbereitende Schriftsatz“ vom 20. 9. 2013 war gemäß § 257 Abs 3 ZPO unzulässig. Der Kläger hat für diesen Schriftsatz daher keinen Ersatzanspruch, was nach der nunmehrigen Fassung des § 54 Abs 1a ZPO auch ohne Einwendung als „offenbare Unrichtigkeit“ des Kostenverzeichnisses aufzugreifen ist. Dasselbe gilt für den überhöhten Kostenansatz für die Tagsatzung vom 7. 10. 2013 (2 Ob 173/12y). Die verzeichneten Kosten für „EDV“ wurden nicht aufgeschlüsselt, sind nicht nachvollziehbar und daher ebenfalls nicht zuzusprechen.

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