Spruch:
1. Der Revision der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben.
2. Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
3. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil insgesamt lautet:
Die beklagte Partei ist schuldig,
A) im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrundelegt, und/oder in hiebei verwendeten Vertragsformblättern die Verwendung der folgenden Klausel:
„IV Freiwillige Versicherung
Hat sich der Kreditnehmer zum Abschluss einer freiwilligen Versicherung zu gegenständlichem Kredit oder zur Besicherung des Kredites durch eine bereits bestehende Versicherung entschieden, so ist diese für die Dauer des Schuldverhältnisses aufrecht zu erhalten. Der Kreditnehmer hat die Vinkulierung des Versicherungsvertrags zugunsten der BANK beim Versicherer zu erwirken. Der Kreditnehmer tritt alle ihm aus den vorbeschriebenen Versicherungen zustehenden Rechte unwiderruflich an die BANK ab. Im Schadensfall ist die BANK berechtigt, die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend zu machen und Entschädigungsquittungen auszustellen; sie ist ausschließlich berechtigt, die Zahlungen entgegenzunehmen. Der Kreditnehmer hat die Prämienzahlung direkt mit dem Versicherer zu regeln und der BANK über Verlangen die termingemäße Prämienzahlung auch durch Vorlage der Zahlungsbelege nachzuweisen. Die BANK ist berechtigt, auf Kosten des Kreditnehmers die Versicherungen aufrecht zu erhalten und die Bezahlung der Prämie samt allfälliger Kosten sofort bar zu verlangen oder mit verzinslicher Wirkung dem Kreditkonto anzulasten. Von jedem Schadensfall hat der Kreditnehmer dem Versicherer und der BANK umgehend Mitteilung zu machen.“
oder die Verwendung sinngleicher Klauseln zu unterlassen und sich auf diese Klausel oder sinngleiche Klauseln nicht zu berufen.
Für die Unterlassungspflicht wird eine Leistungsfrist von drei Monaten festgesetzt.
B) es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, im Zusammenhang mit dem Abschluss von Verbraucherkreditverträgen in dem dem Verbraucher gemäß § 9 VKrG zur Verfügung gestellten Kreditvertrag einen effektiven Jahreszins anzugeben (§ 9 Abs 2 Z 7 VKrG), bei dessen Berechnung die Kosten einer (Kredit‑)Restschuldversicherung nicht als Teil der Gesamtkosten des Kredits berücksichtigt werden, obwohl diese Restschuldversicherung gemeinsam mit dem Kreditvertrag abgeschlossen wird oder es sich um eine bestehende Versicherung handelt, die zur Besicherung des Kredits verwendet wird, und obwohl für diese Versicherung in dem für den Abschluss des Kreditvertrags verwendeten Vertragsformblatt oder in dem Kreditvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen die in Punkt A) angeführte oder eine sinngleiche Klausel vereinbart wird, oder sinngleiche Praktiken anzuwenden.
Der klagenden Partei wird die Ermächtigung erteilt, den klagsstattgebenden Teil des Urteilsspruchs im Umfang des Unterlassungsbegehrens und der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung binnen sechs Monaten ab Rechtskraft einmal in einer bundesweit erscheinenden Samstagsausgabe des redaktionellen Teils der „Kronen‑Zeitung“ auf Kosten der beklagten Partei mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien und in Fettdruckumrandung in Normallettern, somit in gleich großer Schrift wie der Fließtext redaktioneller Artikel, zu veröffentlichen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die anteilig mit 15.110,40 EUR (darin enthalten 1.695,11 EUR an USt und 4.939,70 EUR an Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte verwendet Allgemeine Geschäftsbedingungen (in der Folge: AGB), die sie den Kreditverträgen mit Verbrauchern regelmäßig zu Grunde legt. Sie enthalten die im Spruch genannte Klausel IV. Die Beklagte berücksichtigt regelmäßig die Prämien der „freiwilligen“ Kreditrestversicherung bei der Berechnung der Gesamtkosten des Kredits nicht.
Der Kläger begehrt als Verein nach § 29 Abs 1 KSchG wie im Spruch ersichtlich. Die Klausel IV sei als Einheit zu betrachten, weil die einzelnen Sätze keine materiell selbständigen Regelungsbereiche hätten. Die Regelungsinhalte ergänzten einander. Die Klausel sei gemäß § 864a ABGB nachteilig und überraschend, weil die im Kreditantrag enthaltenen Erläuterungen zur Kreditrestversicherung und die Überschrift der Klausel „Freiwillige Versicherung“ suggeriere, dass die Versicherung keine Voraussetzung für die Gewährung und die Aufrechterhaltung des Kreditvertrags sei. Im Widerspruch dazu werde aber dem Kreditnehmer die Verpflichtung auferlegt, die Versicherung während der gesamten Dauer des Kreditvertrags aufrechtzuerhalten und der Beklagten alle Rechte daraus abzutreten. Weiters verstoße die Klausel gegen § 879 Abs 3 ABGB, weil unter diesen Umständen kein schutzwürdiges Interesse der Beklagten daran bestehe, dass der Verbraucher alle seine Rechte aus der Kreditrestversicherung abtrete und sich zur Bezahlung der Prämien verpflichte. Die Klausel sei auch intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG, weil durch die Überschrift der tatsächliche Inhalt der Klausel verschleiert werde. Indem die Beklagte die Prämien der Kreditrestversicherung bei der Berechnung der Gesamtkosten des Kredits nicht berücksichtige, verstoße sie überdies gegen § 9 Abs 2 Z 7 VKrG. Die Wiederholungsgefahr bestehe, weil die Beklagte eine unzureichende Unterlassungserklärung abgegeben habe. Die Urteilsveröffentlichung sei gerechtfertigt. Der Beklagten sei keine Leistungsfrist einzuräumen. Der Unternehmer könne sofort oder innerhalb kürzester Zeit sicherstellen, dass die Verbraucher bei neuen Vertragsabschlüssen darauf hingewiesen würden, dass einzelne Vertragsklauseln seiner AGB rechtskräftig als unwirksam erkannt worden seien. Mit dem Einräumen einer Leistungsfrist von drei Monaten werde auch gegen Art 7 Abs 2 der RL 93/13 EWG verstoßen, nach der die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen müssten, dass klagebefugte Einrichtungen die Gerichte anrufen könnten, die dann wirksame Mittel anwenden müssten, um der Verwendung der von ihnen als missbräuchlich angesehenen Vertragsklauseln ein Ende zu setzen.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens, zumindest aber die Einschränkung der Unterlassungspflicht auf den gesetzlichen Umfang des § 28 Abs 1 zweiter Satz zweiter Halbsatz KSchG („soweit sie unzulässigerweise vereinbart worden sind“). Die angebotene Kreditrestversicherung sei für die Kreditnehmer in keiner Weise verpflichtend, um den angebotenen Kredit zum angebotenen Zinssatz zu erhalten. Es handle sich hier lediglich um eine Nebenleistung. Die Klausel IV setze sich in Wahrheit aus sechs eigenständigen Klauseln zusammen, die einzeln zu beurteilen seien. Die Vertragsbestimmung sei wie folgt zu lesen:
„1. Hat sich der Kreditnehmer zum Abschluss einer freiwilligen Versicherung zu gegenständlichem Kredit oder zur Besicherung des Kredites durch eine bereits bestehende Versicherung entschieden, so ist diese auf die Dauer des Schuldverhältnisses aufrecht zu erhalten.
2. Der Kreditnehmer hat die Vinkulierung des Versicherungsvertrages zugunsten der BANK beim Versicherer zu erwirken.
3. Der Kreditnehmer tritt alle ihm aus den vorbeschriebenen Versicherungen zustehenden Rechte unwiderruflich an die BANK ab. Im Schadensfall ist die BANK berechtigt, die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend zu machen und Entschädigungsquittungen auszustellen; sie ist ausschließlich berechtigt, die Zahlungen entgegenzunehmen.
4. Der Kreditnehmer hat die Prämienzahlung direkt mit dem Versicherer zu regeln und der BANK über Verlangen die termingemäße Prämienzahlung auch durch Vorlage der Zahlungsbelege nachzuweisen.
5. Die BANK ist berechtigt, auf Kosten des Kreditnehmers die Versicherungen aufrechtzuerhalten und die Bezahlung der Prämie samt allfälliger Kosten sofort bar zu verlangen oder mit verzinslicher Wirkung dem Kreditkonto anzulasten.
6. Von jedem Schadensfall hat der Kreditnehmer dem Versicherer und der BANK umgehend Mitteilung zu machen.“
Hinsichtlich der von ihr so bezeichneten Klauseln 1 und 5 anerkannte die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren das Unterlassungsbegehren für alle nach dem 10. 6. 2012 (Inkrafttreten des VKrG) geschlossenen Verbraucherkreditverträge, nicht jedoch das Veröffentlichungsbegehren und fügte hinzu, dass dieses Teilanerkenntnis wirkungslos sei, falls das erkennende Gericht die Auffassung vertreten sollte, dass die Bestimmung nicht in mehrere rechtlich eigenständige Klauseln zerfalle.
Die übrigen Klauseln seien weder überraschend noch benachteiligend. Sie zielten darauf ab, dass die Versicherungssumme verlässlich zur Verfügung stehe und bestimmungsgemäß der Erfüllung ihres Zwecks zugeführt werde. Der Verbraucher verliere nicht die Möglichkeit, den Versicherungsvertrag zu kündigen, den Vertrag „ruhig“ zu stellen oder einen günstigeren abzuschließen. Die „vertragsbezogenen“ Gestaltungsrechte verblieben beim Versicherungsnehmer. Der Verbraucher müsse mit der Bestimmung insbesondere auch im Hinblick auf den Text des Kreditantrags, in dem auf die freiwillige Versicherung hingewiesen werde, rechnen. Den Gesamtkosten des Kredits seien die Versicherungsprämien nur dann zuzuschlagen, wenn der Abschluss des Versicherungsvertrags eine Voraussetzung dafür sei, dass ein Kredit überhaupt oder zu den vorgesehenen Vertragsbedingungen gewährt werde. Dies sei hier gerade nicht der Fall. Im Hinblick auf die Publikationen des Klägers bestehe kein Bedarf für eine zusätzliche Urteilsveröffentlichung. Die Beklagte benötige eine angemessene Leistungsfrist von drei Monaten, um ihre AGB überarbeiten und ihr EDV‑System umstellen zu können, falls dem Klagebegehren stattgegeben werde.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Geschäftspraktiken außerhalb der AGB seien nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Die AGB seien nur nach ihrem Wortlaut zu überprüfen. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sei „freiwillige Versicherung“ das Gegenteil zur „gesetzlich verpflichtenden“ Versicherung. Dass zur Besicherung der Kredite nur eine „freiwillige“ Versicherung herangezogen werde, sei evident. Es liege keine unrichtige Bezeichnung in der Überschrift vor. Die Klausel sei weder benachteiligend noch überraschend. Sie diene dazu, die Verfügungsmacht des Kreditnehmers über seine als Besicherung abgeschlossene Versicherung zugunsten der Beklagten einzuschränken. Dies sei im Geschäftsleben durchaus üblich. Die Regelung sei weder unsachlich noch intransparent.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge. Die Klausel IV bestehe ‑ wie von der Beklagten richtig dargelegt ‑ aus 6 eigenständigen Klauseln. Es gab dem Klagebegehren zu den Klauseln 1, 3, 4 und 5 statt und beschränkte das Begehren hinsichtlich des Berufens auf die Klauseln darauf, soweit sie unzulässigerweise vereinbart worden seien. Es setzte die Leistungsfrist mit drei Monaten fest und verpflichtete die Beklagte zur begehrten Veröffentlichung. Das Mehrbegehren hinsichtlich der Klauseln 2 und 6 sowie das auf § 28a KSchG gestützte Begehren wies es ab. Die Wiederholungsgefahr sei nicht weggefallen, weil nur die vollständige Unterwerfung unter den Anspruch einer gemäß § 29 KSchG klageberechtigten Einrichtung diese beseitigen könne.
Es sei nicht ersichtlich, warum die Klausel 1 nur im zeitlichen Anwendungsbereich des VKrG ‑ wie dies die Beklagte anerkenne ‑ unzulässig sein solle.
Die sogenannte Vinkulierung von Versicherungsforderungen sei gesetzlich nicht geregelt. Der Inhalt richte sich nach der Vereinbarung der Parteien. Die Klausel 2 sei nicht intransparent, weil sie es dem Kreditnehmer überlasse, die Vinkulierung zu veranlassen und im Zuge dessen die Einzelheiten mit dem Versicherer zu vereinbaren. Die Verpflichtung, eine als Sicherheit bestellte Versicherung zugunsten des Kreditgebers zu vinkulieren, also die Auszahlung der Versicherungsleistung an dessen Zustimmung zu binden, sei keineswegs ungewöhnlich, überraschend oder gröblich benachteiligend. Die Klausel finde sich unter der Überschrift „freiwillige Versicherung“, damit genau an der Stelle, wo der Versicherungsnehmer diese Regelung vermuten dürfe.
Klausel 3 sehe wegen der Abtretung aller Rechte aus der Versicherung eine wesentlich weitergehende Sicherstellung vor. Dadurch werde die Beklagte praktisch zum Versicherungsnehmer und der Kreditnehmer zum reinen Prämienzahler. Dieser begebe sich des Rechts, den Versicherungsvertrag zu kündigen, eine günstigere Versicherung abzuschließen, Verhandlungen über die Prämienhöhe zu führen oder die Versicherung bei Entfall der Prämienzahlungen vorübergehend ruhend zu stellen. Mit einer solchen „Enteignung“ müsse der Kreditnehmer nicht rechnen, wenn die Klausel mit „freiwilliger Versicherung“ überschrieben sei. Die Klausel verstoße gegen § 864a ABGB und § 879 Abs 3 ABGB.
Klausel 4 widerspreche ebenfalls der Überschrift „freiwillige Versicherung“ und sei überraschend. Die Verpflichtung, Rechenschaft über die Erfüllung vertraglicher Pflichten gegenüber einem Dritten abzulegen, sei ungewöhnlich. Die Nachweispflicht sei auch nachteilig für den Verbraucher, weil sie mit zusätzlichem Aufwand verbunden sei.
Zu Klausel 5 liege das zwar prozessual unwirksame, inhaltlich aber beachtliche Teilanerkenntnis der Beklagten vor. Das Unterlassungsbegehren sei berechtigt.
Eine Pflicht zur Schadensmeldung nach Klausel 6 sei nicht zu beanstanden. Bei der Kreditrestversicherung werde der Schadensfall regelmäßig ein Umstand sein, der den Kreditnehmer an der weiteren Erfüllung seiner Kreditverbindlichkeiten hindere oder ihn zumindest erheblich beschwere. Die Forderung, dass der Kreditnehmer melde, dass das Kreditverhältnis ohne Versicherungsschutz notleidend wäre, sei weder intransparent noch gröblich benachteiligend. Die Bestimmung sei auch nicht ungewöhnlich, sondern im redlichen Geschäftsverkehr selbstverständlich.
Die Veröffentlichung des stattgebenden Begehrens sei notwendig, um die entsprechende Information über die Rechtsverletzung zu gewährleisten.
Mit ihrer beanstandeten Geschäftspraxis verstoße die Beklagte nicht gegen § 2 Abs 5 VKrG. Diese Bestimmung erfasse nur Fälle, in denen der Abschluss der Versicherung Bedingung für das Zustandekommen des Kreditvertrags mit dem vorgesehenen Inhalt sei. Dies ergebe sich aber aus der Klausel IV der Beklagten nicht, selbst wenn diese Klausel wirksam vereinbart werden könnte.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil es noch keine Rechtsprechung zur Auslegung des § 2 Abs 5 VKrG gebe.
Gegen den klagsabweisenden Teil der Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers, gegen den klagsstattgebenden Teil die Revision der Beklagten, jeweils mit einem Abänderungsantrag und hilfsweise mit einem Aufhebungsantrag.
In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen die Parteien, jeweils die Revision der Gegenseite zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen sind zulässig, die Revision des Klägers ist teilweise, jene der Beklagten ist nicht berechtigt.
Die Revisionen werden im Folgenden gemeinsam behandelt:
Zur Wiederholungsgefahr:
Die Wiederholungsgefahr ist gegeben. Die Beklagte wollte ausdrücklich kein Anerkenntnis für den Fall abgeben, dass die Klausel als Einheit beurteilt wird. Schon deshalb, weil sich der beanstandete Text entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht in mehrere getrennt voneinander zu beurteilende Passagen aufteilen lässt, liegt eine wirksame Unterlassungserklärung nicht vor. Ein Eingehen auf die Frage, ob die Erklärung der Beklagten grundsätzlich überhaupt geeignet gewesen wäre, für einzelne Teile der Klausel den Wegfall der Wiederholungsgefahr zu bewirken, erübrigt sich daher.
Zu den Grundsätzen des Verbandsprozesses:
Im Rahmen der Verbandsklage hat die Auslegung der Klauseln im „kundenfeindlichsten“ Sinn zu erfolgen (7 Ob 173/10g, RIS‑Justiz RS0016590). Auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Bedingungen kann nicht Rücksicht genommen werden. Es kann also keine geltungserhaltende Reduktion stattfinden (RIS‑Justiz RS0038205).
Die Geltungskontrolle nach § 864a ABGB geht der Inhaltskontrolle gemäß § 879 ABGB vor (RIS‑Justiz RS0037089). Die Verbandsklage nach § 28 KSchG kann nach ständiger Rechtsprechung auch gegen Klauseln gerichtet werden, die unter § 864a ABGB fallen (4 Ob 164/12i, 7 Ob 173/10g, 2 Ob 198/10x uva).
Objektiv ungewöhnlich nach § 864a ABGB ist eine Klausel, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, mit der er also nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Der Klausel muss ein „Überrumplungseffekt“ innewohnen (RIS‑Justiz RS0014646). Die Ungewöhnlichkeit ist objektiv zu verstehen. Die Subsumtion hat sich an der Verkehrsüblichkeit beim betreffenden Geschäftstyp zu orientieren. Ein Abstellen auf die subjektive Erkennbarkeit gerade für den anderen Teil ist daher ausgeschlossen (RIS‑Justiz RS0014627). Erfasst sind alle dem Kunden nachteilige Klauseln. Eine grobe Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB wird nicht vorausgesetzt (RIS‑Justiz RS0123234).
Eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beidseitigen Hauptleistungen festlegt, ist jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt (§ 879 Abs 3 ABGB). Durch diese Bestimmung wurde ‑ wie in den einschlägigen Entscheidungen formuliert wird ‑ ein eine „objektive Äquivalenzstörung“ und „verdünnte Willensfreiheit“ berücksichtigendes „bewegliches System“ geschaffen (RIS‑Justiz RS0016914). Sie wendet sich vor allem gegen den Missbrauch der Privatautonomie durch das Aufdrängen benachteiligender vertraglicher Nebenbestimmungen durch den typischerweise überlegenen Vertragspartner bei Verwendung von AGB und Vertragsformblättern. Das Motiv des Gesetzgebers, insbesondere auf AGB und Vertragsformblätter abzustellen, liegt in der zwischen den Verwendern von AGB und deren Vertragspartnern typischerweise anzutreffenden Ungleichgewichtslage. Der mit den AGB konfrontierte Vertragspartner ist in seiner Willensbildung eingeengt, muss er sich doch zumeist den AGB fügen oder in Kauf nehmen, dass ihm der Verwender den Vertragsabschluss verweigert (7 Ob 173/10g mwN). Ein Abweichen vom dispositiven Recht wird unter Umständen schon dann eine gröbliche Benachteiligung des Vertragspartners im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB sein können, wenn sich für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung ergibt. Sie ist jedenfalls anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition im auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht, wenn also keine sachlich berechtigte Abweichung von der für den Durchschnittsfall getroffenen Norm des nachgiebigen Rechts vorliegt (RIS‑Justiz RS0016914). Bei der Beurteilung, ob eine gröbliche Benachteiligung des Vertragspartners bewirkt wird, hat sich der Rechtsanwender daher am dispositiven Recht als dem Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs zu orientieren (RIS‑Justiz RS0014676).
Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Das soll dem Kunden ermöglichen, sich aus den AGB oder Vertragsformblättern zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren. Maßstab für die Transparenz ist das Verständnis der für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittskunden. Es soll verhindert werden, dass der Verbraucher durch ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild seiner vertraglichen Position von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird. Daraus kann sich konkret eine Verpflichtung zur Vollständigkeit ergeben, wenn die Auswirkung einer Klausel sonst unklar bliebe (7 Ob 201/12b mwN).
Zu den versicherungsrechtlichen Aspekten der Klausel:
Welchen Inhalt die Vinkulierung einer Versicherung jeweils hat, hängt von den getroffenen Vereinbarungen ab (RIS‑Justiz RS0106149). Nach herrschender Auffassung ist darunter als „fester Kern“, also als Charakteristikum und unumgänglicher Mindestinhalt (nur) eine Zahlungssperre zugunsten des Vinkulargläubigers mit der Wirkung zu verstehen, dass Leistungen des Versicherers an den Versicherungsnehmer nur mit Zustimmung des Vinkulargläubigers möglich sind. Der Versicherungsnehmer kann über die Zahlungssperre hinaus seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag weiterhin auch verpfänden oder abtreten. Ein Rechtsübergang auf den Vinkulargläubiger tritt durch die Vinkulierung somit nicht ein (RIS‑Justiz RS0086331, RS0113295). Zweck der Vinkulierung einer Versicherung ist eine Sicherstellung für die Forderung desjenigen, zu dessen Gunsten die Vinkulierung erfolgt (RIS‑Justiz RS0080844, RS0017065).
Zur Klausel IV :
Maßgeblich für die Qualifikation einer Klausel als eigenständig ist nicht die Gliederung des Klauselwerks. Es können auch zwei unabhängige Regelungen in einem Punkt oder sogar in einem Satz der AGB enthalten sein. Es kommt darauf an, ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn die Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden können (RIS‑Justiz RS0121187).
Klausel IV der AGB der Beklagten regelt die näheren Umstände der Vinkulierung und Verpfändung der Ansprüche aus einer „freiwilligen“ Versicherung. Es sind in dieser einen Klausel Bestimmungen zusammengefasst, die in ihrer Gesamtheit bewirken, dass die „freiwillige Versicherung“ der Beklagten verpflichtend als Sicherungsmittel für ihre aushaftende Kreditforderung dient. Die Beklagte hat nicht ohne Grund die gesamte Regelung der abzuschließenden Versicherung einer einheitlichen Klausel unterstellt. Jeder der (von der Beklagten gebildeten) sechs Teile der Klausel kann für sich allein das von der Beklagten beabsichtigte (und auch zugestandene) Ziel nicht verwirklichen. Erst durch die Gesamtheit der dem Kreditnehmer auferlegten Verpflichtungen, nämlich den Versicherungsvertrag aufrecht zu erhalten, ihn zu Gunsten der Beklagten zu vinkulieren und auch alle Rechte daraus an sie abzutreten, die Versicherungsprämien zu zahlen und dies auf Verlangen nachzuweisen sowie die Beklagte vom „Versicherungsfall“ zu verständigen, ergibt sich die von der Beklagten dem Kreditnehmer zugedachte Rechtsposition. Er muss ihr damit, ohne dass dies offen deklariert wird, eine Sicherheit für die Rückführung des Kredits stellen. Die Klausel muss daher in ihrer Gesamtheit, wie vom Kläger geltend gemacht, beurteilt werden.
Die Beklagte stützt sich ausdrücklich darauf, dass weder der Abschluss des Kreditvertrags noch dessen Modalitäten vom Abschluss eines Kreditrestversicherungs-vertrags abhänge. Selbst wenn man davon ausgehen könnte, dass diese Ansicht vom Text der Klausel im Zusammenhalt mit dem Kreditvertrag gestützt werde, könnte die Klausel keinen Bestand haben. Wäre nämlich der Abschluss einer Kreditrestversicherung, wie von der Beklagten behauptet und durch die Überschrift zu Klausel IV suggeriert wird, völlig freiwillig, dann wäre es überraschend und gröblich benachteiligend, dass dennoch in den AGB Vereinbarungen enthalten sind, die gerade diese Freiwilligkeit zunichte machen. Die Beklagte räumt nämlich durchaus auch selbst ein, dass sie durch die Vertragsbestimmung Sicherungsmittel in die Hand bekommen will.
Wird ein Versicherungsvertrag freiwillig abgeschlossen, dient er dem Schutz des Versicherungsnehmers (Mitversicherten) selbst, nicht aber dem Schutz des Gläubigers. Es liegt gänzlich im Ermessen des Kreditnehmers, ob er einen Versicherungsvertrag abschließt, wie lange er ihn aufrecht erhält, ob und wie er Zahlung leistet und ob er den Vertrag kündigt. Der Kreditnehmer wäre überdies gröblich benachteiligt, wenn er der Beklagten eine Sicherheit für die Rückzahlung des Kredits geben müsste, zu der er, wenn er keinen Versicherungsvertrag abgeschlossen hätte, gar nicht verpflichtet wäre. Die Beklagte bleibt jedes Argument dafür schuldig, warum ein Kreditnehmer, der sich selbst absichern will, schlechter gestellt sein sollte als ein (relativ) sorgloser Kreditnehmer, der darauf verzichtet. Die Beklagte will mit der Klausel vielmehr (entgegen ihrer Ankündigung in der Überschrift und dem Eindruck, den sie zu vermitteln sucht) den Versicherungsnehmer durch die Klausel IV zur Besicherung ihrer Forderung aus dem Kreditvertrag zwingen. Da dies auch im Widerspruch zum Text des Kreditvertrags (auf den die Beklagte verweist) steht, wäre die Klausel IV, wenn man sie wie die Beklagte interpretieren wollte, überraschend nach § 864a ABGB und gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB.
Abgesehen davon ergibt sich aus dem Text in seiner Gesamtheit (insbesondere bei Auslegung im kundenfeindlichsten Sinn), dass die Versicherung eben von vornherein nicht „freiwillig“ ist, sondern als Sicherungsmittel dienen soll. Es ist in keiner Weise erkennbar, welches Interesse ein Kreditnehmer haben sollte, der Beklagten aus freien Stücken ohne wie immer gearteten Vorteil eine Sicherheit zu stellen. Der Versicherungsvertrag wird als „Nebenleistung“ der Beklagten gleichzeitig mit dem Kreditvertrag geschlossen und wird durch die Klausel IV unmittelbar zum Sicherungsmittel. Schon durch den Widerspruch zwischen Regelungsinhalt und Überschrift ist die Klausel objektiv ungewöhnlich, überraschend und benachteiligend, mag auch weder eine Vinkulierung noch eine Verpfändung im Bankgeschäft ungewöhnlich sein. Weiters ist sie intransparent, weil durch den Widerspruch zwischen „freiwilliger Versicherung“ und dem nachfolgenden Text der Verbraucher über seine Vertragsposition im Unklaren ist.
Das Argument der Beklagten, es müssten die Grundsätze aus der Feuerversicherung auf den vorliegenden Fall der Kreditrestversicherung übertragen werden, geht über den signifikanten Unterschied hinweg, dass bei der Feuerversicherung der Kreditgeber bereits durch eine Hypothek gesichert ist. Bei der „freiwilligen“ Kreditrestversicherung hingegen hätte die Beklagte ohne die Klausel IV keine Absicherung. Das Vorbringen der Beklagten, sie sorge „nur“ dafür, dass die Versicherung dem ihr zugedachten Zweck zugeführt werde, nämlich der Deckung des Kredits, dokumentiert umso mehr ihr dargestelltes Eigeninteresse.
Weiters übergeht die Beklagte, dass nach ihrer Klausel ihr Kreditnehmer ihr alle aus dem Versicherungsvertrag zustehenden Rechte unwiderruflich abtritt. Damit ist es ihm gerade nicht möglich, Gestaltungsrechte auszuüben. Ihm soll nur mehr die Verpflichtung zur Prämienzahlung verbleiben.
Zum Anspruch nach § 28a KSchG :
Die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher sind sämtliche Kosten einschließlich der Zinsen, Provisionen etwa für die Vermittlung des Kredits, Abgaben und Kosten jeder Art ‑ ausgenommen Notariatsgebühren ‑, die der Verbraucher im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag zu zahlen hat, und die dem Kreditgeber bekannt sind. Dazu zählen auch Kosten für Nebenleistungen im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag, insbesondere Versicherungsprämien, wenn der Abschluss des Vertrags über diese Nebenleistung eine vom Kreditgeber geforderte Voraussetzung dafür ist, dass der Kredit überhaupt oder nach den vorgesehenen Vertragsbedingungen gewährt wird (§ 2 Abs 5 VKrG).
Streitpunkt zwischen den Parteien ist, ob die Prämie für die Kreditrestversicherung gemäß § 2 Abs 5 VKrG als Gesamtkosten des Kredits auszuweisen sind.
Dem Begriff der Gesamtkosten einer Kreditierung kommt im Verbraucherkreditrecht eine Schlüsselfunktion zu. Gesamtkosten der Kreditierung für den Verbraucher gemäß § 2 Abs 5 VKrG sind die Differenz zwischen der Summe sämtlicher Zahlungen, die der Verbraucher unmittelbar oder mittelbar im Zusammenhang mit der Kreditierung an den Kreditgeber oder an Dritte entrichten muss, und der tatsächlich ausbezahlten Valuta (Kreditvertrag) bzw den hypothetischen Kosten eines entsprechenden Bargeschäfts (sonstige Kreditierung). Das Abstellen auf die Gesamtkosten, und nicht lediglich auf den Nominalzinssatz, wirkt vor allem einer Preisverschleierung effektiv entgegen ( Wendehorst in Wendehorst/Zöchling-Jud , Verbraucherkreditrecht, § 2 VKrG Rz 19 ff). Entscheidend ist, dass die Kosten wirtschaftlich vom Verbraucher zu tragen sind (wobei unerheblich ist, an wen sie zu entrichten sind) und dass sie dem Kreditgeber bekannt sind ( Wendehorst aaO Rz 23 ff).
Die Beklagte vermittelt nach ihrem eigenen Vorbringen im Zuge des Abschlusses des Kreditvertrags die Kreditrestversicherung. Sie weiß also vor Vertragsabschluss, dass eine Kreditrestversicherung abgeschlossen wird und dass bei Vertragsabschluss diese im Sinn der Klausel IV als Sicherheit dienen wird und der Kreditnehmer daher verpflichtend auf die Dauer des Kreditvertrags mit der Prämie belastet sein wird. Bei den wirtschaftlichen Auswirkungen für den Verbraucher besteht kein Unterschied, ob der Versicherungsvertrag ausdrücklich zur Bedingung für den Abschluss des Kreditvertrags gemacht wird oder ob sich der Versicherungsnehmer bei Vertragsabschluss „nur“ Klausel IV unterwirft und damit genauso zur Aufrechterhaltung des Vertrags verpflichtet ist. Wird bei Abschluss des Kreditvertrags gleichzeitig ein Versicherungsvertrag geschlossen oder ein bestehender als Sicherheit gefordert und der Verbraucher als Kreditnehmer zur Aufrechterhaltung des Versicherungsvertrags auf die Dauer des Kreditverhältnisses unter Vinkulierung und Verpfändung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verpflichtet, dann gehören die Versicherungsprämien zu den Gesamtkosten nach § 2 Abs 5 VKrG. Eine andere Auslegung würde zur Umgehung einladen (vgl Bollenberger/Writze , Zur Berücksichtigung von Versicherungskosten bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses, ÖBA 2012, 44, die meinen, es werde kaum einmal der Fall sein, dass eine Kreditrestversicherung nicht vom Kreditgeber als Voraussetzung für die Gewährung des Kredits verlangt werde, weil sich diese auf einen konkreten Kreditvertrag beziehe und die daraus bestehende Sicherheit in aller Regel für die Vertragsbedingungen, insbesondere die Zinshöhe, von Bedeutung sei, weil die Versicherung das Risiko des Kreditgebers vermindere).
Zur Einschränkung gemäß § 28 Abs 1 letzter Satz KSchG :
Die Unterlassung schließt nach dieser Gesetzesstelle auch das Verbot ein, sich auf eine solche Bedingung zu berufen, soweit sie unzulässigerweise vereinbart worden ist. Dieses Verbot steht nach der RV 311 BlgNR 20. GP 32 deshalb unter dem Vorbehalt, dass eine solche Bestimmung unzulässigerweise vereinbart worden ist, weil eine objektiv gesetz‑ oder sittenwidrige Bestimmung ‑ etwa durch begünstigende Auslegung nach § 915 ABGB ‑ im Einzelfall ein erträglicher Inhalt zugeschrieben werden und demgemäß die betreffende Klausel doch wirksam vereinbart werden kann. In diesem Fall soll der Unterlassungsbefehl insoweit nicht wirken. Dem steht die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14. 6. 2012, C‑618/10, ‑ im Gegensatz zur Rechtsmeinung des Klägers ‑ nicht entgegen. Der EuGH hat erkannt, dass Art 6 Abs 1 der Klausel‑RL (RL 94/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen) dahin auszulegen sei, dass er einer mitgliedstaatlichen Regelung entgegenstehe, wonach das nationale Gericht, wenn es die Nichtigkeit einer missbräuchlichen Klausel in einem Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher feststelle, durch Abänderung des Inhalts dieser Klausel den Vertrag anpassen könne.
Zu prüfen sind im Individualprozess, im Gegensatz zum Verbandsprozess, die Umstände des Einzelfalls. So ist bei der Auslegung einer Klausel nicht (nur) von ihrem kundenfeindlichsten Wortsinn auszugehen, sondern es sind bei der Interpretation des Vertragsinhalts die Umstände des konkreten Geschäftsfalls zu berücksichtigen. Eine Klausel kann im Einzelfall etwa konkret ausgehandelt worden sein, die Parteien können ihr gemeinsam einen bestimmten zulässigen Erklärungswert beigemessen haben oder die Zusammenschau der konkreten Interessenlagen der Parteien könnte von jener abweichen wie sie für die Beurteilung im Verbandsprozess relevant ist. Der EuGH will sicherstellen, dass bei gleicher Sachlage alle Verbraucher gleich behandelt werden (vgl auch Entscheidung vom 26. 4. 2012, C‑472/10). Dies kann aber nur dann gelten, wenn die Interpretation der Klausel im Einzelfall zum selben Ergebnis führt wie im Verbandsprozess. Erst wenn eine Klausel im Individualprozess nach den selben Kriterien zu beurteilen ist, weil keine individuellen Vertragselemente zu berücksichtigen sind, stellt sich die Frage, welchen Einfluss das Urteil des EuGH darauf hat, wie also bei einer nichtigen Vertragsbestimmung vorzugehen ist, ob eine ergänzende Vertragsauslegung zulässig ist oder nicht (vgl Schauer , Der EuGH und die ergänzende Vertragsauslegung: Konsequenzen der Entscheidung C‑618/10, Banesto , RdW 2012/673, 639; Geroldinger , Ergänzende Auslegung von Verbraucherverträgen trotz Verbots der geltungserhaltenden Reduktion?, ÖBA 2013, 27, Prader/Walzel , Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, Zulässigkeit der ergänzenden Vertragsauslegung oder wie? in RdW 2013/396, 383). § 28 Abs 1 letzter Satz KSchG nimmt nur darauf Bezug, dass unter besonderen Umständen im Individualprozess ein anderes Ergebnis als im Verbandsprozess denkbar ist. Dies erfordert keine Einschränkung des Unterlassungsgebots im Sinn des Gesetzestexts, weil vom Spruch abweichende und nicht unzulässige Vereinbarungen ohnedies nicht erfasst sind.
Zur dreimonatigen Leistungsfrist :
Nach § 409 Abs 2 ZPO kann der Richter auch bei Unterlassungsklagen eine angemessene Leistungsfrist festlegen, wenn die Unterlassungspflicht die Pflicht zur Änderung eines Zustands einschließt (4 Ob 130/03a, 10 Ob 70/07b, 7 Ob 84/12x; RIS‑Justiz RS0041265 [T1]). Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Verpflichtung des beklagten Verwenders, seine AGB zu ändern, keine reine Unterlassung, sodass das Gericht gemäß § 409 Abs 2 ZPO eine angemessene Leistungsfrist zu setzen hat (6 Ob 24/11i verst. Senat = RIS‑Justiz RS0041265 [T3]). In den Entscheidungen 4 Ob 130/03a und 6 Ob 24/11i (verst. Senat) wurde eine dreimonatige Leistungsfrist für angemessen gehalten. Dies wurde auch zum Berufen auf die Klausel bereits ausgesprochen (vgl etwa 10 Ob 70/07b, 4 Ob 130/03a, 1 Ob 244/11f).
Der Einwand, diese Rechtsprechung entspreche Art 7 Abs 2 der Klausel, RL 93/13 EWG , nicht, weil die Gerichte wirksame Mittel anwenden müssten, um der Verwendung der von ihnen als missbräuchlich angesehenen Vertragsklausel ein Ende zu setzen, überzeugt nicht und hat den Obersten Gerichtshof auch bisher nicht veranlasst, ein Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten. Die Richtlinie schreibt weder die Mittel noch die Fristen konkret vor, die gegen nichtige Klauseln eingesetzt werden müssen. Der EuGH führte in der Entscheidung vom 26. 4. 2012, C‑472/10, aus, dass die Klausel‑RL nicht auf die Harmonisierung der Sanktionen gerichtet ist, die gelten sollten (Rz 35 der Entscheidung). Eine Leistungsfrist von drei Monaten zur Umgestaltung des Klauselwerks ist grundsätzlich angemessen, muss man doch dem Unternehmer Zeit geben, in seiner Organisation die Voraussetzungen für die Umsetzung der Entscheidung zu schaffen.
Zur Urteilsveröffentlichung:
Anspruchsvoraussetzung ist das „berechtigte Interesse“ an der Urteilsveröffentlichung. Dieses liegt bei der Verbandsklage nach dem KSchG darin, dass die Verbraucher als Gesamtheit das Recht haben, darüber aufgeklärt zu werden, dass bestimmte Geschäftsbedingungen gesetz‑/ und/oder sittenwidrig sind. Gemessen an diesem Zweck ist über die Rechtsverletzungen aufzuklären und den beteiligten Verkehrskreisen ‑ also nicht nur den unmittelbar betroffenen Geschäftspartnern ‑ Gelegenheit zu geben, sich entsprechend zu informieren und vor Nachteilen zu schützen (RIS‑Justiz RS0121963). Die mediale Berichterstattung wird dem Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Aufklärung über die Verwendung bestimmter gesetzwidriger Vertragsbestandteile nicht gerecht. Das gleiche gilt für die Bereitstellung einschlägiger Informationen über die Website des Klägers (8 Ob 49/12g = RIS‑Justiz RS0121963 [T10]). Das Urteilsveröffentlichungsbegehren besteht daher zu Recht.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 43 ZPO. Geht man von der Bewertung des Klägers in der Klage aus, wonach die beiden Unterlassungsansprüche mit 30.500 EUR und des Veröffentlichungsbegehrens mit 5.500 EUR bewertet wurden, ergibt sich, dass pro „Klauselteil“/Verhalten (7) ein Streitwert von 4.357,14 EUR zu Grunde gelegt wurde. Zieht man aber die Bewertung des Revisionsinteresses durch den Kläger mit 18.000 EUR heran, entfällt auf das Begehren, mit dem er nicht durchgedrungen ist (Leistungsfrist) 2.464,29 EUR. Dies bedeutet, dass der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren und im Berufungsverfahren mit rund 92 % seines Anspruchs durchgedrungen ist, sohin mit einem nur geringfügigen Teil (vgl Fucik in Rechberger ³, § 43 ZPO Rz 10) unterlegen ist, was keine Kostenfolgen nach sich zieht. Im Revisionsverfahren obsiegte der Kläger mit rund 86 % seines Anspruchs. Der Kläger hat, weil die Beklagte mit der Revision nicht obsiegte, auch Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Revisionsbeantwortung.
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