Spruch:
Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Zweitbeklagte verschuldete als Halter und Lenker des bei der Erstbeklagten haftpflichtversicherten PKW mit dem Kennzeichen St 294.053 am 28. August 1983 gegen 1,15 Uhr auf der Bundesstraße 66 im Gemeindegebiet von Hof bei Straden einen Verkehrsunfall, bei dem die im PKW mitfahrende Elisabeth N*** getötet und vier weitere im PKW mitfahrende Personen, darunter der Kläger, verletzt wurden. Wegen dieses Verkehrsunfalls wurde der Zweitbeklagte mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 11. April 1984, 13 E Vr 3531/83-21, des Vergehens der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach § 81 Z 1 StGB und des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1, 3 und 4 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Es wurde ihm zur Last gelegt, durch Außerachtlassung der notwendigen Vorsicht, insbesondere durch das Einhalten einer für die Lichtverhältnisse bzw die bestehende Dunkelheit und auf die vorgelegene Überladung seines Fahrzeugs überhöhten Geschwindigkeit und zusätzlich durch eine vorhandene Alkoholisierung bewirkt zu haben, daß er von der Fahrbahn abkam und mit seinem Fahrzeug gegen mehrere Bäume stieß, wodurch unter anderem der Kläger schwer verletzt wurde.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall zuletzt (ON 45 S 233) die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung vom S540.980 sA und zur Leistung einer monatlichen Rente von S 1.000,- ab Klagsbehändigung (ON 4). Überdies stellte er ein auf Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand (der Erstbeklagten im Rahmen des Haftpflichtversicherungsvertrags) für seine (künftigen) Unfallschäden gerichtetes Feststellungsbegehren.
Das Kapitalbegehren des Klägers umfaßt ein Schmerzengeld von S 400.000,- (ON 45 S 229).
Der Höhe nach steht außer Streit, daß dem Kläger ein Schmerzengeld von (zumindest) S 1.000,- gebührt (ON 85 S 383). Dem Grund nach stützte der Kläger sein Begehren im wesentlichen darauf, daß der Zweitbeklagte, wie sich aus seiner strafgerichtlichen Verurteilung ergebe, den Unfall allein verschuldet habe.
Die Beklagten wendeten dem Grund nach im wesentlichen ein, daß der Zweitbeklagte die Unfallsfahrt ausschließlich über Verlangen und im Interesse des Klägers und seiner Begleitung durchgeführt habe. Deshalb sei die Haftung der Beklagten für die Unfallsfolgen nach § 3 Z 2 EKHG ausgeschlossen und die Klagsführung schikanös. Den Kläger treffe ein Mitverschulden, weil ihm ebenso wie den anderen Mitfahrern die Alkoholisierung des Zweitbeklagten bekannt gewesen sei. Auch sei das nur für insgesamt (einschließlich des Lenkers) vier Personen zugelassene Fahrzeug des Zweitbeklagen mit insgesamt sechs Personen besetzt und damit in unfallskausaler Weise überladen gewesen. Dadurch und durch die gedrängte Sitzweise von vier Personen im Fond des PKW des Zweitbeklagten habe der Kläger seine eigene Sicherheit gefährdet.
Das Erstgericht entschied mit Teil- und Zwischenurteil, daß der Anspruch des Klägers auf Bezahlung eines Schmerzengelds dem Grund nach zur Gänze zu Recht besteht.
Es stellte, soweit für die im Revisionsverfahren noch strittigen Fragen von Interesse, im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Bevor es zu dem in Rede stehenden Unfall kam, befanden sich der Kläger, Ingrid S***, Josef P*** und die an den Unfallsfolgen verstorbene Elisabeth N*** im Lokal K*** in Gleichenberg. Die beiden Mädchen waren zuvor vom Kläger und von P*** mit den Mopeds von Halbenrain nach Gleichenberg gebracht worden. Da es während des Aufenthalts im Lokal K*** draußen kalt geworden war, suchten sie eine Mitfahrgelegenheit in einem PKW. Der Kläger sprach den Zweitbeklagten, den er vom Sehen kannte, diesbezüglich an. Der Zweitbeklagte erklärte jedoch zunächst, er wolle nicht fahren, der Kläger solle sich nach einem anderen umschauen. Da der Kläger jedoch niemand anderen finden konnte, wendete er sich nochmals an den Zweitbeklagten, der sich immer an der Theke und nie am Tisch der Gruppe um den Kläger aufhielt. Schließlich erklärte sich der Zweitbeklagte doch bereit, die Gruppe heimzuführen und ging zu seinem PKW. Von seinem äußeren Eindruck her war nicht zu erkennen, daß er alkoholisiert war. Er ging ganz normal und sprach auch nicht lallend.
Schließlich stieg die Gruppe in den PKW des Zweitbeklagten ein, wobei der Kläger, Ingrid S***, Elisabeth N*** und Josef P*** im Fond des PKW Platz nahmen. Josef K***, der über Initiative des Zweitbeklagten mitfuhr, setzte sich auf den vorderen Beifahrersitz.
Der PKW des Zweitbeklagten war für vier Personen (einschließlich des Lenkers) zugelassen, was der Zweitbeklagte den Insassen jedoch nicht mitteilte.
Der Zweitbeklagte hatte im Lokal K*** Whisky-Cola in nicht näher bekannter Menge getrunken. Zum Zeitpunkt des Fahrtantritts betrug sein Blutalkoholwert mindestens 1,2 bis 1,3 %o. Erst als der PKW vom Zweitbeklagten in Bewegung gesetzt wurde, dachten die Fahrzeuginsassen an eine mögliche Alkoholisierung, weil der Zweitbeklagte eine sehr hohe Geschwindigkeit - zum Teil 130 km/h - einhielt. Manchmal fuhr er zwar langsamer, beschleunigte aber in der Folge wieder voll.
Als sich der Zweitbeklagte im Bereich einer Kurve der Unfallstelle näherte, hielt er eine Geschwindigkeit von 100 km/h oder darüber ein und geriet mit seinem PKW ins Schleudern. Er verlor die Herrschaft über das Fahrzeug, kam von der Fahrbahn ab und stieß gegen mehrere Bäume. Die vorliegende Beladung des Fahrzeugs hätte im Fall des Durchfahrens der Kurve bei trockener Fahrbahnoberfläche und normaler Fahrlinie bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h kein Ausbrechen oder Übersteuern des Fahrzeugs bewirkt. Erst ab einer Geschwindigkeit von 120 bis 130 km/h wäre eine Überladung fördernd für die Instabilität des Fahrzeugs bei Befahren der Kurve gewesen. Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß sich das Verschulden des Zweitbeklagten am Zustandekommen des Unfalls gemäß § 268 ZPO bindend aus dem gegen ihn ergangenen rechtskräftigen Strafurteil ergebe, weshalb der Einwand nach § 3 Z 2 EKHG ins Leere gehe. Eine schikanöse Rechtsausübung durch den Kläger liege nicht vor. Ein Mitverschulden sei dem Kläger nicht anzulasten. Die Alkoholisierung des Zweitbeklagten sei nicht erkennbar gewesen. Der Zweitbeklagte habe sich im Lokal auch nicht in Gesellschaft des Klägers befunden. Daß die Überladung des nur für vier Personen einschließlich des Lenkers zugelassenen Fahrzeugs für das Zustandekommen des Unfalls kausal gewesen sei, hätten die Beklagten, die hiefür die Beweislast treffe, nicht nachgewiesen.
Der gegen diese Entscheidung des Erstgerichts gerichteten Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil teilweise Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, daß es den Schmerzengeldanspruch des Klägers dem Grund nach zu drei Vierteln zu Recht bestehend (und darüber hinaus als nicht zu Recht bestehend) erkannte. In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 12. Jänner 1989 (ON 98 S 479) wurde die Sitzordnung der Insassen im Fahrzeug des Zweitbeklagten wie folgt außer Streit gestellt: Auf den Vordersitzen befanden sich im Unfallszeitpunkt der Zweitbeklagte als Lenker und Josef Kropf. Auf den Rücksitzen saßen der Kläger und Josef P***. Ingrid S*** saß auf dem Schoß des Josef P***, während die beim Unfall getötete Elisabeth N*** auf dem Schoß des Klägers saß. Das Berufungsgericht stellte nach teilweiser Beweiswiederholung zusätzlich fest, daß die Beladung des PKW des Zweitbeklagten bei einer zulässigen Nutzlast von 400 kg zur Unfallszeit nur 360 bis 380 kg betrug. Im übrigen Übernahm das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichts als unbedenklich.
Rechtlich führte das Berufungsgericht im wesentlichen aus, der Einwand der Beklagten, daß ihnen die Haftungsbefreiung des § 3 Z 2 EKHG zugutekomme, sei schon im Hinblick auf das sich gemäß § 268 ZPO aus dem gegen den Zweitbeklagten ergangenen rechtskräftigen Strafurteil ergebende Verschulden des Zweitbeklagten verfehlt. Die Klagsführung durch den Kläger sei auch keine mißbräuchliche Rechtsausübung.
Ob die Alkoholisierung des Fahrers vom Fahrgast bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkannt werden müssen, sei eine Rechtsfrage. Hingegen handle es sich, wenn das Erstgericht davon ausgegangen sei, daß allein vom äußeren Erscheinungsbild her eine Alkoholisierung des Zweitbeklagten nicht erkennbar gewesen sei, um eine Tatsachenfeststellung.
Einen Fahrgast, der sich einem infolge Alkoholgenusses fahruntüchtigen Lenker anvertraue und bei einem von diesem verschuldeten Unfall zu Schaden komme, treffe nur dann ein Mitverschulden, wenn er von der die Fahrtüchtigkeit des Lenkers beeinträchtigenden Alkoholisierung Kenntnis hatte oder aus den Umständen Kenntnis haben mußte. Zweifel darüber, ob die Annahme der Alkoholisierung am Platz gewesen wäre, gingen zu Lasten des Schädigers. Im vorliegenden Fall stehe fest, daß der Kläger von der Alkoholisierung des Zweitbeklagten keine Kenntnis gehabt habe, zumal festgestellt worden sei, daß vom äußeren Erscheinungsbild her (Gang, Sprache) eine Alkoholisierung des Zweitbeklagten gar nicht erkennbar gewesen sei. Auch könne beim festgestellten Sachverhalt nicht gesagt werden, daß der Kläger bei Anwendung der erforderlichen Aufmerksamkeit damit hätte rechnen müssen; daß sich der Zweitbeklagte in einem seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Zustand befunden habe. Darin, daß sich der Kläger dem Zweitbeklagten als Lenker anvertraut habe, könne somit unter dem Gesichtspunkt der Alkoholisierung des Zweitbeklagten kein Mitverschulden erblickt werden. Dasselbe gelte für den Umstand, daß der Kläger, als ihm nach Antritt der Fahrt wegen der Eigenart der Fahrweise des Zweitbeklagten Bedenken hinsichtlich dessen Fahrtüchtigkeit gekommen seien, die Mitfahrt fortgesetzt habe, weil er sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr aus eigenem abbrechen habe können. Ein diesbezügliches Mitverschulden könnte nur dann in Betracht kommen, wenn der Zweitbeklagte dem Kläger angeboten hätte, aus dem Fahrzeug auszusteigen, und dieser davon keinen Gebrauch gemacht hätte. Derartige Behauptungen hätten die Beklagten jedoch nicht aufgestellt. Der Vorwurf der Überladung des PKW des Zweitbeklagten gehe schon deshalb fehl, weil keine Überschreitung des höchstzulässigen Gesamtgewichts vorgelegen sei.
Den Kläger treffe jedoch ein Mitverschulden, weil der nur für die Beförderung von insgesamt vier erwachsenen Personen (einschließlich des Lenkers) zugelassene PKW des Zweitbeklagten bei der Unfallsfahrt mit insgesamt sechs erwachsenen Personen besetzt gewesen sei. Bei den Bestimmungen des § 106 Abs 1 und Abs 3 KFG handle es sich um Schutznormen im Sinn des § 1311 ABGB, die sich nicht nur an den Fahrzeuglenker, sondern auch an die in einem Fahrzeug mitbeförderten Personen richteten. Der Schutzzweck dieser Vorschriften liege nicht nur darin, eine Beeinträchtigung des Fahrzeuglenkers hintanzuhalten, sondern auch darin, eine Gefährdung der beförderten Personen zu vermeiden. Wenn daher der mitbeförderte Fahrgast erkenne oder erkennen könne, daß seine Mitbeförderung gegen diese Schutznorm verstoße, trotzdem aber mitfahre, treffe ihn ein Mitverschulden, es sei denn, er beweise, daß der Schaden in gleicher Weise auch ohne Übertretung der Schutznorm eingetreten wäre. Im vorliegenden Fall bestehe, da der PKW des Zweitbeklagten nur für die Beförderung von vier erwachsenen Personen zugelassen gewesen sei, tatsächlich auf der Unfallsfahrt aber sechs erwachsene Personen mit diesem Fahrzeug befördert worden seien, kein Zweifel daran, daß unter diesen Umständen die erwähnten Schutzvorschriften objektiv übertreten worden seien.
Gerade bei einem Kleinwagen wie dem hier in Frage stehenden Sportcoupe sei für jedermann bei Anwendung eines gewöhnlichen Fähigkeiten entsprechenden Aufmerksamkeitsgrads (§ 1297 ABGB) aus den gegebenen Umständen, nämlich der Tatsache, daß auf der rückwärtigen Sitzbank überhaupt nur zwei Personen Platz fanden und die dort mitfahrenden Mädchen auf dem Schoß der mitfahrenden Burschen Platz nehmen mußten, ohne weiteres erkennbar gewesen, daß diese Art der Beförderung von Personen mit nicht unerheblichen Gefahren verbunden gewesen sei, weil die solcherart zusammengedrängt sitzenden Personen jedenfalls in ihrer Einstellung und Reaktionsfähigkeit auf eine drohende Gefahr behindert gewesen seien. Was den dem Kläger obliegenden Entlastungsbeweis betreffe, komme es nicht darauf an, ob der Unfall infolge eines Fahrfehlers des Zweitbeklagten auch dann eingetreten wäre, wenn sein PKW nicht überbesetzt gewesen wäre, sondern darauf, ob der Schaden des Klägers ohne Übertretung der erwähnten Schutznormen in gleicher Weise eingetreten wäre. Diesen ihm obliegenden Entlastungsbeweis habe der Kläger nicht erbracht und auch nicht erbringen können. Der Unfall hätte sich nämlich nicht ereignet, wenn sich der Kläger vorschriftsmäßig verhalten, also den PKW, der nur für die Beförderung von vier erwachsenen Personen (einschließlich des Lenkers) zugelassen gewesen sei, überhaupt nicht bestiegen hätte. Das dem Kläger aus diesem Grund anzulastende Mitverschulden sei bei Berücksichtigung des gröblichen Verschuldens des Zweitbeklagten mit einem Viertel zu bemessen.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richten sich die Revisionen des Klägers und der Beklagten.
Der Kläger bekämpft sie insoweit, als der von ihm geltend gemachte Schmerzengeldanspruch dem Grund nach mit einem Viertel als nicht zu Recht bestehend erkannt wurde, aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinn der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag und letztlich den Antrag, "die Klagsforderung dem Grunde nach zu fünf Sechstel als zu Recht bestehend zu erkennen".
Die Beklagten bekämpfen die Entscheidung des Berufungsgerichts, wie sich aus dem Zusammenhang ihrer Revisionsausführungen zweifelsfrei ergibt, insoweit, als der Schmerzengeldanspruch des Klägers dem Grund nach mit mehr als einem Viertel als zu Recht bestehend erkannt wurde, aus den Revisionsgründen der "unrichtigen Tatsachenfeststellungen" und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, "daß im Hinblick auf die Erkennbarkeit der Alkoholisierung durch die klagende Partei, eine weitere Mitverschuldensquote, im Ausmaße von mindestens 2/3 Anteilen, zukommt"; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag. Da trotz dieser ungewöhnlichen Formulierung des Revisionsantrags der Beklagten auf Grund ihrer Rechtsmittelausführungen in ihrer Gesamtheit einwandfrei zu erkennen ist, was sie mit ihrem Rechtsmittel anstreben, nämlich die Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts dahin, daß der Schmerzengeldanspruch des Klägers dem Grund nach zu einem Viertel als zu Recht und darüber hinaus als nicht zu Recht bestehend erkannt werde, besteht kein Anlaß für die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens.
Beide Streitteile haben Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision des Gegners keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Beide Revisionen sind zulässig, sachlich aber nicht berechtigt.
I) Zur Revision des Klägers:
Der Kläger versucht im wesentlichen darzutun, daß die Besetzung des PKW des Zweitbeklagten mit insgesamt sechs Personen für das den Unfall auslösende Abkommen von der Fahrbahn nicht kausal gewesen sei. Es sei davon auszugehen, daß der Unfall infolge eines Fahrfehlers des Zweitbeklagten auch dann eingetreten wäre, wenn sein PKW nicht überbesetzt gewesen wäre. Der ihm obliegende Entlastungsbeweis sei dem Kläger gelungen. Jedenfalls sei aber das dem Kläger anzulastende Mitverschulden nur mit höchstens einem Sechstel zu bewerten.
Dem ist nicht zu folgen.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß es sich bei der Bestimmung des § 106 Abs 3 KFG über die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen um eine Schutznorm im Sinn des § 1311 ABGB handelt, die sich nicht nur an den Fahrzeuglenker, sondern auch an die in einem Fahrzeug mitbeförderten Personen richtet. Der Schutzzweck dieser Vorschrift liegt nicht nur darin, eine Beeinträchtigung des Fahrzeuglenkers hintanzuhalten, sondern auch darin, eine Gefährdung der beförderten Personen zu vermeiden. Wenn daher der mitbeförderte Fahrgast erkennt oder erkennen kann, daß seine Mitbeförderung gegen diese Schutznorm verstößt, trifft auch ihn ein Mitverschulden an seiner erfolgten Beschädigung, es sei denn, er beweist, daß der Schaden in gleicher Weise auch ohne Übertretung dieser Schutznorm eingetreten wäre (ZVR 1974/242; ZVR 1983/56; ZVR 1985/28; ZVR 1987/125 ua). Das Berufungsgericht hat durchaus zutreffend ausgeführt, daß im vorliegenden Fall, da nach den Feststellungen der Vorinstanzen der PKW des Zweitbeklagten nur für die Beförderung von vier erwachsenen Personen zugelassen war, tatsächlich aber auf der Unfallsfahrt sechs erwachsene Personen mit diesen Fahrzeug befördert wurden, die Schutzvorschrift des § 106 Abs 3 KFG objektiv übertreten wurde und daß dies im Hinblick auf die im vorliegenden Fall festgestellten Umstände (vier Personen auf der hinteren Sitzbank, von denen nur zwei auf der Sitzbank sitzen konnten, während die übrigen beiden auf ihrem Schoß Platz nehmen mußten) dem Kläger auch subjektiv als Verschulden anzulasten ist (siehe dazu ZVR 1983/56 in einem nahezu völlig gleichgelagerten Fall).
Was den im Sinn der einleitenden Rechtsausführungen daher dem Kläger obliegenden Entlastungsbeweis betrifft, so kommt es nicht darauf an, ob der Unfall infolge eines Fahrfehlers des Zweitbeklagten auch dann eingetreten wäre, wenn sein PKW nicht überbesetzt gewesen wäre, sondern darauf, ob der Schaden des Klägers auch ohne Übertretung der erwähnten Schutznorm in gleicher Weise eingetreten wäre (ZVR 1983/56). Vorschriftsmäßig verhalten hätte sich der Kläger aber nur dann, wenn er zu der der Vorschrift des § 106 Abs 3 KFG widersprechenden Beförderung nicht beigetragen hätte, also mit dem PKW des Zweitbeklagten nicht mitgefahren wäre (vgl ZVR 1947/242). Es ist ihm daher der Entlastungsbeweis im Sinn des § 1311 ABGB nicht gelungen, sodaß ihm das Berufungsgericht mit Recht wegen der Verletzung der Schutzvorschrift des § 106 Abs 3 KFG ein Mitverschulden angelastet hat.
Gegen die Ausmessung der Mitverschuldensquote des Klägers mit einem Viertel bestehen nach der Lage des Falls im Hinblick darauf, daß das dem Zweitbeklagten anzulastende Fehlverhalten als erheblich schwerwiegender zu beurteilen ist, keine Bedenken. Sie entspricht durchaus der bisherigen Rechtsprechung in annähernd vergleichbaren Fällen (ZVR 1983/56; ZVR 1987/125), sodaß darin ein Rechtsirrtum nicht zu erkennen ist.
II) Zur Revision der Beklagten:
Der von den Beklagten geltend gemachte Revisionsgrund der "unrichtigen Tatsachenfeststellungen" ist dem österreichischen Zivilprozeßrecht fremd (§ 503 ZPO). Die Bekämpfung der Richtigkeit der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen ist im Revisionsverfahren nicht zulässig.
Geht man von den Feststellungen der Vorinstanzen aus, dann erweist sich auch die Rechtsrüge der Beklagten als unberechtigt. Sie versuchen hier darzutun, daß die Alkoholisierung des Zweitbeklagten für den Kläger erkennbar gewesen sei, sodaß er wegen Mitfahrens mit einem alkoholisierten Lenker ein weiteres Mitverschulden zu vertreten habe und sein Schmerzengeldanspruch dem Grund nach insgesamt nur zu 25 % berechtigt, darüber hinaus aber unberechtigt sei.
Auch dem ist nicht zu folgen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes trifft den Fahrgast, der sich einem infolge Alkoholgenusses fahruntüchtigen Lenker anvertraut und bei einem von diesem verschuldeten oder mitverschuldeten Unfall Schaden erleidet, nur dann ein Mitverschulden, wenn er von der die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Alkoholisierung Kenntnis hatte oder nach den Umständen haben mußte. Die Frage, ob jemand Kenntnis von einem bestimmten Sachverhalt hat, ist eine Tatfrage; ob die Alkoholisierung des Fahrers durch den Fahrgast bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkannt werden müssen, ist hingegen eine Rechtsfrage. Die Erkennbarkeit einer derartigen Alkoholisierung kann sich für den Fahrgast entweder aus dem wahrnehmbaren Verhalten des Lenkers oder daraus ergeben, daß ihm die vom Lenker genossenen Alkoholmengen bekannt waren. Es ist daher nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen, ob der Fahrgast bei Berücksichtigung der Erfahrungen des täglichen Lebens damit rechnen mußte, daß sich der Lenker durch den Alkoholgenuß in einem seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Zustand befand. Zweifel darüber, ob diese Annahme gerechtfertigt gewesen wäre, gehen zu Lasten desjenigen, den die Beweislast für das Mitverschulden des Fahrgasts trifft (ZVR 1988/118; ZVR 1989/24 mwN uva; zuletzt 2 Ob 123/89). Daß im vorliegenden Fall der Kläger von einer die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Alkoholisierung des Zweitbeklagten Kenntnis hatte, ergibt sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen keineswegs. Zu beurteilen bleibt daher nur, ob solche Umstände vorlagen, aus denen der Kläger bei gehöriger Aufmerksamkeit das Vorliegen einer derartigen Alkoholisierung beim Zweitbeklagten erkennen hätte müssen. Dies trifft nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht zu. Der Kläger befand sich nach diesen Feststellungen während seines Aufenthalts im Lokal K*** nicht in Gesellschaft des Zweitbeklagten, sodaß ihm etwa aus eigener Anschauung die vom Zweitbeklagten genossene Alkoholmenge bekannt gewesen wäre. Der Zweitbeklagte zeigte keinerlei Merkmale, wie etwa schwankender Gang, lallende Sprache oder sonstiges auffälliges Verhalten, aus denen der Kläger etwa auf eine durch Alkoholgenuß beeinträchtigte Fahrfähigkeit des Zweitbeklagten schließen hätte können. Gewiß muß auch das Verhalten des Zweitbeklagten nach Fahrtantritt mit in die Betrachtung einbezogen werden (8 Ob 4/87 ua). Diesbezüglich ergibt sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen aber nur, daß der Zweitbeklagte zum Teil mit sehr hoher Geschwindigkeit (bis zu 130 km/h) fuhr. Da ein derartiges Fahrverhalten erfahrungsgemäß (gerade mit einem Sportwagen) vielfach auch von nicht alkoholisierten Fahrzeuglenkern an den Tag gelegt wird, kann jedoch nicht gesagt werden, daß der Kläger daraus bei gehöriger Aufmerksamkeit auf eine alkoholbedingte Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit des Zweitbeklagten schließen hätte müssen. Im übrigen ist nicht hervorgekommen, daß der Kläger nach Erkennen dieser Fahrweise des Zweitbeklagten noch irgendeine ihm zumutbare Möglichkeit gehabt hätte, seine Mitfahrt im PKW des Zweitbeklagten zu beenden.
Unter diesen Umständen haben die Vorinstanzen ohne Rechtsirrtum eine Kürzung des Schadenersatzanspruchs des Klägers wegen eines ihm anzulastenden Mitverschuldens, das im Mitfahren mit einem durch den Genuß von Alkohol in seiner Fahrtüchtigkeit beeinträchtigten Fahrzeuglenker zu erblicken wäre, abgelehnt.
Es muß daher beiden vorliegenden Revisionen ein Erfolg versagt bleiben.
Der Vorbehalt der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 52 Abs 2, 393 Abs 4 ZPO.
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