OGH 10Ob21/08y

OGH10Ob21/08y12.5.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. B* GmbH, *, 2. E* S.A., *, 3. DDr. Karl K*, zweit- und drittklagende Parteien vertreten durch Proksch & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei K*gesellschaft m.b.H., *, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und andere Rechtsanwälte in Wels, wegen 590.000 EUR sA, über die Revision der zweit- und drittklagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 12. Dezember 2007, GZ 2 R 168/07z‑44, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichts Wels vom 6. Juni 2007, GZ 6 Cg 231/05k‑38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2009:E90887

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

1. Die Bezeichnung der erstklagenden Partei wird von „Dr. Brigitte Stampfer, Rechtsanwältin, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen der B* GmbH (vormals K* GmbH) FN * (* des Handelsgerichts Wien)" auf „B* GmbH, *" richtiggestellt.

2. Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.

 

Begründung:

 

Zu 1.:

Nach Konkurseröffnung über das Vermögen der Erstklägerin sprach das Berufungsgericht aus (Punkt 1 lit a bis c der Entscheidung des Berufungsgerichts), dass das Verfahren in Ansehung der Erstklägerin unterbrochen sei, wies die Berufung, soweit sie von dieser erhoben worden war, zurück, und berichtigte die Parteibezeichnung der Erstklägerin auf „Dr. Brigitte Stampfer, Rechtsanwältin, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen der B* GmbH (vormals K* GmbH) FN * (* des Handelsgerichts Wien)". Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 15. 1. 2008, *, wurde der Konkurs nach der Schlussverteilung aufgehoben (FN *). Auf die Tatsache der Aufhebung des Konkurses ist in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in dritter Instanz, Bedacht zu nehmen und die Bezeichnung der Erstklägerin von der einschreitenden Masseverwalterin von Amts wegen auf die Gemeinschuldnerin richtigzustellen (RIS‑Justiz RS0112123 = 8 Ob 190/98v; SZ 74/134).

Zu 2.:

Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 5. 10. 2005 haben die Kläger der Beklagten ihre Anteile an der R* Tankstellenservice GmbH gegen einen Abtretungspreis von 590.000 EUR verkauft und abgetreten. Ein Teilbetrag von 150.000 EUR war binnen 4 Wochen und der Restbetrag - unter einer zwischenzeitig eingetretenen Bedingung - bis 31. 12. 2005 fällig. Im Vertragspunkt 5, der mit „Gewährleistung und Zusicherung der Abtretenden" bezeichnet ist, gaben die Kläger gegenüber der Beklagten eine Reihe von „Gewährleistungen und Zusicherungen" ab.

Punkt 5 lit o) lautet:

„Aus einem allfälligen Sponsorvertrag mit der 'A*' standen und stehen keine Ansprüche welcher Art immer gegen die [Anm: übertragene] Gesellschaft zu. Die Abtretenden haben diesbezüglich die Aufhebungsvereinbarung bzw Verzichtserklärung vom 3. 10. 2005 beigebracht."

Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger von der Beklagten die Bezahlung des Kaufpreises von 590.000 EUR sA. Die „Sponsoring‑Vereinbarung" vom 8. 10. 2003 sei nur zum Schein - nämlich um der „A*" die Bundesliga‑Lizenz zu sichern - abgeschlossen und darüber hinaus auf Seiten des „Sponsors" nicht von einem vertretungsbefugten Organ unterzeichnet worden. Im Sommer 2005 sei erstmals ein vertretungsbefugter Geschäftsführer der übertragenen Gesellschaft mit Forderungen der „A*" konfrontiert worden. Um Streitigkeiten aus dem Weg zu gehen und auch im Hinblick auf von der Beklagten geäußerte Bedenken hätten die Kläger vor Unterfertigung des Kauf- und Abtretungsvertrags eine Aufhebungsvereinbarung bzw Verzichtserklärung der A* Sport‑Management GmbH (im Folgenden: A*) vom 3. 10. 2005, mit welcher der angeblich abgeschlossene Vertrag vom 8. 10. 2003 jedenfalls aufgehoben worden sei, beigebracht. Am 3. 10. 2005 habe der Drittkläger mit „W* Logistik" und Hans Werner W* im Hinblick auf frühere Geschäftsbeziehungen mit der übertragenen Gesellschaft eine weitere Vereinbarung geschlossen, in die auch die A* einbezogen worden sei. Diese Vereinbarung betreffe ausschließlich den Drittkläger und stehe mit der übertragenen Gesellschaft in keinem rechtlichen Zusammenhang, sodass die Rechte der Beklagten durch diese Vereinbarung nicht berührt würden. In der Folge habe zwar die A* von der Beklagten Zahlung von 150.000 EUR aufgrund der zwischen ihr und dem Drittkläger abgeschlossenen Vereinbarung begehrt, jedoch auch den Abschluss der Aufhebungsvereinbarung bzw Verzichtserklärung als richtig bestätigt. Der A* stünden allenfalls Rechte gegen den Drittkläger, nicht aber gegen die übertragene Gesellschaft zu. Der Kaufpreis sei daher fällig.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Dem Zahlungsbegehren fehle die Fälligkeit, weil die Kläger (unter anderem) Punkt 5 lit o) des Kauf- und Abtretungsvertrags nicht erfüllt hätten. Die A* mache aus einem (unter anderem) mit der übertragenen Gesellschaft abgeschlossenen Sponsorvertrag vom 8. 10. 2003 nunmehr gegenüber der Beklagten Ansprüche von 750.000 EUR geltend. Der Sponsorvertrag vom 8. 10. 2003 sei nicht wirksam aufgehoben worden, weil die Aufhebungsvereinbarung bzw Verzichtserklärung vom 3. 10. 2005 unter Bedingungen geschlossen worden sei, die die Kläger bisher nicht eingehalten hätten. Die A* habe der Beklagten eine ebenfalls am 3. 10. 2005 vom Drittkläger geschlossene Vereinbarung übermittelt, von der die Beklagte (zuvor) keinerlei Kenntnis gehabt habe. Bemühungen der Beklagten, bei der A* Aufklärung zu erlangen, seien ergebnislos geblieben. Der Beklagten sei es nicht möglich, zu allfälligen Vereinbarungen der übertragenen Gesellschaft und/oder der Kläger mit der A* vor Abschluss des Kauf- und Abtretungsvertrags eine inhaltliche Stellungnahme abzugeben; diesbezüglich sei die Beklagte jeweils auf die Erklärung der betroffenen Personen angewiesen. Solange die A* Ansprüche aus dem Sponsorvertrag behaupte und diese auch durch Urkunden bescheinige, bestehe die Gefahr, dass derartige Ansprüche gegen die übertragene Gesellschaft tatsächlich begründet seien. Damit hätten die Kläger ihre vertragliche Zusicherung nach Punkt 5 lit o) des Kauf- und Abtretungsvertrags, wonach derartige Ansprüche nicht bestünden, nicht erfüllt. Die Beklagte stützte die Einrede der mangelnden Fälligkeit auch noch auf Nichterfüllung der Zusicherungen laut Punkt 5 lit b), g) und k) des Kauf- und Abtretungsvertrags und hielt der Klagsforderung darüber hinaus auch Gegenforderungen von 52.832,12 EUR und von 27.854,12 EUR entgegen (ON 23).

Das Erstgericht wies die Klage ab. Neben dem unstrittigen Inhalt der Punkte 5 lit g), k) und o) des Vertrags stellte es noch Folgendes fest:

Der Drittkläger hat der Beklagten bei Abschluss des Kauf- und Abtretungsvertrags vom 5. 10. 2005 zwar die in Punkt 5 lit o) genannte Aufhebungsvereinbarung bzw Verzichtserklärung vom 3. 10. 2005 vorgelegt, dabei aber verschwiegen, dass er sich als Gegenleistung (bzw als Bedingung) für diesen Verzicht gegenüber der A* am 3. 10. 2005 verpflichtet hatte, auf seine Ansprüche aus erfolgten Wechselfinanzierungen zu verzichten und zusätzlich 150.000 EUR zu bezahlen. Tatsächlich hat der Drittkläger diese Verpflichtungen gegenüber der A* nicht eingehalten und wurde deshalb zu 23 Cg 8/06v des Landesgerichts Wiener Neustadt geklagt. Die dort klagenden Parteien (unter anderem die A*) nehmen dabei den Standpunkt ein, dass ihnen der Drittkläger aus der (der hier Beklagten verheimlichten) Vereinbarung vom 3. 10. 2005 hafte und damit an sich der alte Sponsorvertrag (der nunmehr die übertragene Gesellschaft belasten würde) hinfällig sei; was aber nicht gelte, wenn sich herausstellen sollte, dass die Vereinbarung mit dem Drittkläger vom 3. 10. 2005 doch kein tauglicher Anspruchsgrund sein sollte. Es kann deshalb nicht festgestellt werden, dass der in Punkt 5 lit o) des Kauf- und Abtretungsvertrags vom 5. 10. 2005 genannten A* keine Ansprüche aus diesem Sponsorvertrag gegen die übertragene Gesellschaft zustehen. Forderungen der A* aus diesem Sponsorvertrag könnten eine Höhe von bis zu 750.000 EUR erreichen.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, § 1052 Satz 1 ABGB berechtige die Beklagte, den Kaufpreis für die von den Klägern übertragenen Geschäftsanteile an der übertragenen Gesellschaft zurückzubehalten, weil jedenfalls die Zusage laut Punkt 5 lit o) nicht (nachweislich) erfüllt sei. Die Kläger hätten damit (zumindest) einer ausdrücklichen vertraglichen Verpflichtung zur Schuldenfreistellung des übertragenen Unternehmens nicht entsprochen. Es handle sich bei der Einwendung der Beklagten nicht um die Geltendmachung von Gewährleistung, sondern um die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrags im Sinn des § 1052 ABGB. Da die festgestellte Vertragsverletzung alleine für eine Klagsabweisung ausreiche, brauche auf die weiteren, von der Beklagten zur Untermauerung ihres Prozessstandpunkts nachgetragenen Gründe nicht eingegangen werden. Die Klagsabweisung sei aber auch deshalb gerechtfertigt, weil die Vorgangsweise des Drittklägers dafür ausschlaggebend sei, dass die Voraussetzungen für einen endgültigen Verzicht der A* auf Ansprüche auf den alten Sponsorvertrag nicht eingetreten seien.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der zweit- und drittklagenden Partei nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen diese Entscheidung zulässig sei.

Zu der als aktenwidrig und in der Feststellungsrüge bekämpften (kursiv gedruckten) Negativfeststellung, wonach „deshalb" (Anm: angesichts der vorgenannten Umstände) nicht festgestellt werden könne, dass der in Punkt 5 lit o) des Vertrags genannten A* keine Ansprüche aus dem Sponsorvertrag gegen die übertragene Gesellschaft zustünden, vertrat das Berufungsgericht folgenden Standpunkt:

Nach den „beweiswürdigenden Ausführungen" des Erstgerichts sei diese Passage innerhalb des als „Feststellungen" bezeichneten Teils des Ersturteils dahin zu verstehen, dass das Erstgericht nicht feststellen habe können, „dass die übertragene Gesellschaft aus dem Sponsorvertrag mit A* nicht mehr in Anspruch genommen wird (bzw in Anspruch genommen werden kann)". Dies habe das Erstgericht mit der sehr „indifferenten" (gemeint wohl: ambivalenten bzw widersprüchlichen) Sicht- und Ausdrucksweise der diesbezüglichen (möglichen) Anspruchsstellerin in ihren einschlägigen Stellungnahmen begründet. Die Begründung sei zwar äußerst kursorisch aber gerade noch ausreichend. Wenn sich die Berufungswerber insoweit auf die Aufhebungsvereinbarung bzw Verzichtserklärung vom 3. 10. 2005 (Blg ./M) beriefen setzten sie sich über folgende unbekämpfte Feststellung des Erstgerichts hinweg: Der Drittkläger habe sich als Gegenleistung „bzw als Bedingung" für die Aufhebungsvereinbarung bzw Verzichtserklärung vom 3. 10. 2005 am selben Tag gegenüber der A* verpflichtet, auf seine Ansprüche aus erfolgten Wechselfinanzierungen zu verzichten und zusätzlich 150.000 EUR zu bezahlen; er habe diese Verpflichtungen aber nicht eingehalten und werde deshalb unter anderem klageweise in Anspruch genommen. Im Gegensatz zur Auffassung der Berufungswerber wirke sich dies - nach den unbekämpften Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts - insofern auf das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen aus, als die A* ihren Verzicht auf allfällige Ansprüche aus dem Sponsorvertrag von dieser Zahlung des Drittklägers abhängig gemacht habe. Der Berufungsgrund der Aktenwidrigkeit sei hingegen nicht verwirklicht und die Ausführungen der Feststellungsrüge gingen insgesamt ins Leere.

Im Rahmen der Rechtsrüge befasste sich das Berufungsgericht mit der Auffassung der Berufungswerber, das Erstgericht habe die Frage der Beweislast unrichtig gelöst, weil sich die non‑liquet‑Situation in Wahrheit zu Lasten der Beklagten auswirke, welche das Vorliegen aller tatsächlichen Voraussetzungen der ihr günstigen Rechtsnorm beweisen habe müssen, im vorliegenden Fall also das Vorliegen angeblicher Mängel:

Diesen Ausführungen sei hinsichtlich des allgemeinen Grundsatzes, dass jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu behaupten und zu beweisen habe, zuzustimmen. Eine Ausnahme hievon könne allerdings aus der „Nähe zum Beweis" folgen, die dann den Ausschlag gebe, wenn Tatfragen zu klären seien, die „tief in die Sphäre einer Partei hineinführten"; den allgemeinen Beweislastregeln lägen nämlich Gerechtigkeitskriterien des Sachrechts zugrunde, die bei Vorliegen besonderer Sachgründe ergänzungsbedürftig seien. Hilfsweise sei daher darauf Bedacht zu nehmen, dass die Beweislast letztlich wieder die Partei treffe, die den Beweis wegen ihrer „Nähe zum Beweis" leichter erbringen könne.

Im vorliegenden Fall erscheine es sachgerecht, den Klägern die Beweislast dafür aufzubürden, dass A* endgültig keine Ansprüche aus dem Sponsorvertrag vom 8. 10. 2003 gegen die übertragene Gesellschaft erheben werde. Die Kläger hätten in Punkt 5 des Kauf- und Abtretungsvertrags vom 5. 10. 2005, der, wie das Berufungsgericht aufgrund mündlicher Berufungsverhandlung ergänzend feststellte, mit: „Gewährleistung und Zusicherungen der Abtretenden" übertitelt sei und mit: „Die Abtretenden geben gegenüber der Übernehmerin folgende Gewährleistungen und Zusicherungen ab: ..." eingeleitet werde, unter lit o) erklärt, aus einem allfälligen Sponsorvertrag mit der A* „standen und stehen keine Ansprüche welcher Art immer" gegen die übertragene Gesellschaft zu. Damit hätten sie eine bestimmte Eigenschaft des Kaufobjekts zugesichert, nämlich die diesbezügliche Lastenfreiheit. Die Kläger hätten einerseits in erster Instanz umfangreiche Behauptungen aufgestellt, wonach schon der Sponsorvertrag vom 8. 10. 2003 nicht wirksam zustande gekommen sei, wobei die Gründe „tief in die Sphäre der Kläger" reichten. Zum anderen hänge die Wirksamkeit der Aufhebungsvereinbarung und Verzichtserklärung vom 3. 10. 2005 nach den unbekämpften Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts von der Erfüllung der Ansprüche der A* gegenüber dem Drittkläger aus der zeitgleich abgeschlossenen Vereinbarung ab; der Drittkläger habe es also in der Hand, ob die A* sich weiterhin die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Sponsorvertrag vom 8. 10. 2003 vorbehalte oder nicht. Halte man sich all dies vor Augen, sei es sachgerecht, den Klägern die Beweislast dafür, dass das Kaufobjekt tatsächlich die ausdrücklich zugesagte Eigenschaft (Lastenfreistellung durch A*) aufweise, zuzuweisen.

Nicht berechtigt sei aber auch die Argumentation der Kläger, der Beklagten stehe das Leistungsverweigerungsrecht nach § 1052 ABGB nicht zu, weil die Kläger ihren Verpflichtungen aus dem Abtretungsvertrag durch Abtretung sämtlicher Anteile längst nachgekommen seien und sich die Einrede der Beklagten nur auf Gewährleistungsrechte stützen könne, ohne dass die Mängel nachgewiesen worden seien, wobei ein Leistungsverweigerungsrecht auch nur bei Nichterfüllung einer Hauptleistung bestehe. Ein solches stehe nämlich nicht nur dem Zug‑um‑Zug Leistungspflichtigen sondern auch dem Nachleistungspflichtigen zu. Es setze voraus, dass der andere Teil mit einer Hauptleistungspflicht oder einer „äquivalenten Nebenleistung" also einer solchen, der im Gegenseitigkeitsverhältnis erhebliche Bedeutung zukomme, in Verzug sei. Es diene dem Schutz der Gewährleistungsansprüche des Käufers, dessen Leistungsverweigerungsrecht nach Leistungsannahme zugunsten eines berechtigten Verbesserungs- oder Austauschbegehrens weiter bestehe, weil sich der Gewährleistungsanspruch als erhalten gebliebener Resterfüllungsanspruch darstelle. Er erlösche erst durch Erbringung der Gegenleistung zB durch volle Kaufpreisentrichtung. Die Kläger seien zwar ihrer Hauptleistungspflicht nachgekommen (Abtretung der Geschäftsanteile); nicht jedoch hinsichtlich der in Punkt 5 lit o) des Vertrags ausdrücklich zugesicherten Lastenfreiheit des Kaufobjekts, für die sie ausdrücklich Gewähr zu leisten gehabt hätten. Nach den Feststellungen des Erstgerichts habe die A* die in dieser Vertragsbestimmung angeführte Aufhebungsvereinbarung und Verzichtserklärung vom 3. 10. 2005 nur unter einer der Beklagten verschwiegenen Bedingung abgeschlossen (nämlich im Hinblick auf eine in der Folge vom Drittkläger nicht eingehaltene Gegenleistung). Die möglichen Forderungen aus dem Sponsorvertrag (750.000 EUR) überstiegen den Abtretungspreis (590.000 EUR). Deshalb stelle die Freiheit des Kaufobjekts von derartigen Lasten eine äquivalente Nebenleistung dar, die zur Zurückbehaltung des Abtretungspreises solange berechtige, als die nach den dargelegten Überlegungen beweispflichtigen Kläger nicht bewiesen hätten, dass A* keine Forderungen aus dem Sponsorvertrag geltend machen werde.

Dass allfällige Forderungen der A* aus dem Sponsorvertrag vom 8. 10. 2003 bereits verjährt wären, hätten die Kläger in erster Instanz nicht behauptet, weshalb die diesbezüglichen Berufungsausführungen dem Neuerungsverbot unterlägen. Nach dem Inhalt der Sponsoring‑Vereinbarung vom 8. 10. 2003 (Blg ./E) wären allerdings selbst bei Anwendung der kurzen Verjährungsfrist des § 1486 ABGB zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz lediglich die für das Jahr 2004 per 15. 1. 2004 zu entrichtenden Werbepauschale von 250.000 EUR verjährt, nicht jedoch die Sponsoringleistungen der Folgejahre.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der Frage der „Beweislastverschiebung in Fragen der Mängelfreiheit eines Kaufobjekts" über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung zukomme.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Zweitklägerin und des Drittklägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem auf Klagsstattgebung gerichteten Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht in der Frage der Beweislast von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist, und im Sinne der beschlossenen Aufhebung auch berechtigt.

Die Revisionswerber machen geltend, es habe hier bei der allgemeinen Beweislastverteilung zu bleiben. Wenn nach den Feststellungen der Vorinstanzen eine non‑liquet‑Situation vorliege, gehe dies zu Lasten der beweispflichtigen Beklagten, die die Voraussetzungen der Gewährleistungsansprüche, auf die sie sich stütze, hätte beweisen müssen. Dieser Beweis sei der Beklagten nicht gelungen. Die bloße Befürchtung, in Zukunft könnten womöglich Mängel auftreten, begründe nicht das Retentionsrecht des § 1052 ABGB.

Die Revisionsbeantwortung hält diesen Ausführungen zur Beweislast entgegen, die Beklagte habe lediglich den (mittlerweile unstrittigen) Umstand zu beweisen gehabt, dass - entgegen der Zusicherung im Vertragspunkt 5 lit o) des Kauf- und Abtretungsvertrags - von der A* Ansprüche aus dem Sponsorvertrag gegen „die Gesellschaft" behauptet wurden. Die Beweislast dafür, dass der A* keine solchen Ansprüche „welcher Art immer" zustünden, treffe die Kläger, zumal ihre Zusicherung „umfasssend" sei. Sowohl die zitierte Negativfeststellung als auch die weitere Feststellung, wonach Forderungen der A* aus dem Sponsorvertrag eine Höhe von 750.000 EUR erreichen könnten, gingen zu Lasten der Kläger. Die Beweislast sei aber auch „im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichts" gegeben, weil die Beklagte sonst etwas beweisen müsse, was sie nicht wissen könne und worauf sie keinen Einfluss habe. Es gehe dabei ausschließlich um Umstände, die jeweils vor Abschluss des Kauf- und Abtretungsvertrags gelegen seien und mit denen die Beklagte nichts zu tun gehabt habe. Ob der Sponsorvertrag gültig zustandegekommen sei, könne von der Beklagten nicht beurteilt werden. Es liege daher an der Klägerin, nachzuweisen, dass daraus tatsächlich keine Ansprüche, welcher Art immer, gegen die Gesellschaft bestünden. Diese Zusicherung müssten die Kläger erfüllen.

Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, dass die Kläger ihrer Hauptleistungspflicht aus dem Kauf- und Abtretungsvertrag, nämlich der Übertragung der Gesellschaftsanteile, nachgekommen sind. Entgegen den Ausführungen der Revision ist davon allerdings ohnehin bereits das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat nämlich nicht die Regeln über die Nichterfüllung, sondern jene über die Schlechterfüllung angewendet (vgl RIS‑Justiz RS0018234) und sich damit dem Standpunkt der Berufung angeschlossen, dass grundsätzlich die Beklagte das Vorliegen angeblicher Mängel zu beweisen habe (vgl zur hL und Rsp, wonach die bürgerlich‑rechtlichen Gewährleistungsvorschriften auch auf die Übertragung von Anteilen an einer GmbH anzuwenden sind: 2 Ob 68/00i mwN; Koppensteiner/Rüffler GmbHG³ § 61 Rz 13).

Damit folgt die Entscheidung zweiter Instanz der Rechtsprechung, wonach sich mit der vorbehaltlosen Übernahme der Leistung (des Werks), die den Anschein der Erfüllung für sich hat, die Beweislast des Schuldners (Unternehmers), erfüllt zu haben, in eine Beweislast des Gläubigers hinsichtlich der Mangelhaftigkeit (der nicht vollständigen Erfüllung) umwandelt; dass also nach den allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts der Übernehmer die Mangelhaftigkeit der Sache beweisen muss und zu behaupten hat, dass und aus welchen Gründen die Leistung nicht vertragsgemäß erbracht wurde bzw welche konkreten Fehler sie aufweist (RIS‑Justiz RS0018687).

Mit der ständigen Judikatur steht weiters die Beurteilung des Berufungsgerichts in Einklang, dass das Leistungsverweigerungsrecht im Sinne des § 1052 ABGB, auf das sich die Beklagte beruft, auch zugunsten von Gewährleistungsansprüchen geltend gemacht werden kann, solange der Vertrag nicht gehörig erfüllt ist und der Veräußerer dem Verlangen nach Verbesserung nicht entsprochen hat (RIS‑Justiz RS0018462; vgl auch RS0018507; RS0019891).

Zutreffend wiedergegeben wurde auch die ständige Rechtsprechung, wonach grundsätzlich jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen hat (RIS‑Justiz RS0037797, RS0109832). Es ist daher Sache der Beklagten, die rechtsvernichtenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen (RIS‑Justiz RS0037694), wobei dieser Grundsatz auch dann gilt, wenn im Einzelfall der Nachweis schwierig oder gar nicht möglich ist (RIS‑Justiz RS0037694 [T7] = 8 Ob 1577/93).

Zu Recht macht die Revision jedoch geltend, dass die bekämpfte Beweislastverschiebung nach ständiger Rechtsprechung auf Ausnahmefälle beschränkt ist (RIS‑Justiz RS0037797 [T15, T17, T19, T24, T26]), in denen die vom Berufungsgericht angenommene „Nähe zum Beweis" - im Einzelfall - den Ausschlag für die Zuteilung der Beweislast gibt; etwa dann, wenn Tatfragen zu klären sind, die „tief in die Sphäre einer Partei hineinführen" (RIS‑Justiz RS0013491; RS0121528). Voraussetzung ist dabei aber immer, dass derjenige, den die Beweislast nach der allgemeinen Regel trifft, seiner Beweispflicht in dem ihm zumutbaren Ausmaß nachkommt (RIS‑Justiz RS0037797 [T17] = 4 Ob 1638/95 mwN; 6 Ob 191/04p). Zu einer Verschiebung der Beweislast kommt es - in der dargelegten Situation - also (nur) dann, wenn für die eine Partei mangels genauer Kenntnis der Tatumstände ganz besondere, unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten bestehen, während der anderen Partei diese Kenntnisse zur Verfügung stehen und es ihr daher nicht nur leicht möglich, sondern nach Treu und Glauben auch ohne weiteres zumutbar ist, die erforderlichen Aufklärungen zu geben; allein durch einen Beweisnotstand wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls ist eine Verschiebung der Beweislast hingegen nicht gerechtfertigt (RIS‑Justiz RS0039939 [T31] = 2 Ob 262/07d).

Die Beweislast für eine mangelhafte Erfüllung nach Übergabe der Sache trifft - wie bereits ausgeführt - grundsätzlich den Erwerber (RIS‑Justiz RS0018687 [T1]), also die Beklagte, die nicht einmal ausreichend behauptet hat, dass die wiedergegebenen, nach der Rechtsprechung erforderlichen Vorraussetzungen für eine Verschiebung der Beweislast hier erfüllt wären. Die Revisionswerber berufen sich daher zu Recht darauf, dass das Gericht zweiter Instanz die Frage der Beweislastverteilung unrichtig gelöst hat. Was die Voraussetzungen für eine Umkehr der Beweislast betrifft weisen sie zutreffend darauf hin, dass in der Mehrzahl der vom Berufungsgericht zitierten Judikate gar nicht von den allgemeinen Beweislastregeln abgegangen wurde. (Auch) in diesen Fällen ist der Oberste Gerichtshof also gerade nicht zu einer Beweislastverschiebung aufgrund der „Nähe zum Beweis" gelangt (4 Ob 1638/95; 2 Ob 156/99a; 1 Ob 190/06g). Vielmehr wurde - etwa in der jüngsten zitierten Entscheidung (1 Ob 190/06g) - ausdrücklich ausgesprochen, es sei nicht zu erkennen, dass jemand, der einen Unterhaltsanspruch gemäß § 69 Abs 3 EheG einklagt, im Allgemeinen mit unverhältnismäßigen Behauptungs- und Beweisschwierigkeiten belastet sein könnte, wenn er unzureichende Vermögens- und Einkommensverhältnisse seiner unterhaltspflichtigen Verwandten dartun müsse, um dieser Voraussetzung für die Zuerkennung eines vom Prozessgegner nach Billigkeit zu leistenden Unterhalts zu entsprechen.

Nichts anderes kann für den vorliegenden Fall gelten.

Hier wurden sämtliche Anteile an einer Kapitalgesellschaft verkauft und abgetreten, was nach herrschender Auffassung einem Unternehmenskauf gleichzuhalten ist (6 Ob 564/90; Reischauer in Rummel³ I § 933 ABGB Rz 4 mwN). Die Zusicherung laut Punkt 5 lit o) des Kauf- und Abtretungsvertrags stellt die Zusage einer rechtlichen Eigenschaft des Kaufgegenstands (Freiheit von Forderungen seitens der A*) dar; das Fehlen dieser Eigenschaft bedeutet einen Rechtsmangel, weil der Veräußerer nicht die geschuldete Rechtsposition verschafft (Reischauer aaO §§ 922, 923 ABGB Rz 8 mwN). Da Sach- und Rechtsmängel grundsätzlich gleich zu behandeln sind (Reischauer aaO), besteht, wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 6 Ob 312/97v ausgesprochen hat, kein Anlass, bei im Rahmen der Gewährleistung geltend gemachten Rechtsmängeln von den allgemeinen Regeln der Behauptungs- und Beweislast abzugehen (aA Reischauer aaO § 932 ABGB Rz 19).

Die Beklagte hat also die tatsächlichen Voraussetzungen dafür nachzuweisen, dass ihr aufgrund der „Gewährleistung und Zusicherung" nach Punkt 5 lit o) des Vertrags ein (Verbesserungs‑)Anspruch zusteht, der das geltendgemachte Leistungsverweigerungsrecht im Sinn des § 1052 ABGB so lange rechtfertigt, als die Kläger dem Verlangen auf Verbesserung (iS einer Bereinigung allfälliger Verpflichtungen der Gesellschaft aus dem Sponsorvertrag) nicht entsprochen haben (RIS‑Justiz RS0018462).

Wenn das Berufungsgericht demgegenüber meint, es sei „sachgerecht", den Klägern die Beweislast dafür aufzubürden, dass die A* endgültig keine Ansprüche aus dem Sponsorvertrag erheben werde, ist im Übrigen darauf zu verweisen, dass die Kläger einen solchen Beweis gar nicht erbringen können; ist doch in keinem Fall auszuschließen, dass ein Dritter Ansprüche geltend macht, mögen diese berechtigt sein oder nicht. Davon, dass die dargelegten Voraussetzungen für eine Beweislastverschiebung erfüllt wären, kann daher auch unter diesem Gesichtspunkt (arg: „leicht möglich" und „ohne weiteres zumutbar", die erforderlichen Aufklärungen zu geben) keine Rede sein.

Soweit die Rechtsmittelwerber jedoch den Standpunkt vertreten, bei richtiger rechtlicher Beurteilung wirke sich die non‑liquet‑Situation (bereits jetzt) zu Lasten der Beklagten aus, kann ihnen nicht beigepflichtet werden:

Von den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ausgehend führt die richtige Anwendung der Beweislastregeln nämlich noch nicht zur Klagsstattgebung; betrifft doch die bereits mehrfach wiedergegebene Negativfeststellung der Tatsacheninstanzen offenbar nur die Frage, ob die übertragene Gesellschaft aus dem Sponsorvertrag nicht mehr in Anspruch genommen werden kann. Die für die Beurteilung des behaupteten Rechtsmangels entscheidenden Feststellungen zur (allfälligen) Anspruchserhebung aus dem zwischen der übertragenen Gesellschaft und der A* abgeschlossenen Sponsorvertrag wurden bisher somit noch nicht getroffen. Insbesondere kann aus der Negativfeststellung nicht der von den Klägern offensichtlich angestrebte (Umkehr‑)Schluss gezogen werden, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass solche Ansprüche bestehen und geltend gemacht werden.

Demgemäß kann sich die bereits getroffene Negativfeststellung (auch) nicht zu Lasten der Beklagten auswirken. Ihr Leistungsverweigerungsrecht hängt vielmehr davon ab, ob das gekaufte Unternehmen einen Rechtsmangel hat, also ob der A*, entgegen der Zusicherung im Vertragspunkt 5 lit o), doch (noch) Ansprüche gegen die übertragene Gesellschaft zustehen, weil sie darauf gar nicht wirksam verzichtet hat. Die Beklagte wird im fortgesetzten Verfahren unter Beweis zu stellen und die Tatsacheninstanzen werden zu prüfen haben, ob bzw in welchem Umfang den „möglichen Forderungen" von 750.000 EUR gegen die übertragene Gesellschaft aus dem Sponsorvertrag (noch) Berechtigung zukommt und ob die A* diese Forderung auch geltend machen wird. Ein daraus abzuleitender Rechtsmangel wäre bereits dann zu bejahen, wenn diese Umstände mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen (vgl 10 Ob 502/94 und die Nachfolgeentscheidung 10 Ob 64/02p sowie Koziol/Welser Bürgerliches Recht II13 70).

Sollte der Beklagten dieser Nachweis jedoch nicht gelingen, wird sich das Erstgericht auch mit ihren übrigen - bisher ungeprüften - weiteren Einwänden zu befassen haben.

Der Revision der Zweitklägerin und des Drittklägers ist daher im Sinn des Aufhebungsantrags Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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