OGH 9Ob4/12x

OGH9Ob4/12x22.8.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, Hon.-Prof. Dr. Kuras, Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Richard Proksch, Rechtsanwalt, 1030 Wien, Am Heumarkt 9 als Insolvenzverwalter im Konkurs über das Vermögen des Dr. E*****, gegen die beklagte Partei Mag. H*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Leitner, Mag. Marco Kunczicky, Rechtsanwälte in Wien, wegen 517.956,13 EUR sA im Verfahren über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. September 2010, GZ 13 R 29/10w, 13 R 30/10t-57, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 29. Oktober 2009, GZ 4 Cg 72/09a-40, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.a. Das Verfahren wird über Antrag der beklagten Partei fortgesetzt.

1.b. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird dahin berichtigt, dass sie zu lauten hat:

Dr. Richard Proksch, Rechtsanwalt, 1030 Wien, Am Heumarkt 9 als Insolvenzverwalter im Konkurs über das Vermögen des Dr. E*****.

2. Die Ergänzung („Bekanntgabe“) des Klägers vom 29. 5. 2012 wird zurückgewiesen.

3. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der klagende Rechtsanwalt (nunmehr Gemeinschuldner) begehrt mit seiner Klage im Wesentlichen offene Honorare.

Da sich aus dem eigenen Vorbringen des Klägers gewichtige Anzeichen dafür ergeben hatten, dass der Kläger wegen einer psychischen Krankheit seine Angelegenheiten als Prozesspartei und Prozessvertreter nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst besorgen kann, hat der Oberste Gerichtshof vorweg gemäß § 6a Satz 1 ZPO das zuständige Pflegschaftsgericht verständigt. Das Pflegschaftsgericht hat das Verfahren eingestellt.

Nach Einlangen der Revision wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien über das Vermögen des Klägers das Konkursverfahren eröffnet. Damit werden gemäß § 7 Abs 1 IO alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten, in denen der Gemeinschuldner Kläger oder Beklagter ist, mit Ausnahme der in § 6 Abs 3 IO bezeichneten Streitigkeiten, durch Konkurseröffnung unterbrochen, und zwar auch im Stadium des Rechtsmittelverfahrens (RIS-Justiz RS0036996 uva). Das vor Konkurseröffnung eingebrachte Rechtsmittel war nicht zurückzuweisen, allerdings war eine Entscheidung darüber insoweit unzulässig (vgl RIS-Justiz RS0036996).

Nunmehr hat die Beklagte nach Bestreitung ihrer Kostenforderungen durch den Masseverwalter die Fortsetzung des Verfahrens beantragt (RIS-Justiz RS0064270).

Das Verfahren war daher mit dem Masseverwalter als klagende Partei fortzusetzen (§ 7 IO) und die Bezeichnung der klagenden Partei auf diesen zu berichtigen (§ 235 ZPO; RIS-Justiz RS0039713).

In der Sache selbst ist vorweg klarzustellen, dass die vom Kläger am selben Tag eingebrachte außerordentliche Revision und deren Ergänzung als eine Einheit anzusehen sind (RIS-Justiz RS0041666 [T6, T53] ua).

Schon wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels (RIS-Justiz RS0041666) als unzulässig zurückzuweisen ist aber die Ergänzung („Bekanntgabe“) des Klägers vom 29. 5. 2012.

Zur behaupteten Prozessunfähigkeit des Klägers ist auf die Prüfung nach § 6a ZPO zu verweisen. Insoweit hat der Oberste Gerichtshof nicht selbst, sondern das Pflegschaftsgericht (§ 6a ZPO) die Frage zu beurteilen, ob eine Partei, die der inländischen Pflegschaftsgerichtsbarkeit unterliegt, prozessfähig ist (vgl RIS-Justiz RS0035270 ua). Dazu liegt bereits die den Obersten Gerichtshof bindende Entscheidung des Pflegschaftsgerichts vor, wonach beim Kläger keine Anzeichen einer Beeinträchtigung bestehen und daher das Verfahren ohne Sachwalterbestellung einzustellen ist (vgl RIS-Justiz RS0035228 ua). Darüber hinaus steht die Prüfung, ob eine Partei vor dem Einschreiten des Pflegschaftsgerichts prozessfähig war, dem Prozessgericht zu (Schubert in Fasching/Konecny² II/1 § 6a Rz 1; Kodek in Rechberger, ZPO³ § 477 Rz 8; Fucik in Rechberger, ZPO³ § 6a Rz 1; RIS-Justiz RS0110082). Zu einer - trotz ablehnender Entscheidung des Pflegschaftsgerichts - Überprüfung der Prozessfähigkeit des Klägers besteht hier keine Veranlassung, weil der Kläger seine Zweifel an der eigenen Prozessfähigkeit lediglich aus einem gar nicht vorgelegten Sachverständigengutachten ableitet. Auch wenn man davon ausgeht, dass absolute Nichtigkeiten auch im Rahmen von außerordentlichen Revisionen von Amts wegen wahrzunehmen wären (Zechner in Fasching /Konecny 2 IV/1 § 503 Rz 63), setzt dies jedenfalls deren Ersichtlichkeit voraus. Davon kann hier aber im Hinblick auf die bloßen Behauptungen des Klägers nicht ausgegangen werden. Im Übrigen wurde im Verfahren nach § 6a ZPO vom Sachverständigen ganz allgemein festgehalten, dass keine psychische Erkrankung oder geistige Behinderung gegeben ist. Ist der Nichtigkeitsgrund aber nicht ersichtlich, dann kann daraus auch keine erhebliche Rechtsfrage abgeleitet werden (2 Ob 320/99v ua).

Auch sonst werden in der außerordentlichen Revision des Klägers im Ergebnis keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO dargetan.

Die Vorinstanzen haben die Honorarklage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger weder im Prozess noch davor eine nachvollziehbare Aufschlüsselung seiner Leistungen als Grundlage für seine Honoraransprüche vorgenommen habe. Schon deshalb fehle es an einer fälligen Honorarforderung. Darüber hinaus fehle es auch an der Fälligkeit, weil jene Prozesse, auf deren Ergebnis in der Honorarvereinbarung zur Gestaltung bzw Begrenzung für die Honorarforderungen abgestellt werde, noch nicht abgeschlossen seien.

Mit seinen Ausführungen versucht der Kläger nun sehr ausführlich die positiven Effekte seines anwaltlichen Einschreitens für die Beklagte darzustellen. Damit geht er aber - soweit es nicht um ein konkretes abschließendes Ergebnis geht - an den für die Abweisung durch die Vorinstanzen wesentlichen Themenstellungen vorbei.

Zur Darstellung des Klägers, dass die Abweisung wegen fehlender Fälligkeit seiner Honoraransprüche infolge nicht ausreichender Aufschlüsselung seiner Honoraransprüche bzw dem Fehlen des Ergebnisses der Prozesse noch weiter mit ihm hätte erörtert werden müssen, ist darauf zu verweisen, dass diese Umstände ausdrücklich von der Beklagten eingewendet wurden (ua Bd I AS 106, 150, 167, 301, 309) und das Gericht die Frage der Aufschlüsselung mit dem Kläger auch erörtert hat (Bd I AS 163, 227). Auch hat bereits das Erstgericht die Abweisung darauf gestützt. Allfällige Mängel des Verfahrens erster Instanz können aber im Revisionsverfahren regelmäßig nicht mehr geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0043111; RS0042963).

Warum es dem Kläger nicht möglich sein sollte, die Leistungen, für die er sein Honorar begehrt, aufzuschlüsseln ist ebenfalls nicht ersichtlich. Der vom Kläger herangezogene Rechtssatz RIS-Justiz RS0031014 bezieht sich auf Schadenersatzforderungen (so auch die genannten Entscheidungen 8 Ob 672/89, 6 Ob 275/05t und 4 Ob 241/05b) und hält im Übrigen - wie auch etwa die vom Kläger genannte Entscheidung 1 Ob 291/00a - grundsätzlich am Erfordernis einer ziffernmäßig bestimmten und individualisierbaren Aufschlüsselung der Ansprüche fest. Dies gilt ebenso für den vom Kläger genannten Rechtssatz RIS-Justiz RS0037907, in dem die vom Kläger auch selbst genannten Entscheidungen 1 Ob 291/00a und 6 Ob 258/09y (Bemessungsgrundlage, Einzelleistung der Art und dem Umfang nach, Datum, darauf entfallendes Teilhonorar) ganz klar am Erfordernis der Aufschlüsselung des Honorars des Rechtsanwalts für die Frage der Schlüssigkeit der Klage festhalten. Die Rechtsansicht des Klägers, dass auch eine Aufschlüsselung in der Klage bzw im Prozess ausreichend wäre, wurde vom Berufungsgericht ohnehin geteilt. Nun zeigt der Kläger zwar durchaus berechtigt auf, dass auch die vom Kläger vorgelegten und verlesenen „Listen“ über die erbrachten Einzelleistungen zu berücksichtigen wären (OGH 6 Ob 258/09y). Dass der Kläger diese Listen ausgehend von der auch die Tarifansätze betreffenden Honorarvereinbarung erstellt hätte, führt der Kläger aber nicht aus.

Dazu kommt, dass - wie im Folgenden noch zu zeigen sein wird - die Vorinstanzen in vertretbarer Weise davon ausgegangen sind, dass nach der Honorarvereinbarung der Prozesserfolg abgewartet werden muss.

Soweit der Kläger die Auslegung dieser getroffenen Honorarvereinbarung bekämpft, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Auslegung vertraglicher Vereinbarungen und deren Zustandekommen grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darzustellen vermag (RIS-Justiz RS0042936; RS0044358 jeweils mwN). Es ist nicht ersichtlich, warum die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Vereinbarung auch den Zweck der Beschränkung der Honoraransprüche gegen die nicht über ausreichende Mittel verfügende Klägerin entsprechend den Prozessergebnissen verfolgte, unvertretbar sein sollte. Dass im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung in erster Instanz ein Verfahren, auf dessen Ergebnis abzustellen ist, noch nicht abgeschlossen war, wurde ausdrücklich festgestellt.

Auch die Frage einer allfälligen Auflösung der Vereinbarung kann nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalles beurteilt werden. Auch insoweit vermag der Kläger keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darzustellen. Der Hinweis auf die Zahlung von Honorarakonti durch die Beklagte vermag dies ebensowenig darzutun, wie jener auf einseitige Erklärungen der einen oder der anderen Vertragspartei (vgl im Übrigen allgemein zur Unzulässigkeit einer Teilkündigung RIS-Justiz RS0028730). Es ist nicht unvertretbar, wenn die Vorinstanzen zugrunde gelegt haben, dass keine im zeitlichen Zusammenhang stehenden übereinstimmenden Willenserklärungen der Vertragsparteien vorlagen, mit denen die Vertragsparteien von der ergebnisbezogenen Honorarvereinbarung wieder abgegangen wären.

Zur Relevanz der Frage, inwieweit die Beklagte selbst den Erfolg in den Verfahren vereitelt hätte, bedürfte es der Darstellung, inwieweit die bezughabenden Prozesse bereits beendet wurden und konkret von einem solchen Verhalten betroffen waren. In welchem Umfang in einzelnen Prozessen aufgrund des Einschreitens des Klägers schon Erfolge verbucht und Zahlungseingänge erreicht werden konnten, ist vorweg nicht von Relevanz.

Auch die im Ergebnis ersichtliche Auslegung des Berufungsgerichts, dass nach dem Zweck der Vereinbarung die Honorare erst nach Abschluss aller Verfahren - unabhängig von der Auflösung des Vollmachtsverhältnisses - fällig werden sollten, scheint hier nicht unvertretbar (allgemein dazu, dass die Honoraransprüche erst mit der genauen Abrechnung fällig werden RIS-Justiz RS0017592; RS0025587; zur Beendigung des Vollmachtsverhältnisses 6 Ob 286/99y mwN). Jedenfalls fehlt es an einer von der festgestellten Honorarvereinbarung ausgehenden strukturierten, den Erfordernissen des § 502 Abs 1 ZPO entsprechenden Bekämpfung dieser Auslegung der Vorinstanzen.

Der Kläger bekämpft im Ergebnis teilweise die konkreten Feststellungen zur Honorarvereinbarung. Im Revisionsverfahren ist jedoch eine Überprüfung der Beweiswürdigung nicht mehr möglich (RIS-Justiz RS0007236). Die vom Kläger im Berufungsverfahren erhobenen Beweisrügen wurden vom Berufungsgericht ebenso wie die erhobenen Mängelrügen umfangreich und ausführlich erledigt. Einen vom Obersten Gerichtshof unter dem Aspekt des § 502 Abs 1 ZPO aufzugreifenden, die Fragen der Aufschlüsselung der Honorare bzw die Ergebnisabhängigkeit nach der Honorarvereinbarung betreffenden relevanten Mangel der Entscheidung des Berufungsgerichts vermag der Kläger nicht aufzuzeigen. Im Übrigen ist zu bemerken, dass sich das Berufungsgericht ausführlich mit den vom Kläger monierten Fragen der Beischaffung eines weiteren Aktes bzw der ergänzenden Einvernahme des Klägers auseinandergesetzt hat (S 25 ff des Berufungsurteils).

Schlüssige Ausführungen dazu, warum der Kläger trotz der fehlenden Überweisung des halben Verkaufserlöses an die Beklagte aufgrund der festgestellten Vereinbarung Anspruch auf das Honorarakonto haben sollte, finden sich letztlich nicht. Konnte doch vertretbar davon ausgegangen werden, dass nach der Vereinbarung der Anspruch auf Verwendung des halben Verkaufserlöses der Liegenschaft als Honorarakonto daran gebunden war, dass der Kläger selbst die andere Hälfte an die Beklagte überweist.

Teilweise gehen die als Rechtsrüge zu qualifizierenden Ausführungen der Revision auch nicht vom konkret festgestellten Sachverhalt aus. Insoweit ist eine weitere Behandlung nicht möglich (RIS-Justiz RS0043312; Kodek in Rechberger ZPO3 § 503 Rz 22).

Insgesamt vermögen es die Ausführungen der außerordentlichen Revision nicht, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.

Einer darüber hinausgehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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