OGH 2Ob238/07z

OGH2Ob238/07z14.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Versicherungsaktiengesellschaft, *****, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Dr. Bernhard Hämmerle Gesellschaft mbH, Andreas-Hofer-Straße 2-4, 6020 Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. G***** GmbH, *****, 2. G***** AG, *****, vertreten durch Dr. Günter Zeindl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 89.854,89 EUR sA und Feststellung (Streitwert 25.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 4. Oktober 2007, GZ 4 R 217/07d-44, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 21. Juli 2007, GZ 5 Cg 98/05y-40, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 2.161,95 EUR (darin enthalten 360,32 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 11. 6. 2002 ereignete sich auf der Ötztal-Bundesstraße ein Verkehrsunfall, an dem Johann R***** als Lenker seines bei dem klagenden Verband (einem deutschen Haftpflichtversicherer) haftpflichtversicherten Motorrads, seine Gattin als Beifahrerin, Josef H***** als Lenker des von der F***** GmbH gehaltenen LKW Mercedes sowie Mario P***** als Lenker des von der Erstbeklagten gehaltenen und bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten LKW beteiligt waren. Das Motorrad hatte ein deutsches Kennzeichen, die anderen unfallbeteiligten Fahrzeuge waren in Österreich zugelassen. Der Motorradfahrer und seine Gattin waren und sind deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in Deutschland. Die beiden anderen unfallbeteiligten Lenker verfügen über die österreichische Staatsbürgerschaft und wohnen in Österreich. Die Halter der beiden LKW hatten ihren Sitz in Österreich.

Von dem bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten LKW löste sich als Folge der unsachgemäßen Montage durch Mitarbeiter der Erstbeklagten ein Rad, das dem in Gegenrichtung mit 57,5 km/h fahrenden anderen LKW auf dessen Fahrbahnhälfte entgegen kam. Dessen Lenker ging bei Wahrnehmung des Rads vom Gas und reduzierte dann bis zur Kollision mit dem losgelösten Rad die Geschwindigkeit seines LKWs durch Bremsung auf 21,2 km/h. Der hinter diesem LKW fahrende Motorradlenker nahm aufgrund seiner Unaufmerksamkeit die Verringerung der Geschwindigkeit des LKWs und das Abbremsen vorerst nicht wahr. Er reagierte erst eine Sekunde zu spät durch den Versuch, nach links auszulenken. Das Motorrad kollidierte zunächst mit dem Vorderfahrzeug und danach mit dem LKW der Erstbeklagten.

Die Gattin und Beifahrerin des Motorradlenkers zog sich bei dem Sturz des Motorrads Brustkorbverletzungen mit Rippenfrakturen, eine Schlüsselbeinfraktur und Acromionfraktur links, eine Wunde am rechten Kieferwinkel sowie ein schweres Schädel-Hirn-Trauma zu, das zu einer komplexen neurologischen Ausfallssymptomatik mit einer anfänglichen motorischen Symptomatik (Haemiparese rechts) und einer höhergradigen psychoorganischen Beeinträchtigung führte. Folge der Kopfverletzung war eine sogenannte Korsakow-Symptomatik mit höhergradiger Einschränkung des Frischegedächtnisses und der Merkfähigkeit, entsprechenden Orientierungsstörungen und der Tendenz, die unfallbedingte Beeinträchtigung des Gedächtnisses durch Konfabulationen auszufüllen. Verbunden ist damit eine Verminderung des Kritikvermögens sowie des abstrakten Denk- und Vorstellungsvermögens. Das Affektverhalten ist durch den Unfall abgeflacht, die Wortfindung ist leichtgradig eingeschränkt. Die Schädelverletzung hat eine Einschränkung des Geruchsvermögens zur Folge. Noch am Unfalltag wurde die Verletzte stationär aufgenommen, sie konnte bald aus dem Tiefschlaf geweckt werden, war am 20. 6. 2002 wach und im Sitzwagen mobilisiert und wurde am 24. 6. 2002 zur Rehabilitation in eine neurologische Klinik überstellt, aus der sie am 26. 8. 2002 entlassen wurde. Sie hatte starke Schmerzen in der Dauer von drei Wochen, mittelstarke Schmerzen im Ausmaß von drei Monaten, leichte Schmerzen im ersten Jahr im Ausmaß von sechs bis sieben Wochen und anschließend jährlich von zwei bis drei Wochen zu erdulden. Das Unfallopfer ist durch die unfallbedingte geistige Behinderung erhöht verletzungsgefährdet. Bis an ihr Lebensende ist mit leichtgradigen Schmerzen im Ausmaß von zwei bis drei Wochen jährlich zu rechnen.

Vor dem Unfall hatte die Verletzte den Vier-Personen-Haushalt geführt und die beiden Kinder im Alter von 14 und 16 Jahren versorgt. Dazu wendete sie im Schnitt fünf Stunden täglich auf. Die ersten vier Monate nach dem Unfall konnte das Unfallopfer überhaupt keine Tätigkeiten im Haushalt verrichten. Von Anfang des Jahres 2004 bis zum 30. 6. 2006 besserte sich dieser Zustand sukzessive, weshalb sie zuletzt ihre frühere Haushaltstätigkeit zu 65 % bewältigen konnte. Eine Ersatzkraft, die 10 EUR pro Stunde gekostet hätte, wurde nicht beschäftigt. Der Ehemann und die Kinder übernahmen jenen Anteil an der Haushaltstätigkeit, den die beim Unfall Verletzte nicht mehr leisten konnte.

Vor dem Unfall hatte das Ehepaar gemeinsam eine ihnen jeweils zur Hälfte gehörende Landwirtschaft mit einer reinen Wirtschaftsfläche von rund 40 ha betrieben, zu der auch zwei Almbetriebe gehörten. Die verletzte Ehefrau hatte in der Hauptsaison, den Monaten Mai bis September, jeweils täglich fünf Stunden sowie in der Nebensaison von Oktober bis April jeweils drei Stunden in der Landwirtschaft mitgearbeitet. Sie melkte die Kühe, half bei der Fütterung der Tiere und bei der Heubringung, beaufsichtigte auf einer Alm das Vieh und führte als ehemalige Bankangestellte die Buchhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs. Die ersten vier Monate nach dem Unfall konnte die verletzte Landwirtin diese Aufgaben nicht mehr durchführen. Danach verbesserte sich ihre Leistungsfähigkeit sukzessive bis auf 70 % im Juni 2005.

Vor dem Unfall hatte das Ehepaar aus dem Betrieb der Landwirtschaft jährlich netto 25.000 EUR erwirtschaftet. Dieses Einkommen wurde jeweils zur Hälfte aufgeteilt. Trotz des vorerst gänzlichen und anschließend teilweisen Ausfalls der Ehegattin verringerte sich der Nettoertrag aus der Landwirtschaft nicht, weil der Ehemann und die gemeinsamen Kinder den entfallenden Beitrag der Verletzten durch Mehrleistungen wettmachten. Die Beiziehung einer Ersatzkraft hätte 11,50 EUR pro Stunde gekostet.

Aufgrund der unfallbedingten Erwerbsminderung bezieht die Ehegattin seit 1. 4. 2004 eine monatliche Rente von 330,88 EUR netto (einer deutschen Landwirtschaftskammer).

Der Kläger leistete als Haftpflichtversicherer des Motorrads ua folgende Zahlungen an die verletzte Beifahrerin:

Schmerzengeld 85.000 EUR

Haushaltshilfeschaden:

Juli 2004 bis Juni 2005 11.862,50 EUR

(65 % Beeinträchtigung, 5 Stunden pro Tag

à 10 EUR x 365 Tage)

abzüglich der geleisteten Rente = 9.876,62 EUR

Ausfall in der Landwirtschaft:

vom Unfallstag bis 30. 6. 2005 33.107,93 EUR.

Die Klägerin begehrte zuletzt 89.854,89 EUR sA (iW 50 % ihrer Leistungen) und Feststellung der Haftung für zukünftige Schäden im Ausmaß von 50 %. Das Verschulden der Mitarbeiter der Erstbeklagten bei der Radmontage sowie die Bestimmungen des EKHG einerseits und das Mitverschulden des Motorradlenkers, dem insbesondere eine Reaktionsverspätung anzulasten sei, andererseits rechtfertigten eine Haftungsteilung von 1 : 1.

Zu dem - in der Revision ebenfalls noch strittigen - Anspruch auf Ersatz der Kosten einer fiktiven Ersatzkraft im landwirtschaftlichen Betrieb führte die Klägerin aus, dass dieser aufgrund der gleichteiligen Gewinnverteilung und der Schadensteilung von 50 % mit jährlich 6.250 EUR „gedeckelt" sei. Ansonsten würde die Verletzte mehr erhalten, als sie ohne das schädigende Ereignis erwirtschaftet hätte. Die Kosten der fiktiven Ersatzkraft seien aus dem Titel Verdienstentgang zugestanden worden, weil Mehrleistungen der Familienmitglieder den Schädiger nicht entlasten würden. Die erwähnte „Deckelung" wirke sich nur auf das zweite Halbjahr 2002 aus, für das die Klägerin 8.554,85 EUR geleistet hätte (50 %iger Regressanspruch 4.277,43 EUR). Ersatzfähig sei für diesen Zeitraum aber nur die Hälfte von 6.250 EUR, somit 3.125 EUR.

Die Beklagten bestritten - soweit noch relevant - 1. die Verschuldens/Schadensteilung 1 : 1, 2. die Angemessenheit des Schmerzengeldes von 85.000 EUR, 3. die Berechnung des Haushaltshilfeschadens für den Zeitraum 1. 7. 2004 bis 30. 6. 2005 („Quotenvorrecht"), 4. die Ersatzfähigkeit des Schadens aufgrund des Ausfalls in der Landwirtschaft. Zu letzterem Punkt wenden sie insbesondere ein, dass aufgrund des gemeinsamen Betriebs einer Landwirtschaft im Verhältnis zwischen der Verletzten und ihrem Ehemann eine bürgerliche Erwerbsgesellschaft bestehe und nach der österreichischen Rechtsprechung ein Gesellschafter einen unfallbedingten Gewinnentgang der Gesellschaft nur entsprechend seinem Anteil an der Gesellschaft fordern könne. Die Mehrleistungen des Ehegatten seien als nicht ersatzfähiger Drittschaden des zweiten Gesellschafters zu werten.

Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren mit 89.200,24 EUR sA sowie dem Feststellungsbegehren statt und wies das Mehrbegehren von 654,65 EUR sA unbekämpft ab. Es kam rechtlich zum Ergebnis, dass der vorliegend geltend gemachte Rückgriffsanspruch eines deutschen Haftpflichtversicherers gegen den Halter eines in Österreich zugelassenen Fahrzeugs sowie dessen Haftpflichtversicherer grundsätzlich nach österreichischem Recht zu beurteilen sei. Das Haager Straßenverkehrsübereinkommen sei auf derartige Rückgriffsansprüche und den Übergang von Ansprüchen, soweit Versicherer betroffen seien, nicht anzuwenden. Die Frage nach dem anzuwendenden Recht sei daher nach IPRG zu lösen; Anknüpfungspunkte seien die §§ 46 und 1 IPRG. Bei den noch strittigen Klagspositionen Schmerzengeld, Haushaltshilfe- und Ausfallschaden folgte das Erstgericht abgesehen von einer geringfügigen Korrektur der Berechnung der Klägerin und wertete diese Ansprüche als ersatzfähig.

Das von den Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es teilte die Auffassung des Erstgerichts zur Frage des anzuwendenden Rechts und hielt sowohl die Verschuldensteilung von 1 : 1 als auch den Schmerzengeldanspruch von 85.000 EUR für sachgerecht. Die Erstbeklagte müsse sich das Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter zurechnen lassen, das gegenüber einer Reaktionsverspätung von nur einer Sekunde nicht zu vernachlässigen oder wesentlich geringer einzuschätzen sei. Die festgestellten Dauerfolgen bedeuteten eine wesentliche Einschränkung der Lebensqualität, was den ungekürzten Schmerzengeldbetrag von 85.000 EUR rechtfertige. Das bei der Berechnung der Haushaltshilfekosten von den Beklagten angestrebte „Quotenvorrecht" (Kürzung des Ersatzbetrags um 50 % und dann erst Abzug der Rente) sei nach deutschem Recht zu beurteilen. Es komme aber schon deshalb nicht zum Tragen, weil die Verletzte kein Mitverschulden treffe. Zwar verneinte das Berufungsgericht im Sinn der zu RIS-Justiz RS0022525 dokumentierten Judikatur die Aktivlegitimation eines verletzten Gesellschafters, den Ersatz für Mehrleistungen seiner Mitgesellschafter geltend zu machen; einen derartigen Ersatzanspruch habe das Erstgericht aber nicht zuerkannt, sondern nur jene Aufwendungen, die notwendig gewesen seien, um einen Verdienstausfall der Verletzten zu verhindern.

Die Beklagten beantragen in ihrer außerordentlichen Revision die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens.

Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, das gegnerische Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts zur Klarstellung der Berechtigung einer Personengesellschafterin, fiktive Kosten einer Aushilfskraft geltend zu machen, zulässig. Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

I. Zum anzuwendenden Recht:

Die Auffassung der Vorinstanzen, dass Art 2 Z 4 und 5 des Haager Straßenverkehrsübereinkommens, BGBl 1975/387, Rückgriffsansprüche zwischen Haftpflichtigen vom Anwendungsbereich des zitierten Übereinkommens ausnimmt und mit Ausnahme des „Quotenvorrechts" nach § 1 IPRG grundsätzlich österreichisches Recht anzuwenden ist, wird in der Revision nicht bestritten. Dieses Ergebnis ist auch grundsätzlich zutreffend (vgl 7 Ob 281/00z), weshalb auf die Ausführungen der Vorinstanzen verwiesen wird (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Eine Einschränkung wäre nur insofern vorzunehmen, als die Rechtsstellung einer deutschen Gesellschaft bürgerlichen Rechts betroffen ist:

Fragen in diesem Zusammenhang betreffen das Gesellschaftsrecht und fallen daher nach Art 1 Abs 2 lit c EVÜ nicht unter dieses Übereinkommen. Die Frage nach dem anzuwendenden Recht ist demnach nach § 10 IPRG und § 12 IPRG zu lösen. Nach § 10 IPRG bestimmt sich das für die Rechts- und Handlungsfähigkeit maßgebliche Personalstatut (§ 12 IPRG) einer juristischen Person oder einer sonstigen Personen- oder Vermögensverbindung nach dem Hauptverwaltungssitz des Rechtsträgers. Diesem „Sitzrecht" unterliegen alle Fragen, welche die Rechts- und Handlungsfähigkeit betreffen (Verschraegen in Rummel³, § 10 IPRG Rz 2) und das Leben der juristischen Person oder Gesellschaft begleiten, namentlich die Bereiche der inneren und äußeren Organisation (RIS-Justiz RS0077060; RS0077038). Nach österreichischem Recht ist zwar eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht rechtsfähig (Grillberger in Rummel3 § 1175 ABGB Rz 23; RIS-Justiz RS0113444; RS0022184). Trotz der nach österreichischem Recht fehlenden Rechtsfähigkeit ist auch bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts das Personalstatut maßgeblich (Verschraegen aaO § 10 IPRG Rz 1).

Der landwirtschaftliche Betrieb liegt in Deutschland (feststeht, dass das Ehepaar in Deutschland wohnte), weshalb nach § 10 IPRG deutsches Recht auf die Frage nach a) der Rechtsfähigkeit einer Personengesellschaft, b) der wechselseitigen gesellschaftsrechtlichen Beziehungen anzuwenden ist.

II. Zur Haftungsquote:

Bei diesem durch mehrere Kraftfahrzeuge verursachten Schaden richtet sich der Rückgriffsanspruch des der verletzten Beifahrerin solidarisch haftenden klagenden Haftpflichtversicherers nach der Reihenfolge der in § 11 Abs 1 EKHG normierten Zurechnungsgründe, also in erster Linie danach, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Beteiligten verschuldet wurde. Dann folgt in der nächsten Rangstufe die außergewöhnliche Betriebsgefahr im Sinn des § 9 Abs 2 EKHG und danach die überwiegende gewöhnliche Betriebsgefahr (Danzl, EKHG8 § 11 E 14; Schauer in Schwimann ABGB3 VII § 11 EKHG Rz 19; RIS-Justiz RS0058418; RS0058443).

Dem Lenker des beim Kläger haftpflichtversicherten Motorrads ist die einsekündige Reaktionsverspätung als Verschulden anzulasten. Auf der Seite der Beklagten ist das Loslösen des LKW-Rads während der Fahrt und dessen Rollen in Richtung Gegenverkehr zu berücksichtigen.

Nach § 60 Abs 1 StVO dürfen Fahrzeuge auf Straßen nur verwendet werden, wenn sie so gebaut und ausgerüstet sind, dass bei sachgemäßem Betrieb Personen nicht gefährdet werden. § 4 Abs 1 KFG verlangt, dass Fahrzeuge verkehrs- und betriebssicher sind. Löst sich aufgrund einer unsachgemäßen Montage (die bei einer Reparatur am 20. 4. 2004 erfolgt sein soll: ON 1 S 4) während der Fahrt ein Rad von einem LKW, entspricht der Zustand dieses Fahrzeugs nicht diesen Sicherheitsanforderungen. Ob die Beklagten sich das Verschulden der Mitarbeiter der Erstbeklagten als Betriebsgehilfen (§ 19 Abs 2 EKHG) oder nach § 1315 ABGB überhaupt zurechnen lassen müssen und entsprechend der Argumentation der Beklagten auf ihrer Seite als Zurechnungsmoment nur die gewöhnliche Betriebsgefahr in Frage kommt, kann aus folgenden Gründen dahingestellt bleiben:

Eine außergewöhnliche Betriebsgefahr ist bei einer besonderen Gefahrensituation anzunehmen, die nicht bereits regelmäßig und notwendig mit dem Betrieb verbunden ist, sondern durch das Hinzutreten besonderer, nicht schon im normalen Betrieb liegender Umstände vergrößert wurde (Apathy EKHG § 9 Rz 29; Schauer in Schwimann aaO § 9 EKHG Rz 42; RIS-Justiz RS0058461). Nach diesen Kriterien bedeutet das Loslösen eines LKW-Rads während der Fahrt und das anschließende Rollen auf die Gegenfahrbahn jedenfalls eine außergewöhnliche Betriebsgefahr.

Stehen im Fall eines Schadensausgleichs nach § 11 EKHG ein nicht gravierendes Verschulden und eine außergewöhnliche Betriebsgefahr einander gegenüber, werden beide Zurechnungskriterien in der Judikatur als gleichwertig betrachtet (ZVR 1984/241, 317 und 328). Unfallauslösend war das rollende LKW-Rad, das sich für die in Gegenrichtung fahrenden Verkehrsteilnehmer als ungewöhnliches und vom Bewegungsablauf her als schwer einschätzbares Hindernis darstellte. Die nicht gravierende Reaktionsverspätung des Motorradlenkers rechtfertigt hier nach Ansicht des erkennenden Senats eine Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 1 (vgl 2 Ob 57/98s = ZVR 1999/36 = RIS-Justiz RS0058551 [T8]).

III. Zum Schmerzengeld:

Das Schmerzengeld ist die Genugtuung für alle Beeinträchtigungen, die der Geschädigte infolge seiner Verletzungen und ihrer Folgen zu erdulden hat. Es soll den Gesamtkomplex der Schmerzempfindungen unter Bedachtnahme auf die Dauer und Intensität der Schmerzen nach ihrem Gesamtbild, auf die Schwere der Verletzungen und auf das Maß der physischen und psychischen Beeinträchtigung des Gesundheitszustands abgelten, die durch Schmerzen entstandenen Unlustgefühle ausgleichen und den Verletzten in die Lage versetzen, sich als Ersatz für die Leiden und anstelle der ihm entgangenen Lebensfreude auf andere Weise gewisse Annehmlichkeiten und Erleichterungen zu verschaffen (RIS-Justiz RS0031474; 2 Ob 101/05z mwN; Danzl in Danzl/Gutièrrez-Lobos/Müller, Das Schmerzengeld8 66). Tendenziell erscheint es geboten, das Schmerzengeld nicht zu knapp zu bemessen (Danzl aaO 67; SZ 2002/50; ZVR 2004/43; 2 Ob 12/02g; 2 Ob 101/05z).

Aufgrund der dauernden psychischen Beeinträchtigung und der Einschränkung des Geschmacksvermögens ist nach diesen Kriterien der ungekürzte Schmerzengeldbetrag von 85.000 EUR nicht als überhöht zu werten. Der Oberste Gerichtshof hat in dem zu 2 Ob 101/05z entschiedenen Fall einen Schmerzengeldbetrag von 80.000 EUR für folgende Verletzungen für angemessen gehalten: Milzruptur mit Entfernung, Prellungen und Blutergüssen an Leber und Nieren, Kreuzbein- und Schambeinastfrakturen, narbige Verziehung der untersten Harnröhre mit Hyperaktivität des Blasenmuskels unter besonderen Bedingungen und psychischen Beeinträchtigungen wegen Problemen beim Geschlechtsverkehr und Irritation beim Urinieren. Mit dem Unfall waren vier Monate Krankenstand, 45 Tage Spitalsaufenthalt, einmonatiger Aufenthalt im Rehabilitationszentrum, 14 Tage starke, fünf Wochen mittelstarke und ca sechs Monate leichte Schmerzen sowie zukünftige Schmerzen drei Wochen leichte pro Jahr verbunden. Im Vergleich dazu waren und sind die Folgen hier gravierender, was durch die andauernde „geistige Beeinträchtigung" und den längeren Aufenthalt im Rehabilitätszentrum zum Ausdruck kommt.

IV. „Quotenvorrecht" bei Leistungen für fiktive Haushaltshilfe:

Die Beklagten bemängeln nicht den ungekürzten Ersatzbetrag von 11.662,50 EUR für die Zeit vom 1. 7. 2004 bis 30. 6. 2005; sie zielen aber auf eine Kürzung dieses Betrags um die 50 %ige Haftungsquote und ziehen erst dann die ausbezahlte Rente ab. Diese Argumentation ist nicht berechtigt. § 116 Abs 3 S 1 SGB X kennt kein der österreichischen Rechtslage vergleichbares Quotenvorrecht (Neumayr in Schwimann ABGB3 VI § 332 ASVG Rz 79; 2 Ob 205/07x; vgl Oetker im MünchKomm BGB4 § 249 BGB Rn 494). Unabhängig davon scheidet mangels Mitverschuldens der Geschädigten ein Quotenvorrecht nach sowohl österreichischer (Neumayr aaO Rz 76) als auch deutscher (Oetker aaO) Rechtslage aus.

V. Zu den fiktiven Kosten einer Ersatzkraft:

1.) Allgemeines:

Wird ein selbständig Erwerbstätiger bei einem Unfall verletzt, so kann sich der Schaden, den er infolge Arbeitsunfähigkeit erleidet, im eingetretenen Verdienstentgang oder in den Kosten aufgenommener Ersatzkräfte ausdrücken (RIS-Justiz RS0031002 [T1]; 2 Ob 156/06i = ZVR 2007/255 [Ch. Huber] = Zak 2007, 287/157 = RdW 2007/562, 533; Harrer in Schwimann ABGB3 VI § 1325 Rz 24 ff; Reischauer in Rummel3 § 1325 ABGB Rz 37; vgl Dressler in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht15 III Kap 33 Rn 2; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden9 Rn 138f; Schiemann in Staudinger [2005] BGB II § 252 BGB Rn 44f).

Wird der Gewinnausfall durch den effektiven Einsatz von Ersatzkräften nicht zur Gänze ausgeglichen, kommt auch eine kombinierte Berücksichtigung beider Gesichtspunkte in Betracht (RIS-Justiz RS0031002; 2 Ob 156/06i; vgl Reischauer aaO Rz 37; Dressler aaO; Küppersbusch aaO Rn 142). Diese Kombinationsvariante wird auch in jenen Fällen zu befürworten sein, in denen unentgeltliche Leistungen Dritter oder Mehrleistungen des Verletzten eine Gewinnminderung zum Teil verhindern konnten. Dann sind die (fiktiven) Kosten einer Ersatzkraft bei der Ermittlung des Schadens aus der Reduzierung des Gewinns zu berücksichtigen (Küppersbusch aaO Rn 144).

Als weitere Ersatzvariante kommen in jenen Fällen, in denen durch (Mehr-)Leistungen entweder des Verletzten oder Dritter (zB Mitgesellschafter oder Angehöriger) ein Verdienstausfall zur Gänze verhindert wurde und eine subjektiv-konkrete Schadensberechnung beim verletzten Selbständigen zum Ergebnis Null führt, die Kosten einer fiktiven Ersatzkraft in Betracht. Zu überprüfen ist, ob und an wen derartige Kosten zu ersetzen sind.

2.) Fiktive Kosten und Einzelunternehmer:

Nach österreichischer Lehre und Judikatur stehen dem Verletzten die fiktiven Kosten einer Ersatzkraft zu, weil der Schädiger durch Mehrleistungen des Verletzten oder unentgeltliche Hilfe von Dritten nicht entlastet werden soll (RIS-Justiz RS0030874; RS0030658; Harrer aaO Rz 27; vgl Reischauer aaO Rz 12a, 12b, 37). Seine Begründung fand dieser Ansatz in der Bejahung der wirtschaftlich eingesetzten Arbeitskraft als selbständiger Wert, der bei Vernichtung ganz oder teilweise vom Schädiger zu ersetzen ist (8 Ob 210/79 = ZVR 1980/231 = RIS-Justiz RS0030658; 2 Ob 208/75 = SZ 48/119 = ZVR 1976/320 = RIS-Justiz RS0030621; kritisch Harrer in der Besprechung der E 2 Ob 2/85, GesRZ 1985, 138, der unter Hinweis auf die deutsche Rechtslage eine objektiv-abstrakte Schadensberechnung beim Erwerbsschaden generell ablehnte [GesRZ 1985, 134]), sowie in der Vereinfachungswirkung einer derartigen objektiven Schadensberechnung auch bei Personenschäden, die viele kaum lösbare Probleme der Vorteilsanrechnung und der Drittschadensliquidation erspart (Ch. Huber, Der Schadenersatzanspruch eines geschäftsführenden Gesellschafters einer Personengesellschaft wegen Verdienstentgangs gemäß § 1325 ABGB, JBl 1987, 613 FN 25; Harrer in Schwimann aaO Rz 28 mit Ablehnung einer abstrakten Schadensermittlung).

3.) Exkurs: Zur deutschen Gesellschaft bürgerlichen Rechts:

Die herrschende Meinung in Deutschland spricht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach § 705 BGB nach wie vor die Qualifikation als juristische Person ab, wertet sie aber als rechtsfähig, soweit sie als Außengesellschaft durch Teilnahme am Rechtsverkehr Rechte und Pflichten begründet (Ulmer im MünchKomm BGB4 § 705 BGB Rn 254, 295, 303; Sprau in Palandt BGB65 § 705 Rz 24 und 33). Insoweit entspricht die Rechtsstellung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts jener von Personenhandelsgesellschaften (Ulmer aaO Rn 295). Das BGB geht in den §§ 705 bis 740 von der Außengesellschaft als Regeltyp aus (Ulmer aaO Rn 253). Der maßgebliche Unterschied zur Innengesellschaft, wie sie etwa bei bloßem Sondervermögen in Form von Ehegattengütergemeinschaften oder Erbengemeinschaften anzunehmen ist (Ulmer aaO Rn 292), liegt damit im Auftreten nach außen durch die für die Gesellschaft als Gesamthand handelnden Organe (Ulmer aaO Rn 305). Bei einem gemeinsamen Betrieb einer Landwirtschaft durch Ehegatten wird eine derartige Außengesellschaft idR zu bejahen sein (vgl auch BGH VersR 2001, 648f).

4.) Personengesellschaft und Verdienstentgang:

4.1. Gewinnminderung:

Schlägt sich der unfallbedingte Erwerbsausfall eines mitarbeitenden Gesellschafters einer Personen(handels)gesellschaft in einem Gewinnausfall der Gesellschaft nieder, kann der verletzte Gesellschafter Ersatz des Gewinnausfalls nur in dem Ausmaß fordern, der seiner gesellschaftlichen Beteiligung entspricht. Für die anderen Gesellschafter, die auch einen Erwerbsausfall in Höhe ihrer Gewinnbeteiligung erleiden, stellt dieser Ausfall nach herrschender Meinung nur einen - nicht ersatzfähigen - mittelbaren Schaden dar (RIS-Justiz RS0022525; 2 Ob 156/06i; Harrer in Schwimann aaO Rz 29; Reischauer aaO Rz 24a; vgl Dressler aaO Rn 14 f; Küppersbusch aaO Rn 154). In 2 Ob 156/06i wurde allerdings bereits angedeutet, dass die anderen Gesellschafter infolge Schadensverlagerung aufgrund der Gewinnverteilungsregelung die übrigen Gewinnanteile fordern könnten.

4.2. Effektive Kosten:

Entsteht ein Schaden durch Kosten einer tatsächlich eingestellten Ersatzkraft, so ist zunächst danach zu unterscheiden, wer die Ersatzkraft eingestellt oder beauftragt und die Kosten getragen hat. War dies eine (rechtsfähige) Gesellschaft, schuldet sie zwar im Verhältnis zur Ersatzkraft das Entgelt für dessen Arbeitsleistung; sie ist aber als nur mittelbar Geschädigte grundsätzlich nicht legitimiert, ihren Aufwand vom Schädiger zu verlangen (2 Ob 156/06i mwN). Der verletzte Gesellschafter selbst hat ebenfalls keinen Anspruch auf Ersatz der von der Gesellschaft getragenen Kosten (2 Ob 42/87 = SZ 61/178 = ZVR 1989/159; RIS-Justiz RS0022657).

Dem verletzten Gesellschafter und unmittelbar Geschädigten wird ein Anspruch auf Ersatz der Kosten einer von ihm selbst beauftragten und bezahlten Aushilfskraft entweder als Rettungsaufwand (Reischauer aaO Rz 37; vgl 2 Ob 48/86 = ZVR 1988/84) oder aufgrund seiner Treuepflicht als Gesellschafter, die sich in der Verpflichtung zur Tragung des Aufwands äußert (vgl 2 Ob 156/06i; vgl Küppersbusch aaO Rn 160), zugebilligt.

4.3. Fiktive Kosten:

Die bereits zitierte Entscheidung 2 Ob 2/85 sprach dem verletzten Gesellschafter einer OHG die Kosten einer Ersatzkraft für die Mehrarbeit seiner Mitgesellschafterin und Ehefrau zu. Diese Entscheidung war Anlass für ausführliche Kritik in der Lehre (Harrer, GesRZ 1985, 130ff; Ch. Huber aaO).

Die Entscheidung 4 Ob 2396/96y = SZ 70/93 = RIS-Justiz RS0022525 [T5]), welche die Beklagten als Argument gegen die Aktivlegitimation der hier Verletzten heranziehen, betraf einen Landwirt, der gemeinsam mit seiner Ehegattin in Form einer bürgerlichen Erwerbsgesellschaft (§ 1175 ABGB) einen landwirtschaftlichen Betrieb geführt hatte. Die unfallbedingte Einschränkung seiner Arbeitskraft wurde durch die Mehrleistungen seiner Ehegattin ausgeglichen, was letztlich Gewinneinbußen verhinderte. Der Oberste Gerichtshof verneinte die Aktivlegitimation des verletzten Landwirts, Kosten einer fiktiven Ersatzkraft geltend zu machen. Der Schaden in Form von Mehrleistungen sei auf die Ehegattin des verletzten Landwirts verlagert worden, weshalb auch nur sie zur Geltendmachung dieses Schadens legitimiert wäre. Der Oberste Gerichtshof verwies dabei auf die Judikatur zur Beschränkung des Schadenersatzanspruchs eines verletzten Gesellschafters einer Personen(handels)gesellschaft durch das Ausmaß seiner Gewinnbeteiligung sowie auf Harrer, Schadenersatzansprüche bei Verletzung eines geschäftsführenden Gesellschafters, GesRZ 1985, 130 ff und Ch. Huber aaO. Auf die Ausführungen des zuletzt genannten Autors (aaO 632) gestützt, nahm der Oberste Gerichtshof die fehlende Aktivlegitimation aufgrund einer Verlagerung des Schadens auf die „mehrleistende" Ehefrau an.

Dasselbe Ergebnis erzielte der Oberste Gerichtshof in dem zu 7 Ob 33/98y = JBl 1999, 185 entschiedenen Fall, der ebenfalls einen gemeinsamen Betrieb einer Landwirtschaft durch Ehegatten und Mehrleistungen (auch anderer) Familienangehöriger zum Gegenstand hatte. Der Oberste Gerichtshof lehnte die als vereinzelt geblieben bezeichnete Entscheidung 2 Ob 2/85 ab und verneinte im Sinn Harrers und Ch. Hubers die Aktivlegitimation des verletzten Gesellschafters einer bürgerlichen Erwerbsgesellschaft (deren Vorliegen noch zu prüfen war), den Ersatz für Mehrleistungen eines Mitgesellschafters zu fordern.

Ch. Huber verweist in seiner Besprechung der Entscheidung 2 Ob 156/06i (ZVR 2007, 409 [411]) zunächst auf die Gefahr einer partiellen Doppelliquidation, wenn man dem Verletzten und unmittelbar Geschädigten seine Gewinneinbuße und zusätzlich (bei teilweiser Gewinnschmälerung trotz tatsächlicher Einstellung einer Ersatzkraft) der Gesellschaft die (effektiven) Kosten einer Ersatzkraft einräumt. Wie oben zu 4.2. ausgeführt wäre die Gesellschaft aber insoweit als nur mittelbar Geschädigte nicht anspruchsberechtigt.

Dieses Problem stellt sich bei unentgeltlichen Mehrleistungen Dritter (auch der übrigen Gesellschafter) nicht, wenn dadurch Gewinneinbußen zur Gänze verhindert werden. Im konkreten Fall wäre die Gefahr einer Bereicherung des Geschädigten durch unangemessen hohe Kosten der Ersatzkraft (vgl dazu Reischauer aaO Rz 37; vgl Harrer in Schwimann aaO Rz 32) oder einer Verletzung der Schadensminderungspflicht durch den wirtschaftlich nicht zu rechtfertigenden Einsatz einer Aushilfe (vgl Küppersbusch aaO Rn 142) dadurch entschärft, dass der Ersatzanspruch der verletzten Gesellschafterin (nach dem oben wiedergegebenen Klagsvorbringen) beim Regress nach § 11 EKHG der Höhe nach mit dem 50 %igen Gewinnanteil der Landwirtin begrenzt wird („Deckelung").

Im Anschluss an seine Ausführungen zur Doppelliquidation schränkt Ch. Huber (aaO) seine in JBl 1987, 613 (631) vertretene Position zur Schadensverlagerung auf den „mehrleistenden" Dritten ein und plädiert nunmehr aus pragmatischen und prozessökonomischen Gründen für eine Bündelung der Kosten einer Ersatzkraft beim verletzten Gesellschafter.

Tatsächlich spricht viel dafür, die Aktivlegitimation des verletzten Gesellschafters als unmittelbar Geschädigtem in derartigen Konstellationen zu bejahen. Dass dieses Ergebnis pragmatisch wünschenswert wäre, wird in jenen Fällen deutlich, in denen die anderen Gesellschafter oder (wie hier) Familienangehörige, die nicht Gesellschafter sind, durch ihre Leistungen einen Gewinnausfall verhindern. Gerade bei landwirtschaftlichen und gewerblichen Familienbetrieben sind derartige unentgeltliche Hilfeleistungen von Angehörigen nach Ausfall eines Gesellschafters häufig anzutreffen. In solchen Fällen stellt sich dann die Frage nach der Schadensverlagerung, bei der eine Unterscheidung zwischen Ansprüchen der mehrleistenden Gesellschafter und jenen anderer unentgeltliche Hilfe Leistenden zusätzliche Probleme bereitet.

Lehre und Judikatur sehen eine Schadensverlagerung auf einen Dritten als gerechtfertigt an, wenn beim unmittelbar Geschädigten kein Vermögensnachteil eintritt, weil der Dritte zum Schädigungszeitpunkt aufgrund besonderer Rechtsbeziehungen zum Geschädigten das wirtschaftliche Risiko zu tragen hatte (RIS-Justiz RS0022608; RS0022578 [T4]; RS0022612 [T4]; Reischauer aaO § 1295 ABGB Rz 27; Karner in KBB² § 1295 ABGB Rz 17). „Klassische" Anwendungsfälle dieser Drittschadensliquidation sind die Lohnfortzahlung (RIS-Justiz RS0043287), die Überwälzung von Kosten auf den Leasingnehmer bei Beschädigung des Leasingobjekts (RIS-Justiz RS0020815; RS0050071) oder Gefahrtragungsregeln bei Kauf- oder Werkverträgen (RIS-Justiz RS0022563; JBl 2003, 379 = RdW 2003, 379).

Beim verletzungsbedingten Ausfall eines Gesellschafters sollen nach der bereits oben zitierten Judikatur (4 Ob 2396/96y; 7 Ob 33/98y) gesellschaftsvertragliche Risikotragungsregeln eine Schadensverlagerung auf den anderen mehrleistenden Gesellschafter rechtfertigen, was nur diesen zur Geltendmachung des Verdienstentgangs in Höhe der fiktiven Kosten einer Ersatzkraft legitimieren soll. Erbringen Familienangehörige, die nicht Gesellschafter sind, unentgeltlich Hilfsleistungen, geschieht dies idR in Erfüllung einer Unterhalts- oder Beistandspflicht (bei Kindern gegenüber Eltern oder Großeltern iSd subsidiären Unterhaltspflicht nach § 143 ABGB), nicht aber, um den Schädiger zu entlasten. Ist in dieser Unterhalts- oder Beistandspflicht eine besondere Rechtsbeziehung zu sehen, die den übrigen Drittschadensliquidationsfällen vergleichbar ist, ginge der Schaden nach der zitierten Judikatur auf die Familienangehörigen über. Dann wären nur sie legitimiert, die Kosten einer Ersatzkraft zu fordern. Personen, die nicht diesem Kreis der Angehörigen zuzuzählen sind (zB Nachbarn), könnten aber mangels einer gesetzlichen oder vertraglichen besonderen Rechtsbeziehung keine Schadensverlagerung in Anspruch nehmen.

Bei den nach § 1325 ABGB unter dem Titel verletzungsbedingte Mehraufwendungen zu ersetzenden unentgeltlichen Pflegeleistungen von Angehörigen bejahte der Oberste Gerichtshof hingegen mehrfach die Aktivlegitimation des Verletzten, diese Pflegeleistungen in Höhe der erforderlichen „professionellen" Pflegekosten vom Schädiger zu verlangen (RIS-Justiz RS0022789; 2 Ob 176/05d; vgl Reischauer aaO § 1325 Rz 12a).

Das selbe Ergebnis erzielt die höchstgerichtliche Judikatur bei den Besuchskostenfällen: Die Kosten von Krankenhausbesuchen durch nahe Angehörige werden zu den ersatzfähigen Heilkosten gezählt, jedenfalls wenn sie sorge- und beistandspflichtigen Verwandten entstehen (RIS-Justiz RS0009665 [T15]). Der Verletzte ist zur Geltendmachung dieses Aufwands im eigenen Namen berechtigt (RIS-Justiz RS0009696; RS0022710).

Die Bejahung der Aktivlegitimation des Verletzten bei derartigen ebenfalls unter § 1325 ABGB fallenden Ansprüchen, bietet einen Anhaltspunkt, das auch im Fall des Verdienstentgangs in Zusammenhang mit Personengesellschaften zu tun.

Nach Ansicht des erkennenden Senats ist eine entsprechende Bündelung der Ansprüche beim verletzten Gesellschafter jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn die Mehrleistung Dritter unentgeltlich für den Gechädigten erbracht wird, sie also diesem zugute kommen soll (Reischauer aaO § 1325 Rz 24a).

5.) Ergebnis:

Wird durch solche Mehrleistungen Dritter (Gesellschafter oder Angehöriger) ein Verdienstausfall einer Personengesellschaft verhindert, so ist der verletzte Gesellschafter berechtigt, die Kosten einer fiktiven Ersatzkraft vom Schädiger zu fordern.

Im konkreten Fall wurde die Aktivlegitimation der verletzten Beifahrerin daher zu Recht bejaht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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