OGH 2Ob210/09k

OGH2Ob210/09k24.8.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bernhard W*****, vertreten durch Dr. Gerhard Paischer und Dr. Robert Schertler, Rechtsanwälte in Braunau am Inn, gegen die beklagten Parteien 1. Jürgen F*****, und 2. (nunmehr) W***** AG *****, beide vertreten durch Dr. Gerhard Holzinger, Rechtsanwalt in Braunau am Inn, wegen 17.979 EUR sA und Feststellung (Streitinteresse: 2.000 EUR), über die Revision und den Rekurs der zweitbeklagten Partei gegen das Zwischenurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 29. Juni 2009, GZ 4 R 106/09z‑68, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 9. April 2009, GZ 1 Cg 90/08w‑63, teils abgeändert und teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2010:0020OB00210.09K.0824.000

 

Spruch:

Die Revision und der Rekurs werden zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisions‑ und Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger wurde am 10. 7. 2003 bei einem Verkehrsunfall in Deutschland als Insasse eines vom Erstbeklagten gelenkten, von dessen Vater gehaltenen und bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten Pkws verletzt. Der Unfall ereignete sich auf einer kurvenreichen Straße im Freilandgebiet, wobei die Fahrbahn im Unfallbereich 5,7 m breit und in der Mitte mit einer Leitlinie versehen war. Nach dem Besuch einer Diskothek hatten sich der Kläger, der Erstbeklagte und eine weitere Person um ca 4:30 Uhr zu besagtem Pkw begeben, um die Rückfahrt anzutreten. Der Kläger war ‑ für den Erstbeklagten erkennbar ‑ („erheblich“; vgl US 8) alkoholisiert, aber noch ohne Weiteres in der Lage, selbständig zum Pkw zu gehen und in das Fahrzeug einzusteigen. Er setzte sich auf den Beifahrersitz, unterließ es jedoch, den Sicherheitsgurt anzulegen.

Der Erstbeklagte fuhr trotz der kurvigen Strecke mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h. In einer Rechtskurve kippte der Kläger plötzlich nach links auf den rechten Arm des Erstbeklagten, wodurch dieser die Kontrolle über das Fahrzeug verlor und ins Schleudern geriet. Er konnte zwar die Rechtskurve noch durchfahren, kam aber in der anschließenden Linkskurve, in welcher der Kläger wieder auf den Beifahrersitz zurückkippte, von der Fahrbahn ab und stieß gegen eine an der Kurveninnenseite gelegene Böschung. Dabei erlitt der Kläger ua eine geschlossene Oberarmschaftfraktur rechts mit Dislokation sowie eine Schlüsselbeintrümmerfraktur links.

In der dem Unfallbereich vorgelagerten Rechtskurve betrug die Kurvengrenzgeschwindigkeit ca 100 km/h. Wäre der Kläger nicht zum Erstbeklagten gekippt, wäre es diesem möglich gewesen, die Kurve ohne Schleudern zu durchfahren. Wäre der Erstbeklagte langsamer gefahren, wäre es ihm eher möglich gewesen, auf das Hinüberkippen des Klägers unfallverhindernd zu reagieren.

Der Kläger begehrte unter Anrechnung eines Mitverschuldens von 50 % Schadenersatz in Höhe von zuletzt 17.979 EUR sA sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für alle künftigen Schäden aus dem Unfallgeschehen im Umfang von 50 %. Das Leistungsbegehren umfasst die (gekürzten) Ansprüche auf Schmerzengeld (9.000 EUR), Ersatz von Kosten der Pflege und Haushaltshilfe (4.704 EUR), Ersatz des Verdienstentgangs (4.125 EUR) sowie Ersatz von Spesen, Fahrt‑ und Heilungskosten (150 EUR). Der Erstbeklagte sei aufgrund überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn abgekommen. Der Kläger stütze seine Ansprüche auch auf die Bestimmungen des EKHG.

Die beklagten Parteien bestritten, wandten eine Gegenforderung ein und brachten vor, den Kläger treffe das Alleinverschulden, weil er infolge seiner Alkoholisierung während der Fahrt vom Beifahrersitz zwischen den Erstbeklagten und das Lenkrad gekippt sei. Dadurch habe der Erstbeklagte die Herrschaft über das Fahrzeug verloren. Außerdem seien der Erstbeklagte und der Kläger übereingekommen, wechselseitig keine Forderungen aus dem Unfall zu stellen. Erst nach dem Zerbrechen der Freundschaft und wegen finanzieller Schwierigkeiten habe sich der Kläger zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen entschlossen.

Im ersten Rechtsgang wies das Erstgericht das Klagebegehren ab, ohne dass es Feststellungen zum Unfallhergang traf. Es ging davon aus, dass der Kläger auf sämtliche Schadenersatzansprüche aus dem Unfall rechtswirksam verzichtet habe. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung hinsichtlich des Erstbeklagten mittels Teilurteils, welches unbekämpft in Rechtskraft erwuchs. Hinsichtlich der zweitbeklagten Partei hob es hingegen das erstinstanzliche Urteil zur Verfahrensergänzung mit der Begründung auf, dass der Verzicht des Klägers nur gegenüber dem Erstbeklagten, nicht aber auch gegenüber der zweitbeklagten Partei rechtswirksam sei. Der gegen den Aufhebungsbeschluss erhobene Rekurs der zweitbeklagten Partei wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs zurückgewiesen (2 Ob 55/07p).

Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht das (nur noch) gegen die zweitbeklagte Partei gerichtete Klagebegehren erneut ab. Es ging im Wesentlichen vom eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt aus, den es im Zuge seiner Rechtsausführungen um die Feststellung ergänzte, dass der Gurt, hätte ihn der Kläger angelegt, zwar eine Schleuderbewegung nach vorne, nicht aber ein Wegkippen nach links verhindert hätte. Für den Erstbeklagten sei nicht vorhersehbar gewesen, dass der Kläger bei Befahren der Kurve mit der Grenzgeschwindigkeit von 100 km/h zu ihm hinüberkippen würde. Der Kläger habe den Unfall daher allein verschuldet, weshalb die zweitbeklagte Partei nicht zum Schadenersatz verpflichtet sei.

Das Berufungsgericht entschied, ausgehend von einer Schadensteilung im Verhältnis von 2 : 1 zu Lasten des Klägers, mit Zwischenurteil, dass das (gesamte) Leistungsbegehren dem Grunde nach zu zwei Drittel zu Recht bestehe und wies mit (weiterem) Teilurteil das Leistungsmehrbegehren von 5.993 EUR sA sowie das Feststellungsbegehren hinsichtlich eines Sechstels der künftigen Schäden ab. Des Weiteren hob es mit Beschluss die erstinstanzliche Entscheidung hinsichtlich der Abweisung des restlichen Teils des Feststellungsbegehrens zur Verfahrensergänzung auf. Es sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und sowohl die ordentliche Revision als auch der Rekurs zulässig seien.

Das Berufungsgericht verneinte zwar ein Verschulden des Erstbeklagten, bejahte aber das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gefährdungshaftung nach dem EKHG. Von einem besonders umsichtigen und sachkundigen Kraftfahrer wäre zu erwarten gewesen, dass er den Gefahrenmomenten der möglichen Übermüdung eines als alkoholisiert wahrgenommenen Beifahrers sowie auch seiner eigenen Übermüdung auf der kurvigen Strecke durch Wahl einer geringeren als der Grenzgeschwindigkeit Rechnung trage. Die in der Verletzung der Gurtenanlegepflicht zu erblickende Sorglosigkeit des Klägers in eigenen Angelegenheiten wiege aber schwerer als die haftungsbegründende Sorgfaltsverletzung des Erstbeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Zur Begründung des Zulassungsausspruchs führte das Berufungsgericht nur aus, es fehle an einer „ständigen höchstgerichtlichen Judikatur zu einem vergleichbaren Fall“.

Der Kläger ließ die Berufungsentscheidung unbekämpft.

Hingegen bekämpft die zweitbeklagte Partei das Zwischenurteil mit Revision und den Aufhebungsbeschluss mit Rekurs; beide Rechtsmittel sind jedoch entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Eine solche wird nicht schon dadurch begründet, dass ein völlig gleichgelagerter Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof bisher noch nicht entschieden wurde (RIS‑Justiz RS0107773, RS0110702, RS0102181).

Aber auch in der Revision werden keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO dargetan:

1. Der erkennende Senat hat bereits in der in dieser Rechtssache ergangenen Vorentscheidung 2 Ob 55/07p darauf hingewiesen, dass die Ansprüche des Klägers nach dem gemäß Art 4 lit a des Haager Straßenverkehrsabkommens (StVA) maßgeblichen Recht, somit nach österreichischem Recht, zu beurteilen sind (vgl Art 8 des Abkommens).

Gemäß Art 7 StVA sind allerdings unabhängig von dem nach ihm anzuwendenden Recht bei der Bestimmung der Haftung die am Ort und zur Zeit des Unfalls geltenden Verkehrs‑ und Sicherheitsvorschriften zu berücksichtigen:

1.1 Von Bedeutung ist für dieses Rechtsmittelverfahren zunächst § 3 Abs 3 Nr 2c dStVO, nach welchem die zulässige Höchstgeschwindigkeit unter günstigsten Umständen außerhalb geschlossener Ortschaften für Personenkraftwagen sowie für andere Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 3,5 t 100 km/h beträgt, wenn ‑ wie im vorliegenden Fall - für jede Fahrtrichtung nur ein Fahrstreifen vorhanden ist (vgl Zieres in Geigel, Der Haftpflichtprozess25, Kap 27 Rn 135 mwN).

1.2 Wesentlich ist des Weiteren § 23 Abs 1 Satz 2 dStVO, wonach der Fahrzeugführer (also der Lenker) ua dafür zu sorgen hat, dass die Besetzung des Fahrzeugs vorschriftsmäßig ist und dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Besetzung nicht leidet.

Zu den von dieser Bestimmung umfassten Pflichten zählt einerseits die Fürsorgepflicht des Lenkers gegenüber den einem bestimmten Personenkreis zugehörigen Beifahrern (§ 3 Abs 2a dStVO), die hier mangels erwiesener Hilfsbedürftigkeit des Klägers aber nicht zum Tragen kommt und daher hinter dessen Verpflichtung zum Selbstschutz durch Anlegen der Sicherheitsgurte zurücktritt (vgl 2 Ob 59/89 = ZVR 1991/161; Zieres aaO Kap 27 Rn 559).

Andererseits wird aus der zitierten Vorschrift abgeleitet, dass der Lenker nur solche Personen mitnehmen darf, die ihn bei der Fahrt nicht behindern, weshalb etwa die Mitnahme von Betrunkenen gegen § 23 dStVO verstoßen kann (Zieres aaO Kap 27 Rn 574 mwN). Ist wegen der Trunkenheit eines Beifahrers eine Behinderung zu befürchten, hat der Lenker die Mitnahme abzulehnen (Zieres aaO Kap 27 Rn 578).

Eine entsprechende Regelung findet sich im Übrigen auch in § 106 Abs 1 Satz 2 öKFG, demzufolge Personen mit Kraftfahrzeugen nur so befördert werden dürfen, dass dadurch nicht die Aufmerksamkeit oder die Bewegungsfreiheit des Lenkers beeinträchtigt, seine freie Sicht behindert oder der Lenker oder beförderte Personen sonst gefährdet werden. Der Oberste Gerichtshof sieht in dieser Bestimmung eine Schutznorm iSd § 1311 ABGB, deren Schutzzweck in der Vermeidung sowohl einer Beeinträchtigung des Lenkers als auch einer Gefährdung der beförderten Person besteht (8 Ob 47/86 = ZVR 1987/125; 2 Ob 96/89; RIS‑Justiz RS0026785).

2. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Gefährdungshaftung nach dem EKHG im Verhältnis zur bürgerlich-rechtlichen Verschuldenshaftung ein minus ist; eine auf behauptetes Verschulden gestützte Klage schließt die Haftung aus Gefährdung mit ein (2 Ob 248/04s mwN; RIS‑Justiz RS0038123). Dessen ungeachtet hat sich der Kläger ohnedies auch ausdrücklich auf die Bestimmungen des EKHG gestützt (AS 100). Entgegen der im Rechtsmittel vertretenen Ansicht der zweitbeklagten Partei war das Berufungsgericht daher zur Prüfung der Berechtigung der Ansprüche des Klägers nach den Grundsätzen der Gefährdungshaftung befugt.

3. Die Haftungsbefreiung des Halters eines Kraftfahrzeugs nach § 9 Abs 2 EKHG tritt auch bei Vorliegen der sonstigen in dieser Gesetzesstelle vorgesehenen Voraussetzungen dann nicht ein, wenn der Unfallschaden unmittelbar auf die durch das Verhalten eines nicht beim Betrieb tätigen Dritten oder eines Tieres ausgelöste außergewöhnliche Betriebsgefahr zurückzuführen ist (RIS‑Justiz RS0058840, RS0058870). Eine außergewöhnliche Betriebsgefahr ist bei einer besonderen Gefahrensituation anzunehmen, die nicht bereits regelmäßig und notwendig mit dem Betrieb verbunden ist, sondern durch das Hinzutreten besonderer, nicht schon im normalen Bereich liegender Umstände vergrößert wurde (2 Ob 122/08t; RIS‑Justiz RS0058448, RS0058461, RS0058467). Gerät ein Kraftfahrzeug ins Schleudern, sodass es von seinem Lenker nicht mehr voll beherrscht werden kann, so wird die von ihm ausgehende Gefahr in der Regel als außergewöhnliche Betriebsgefahr qualifiziert (vgl 2 Ob 46/90 = ZVR 1991/40; 2 Ob 30/92 = ZVR 1993/125; 2 Ob 2341/96w = SZ 71/165; 2 Ob 142/09k).

Im vorliegenden Fall verlor der Erstbeklagte durch das Hinüberkippen des Klägers die Kontrolle über das von ihm gelenkte Fahrzeug, das dadurch ins Schleudern geriet. Die von dem schleudernden Pkw ausgehende außergewöhnliche Betriebsgefahr wurde jedoch nicht durch das Verhalten eines nicht beim Betrieb tätigen Dritten, sondern des Geschädigten ausgelöst. Für diesen Fall ist anerkannt, dass die Haftungsbefreiung nach § 9 Abs 2 EKHG gegenüber dem ‑ schuldhaft oder schuldlos ‑ verkehrswidrig Handelnden bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen möglich bleibt (vgl 2 Ob 25/78 = SZ 51/36; 2 Ob 2341/96w; 2 Ob 245/05a; Schauer in Schwimann, ABGB³ VII § 9 EKHG Rz 46). Das Vorliegen einer außergewöhnlichen Betriebsgefahr schließt demnach unter den gegebenen Umständen die Haftungsbefreiung des Fahrzeughalters (und damit der zweitbeklagten Partei) nicht von vornherein aus.

4. Die Annahme eines unabwendbaren Ereignisses iSd § 9 EKHG setzt voraus, dass der Erstbeklagte „jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt“ beachtet hat. Darunter ist die äußerste nach den Umständen des Falles mögliche und zumutbare Sorgfalt zu verstehen; es muss alles vermieden werden, was zur Entstehung einer gefahrenträchtigen Situation führen könnte (2 Ob 262/03y mwN = ZVR 2005/34; vgl ferner RIS‑Justiz RS0058317, RS0058326). Die erhöhte Sorgfaltspflicht, deren Beachtung den Unfall als unabwendbares Ereignis erscheinen lässt, setzt daher auch nicht erst in der Gefahrenlage ein, sondern verlangt, dass von vornherein vermieden wird, in eine Lage zu kommen, aus der Gefahr entstehen kann (2 Ob 149/07m = ZVR 2008/189; RIS Justiz RS0058411, RS0058278). Der Umfang der gemäß § 9 Abs 2 EKHG gebotenen Sorgfalt hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab und begründet daher - von einer krassen Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen abgesehen ‑ keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS Justiz RS0111708).

Eine derartige Fehlbeurteilung, die der Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen. Angesichts der in Punkt 1. dargestellten Rechtslage hätte jedenfalls ein besonders aufmerksamer und umsichtiger Lenker mit der Möglichkeit rechnen müssen, dass der ‑ für ihn erkennbar ‑ („erheblich“) betrunkene Kläger (zB durch Einschlafen) die Kontrolle über seine Sitzhaltung verlieren und ihn bei der Fahrt behindern könnte, wenn er sich neben ihm auf dem Beifahrersitz platziert. Dieser Gefahr hätte der Erstbeklagte schon dadurch vorbeugend begegnen können, dass er den Kläger dazu veranlasste, auf einem der Rücksitze Platz zu nehmen (vgl 2 Ob 15/87 = ZVR 1988/103). Da der Erstbeklagte dies unterließ, ist aber auch die Beurteilung des Berufungsgerichts, von einem besonders umsichtigen und sachkundigen Kraftfahrer wäre auf der kurvenreichen Strecke die Wahl einer geringeren als der zulässigen und möglichen Höchstgeschwindigkeit zu erwarten gewesen, Ergebnis einer vertretbaren Rechtsansicht.

5. Steht fest, dass das EKHG als Haftungsgrundlage herangezogen wird, obliegt dem Haftpflichtigen der Beweis jener Tatsachen, die zu einem Entfall oder einer Einschränkung seiner Haftpflicht führen (RIS‑Justiz RS0109832). Bei diesem Entlastungsbeweis gehen sodann alle nicht aufklärbaren Ungewissheiten über den Unfallshergang zu Lasten des Haftpflichtigen (2 Ob 215/06s = ZVR 2008/57; RIS‑Justiz RS0058926, RS0058979). Aus diesem Grund lassen sich auch die im Rechtsmittel erwähnten unaufgeklärten Tatfragen, wie der Grad der Alkoholisierung des Klägers, dessen Ermüdungszustand sowie die Erkennbarkeit dieser Umstände und der Nichtverwendung der Sicherheitsgurte für den Erstbeklagten nicht zu Gunsten der zweitbeklagten Partei ins Treffen führen.

Zu den vom Haftpflichtigen zu beweisenden Umständen zählt schließlich auch die fehlende Kausalität der Nichtbeachtung der nach § 9 Abs 2 EKHG gebotenen Sorgfalt für die eingetretenen Unfallsfolgen (2 Ob 215/06s; 2 Ob 232/09w; RIS‑Justiz RS0022541; Schauer aaO § 9 EKHG Rz 23). Im Hinblick auf die Feststellung, dem Erstbeklagten wäre es bei Einhaltung einer geringeren Geschwindigkeit „eher“ möglich gewesen, auf das Hinüberkippen des Klägers unfallverhindernd zu reagieren, wurde der Entlastungsbeweis auch insoweit nicht erbracht.

6. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass sich die Bejahung der Gefährdungshaftung der zweitbeklagten Partei nach dem EKHG im Rahmen des dem Berufungsgericht zur Verfügung stehenden Beurteilungsspielraums hält.

Das Berufungsgericht hat dem Kläger (wie dieser selbst) - für den erkennenden Senat hier nicht überprüfbar ‑ ein zur Kürzung seiner sämtlichen Ansprüche führendes Verschulden und dem Erstbeklagten ‑ vertretbar ‑ die Verletzung der erhöhten Sorgfaltspflicht gemäß § 9 EKHG zur Last gelegt. Beim Zusammentreffen von Gefährdungs‑ mit Verschuldenshaftung ist gemäß § 7 Abs 1 EKHG der § 1304 ABGB (sinngemäß) anzuwenden. Hiebei findet eine Abwägung der haftungsbegründenden Betriebsgefahr und des mitwirkenden Verschuldens des Geschädigten statt (2 Ob 282/06v mwN; RIS‑Justiz RS0029786 [T2]). Diese Abwägung ist - wie im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 1304 ABGB ‑ stets von den Umständen des Einzelfalls geprägt (2 Ob 282/06v; vgl RIS‑Justiz RS0087606).

Bedenkt man, dass nach einer (wenn auch dislozierten) Feststellung des Erstgerichts die Unterlassung des Anlegens der Sicherheitsgurte für das Hinüberkippen des Klägers zum Erstbeklagten nicht kausal gewesen ist und das am Unfall mitwirkende Mitverschulden des Klägers daher nur in der Wahl des Beifahrersitzes trotz („erheblicher“) Alkoholisierung und möglichem Kontrollverlust über die eigene Körper- und Sitzhaltung bestand, dem Erstbeklagten diese Gefahren aber zumindest ebenso wie dem Kläger erkennbar waren, ist dem Berufungsgericht eine gravierende Fehlbeurteilung zu Lasten der zweitbeklagten Partei auch in diesem Punkt nicht vorwerfbar, wenn es deren Haftungsanteil mit einem Drittel des Gesamtschadens bemaß.

7. Auf die im Rechtsmittel angestellten Überlegungen zum „fehlenden Rechtsschutzinteresse“ des Klägers wegen angeblicher Regressansprüche der zweitbeklagten Partei gegen den Erstbeklagten und dessen angeblichen Ansprüchen gegen den Kläger ist schon mangels eines entsprechenden erstinstanzlichen Einwands nicht weiter einzugehen (§ 504 Abs 2 ZPO).

8. Da es der Klärung von Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht bedurfte, ist sowohl die Revision als auch der Rekurs zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO (vgl RIS‑Justiz RS0123222; hinsichtlich des Zwischenurteils auch 1 Ob 20/10p). Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit von Revision und Rekurs nicht hingewiesen, weshalb ihm für die Rechtsmittelbeantwortung kein Kostenersatz gebührt.

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