OGH 3Ob133/13z

OGH3Ob133/13z29.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Musger und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Stephan Hemetsberger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei W*****, Verein *****, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in Wien, wegen 9.170,73 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 16. April 2013, GZ 40 R 278/12x‑33, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 3. August 2012, GZ 49 C 342/11z‑26, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 24. August 2012, GZ 49 C 342/11z‑27, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben.

Das Berufungsurteil wird als Teilurteil bestätigt, soweit das Räumungsbegehren abgewiesen wurde.

Die Kostenentscheidung zum Teilurteil bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Im Übrigen wird die angefochtene Entscheidung, die im klagestattgebenden Umfang (Verpflichtung zur Zahlung von 2.511,46 EUR sA) als unbekämpft in Teilrechtskraft erwachsen ist, im Umfang der Abweisung des restlichen Zahlungsbegehrens von 6.659,27 EUR sA aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.

In diesem Umfang sind die Kosten des Revisionsverfahrens weitere Verfahrenskosten.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrt ‑ nach mehrfachen Modifizierungen zuletzt ‑ die Bezahlung von 9.170,73 EUR samt gestaffelter Zinsen und die Räumung des an den Beklagten vermieteten Bestandobjekts mit folgender

Begründung: Der Beklagte habe entgegen der getroffenen Vereinbarung eine Trennwand zum benachbarten Bestandobjekt nicht errichtet, weshalb die Klägerin zur Ersatzvornahme genötigt gewesen sei, für die sie 5.207,84 EUR zu bezahlen gehabt habe. Weiters schulde der Beklagte restliche, detailliert angeführte und errechnete Mietzinsbeträge für die Monate Februar, März, Juli bis Dezember 2011 und Jänner bis Juni 2012 sowie den gesamten Mietzins für Juli 2012 im Gesamtbetrag von 3.982,89 EUR, weil die Zahlungen des Beklagten zunächst auf die Verzugszinsen wegen verspäteter Leistung der jeweiligen Monatsmieten anzurechnen seien. Der Beklagte sei trotz Mahnung mit den Zinszahlungen über mindestens eine Zinsperiode im Rückstand, weshalb die Klägerin die sofortige Aufhebung des Mietvertrags gemäß § 1118 ABGB in der Klage erkläre.

Der Beklagte bestritt die Richtigkeit der Berechnung der Rückstände durch die Klägerin und ebenso einen Mietzinsrückstand, er sei nie in Verzug gewesen. Weiters wendete er ein, er habe die Trennwand vertrags- und vereinbarungsgemäß errichtet, sei dazu aber gar nicht verpflichtet gewesen, weil dies nicht schriftlich vereinbart worden sei.

Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von 9.049,17 EUR sA und zur Räumung, während es ein Mehrbegehren von 121,56 EUR und ein Zinsenmehrbegehren abwies.

Es ging dabei vom folgenden, in dritter Instanz noch relevanten Sachverhalt aus (jene Feststellungen, die von Beweisrügen betroffen sind, die das Berufungsgericht noch nicht erledigt hat, sind kursiv gedruckt):

Aufgrund des Mietvertrags vom 22. Dezember 2008/21. Jänner 2009 ist der beklagte Verein seit 1. Jänner 2009 Mieter des im Wohnungseigentum der klagenden Vermieterin stehenden Bestandobjekts (mit einer Gesamtnutzfläche von ca 1.000 m², jedoch nur) im Ausmaß von 360 m² zu einem vereinbarten, wertgesicherten Mietzins von ursprünglich 2.462,40 EUR. Zwischen den Parteien war vereinbart, dass der Beklagte für Jänner und Februar 2009 lediglich Betriebskosten und Heizkosten samt MWSt zu bezahlen habe und dafür eine Trennwand zwischen dem von ihm genutzten Teil des Bestandobjekts und dem Rest auf eigene Kosten errichten werde . Es wurde dem Beklagten dazu teilweise Material von der Klägerin zur Verfügung gestellt. Vereinbart wurde, dass eine Mauer, die den gesamten Raum abtrennt, mit zwei Trägersystemen, Dämmung etc. von der Beklagten errichtet werden soll . Der Beklagte errichtete die Wand weder vollständig noch sachgemäß und stellte sie auch trotz Aufforderung durch die Klägerin nicht fertig. Deshalb beauftragte die Klägerin ein Unternehmen mit der Ergänzung der Trennwand. Die Klägerin bezahlte für die Herstellung einer ordnungsgemäßen Wand 5.207,84 EUR . Der Beklagte leistete der Klägerin trotz Aufforderung keinen Ersatz.

Die detaillierten Feststellungen des Erstgerichts zu den monatlichen Vorschreibungen der Klägerin und den Zahlungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Für die Vergebührung des Mietvertrags verlangte die Klägerin vom Beklagten vereinbarungsgemäß 886,47 EUR, die er am 27. Jänner 2009 bezahlte.

An monatlichen Mietzinsen für das Jahr 2009 schrieb die Klägerin dem Beklagten insgesamt 23.626,86 EUR vor, worauf der Beklagte in neun unregelmäßigen Zahlungen insgesamt 17.973,11 EUR leistete.

An monatlichen Mietzinsen für das Jahr 2010 schrieb die Klägerin dem Beklagten insgesamt 27.383,04 EUR vor, worauf der Beklagte in 13 Zahlungen insgesamt 31.994,62 EUR leistete.

An monatlichen Mietzinsen für das Jahr 2011 schrieb die Klägerin dem Beklagten insgesamt 27.898,52 EUR vor, die der Beklagte in 12 Zahlungen leistete.

An monatlichen Mietzinsen für Jänner bis Juli 2012 schrieb die Klägerin dem Beklagten insgesamt 16.973,53 EUR vor, worauf der Beklagte für Jänner bis Juni 2012 in sechs Zahlungen insgesamt 14.548,74 EUR leistete. Der Julimietzins haftete bei Schluss der Verhandlung am 6. Juli 2012 noch unberichtigt aus.

Alle Zahlungen des Beklagten (ausgenommen jene für April, Mai und Juni 2011) erfolgten verspätet. Der Beklagte bezahlte teilweise gewidmet, teilweise ungewidmet. Gewidmete Zahlungen wurden stets auf den Mietzins gewidmet. Nicht festgestellt werden kann, welche Zahlungen 2009 und 2010 auf welche Mietzinse gewidmet waren. Im Jahr 2011 entsprachen die Zahlungen des Beklagten betraglich exakt den Vorschreibungen. Im Jahr 2012 waren die den Vorschreibungen betraglich entsprechenden Zahlungen jeweils auf die entsprechenden Monate gewidmet.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, die Parteien seien vom Schriftlichkeitsgebot des Mietvertrags einvernehmlich abgewichen und hätten die Vereinbarung zur Trennwand schon zeitlich vor Abschluss des Mietvertrags getroffen; daher sei der Beklagte zum Ersatz der Kosten der Ersatzvornahme verpflichtet. Da für die Jahre 2009 und 2010 weder ausdrückliche noch schlüssige Widmungen der Zahlungen feststünden, seien sie entsprechend § 1416 ABGB vorerst auf Verzugszinsen aus offenen Mietzinsforderungen und dann auf das Kapital anzurechnen. Dadurch errechne sich ein (nicht näher dargelegter) Mietzinsrückstand für Dezember 2010 von 1.408,54 EUR. Für die Jahre 2011 und 2012 seien die Zinsen wegen der Widmungen nicht zu kapitalisieren. Der Mietzins für Juli 2012 hafte zur Gänze aus. Auch die verrechnete Mahngebühr von 8 EUR stehe der Klägerin zu. Der Mietzinsrückstand für November 2011 von 3,80 (gemeint: 3,23) EUR sei qualifiziert, eingemahnt worden und habe bei Klageeinbringung ausgehaftet, weshalb das Bestandverhältnis mit Zustellung der Klage am 16. 12. 2012 (gemeint: 2011) aufgelöst sei.

Dagegen erhoben beide Seiten Berufungen. Das Berufungsgericht gab jener der Klägerin nicht Folge, jener des Beklagten jedoch teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, dass es den Beklagten zur Zahlung von 2.511,46 EUR sA verpflichtete, während es das Mehrbegehren von 6.659,27 EUR sA und das Räumungsbegehren abwies. Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.

Die Beweisrügen beider Parteien gegen die Negativfeststellung zu den Widmungen in den Jahren 2009 und 2010 erledigte es mit der Begründung nicht, dass ein Mietzinsrückstand aus diesen Jahren nicht klagegegenständlich und es deshalb nicht relevant für die Beurteilung der Berechtigung des Klagebegehrens sei, ob die Zahlungen 2009 und 2010 gewidmet erfolgt seien oder nicht; rückständiger Mietzins aus diesen Jahren werde nicht begehrt. Daher sei auch der Zuspruch von 1.408,54 EUR für Dezember 2010 zu Unrecht erfolgt. Auch die Beweisrüge des Beklagten gegen die angenommene Vereinbarung über die Errichtung einer Trennwand behandelte es nicht, weil es in der Überwälzung dieser Kosten eine gemäß § 27 Abs 1 Z 1 MRG verbotene Einmalzahlung erblickte, sodass das Begehren auf Zahlung von 5.207,84 EUR abzuweisen sei. Das Erstgericht habe festgestellt, dass Zahlungen des Beklagten in den Jahren 2011 und 2012 immer gewidmet auf den Mietzins erfolgt seien. Mangels Widerspruchs der Klägerin dagegen seien die Zahlungen entsprechend der Widmung des Beklagten anzurechnen. Ein qualifizierter Mietzinsrückstand habe nicht bestanden, weil der Betrag von 3,23 EUR für November 2011 nicht offener Mietzins sei, sondern kapitalisierte Zinsen aus dem Zeitraum 2. bis 13. November 2011; wegen eines Rückstands mit Zinsen sei aber eine Auflösung des Mietvertrags nicht möglich. Die Räumungsklage sei schon bei ihrer Erhebung unberechtigt gewesen. Da es sich bei den klagegegenständlichen Beträgen um kapitalisierte Zinsen und nicht um Mietzinsbeträge handle, sei auch der Zinsenzuspruch des Erstgerichts abzuändern. Zinseszinsen könnten nach § 1000 Abs 2 ABGB hier erst ab Streitanhängigkeit begehrt werden. Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage sei die ordentliche Revision nicht zulässig.

Dagegen erhob die Klägerin eine außerordentliche Revision mit der sie die Abänderung in eine gänzliche Klagestattgebung anstrebt. Inhaltlich wirft sie dem Berufungsgericht einen Verstoß gegen das Überraschungsverbot nach § 182a ZPO vor, weil es die ohnehin unrichtige Rechtsansicht, es liege zur Trennwand eine verbotene Ablösevereinbarung vor, nicht erörtert habe. Es sei auch aktenwidrig davon ausgegangen, Rückstände aus den Jahren 2009 und 2010 seien nicht vom Klagebegehren umfasst. Selbst bei Anrechnung entsprechend der Widmungen des Beklagten hätten zuerst die Verzugszinsen der jeweiligen Schuldpost und erst danach das Kapital abgetragen werden müssen. Die Klägerin sei vertraglich zur autonomen Widmung berechtigt.

Der Beklagte machte von der ihm freigestellten Möglichkeit Gebrauch und erstattete eine Revisionsbeantwortung , mit der die Zurückweisung, allenfalls die Abweisung der Revision angestrebt wird.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig , weil die Klägerin korrekturbedürftige Fehlbeurteilungen des Berufungsgerichts aufzeigt. Sie ist auch im Sinn der der ‑ vom Abänderungsantrag mitumfassten ‑ Aufhebung in die zweite Instanz berechtigt .

1. Zu den Kosten der Ersatzvornahme für die Errichtung der Trennwand

1.1. Das Berufungsgericht hat eine Verpflichtung des beklagten Mieters, der Vermieterin die Kosten der Ersatzvornahme für die Errichtung einer vom Mieter herzustellenden Trennwand zu einem benachbarten Mietobjekt mit der Begründung verneint, es handle sich bei der Übernahme dieser Kosten durch den Mieter um eine gemäß § 27 Abs 1 Z 1 MRG verbotene Einmalzahlung (Ablöse), die die Vereinbarung nichtig mache, obwohl eine derartige Rechtsansicht in erster Instanz mangels Thematisierung weder durch die Parteien noch durch das Erstgericht unerörtert blieb.

1.2. Das Berufungsgericht ignorierte damit nicht nur das Verbot von Überraschungsentscheidungen nach § 182a ZPO, sondern auch das Vorbringen der Klägerin und die insoweit unbekämpften Feststellungen zur vereinbarten Gegenleistung, die ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung der Ungültigkeit derartiger Vereinbarungen darstellen (vgl RIS-Justiz RS0069888).

Daher rügt die Klägerin zu Recht einen Mangel des berufungsgerichtlichen Verfahrens. Sie führte ihre Mängelrüge auch gesetzmäßig aus, weil sie in diesem Rahmen ausreichend darlegte, welches Vorbringen sie im Fall einer Erörterung erstattet hätte, nämlich dass ihre Gegenleistung der vom Beklagten (in Eigenregie) zu erbringenden Baumaßnahmen zumindest gleichwertig gegenüber gestanden sei. Erst wenn entsprechende Feststellungen dazu vorliegen, kann beurteilt werden, ob von einer gemäß § 27 Abs 1 Z 1 MRG verbotenen Ablöse auszugehen ist.

1.3. In diesem Zusammenhang ist auch die Anwendbarkeit der genannten Bestimmung zu hinterfragen.

Entsprechend dem Vorbringen der Klägerin steht unbekämpft fest, dass das Mietobjekt im Wohnungseigentum steht. Sie behauptete weiters einen frei vereinbarten Mietzins (ON 5 S 3), was indiziert, dass der streitgegenständliche Mietgegenstand unter den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 3 MRG fällt; für dessen schlüssige Geltendmachung durch den Kläger fehlt nur die Behauptung einer Neuerrichtung aufgrund einer Baubewilligung nach dem 8. Mai 1945. Da § 27 Abs 1 Z 1 MRG im Teilanwendungsbereich des MRG auch nicht analog anzuwenden ist (6 Ob 13/08t; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht § 27 MRG Rz 3), hätte die Annahme der Voraussetzungen des § 27 MRG auch einer vorherigen Erörterung dieser Problematik bedurft.

1.4. Die Behandlung der Beweisrüge des Beklagten zur mündlichen Vereinbarung der Streitteile über die Errichtung der Trennwand und der Höhe der Kosten einer Ersatzvornahme durfte daher nicht mit dem bloßen Hinweis auf die Geltung des § 27 MRG unterbleiben.

1.5. Auch die vom Beklagten gegen die Wirksamkeit dieser Vereinbarung in seiner Berufung ins Treffen geführten Argumente (Verstoß gegen den Formvorbehalt nach § 8 Z 2 des Mietvertrags; keine Berechtigung zur Ersatzvornahme) rechtfertigen dieses Vorgehen nicht.

1.5.1. Der Mietvertrag enthält im § 8 (Formgebote) unter Z 2 folgenden Passus, auf den sich der Beklagte schon in erster Instanz berufen hat (ON 7 S 2): „Allfällige vor Abschluss dieses Vertrages getroffene schriftliche oder mündliche Vereinbarungen verlieren bei Vertragsabschluss Ihre Gültigkeit; eine Abänderung dieses Vertrages kann nur schriftlich erfolgen.“ Das bedeutet, dass zwischen den Parteien nur das gelten sollte, was im schriftlichen Mietvertrag oder einer schriftlichen Abänderung vereinbart wurde. Da dies auf die (nach den Behauptungen der Klägerin und den bekämpften Feststellungen des Erstgerichts) nur mündlich getroffene Vereinbarung über die Verpflichtung des Beklagten zur Errichtung der Trennwand nicht zutrifft, greift die Vermutung des § 884 ABGB, dass die Streitteile vor Erfüllung der Schriftform nicht gebunden sein wollten. Nach ständiger Rechtsprechung können die Parteien vom Formvorbehalt zwar nicht einseitig, wohl aber einverständlich abgehen, und zwar auch ohne Einhaltung der Schriftform und nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent (RIS-Justiz RS0038673; RS0014378). Die Entkräftung dieser Auslegungsregel erfordert somit den Nachweis gegenteiligen Parteiwillens, das heißt des schon geäußerten Bindungswillens. Die Beweislast dafür trifft denjenigen, der sich auf das Zustandekommen des Vertrags berufen will (5 Ob 134/09f; 9 Ob 61/10a; RIS-Justiz RS0017283), hier also die Klägerin.

Diese hat zwar auf den Einwand des Beklagten, der Formvorbehalt sei nicht eingehalten worden, kein gesondertes Vorbringen erstattet. Im Übrigen behauptete sie dazu aber, der Beklagte sei seiner Verpflichtung letztlich Ende März 2009 nachgekommen, wenn auch nur teilweise und überdies normwidrig (ON 5 S 15); dem entsprechen die Feststellungen im Wesentlichen. Da seitens des Beklagten in erster Instanz kein nachvollziehbarer Grund genannt wurde, warum er ‑ trotz Bestreitung einer Verpflichtung dazu dennoch ‑ mit deren Erfüllung begann, ist darin ein schlüssiges Abgehen des Beklagten vom Formgebot zu erblicken, weil damit sein Bindungswille ausreichend dokumentiert wurde (§ 863 ABGB). Damit konnte die Klägerin, die sich stets im Sinn einer Bindung an die getroffene Vereinbarung verhielt, die Vermutung des § 884 ABGB erfolgreich widerlegen.

1.5.2. Nach der Rechtsprechung ist die Interessenklage nicht schon durch die verfahrensrechtliche Bestimmung des § 368 EO begründet, der Anspruch auf Wertersatz muss vielmehr im materiellen Recht seine Grundlage haben. Die Interessenklage wird selbst vor Schaffung eines Leistungstitels zugelassen. Im Bereich des Schuldrechts hat die Interessenklage ihre materiell-rechtliche Grundlage ua in den §§ 918 ff ABGB. Wenn der Schuldner säumig ist, kann der Gläubiger vom Anspruch auf Erfüllung (Naturalleistung) zurücktreten und das Interesse fordern, wobei der Anspruch auf das Interesse wegen Nichterfüllung nach Rechtsprechung und überwiegender Lehre Verschulden voraussetzt (7 Ob 50/06p; 10 Ob 149/00k; 6 Ob 139/00k; 7 Ob 358/55 = EvBl 1956/35 S 71 [Verzug mit der Durchführung von Investitionen in das Mietobjekt als Entgelt für die Miete]; RIS‑Justiz RS0004748; RS0004674; RS0004770). Dabei obliegt dem Schuldner gemäß § 1298 ABGB der Beweis, dass ein Verschulden nicht vorliege (RIS‑Justiz RS0018309). Die Klage auf Ersatz des Interesses schließt in der Regel eine Rücktrittserklärung ein; es bedarf keiner Nachfristsetzung, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert (10 Ob 149/00k mwN).

Die Frage der Teilbarkeit oder Unteilbarkeit der Erfüllung ist nach dem Willen beider Parteien beziehungsweise nach dem dem Kontrahenten bei Vertragsabschluss bekannten oder erkennbaren Willen einer Partei zu beurteilen (RIS-Justiz RS0018438).

Auch wenn man von einem einheitlichen Vertrag zwischen den Streitteilen ausgeht, sind nach der Aktenlage derzeit keine Umstände zu erkennen, die der Annahme der Teilbarkeit der Leistungen des Beklagten in jene aus der übernommenen Verpflichtung zur Errichtung der Trennwand und jene zur Leistung der Miete entgegenstehen. In der wegen des im Zweifel schuldhaften Verzugs des Beklagten mit der Herstellung der Trennwand zulässigen Einklagung des Interesses (Kosten der Ersatzvornahme) ist daher ein Teilrücktritt von der mündlichen Vereinbarung zu erblicken, die im Hinblick auf die während des Prozesses erfolgte Aufrechterhaltung der Bestreitung der Verpflichtung zur Errichtung der Trennwand keiner Nachfristsetzung bedurfte.

1.6. Die Aufhebung des Berufungsurteils im Umfang der Abweisung des Zahlungsbegehrens von 5.207,84 EUR sA ist daher erforderlich, damit das Berufungsgericht die Beweisrüge des Beklagten zum Thema Trennwand erledigen und die Erörterung der Anwendbarkeit des § 27 MRG nachholen kann.

2. Zum Mietzinsbegehren

2.1. Die Klägerin wendet dazu in der Revision ein, das Berufungsgericht habe mit der Anrechnung der Zahlungen des Beklagten entsprechend dessen Widmungen jeweils auf das bloße Kapital der Mietzinsschuld gegen oberstgerichtliche Judikatur verstoßen; es hätten nämlich jeweils zuerst die Verzugszinsen der jeweiligen Schuldpost abgetragen werden müssen und erst danach das Kapital; überdies sei die Klägerin nach § 3 Z 8 des Mietvertrags zur autonomen Widmung der Zahlungen des Beklagten unabhängig von dessen Widmung berechtigt. Dem ist nicht zu folgen.

2.1.1. Nach der Systematik der §§ 1415 und 1416 ABGB ist für die Lösung der Frage, auf welche der mehreren Schuldposten die Leistung angerechnet werden soll, primär die Widmungserklärung des Schuldners maßgeblich ist, sofern diese auf das Einverständnis des Gläubigers trifft. Welche Teile der Forderung getilgt werden, richtet sich somit nach der zwischen den Parteien des Schuldverhältnisses bestehenden Vereinbarung. Sofern Schuldner und Gläubiger keine Vereinbarung getroffen haben, welche von mehreren Schuldposten getilgt werden soll, gilt jene Schuld als abgetragen, die der Schuldner (ausdrücklich oder auch schlüssig) bezeichnet, es sei denn, der Gläubiger würde dagegen Widerspruch erheben. Bei fehlender oder zweifelhafter (zB wenn auf eine bereits getilgte Schuldpost gewidmet wurde) Widmungserklärung greift die gesetzliche Tilgungsfolge des § 1416 ABGB ein (vgl RIS-Justiz RS0034703; RS0033523; vgl RS0109835; 9 Ob 129/03s; Stabentheiner in Kletečka/Schauer ABGB-ON 1.01 § 1416 Rz 3 ff). Diese sieht eine Rangfolge unter den Gesichtspunkten der bereits eingeforderten, dann der schon fälligen Schulden sowie in letzter Linie der Beschwerlichkeit der einzelnen Schulden vor (RIS-Justiz RS0033505). Soll entgegen den gesetzlichen Anrechnungsregeln aufgrund einer Vereinbarung oder einer Widmung des Schuldners angerechnet werden, so hat die Vereinbarung bzw die Widmung derjenige zu beweisen, der sich auf die Abweichung von der gesetzlichen Tilgungsreihenfolge beruft (9 Ob 129/03s = SZ 2004/28).

Die Zahlungswidmung führt sogleich, und zwar von selbst, die Tilgung herbei, doch ist dieses Ergebnis durch das Ausbleiben eines Gläubigerwiderspruchs auflösend bedingt; die Widmung wird unwirksam, wenn ihr der Gläubiger rechtzeitig widerspricht (RIS-Justiz RS0033251; Reischauer § 1415 Rz 7; Stabentheiner § 1415 Rz 7). Der Widerspruch hat unverzüglich zu erfolgen. Die zeitliche Begrenzung der Widerspruchsfrist hat den Sinn, dem Schuldner Klarheit über die Verrechnung zu geben und ihn in Dispositionen nicht zu behindern ( Reischauer § 1416 Rz 7; Stabentheiner § 1416 Rz 3).

2.1.2. Die Frage, welche Position bei einer Mehrheit von Kapitalien die daraus jeweils erwachsenen Zinsen ‑ die ja eine selbständige Schuldpost darstellen ‑ einnehmen, wird nach einhelliger Auffassung dahin beantwortet, dass dieser Schuldpost genau jene Position innerhalb der gesetzlichen Tilgungsordnung zukommt, die das zugehörige Kapital einnimmt; an dieser Tilgungsposition ist sodann zuerst auf die Zinsen und im Weiteren auf das zugehörige Kapital anzurechnen. Es muss also als erster Schritt geprüft werden, welches Kapital gegenüber anderen Kapitalien Priorität hat. Im nächsten Schritt ist auf die Zinsen aus dem vorrangigen Kapital, dann auf das vorrangige Kapital selbst, dann auf die Zinsen aus dem zweitrangigen Kapital, schließlich auf das zweitrangige Kapital selbst usw anzurechnen (RIS-Justiz RS0105482; Reischauer § 1416 Rz 21; Stabentheiner § 1416 Rz 12). Diese Grundsätze für die Anrechnung von Mietzinszahlungen auf Mietzinsforderungen und damit verbundene Verzugszinsenforderungen haben auch für den Fall der Wohnungsmiete Geltung (9 Ob 129/03s = SZ 2004/28).

2.1.3. Nach der dargestellten Rechtslage erweist sich die auch noch in der Revision vertretene Rechtsmeinung der Klägerin, auf die jeweiligen Monatsmieten (als Kapital und selbständige Schuldposten) gewidmete Zahlungen des Mieters seien zunächst auf die Verzugszinsen zur jeweiligen Monatsmiete und dann erst auf das Kapital, also die Monatsmiete selbst anzurechnen, als unzutreffend. Soweit sie sich dazu auf die E 3 Ob 2004/96v = SZ 69/127 und 9 Ob 129/03s beruft, übersieht sie, dass der darin geäußerte Rechtssatz, dass bei mehreren verzinslichen Kapitalien die Zahlung zunächst auf die dem zuerst fällig gewordenen Kapital zuzuordnenden (Verzugs-)Zinsen, sodann auf dieses Kapital, danach auf die Zinsen des nächsten fällig gewordenen Kapitals, sodann auf dieses Kapital usw anzurechnen ist, nur dann gilt, wenn die gesetzliche Tilgungsregel zur Anwendung kommt (3 Ob 2004/96v: Widerspruch gegen Widmung; 9 Ob 129/03s: ungewidmete Zahlungen). Im Fall einer unwidersprochenen Schuldnerwidmung gilt aber jene Schuld als abgetragen, die der Schuldner bezeichnete.

2.1.4. Widmete also der Beklagte seine der Höhe nach einer Monatsmiete entsprechenden Zahlungen unzweifelhaft auf bestimmte Monate, so führte dies unmittelbar die Tilgung der entsprechenden Schuld in Gestalt der Monatsmiete herbei, weil die Klägerin einen unverzüglichen Widerspruch gar nicht behauptete. Sie hat sich damit der Möglichkeit begeben, die gesetzliche Tilgungsregel zur Anwendung kommen zu lassen, sodass es zur Tilgung der jeweiligen Monatsmiete kam; allenfalls bereits aufgelaufene Verzugszinsen blieben davon unberührt und weiter offen.

Das Berufungsgericht ging auf der Sachverhaltsebene ‑ von der Revision unbeanstandet und daher für den Obersten Gerichtshof bindend - davon aus, dass der Beklagte in den Jahren 2011 und 2012 alle Zahlungen auf den Mietzins widmete (Berufungsurteil S 5 und 6). Für das Jahr 2011 steht dazu auch unbekämpft fest, dass der Beklagte 12 Zahlungen leistete, die den jeweiligen Vorschreibungen, deren Höhe wechselte, exakt entsprach; dies - soweit nicht für die Monate April, Mai und Juni 2011 vor Fälligkeit bezahlt wurde - zwar verspätet, aber jeweils innerhalb des laufenden Monats. Für das Jahr 2012 steht weiters unbekämpft fest, dass die Beklagte ihre sechs, allesamt verspäteten Zahlungen, die den Vorschreibungen für die Monate Jänner bis einschließlich Juni 2012 entsprachen, für die Monate Jänner bis einschließlich Juni 2012 widmete. Mangels Widerspruchs der Klägerin ist die (erkennbare) Rechtsansicht des Berufungsgerichts, durch die Zahlungen des Beklagten für Jänner 2011 bis einschließlich Juni 2012 seien diese Monatsmieten bei Schluss der Verhandlung erster Instanz zur Gänze getilgt gewesen, sodass an Kapital nur die damals noch nicht bezahlte Miete für Juli 2012 ausgehaftet habe, nicht zu beanstanden.

2.1.5. An diesem Ergebnis vermag auch die Berufung der Klägerin auf § 3 Z 8 des Mietvertrags nichts zu ändern, der lautet: „Im Falle einer nicht vollständigen Entrichtung des Mietzinses … obliegt die Widmung des Zahlungseingangs ‑ vorbehaltlich gegenteiliger gesetzlicher Anordnung - dem Vermieter.“ Schon nach dem Wortlaut ist allerdings ein Anwendungsbereich dieser Vertragsbestimmung nicht zu erkennen, räumt sie doch einer gesetzlichen Regelung der Zahlungswidmung den Vorrang ein. Diese berechtigt gemäß der §§ 1415, 1416 ABGB aber nur den Schuldner zur Widmung, während der Gläubiger auf die Ausübung des Widerspruchs beschränkt ist.

Abgesehen davon hat die Klägerin zwar schon in erster Instanz auf diese Vertragsbestimmung hingewiesen, gleichzeitig aber ausdrücklich vorgebracht, davon ohnehin keinen Gebrauch gemacht zu haben (ON 5 S 3). Wenn sie - im Gegensatz dazu - erst im Rechtsmittelverfahren argumentiert, diese Vertragsbestimmung habe sie zur autonomen Widmung der Zahlungen des Beklagten berechtigt, sie damit also doch deren Anwendung behauptet, verstößt dies gegen das Neuerungsverbot.

Schließlich verlangt eine auch die Interessen des Schuldners berücksichtigende Auslegung, diesem umgehend Kenntnis von der Widmung des Gläubigers zu verschaffen, weil er Klarheit über die Verrechnung erlangen muss. Auf eine solche gegenüber dem Beklagten geäußerte unverzügliche Widmungserklärung zu jeder oder einzelnen Zahlungen des Beklagten hat sich die Klägerin aber in erster Instanz nie berufen.

2.1.6. Die dem Klagebegehren entsprechende Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung der Miete für Juli 2012 von 2.424,79 EUR sA erfolgte somit zu Recht und erwuchs ohnehin mangels Bekämpfung durch den Beklagten in Rechtskraft.

Ebenso in Rechtskraft erwuchs der Zuspruch eines weiteren Betrags von 86,67 EUR an Kapital samt gestaffelter Zinsen, dessen Zusammensetzung vom Berufungsgericht nicht explizit offengelegt wurde.

Auf die Begründung, es handle sich um kapitalisierte „Zinsbeträge“ (gemeint: kapitalisierte Verzugszinsen aus den jeweiligen Monatsmieten) und nicht um Mietzinsbeträge, für die Zinseszinsen erst ab Streitanhängigkeit zustünden (§ 1000 Abs 2 ABGB), ist wegen eingetretener Teilrechtskraft nicht weiter einzugehen.

2.2. Zu prüfen bleibt nur mehr der Zeitraum 2009 und 2010. Für diese Jahre traf das Erstgericht eine Negativfeststellung zur Widmung der Zahlungen der Beklagten, die von beiden Seiten bekämpft wurde; der Beklagte strebt die Feststellung an, dass alle Zahlungen in diesen Jahren jeweils auf Monatsmieten gewidmet waren.

Die Klägerin kritisiert in der Revision zutreffend die Ansicht des Berufungsgerichts, es müsse auf diese Beweisrügen nicht eingehen, weil Rückstände aus den Jahren 2009 und 2010 nicht vom Klagebegehren umfasst seien, als aktenwidrig.

2.2.1. Die Klägerin hat ihr (ursprüngliches und mehrfach modifiziertes) Zahlungsbegehren aus dem ‑ detailliert vorgebrachten (ON 5 S 4 bis 13) ‑ Zusammenspiel einerseits der jeweils offenen Monatsmieten mit ihren Fälligkeitsdaten und der vom Beklagten geleisteten Zahlungen, die zum Teil ausdrücklich gewidmet gewesen sein sollen, und andererseits der ihrer Meinung nach vorzunehmenden Anrechnung dieser Zahlungen über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren beginnend mit Dezember 2008 entwickelt und abgeleitet; die Anrechnung jeder einzelnen Zahlung nimmt daher Einfluss auf das Ergebnis am Ende des berücksichtigten Zeitraums. Auch die Zahlungen und deren allfällige Widmungen durch den Beklagten in den Jahren 2009 und 2010 sind daher zweifelsohne Gegenstand des Klagevorbringens und für die rechtliche Beurteilung, auf welche offene Schuldpost sie anzurechnen sind (siehe oben) und welche Beträge aus diesen beiden Jahren offen waren, von entscheidender Bedeutung.

2.2.2. Dadurch, dass das Berufungsgericht die Beweisrügen beider Seiten gegen diese Negativfeststellung wegen unzutreffenden Verständnisses des Klagevorbringens nicht erledigte, fehlt es an einer gesicherten Tatsachengrundlage.

Auch aus diesem Grund bedarf es somit der Aufhebung der Entscheidung der zweiten Instanz zur Ergänzung des Berufungsverfahrens durch Nachholung der Behandlung der Beweisrüge, was vom Obersten Gerichtshof auch ohne Mängelrüge aufzugreifen ist. Wenn nämlich das Berufungsgericht die Beweisrüge einer Partei gegen bestimmte, in Wahrheit entscheidungswesentliche Feststellungen aus rechtlichen Gründen nicht erledigt, bestehen Feststellungsmängel (5 Ob 168/08d; Zechner in Fasching/Konecny ² § 503 ZPO Rz 58 und 143 mwN). Erst wenn diese beseitigt sind, wird beurteilt werden können, wie die Zahlungen des Beklagten in den Jahren 2009 und 2010 anzurechnen sind und ob, allenfalls welche offenen Schuldposten zu Lasten des Beklagten für diese beiden Jahre bestehen.

2.3. In diesem Zusammenhang ist auch noch Folgendes klarzustellen.

2.3.1. Das Berufungsgericht schloss sich erkennbar der Mängelrüge in der Berufung des Beklagten an, der vom Erstgericht ‑ in keiner Weise nachvollziehbar begründete ‑ Zuspruch an rückständigem Mietzins für Dezember 2010 von 1.408,54 EUR sA sei vom Klagevorbringen und -begehren (ältester Mietzinsrückstand 1.451,69 EUR für Februar 2011) nicht erfasst.

Auch diese Rechtsmeinung des Berufungsgerichts kann nicht aufrecht erhalten werden.

2.3.2. Für die Beantwortung der Frage, ob das Gericht über die seinem Urteilsspruch im § 405 ZPO gezogenen Schranken hinausgegangen ist, ist nicht allein das Klagebegehren, sondern auch der übrige Inhalt der Klage maßgebend (RIS-Justiz RS0041078). Das Klagebegehren ist so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit der Klageerzählung vom Kläger gemeint ist (RIS-Justiz RS0037440; RS0025188). Ob ein aliud oder ein minus anzunehmen ist, ergibt sich aus dem Vergleich zwischen dem gestellten Begehren und dem unter Berücksichtigung der rechtserzeugenden Tatsachen für berechtigt erachteten Anspruch (RIS-Justiz RS0041023).

Nach der herrschenden, aus § 226 ZPO abgeleiteten zweigliedrigen Streitgegenstandstheorie wird der prozessuale Begriff des Streitgegenstands durch den Entscheidungsantrag (Sachantrag) und die zu seiner Begründung erforderlichen, vorgebrachten Tatsachen (rechtserzeugender Sachverhalt) bestimmt (RIS-Justiz RS0037522; RS0039255). Klagegrund ist das tatsächliche Vorbringen, nicht die rechtliche Beurteilung dieses Vorbringens (RIS-Justiz RS0037551; RS0037447). Geht aus dem Klagsvorbringen hervor, dass der Sachverhalt vom Kläger offenbar rechtlich unrichtig qualifiziert wurde, so ist dies bedeutungslos (RIS-Justiz RS0058348; RS0058336). Nur dann, wenn das Klagebegehren ausdrücklich und ausschließlich auf einen bestimmten Rechtsgrund beschränkt wurde, was im Zweifel nicht anzunehmen ist, ist es dem Gericht nach der herrschenden Rechtsprechung verwehrt, dem Begehren aus anderen Gründen stattzugeben (RIS-Justiz RS0037610 [T36 und T43]).

2.3.3. Während vom ursprünglichen Zahlungsbegehren der Klägerin auch „restliche Zinsen, 4 % Zinsen von 3. 12. 2010 bis 28. 2. 2011 aus EUR 0,26“ umfasst waren, ließ sie dieses Teilbegehren mit der Modifikation des Klagebegehrens in der Tagsatzung vom 27. Juni 2012 (ON 22 S 2) und auch bei der folgenden in der Tagsatzung vom 6. Juli 2012 (ON 23 S 1/2) erkennbar fallen. Gegenstand des auf Zahlung gerichteten Klagebegehrens sind daher (neben den Kosten der Ersatzvornahme) nur mehr (restliche) Monatsmieten als Kapital; denn die von der Klägerin vorgenommene Anrechnung der Zahlungen vorerst auf die (jeweils viel geringeren und daher zur Gänze getilgten) Verzugszinsen für die jeweilige Monatsmiete führte dazu, dass sie die Monatsmieten stets als nur teilweise bezahlt ansah.

Unzweifelhaft ist das aktuelle Klagebegehren aber dahin zu verstehen, der Beklagte habe der Klägerin die trotz seiner Zahlungen nach wie vor offenen Schuldposten, die aus der verspäteten Leistung der monatlichen Mieten resultieren, zu bezahlen. Wie erwähnt, hat die Klägerin die jeweils offenen Monatsmieten mit ihren Fälligkeitsdaten dargestellt und detailliertes Tatsachenvorbringen erstattet, wann die aus dem Mietvertrag zur Leistung von Monatsmieten verpflichtete Beklagte welche Zahlungen leistete und ob und wie diese ausdrücklich gewidmet waren; darin ist der Klagegrund zu erblicken. Das auf rückständigen Mieten gestützte und präzise nach den einzelnen Monaten aufgeschlüsselte Leistungsbegehren von (zunächst) zusammen 3.889,88 EUR sA, das später ebenso nachvollziehbar modifiziert wurde, ist dagegen das Ergebnis der vom Kläger für jede einzelne Zahlung nachvollziehbar vorgenommenen rechtlichen Beurteilung zur Frage der Anrechnung nach den §§ 1415, 1416 ABGB.

Eine unrichtige Berechnung ist aber im Sinn einer allseitigen rechtlichen Beurteilung zu korrigieren. Mit der Offenlegung einer Rechenoperation - hier der Berechnung der nach Ansicht der Klägerin geschuldeten Rückstände an (restlichen) Monatsmieten samt Verzugszinsen daraus ‑ bringt die Prozesspartei noch keineswegs zum Ausdruck, sie wolle das Begehren ausschließlich auf diese ‑ hier jedenfalls zum Teil den §§ 1415, 1416 ABGB widersprechende ‑ Berechnungsweise geprüft wissen, sodass sich die Kognition der Gerichte allein darauf zu beschränken habe; vielmehr hat das Gericht selbständige Berechnungen anzustellen (1 Ob 239/99z).

2.3.4. Daher können der Klägerin im vorliegenden Fall auch andere offene Schuldposten aus dem vom Klagevorbringen umfassten Zeitraum zugesprochen werden, die das Ergebnis der richtigen rechtlichen Beurteilung des von der Klägerin behaupteten und bewiesenen Sachverhalts sind, solange es nicht zur quantitativen Überschreitung der im Sachantrag verlangten Rechtsfolge (vgl Fasching , Lehrbuch², Rz 1449) und damit zu einem Verstoß gegen § 405 ZPO kommt. Dem widerspricht die Ansicht des Berufungsgerichts, für November 2010 könne keine (restliche) Monatsmiete zugesprochen werden. Es geht nicht um den Zuspruch einzelner, nicht bezahlter Monatsmieten, sondern um das Bestehen (die Berechnung) eines in einem längeren Zeitraum entstandenen Mietzinsrückstands.

Vom auf die verspätete Zahlung der Monatsmieten entfallenden Zahlungsbegehren von zuletzt (9.170,73 EUR – 5.207,84 EUR [Kosten der Ersatzvornahme] =) 3.962,89 EUR wurden der Klägerin für den Zeitraum März 2011 bis einschließlich Juli 2012 insgesamt 2.511,46 EUR rechtskräftig zugesprochen. Das Berufungsgericht hat daher nach Erledigung der Beweisrüge zur Widmung der Zahlungen in den Jahren 2009 und 2010 nur mehr über einen Betrag von 1.451,43 EUR entsprechend der dargestellten Rechtslage zu entscheiden.

3. Zum Räumungsbegehren

3.1. Obwohl Revisionserklärung und -antrag auch die Abänderung im Sinn der Stattgebung auch das Räumungsbegehren umfassen, spricht es die Klägerin in der Ausführung des Rechtsmittels gar nicht ausdrücklich, sondern nur am Rande an; sie kritisiert lediglich die Konsequenz der Anrechnungsmethode des Berufungsgerichts, dass der Mieter den Mietzins jeweils verspätet leiste, damit aber nie einen qualifizierten Mietzinsrückstand aufweise. Diese Schlussfolgerung trifft allerdings keineswegs immer zu, weil die verspätete Zahlung nicht in jedem Fall eine bereits rechtens ausgesprochene Vertragsauflösung beseitigt (vgl § 33 MRG).

3.2. Nach § 1118 zweiter Fall ABGB kann der Bestandgeber die frühere Aufhebung des Vertrags fordern, wenn der Bestandnehmer nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses dergestalt säumig ist, dass er mit Ablauf des Termins den rückständigen Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat. Lehre (vgl Nademleinsky in Schwimann , TaKomm § 1118 ABGB Rz 3 mwN; Iro in KBB 3 § 1118 ABGB Rz 3) und Rechtsprechung verstehen diese Bestimmung dahin, dass der Aufhebungsgrund gegeben ist, wenn der Bestandnehmer trotz erfolgter Mahnung bis zum nächsten Zinstermin in Rückstand bleibt, sodass eine neuerliche Zinszahlung fällig geworden ist, bevor die vorhergehende vollständig entrichtet wurde.

Es können auch erst im Zuge des Prozesses aufgelaufene Rückstände ein auf § 1118 ABGB gestütztes Räumungsbegehren rechtfertigen (RIS-Justiz RS0020952). Es bedarf, wenn sich während des Verfahrens neuerliche Zinsrückstände ergeben, keiner neuerlichen ausdrücklichen Erklärung der Vertragsauflösung. In diesem Fall wird in der Fortführung des Räumungsprozesses nach dem Entstehen eines solchen qualifizierten Zinsrückstands der konkludente Ausspruch der Aufhebungserklärung gesehen (RIS-Justiz RS0020978). Da die Aufhebung des Bestandvertrags erst nach erfolgloser Mahnung erklärt werden kann, kann ‑ wenn mangels außergerichtlicher Mahnung die Klage/Ausdehnung erst die Mahnung ersetzt ‑ nicht die Klage/Ausdehnung selbst, sondern nur die Weiterführung des Verfahrens als konkludente Vertragsaufhebungserklärung angesehen werden. Das Räumungsbegehren ist also nur dann berechtigt, wenn der qualifizierte Mietzinsrückstand zum Zeitpunkt der Abgabe der Auflösungserklärung oder der diese ersetzenden Fortführung des Räumungsprozesses noch bestand (3 Ob 179/11m mwN). Im Verfahren aufgelaufene Zinsrückstände können ein zum Zeitpunkt der Klagezustellung nicht berechtigtes Räumungsbegehren jedoch nur dann rechtfertigen, wenn sie wenigstens zu irgendeinem Zeitpunkt des erstinstanzlichen Verfahrens qualifiziert iSd § 1118 zweiter Fall ABGB waren. Überdies muss die zeitliche Abfolge ‑ Mahnung, Nachfristsetzung, Aufhebungserklärung ‑ immer gewahrt bleiben (RIS-Justiz RS0021072). Die bloße Säumnis in der Bezahlung von Nebengebühren, insbesondere Verzugszinsen, gibt kein Recht zur vorzeitigen Vertragsauflösung (RIS-Justiz RS0021008; RS0027894).

3.3. Die Klägerin versucht in der Revision gar nicht aufzuzeigen, dass und aus welchen Gründen es wegen der festgestellten (überwiegend) verspäteten Mietzinszahlungen des Beklagten in den Jahren 2011 und 2012 zu einer (schlüssigen) Vertragsauflösung gekommen sein soll, sodass sich eine Überprüfung des Berufungsurteils in diese Richtung durch den Obersten Gerichtshof erübrigt.

Da eine Mahnung von rückständigen Mietzinsen aus den Jahren 2009 und 2010 weder von der Klägerin behauptet noch festgestellt wurde, muss schon jetzt auch für allfällige Rückstände aus dem genannten Zeitraum eine berechtigte vorzeitige Vertragsauflösung verneint werden.

3.4. Die Abweisung des Räumungsbegehrens durch das Berufungsgericht erweist sich daher als nicht korrekturbedürftig, weshalb es in diesem Umfang mit Teilurteil zu bestätigen war.

4. Zusammengefasst ist das Berufungsurteil zur Abweisung des Räumungsbegehrens zu bestätigen und im Übrigen, soweit es nicht im klagestattgebenden Umfang (Verpflichtung zur Zahlung von 2.511,46 EUR sA) mangels Bekämpfung durch den Beklagten in Teilrechtskraft erwachsen ist, zur Abweisung des restlichen Zahlungsbegehrens von 6.659,27 EUR sA aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur Ergänzung des Berufungsverfahrens und zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht jeweils auf § 52 ZPO.

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