OGH 10Ob64/02p

OGH10Ob64/02p16.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. Peter B*****, Biologe, ***** und 2. Dr. Sibylle B*****, AHS-Lehrerin, ebendort, beide vertreten durch Dr. Markus Purtscher, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Karoline K*****, Pensionistin, ***** vertreten durch Dr. Michael Goller, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 73.064,54 sA, Revisionsinteresse EUR 56.233,08 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 11. Dezember 2001, GZ 1 R 235/01w-119, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die beiden Kläger haben von der Beklagten mit Kaufvertrag vom 9. 6. 1989 die Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** P***** samt dem darauf errichteten Wohnhaus um den Kaufpreis von S 2,300.000,-- erworben. Weder der Beklagten noch den Klägern war zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses bekannt, dass für dieses Wohnhaus nur eine im Jahr 1951 erteilte, auf § 15a der seinerzeitigen Innsbrucker Bauordnung gestützte jederzeit widerrufbare Baubewilligung vorlag. Den Klägern war jedoch bekannt, dass die Liegenschaft als Sonderfläche im Sinne des § 16 Abs 1 lit b TirROG, nämlich als Dauerkleingarten, gewidmet ist.

Der Oberste Gerichtshof hat im vorliegenden Verfahren im ersten Rechtsgang in seiner Entscheidung vom 19. 12. 1994, 10 Ob 502, 503/94 (ecolex 1995, 254 = KRES 5/137) zum Ausdruck gebracht, nach der Verkehrsauffassung könne angenommen werden, dass die für das Haus erteilte Baubewilligung unwiderruflich sei; wenn die Bewilligung jederzeit widerrufen werden könne, liege wegen des Fehlens einer gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaft ein Rechtsmangel vor. Dieser dem Kaufvertrag anhaftende Mangel werde auch nicht dadurch beseitigt, dass eine solche Baubewilligung heute nicht mehr erteilt werden könne oder der tatsächliche Widerruf unwahrscheinlich sei. Für die Ermittlung der Höhe des den Käufern zustehenden Preisminderungsanspruchs sei in erster Linie das Vergleichswertverfahren heranzuziehen.

Im fortgesetzten Verfahren wurde vom Erstgericht festgestellt, dass ein Widerruf der Baubewilligung nicht sehr wahrscheinlich ist. Der objektive Verkehrswert des Kaufobjekts ohne Berücksichtigung der jederzeit widerrufbaren Baubewilligung, sohin im mangelfreien Zustand, hat sich zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses im Jahre 1989 auf S 2,350.000,-- belaufen und unter Berücksichtigung des Mangels auf rund S 2,120.000,--. Der Abschlag beträgt also etwa 10 % des Verkehrswerts.

Rechtlich gingen die Vorinstanzen davon aus, dass der Preisminderungsanspruch nach der "relativen Berechnungsmethode" zu ermitteln sei. Demnach verhalte sich der geminderte Preis zum vereinbarten Preis in Höhe von S 2,300.000,-- wie der Wert der mangelhaften Sache in Höhe von S 2,120.000,-- zum Wert in mangelfreiem Zustand von S 2,350.000,--. Der geminderte Preis errechne sich mit S 2,074.894,--, sodass der Anspruch auf Preisminderung in einer Höhe von S 225.106,-- berechtigt sei. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revsion nicht zulässig sei, weil den zu erörternden Rechtsfragen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme und überdies die Ermittlung des Verkehrswerts in den Tatsachenbereich falle. Die Kläger stützen die Zulässigkeit der Revision darauf, dass keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Bewertung des in der Widerruflichkeit der Baubewilligung liegenden Rechtsmangels vorliege. Zu Unrecht hätten die Vorinstanzen nicht die Bestimmung des § 273 ZPO angewandt, sondern eine Bewertung durch Sachverständige veranlasst. Schließlich hätten die Vorinstanzen verkannt, dass es nicht auf die - nicht feststellbare - Wahrscheinlichkeit, sondern die rechtliche Möglichkeit des Widerrufs ankomme.

Rechtliche Beurteilung

In diesen Gründen ist keine für die Lösung des Falles erhebliche Rechtsfrage zu erblicken.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrmals betont, dass die Ermittlung der Höhe des Verkehrswertes eine Tatfrage darstellt, die vor dem Obersten Gerichtshof nicht bekämpft werden kann (SZ 60/269; RIS-Justiz RS0043122 [T7], RS0043704, RS0099292 [T3]). Dieser Grundsatz gilt auch für die Beurteilung von Werterhöhungen und Wertminderungen (vgl 2 Ob 334/98a zur Bewertung der Vermögensnachteile des Enteigneten). Dabei ist aufgrund der tatsächlichen Umstände abzuwägen, welchen Einfluss die wertmindernden Faktoren auf den Verkehrswert haben. Insoweit spielt im vorliegenden Fall auch eine bedeutende Rolle, inwieweit ein Widerruf der Baubewilligung wahrscheinlich ist oder nicht. Ob die Höhe der Preisminderung unter Heranziehung von Sachverständigengutachten oder (allein) unter Anwendung des § 273 ZPO beurteilt werden kann stellt eine einzelfallbezogene Frage dar, der keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Stichworte