OGH 2Ob177/06b

OGH2Ob177/06b12.4.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Max Dengg, Rechtsanwalt in Innsbruck, als Sachwalter gemäß § 157e KO im Liquidationsausgleich des Dr. Leonhard H*****, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Anfechtung (EUR 381.242,46 sA), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 18. Mai 2006, GZ 1 R 88/06k-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 23. Jänner 2006, GZ 14 Cg 109/04f-23, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Dr. Leonhard H***** (in der Folge: der Gemeinschuldner) wurde in zwei Finanzstrafverfahren mit den Urteilen des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 23. 4. 1997 und des Landesgerichtes Innsbruck vom 23. 2. 2001 zur Zahlung einer Geldstrafe von S 5 Mio und einer Ersatzfreiheitsstrafe von vier Monaten und zwei Wochen bzw einer Geldstrafe von S 11 Mio und einer Ersatzfreiheitsstraße von einem Jahr verurteilt. In beiden Strafverfahren wurden dem Gemeinschuldner zur Begleichung der Geldstrafen Ratenzahlungen gewährt. Der Gemeinschuldner leistete in der Folge in einem der beiden Strafverfahren beginnend mit 19. 9. 2001 in regelmäßigen Abständen von ungefähr einem Monat 16 Ratenzahlungen zu je EUR 18.168,21, sohin EUR 290.691,36, wobei er die letzte Zahlung am 10. 1. 2003 tätigte. Im anderen Strafverfahren leistete der Gemeinschuldner beginnend mit 2. 10. 2001 acht Ratenzahlungen zu je EUR 10.900,93, also insgesamt EUR 82.207,44, wobei er die letzte Zahlung am 22. 5. 2002 tätigte.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 18. 9. 2003 wurde über das Vermögen des Gemeinschuldners der Konkurs eröffnet und Dr. Max Dengg zum Masseverwalter bestellt. Nach Abschluss eines Zwangsausgleiches am 23. 6. 2004, den das Konkursgericht mit Beschluss vom 6. 8. 2004 bestätigte, wurde der Konkurs mit dem in Rechtskraft erwachsenen Beschluss vom 29. 10. 2004 aufgehoben. Gleichzeitig wurde, wie im Zwangsausgleich festgelegt, der bisherige Masseverwalter zum Sachwalter der Gläubiger gemäß § 157e KO bestellt und die Überprüfung der Erfüllung des Zwangsausgleiches durch den Sachwalter sowie eine Vermögensübergabe an ihn angeordnet. Des weiteren wurde dem Sachwalter die Ermächtigung erteilt, den anhängenden (gegenständlichen) Anfechtungsprozess auch nach Aufhebung des Konkurses fortzuführen.

Mit Beschlüssen vom 6. 7. 2004 hatte das Konkursgericht ausgesprochen, den ihm vom Masseverwalter mitgeteilten Beschluss des Gläubigerausschusses vom 15. 5. 2004 über eine Anfechtungsklage gegen die Republik Österreich über EUR 381.242,46 nicht gemäß § 95 KO aufzuheben und die Mitteilung des Masseverwalters über eine einzubringende Anfechtungsklage konkursgerichtlich zur Kenntnis zu nehmen.

Mit der am 9. 7. 2004 beim Erstgericht eingelangten Anfechtungsklage begehrte der (damalige) Masseverwalter von der beklagten Partei die Zahlung von EUR 381.242,46 sA und begründete sein Begehren im Wesentlichen damit, dass er die Geldstrafen-Ratenzahlungen aus den beiden Strafverfahren gemäß § 28 Z 2 KO, die letzten vier Ratenzahlungen auch gemäß § 30 Abs 1 Z 3 KO anfechte. Der Gemeinschuldner sei seit Jahren in massiven Zahlungsschwierigkeiten gewesen und habe zahlreiche exekutiv andrängende Gläubiger gehabt, zu denen seit 1996 auch das Finanzamt Innsbruck gezählt habe. Seit Anfang des Jahres 2001 seien Abgabenbescheide über S 40 Mio rechtskräftig und vollstreckbar gewesen. Die Zahlung von Raten einer Geldstrafe sei eine Rechtshandlung im Sinne des § 28 KO, die gemäß Z 2 dieser Bestimmung trotz kongruenter Deckung anfechtbar sei. Spätestens am Beginn des Jahres 2001 sei die materielle Insolvenz des Gemeinschuldners eingetreten. Dieser habe in Benachteiligungs- bzw Begünstigungsabsicht gehandelt, wovon die beklagte Partei angesichts des ihr bekannten Schuldenstandes in Kenntnis gewesen sei.

Die beklagte Partei wendete im Wesentlichen ein, die geltend gemachten Anfechtungstatbestände seien nicht erfüllt. Insbesondere hätten sich für die in den Strafverfahren tätigen Richter keine Anhaltspunkte für eine Benachteiligungs- oder Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners ergeben. Eine Sorgfaltsverletzung von Organen der beklagten Partei liege daher nicht vor. Keinesfalls käme es auf den Informationsstand anderer Bundesdienststellen, wie etwa des Finanzamtes Innsbruck, an.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Hiebei ging es vom eingangs wiedergegebenen (unstrittigen) Sachverhalt aus und erörterte rechtlich, die Ratenzahlung einer Geldstrafe sei weder eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne des § 28 KO noch Befriedigung eines Gläubigers im Sinne des § 30 KO. Geldstrafen wegen strafbarer Handlungen jeglicher Art könnten gemäß § 58 KO nicht als Konkursforderungen geltend gemacht werden. Daraus folge, dass eine Gleichbehandlung des Gläubigers einer ausgeschlossenen Forderung mit den Konkursgläubigern nicht beabsichtigt sei. Strafe sei ein gesetzliches Übel und diene der General- und der Spezialprävention. Das Anfechtungsrecht verfolge hingegen keine Strafzwecke, sondern habe die Beseitigung von Beeinträchtigungen des Befriedigungsrechts der Gläubiger zum Ziel.

Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht hob das erstinstanzliche Urteil zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung auf und sprach aus, dass der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig sei. Es sei ohne Zweifel davon auszugehen, dass es sich bei der Zahlung einer Kriminalstrafe um eine Rechtshandlung im Sinne des § 28 Z 2 KO handle. Von der Absichtsanfechtung seien auch Rechtshandlungen nicht ausgeschlossen, auf die der Antragsgegner einen gesetzlichen Anspruch hat; auch zwischen kongruenter und inkongruenter Deckung werde nicht unterschieden. Durch die Zahlung einer Geldstrafe befriedige der Verurteilte einen gesetzlichen Anspruch des Staates und rufe damit die rechtliche Wirkung hervor, dass die über ihn verhängte Geldstrafe abgestattet und die Ersatzfreiheitsstrafe nicht zu vollziehen sei.

Bei Prüfung der Anfechtbarkeit dieser Rechtshandlung erscheine es angebracht, auf die Intention des § 58 Z 2 KO zurückzugreifen, wonach Geldstrafen wegen strafbarer Handlungen jeder Art nicht als Konkursforderungen geltend gemacht werden könnten. Sinn dieser Bestimmung sei, dass die Folgen eines strafbaren Verhaltens des Schuldners nicht auch die Konkursgläubiger treffen sollten. Dies mache deutlich, dass auch die mit der Zahlung einer Kriminalstrafe verbundene Schmälerung des Befriedigungsfonds dieser Gläubiger nicht hingenommen werden müsse, sondern - bei Vorliegen aller übrigen Tatbestandsvoraussetzungen - anfechtbar sei.

Die grundsätzliche Anfechtbarkeit der Geldstrafenzahlung stehe auch zu den Zwecken einer Kriminalstrafe nicht im Widerspruch. Die erfolgreiche Anfechtung wirke nämlich nur zwischen dem Anfechtungsgegner und der Konkursmasse. Allen anderen Rechtsgenossen - also etwa dem Gemeinschuldner - gegenüber behalte die für unwirksam erklärte Rechtshandlung ihre Wirkungen. Der Bestand oder Nichtbestand der vom Schuldner gesetzten Rechtshandlung bleibe durch die erfolgreiche Anfechtung unberührt. Der Gemeinschuldner werde daher durch die Anfechtung von der Strafe nicht nachträglich befreit. Die Strafzwecke, nämlich Vergeltung sowie Spezial- und Generalprävention, seien schon durch die (anfechtbare) Zahlung der Geldstrafe erreicht worden. Ob der Gemeinschuldner die Geldstrafe im Falle eines Anfechtungserfolges noch einmal bezahlen oder die Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen werde müssen, könne aus anfechtungsrechtlicher Sicht ungeprüft bleiben. Die Klärung dieser Frage obliege dem Strafgericht.

Die erfolgreiche Anfechtung würde auch nicht zu einer Begünstigung des Gemeinschuldners führen. Der Erlös wäre nach dem Inhalt des Zwangsausgleichs nicht auf die vom Gemeinschuldner zu zahlende Zwangsausgleichsquote anzurechnen, sondern zusätzlich an die Gläubiger zu verteilen. Dem Gemeinschuldner würde daher der ersiegte Betrag nicht zugute kommen, da sich der Prozesserfolg auf die von ihm zu zahlende Quote nicht auswirken würde. Begünstigt wären ausschließlich die Gläubiger, weshalb die Anfechtung jedenfalls befriedigungstauglich sei. Zudem sei der Gemeinschuldner von der Zahlung der restlichen Geldstrafe gemäß § 156 Abs 7 KO durch den Zwangsausgleich nicht befreit. Das Berufungsgericht halte somit die ratenweise Zahlung der über den Gemeinschuldner verhängten Geldstrafe grundsätzlich für nach § 28 Z 2 KO anfechtbar.

Aber auch die Anfechtungsmöglichkeit nach § 30 Abs 1 Z 3 KO sei aufgrund der dargelegten Erwägungen nicht von vornherein ausgeschlossen, zumal nach dieser Gesetzesstelle nicht nur die Befriedigung eines Konkursgläubigers, sondern eines jeden Gläubigers, somit auch des Gläubigers einer nach § 58 KO vom Konkurs ausgeschlossenen Forderung, tatbestandsmäßig sei.

Ausgehend von der dargelegten Rechtsansicht erweise sich die Rechtssache als noch nicht spruchreif, weil die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 28 Z 2 und 30 Abs 1 Z 3 KO noch nicht geprüft worden seien. Es fehle an Feststellungen zur finanziellen Situation des Gemeinschuldners zum Zeitpunkt der strittigen Zahlungen, zur Benachteiligungs- und Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners sowie zu jenen Umständen, anhand derer beurteilt werden könne, ob die beklagte Partei in Kenntnis oder fahrlässigen Unkenntnis einer allfälligen Benachteiligungs- oder Begünstigungsabsicht gewesen sei.

Den Rekurs ließ das Berufungsgericht mit der Begründung zu, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Frage der Anfechtbarkeit der Zahlung einer wegen einer strafbaren Handlung verhängten Geldstrafe liege nicht vor.

Gegen den zweitinstanzlichen Aufhebungsbeschluss richtet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem Abänderungsantrag, das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die klagende Partei beantragte in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Die beklagte Partei macht geltend, bei der Zahlung einer gerichtlich verhängten Geldstrafe handle es sich nicht bloß um die Befriedigung einer Forderung; vielmehr werde dem Verurteilten ein vom Staat beabsichtigtes Übel zugefügt, das kriminalpolitisch wirksam sein und insbesondere der General- und Spezialprävention dienen solle. Ginge man von der Anfechtbarkeit der im Verhältnis zwischen Gemeinschuldner und der beklagten Partei jedenfalls weiterhin wirksamen Zahlung einer Geldstrafe aus, würde dies den Strafzwecken widersprechen. Durch die Rückzahlung an die Masse werde nämlich im Regelfall ein höheres Ausmaß an Entschuldung oder gar die gänzliche Entschuldung des Gemeinschuldners durch die Ermöglichung der Finanzierung eines Zwangsausgleiches bewirkt, sodass der Verurteilte letztlich begünstigt wäre. An dieser grundsätzlichen Einschätzung ändere auch der Umstand nichts, dass im vorliegenden Fall durch die Anfechtung nicht der Zwangsausgleich, sondern eine „Hyperquote" finanziert werden solle, zumal es bei Verzug mit den Zwangsausgleichszahlungen zu einem Wiederaufleben von Forderungen kommen könne. Die Anfechtbarkeit von Geldstrafenzahlungen stünde somit zu den Zielen des Strafrechts in einem unerträglichen Widerspruch. Da es sich bei Geldstrafen gemäß § 58 Z 2 KO um ausgeschlossene Ansprüche handle, könne die Anfechtung auch nicht mit der notwendigen Gleichbehandlung der Gläubiger begründet werden.

Hiezu wurde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass der erkennende Senat in der in dieser Rechtssache bereits ergangenen Entscheidung 2 Ob 243/05g = ZIK 2006/24 den Vorinstanzen trotz der in Rechtskraft erwachsenen Aufhebung des Konkurses die Fortsetzung des vom Kläger (als damaligem Masseverwalter) während des Konkursverfahrens eingeleiteten Anfechtungsprozesses aufgetragen hat.

Die über den Verurteilten in einem Strafverfahren verhängte Geldstrafe wird, soweit sie nicht bedingt nachgesehen wurde, mit Rechtskraft des Urteils zur Gänze fällig (Lässig in WK² § 19 Rz 39; derselbe in WK-StPO § 409 Rz 1). Erlegt der Verurteilte die Geldstrafe nicht unverzüglich, ist er gemäß § 409 Abs 1 StPO schriftlich aufzufordern, diese binnen 14 Tagen zu zahlen. Die Eintreibung richtet sich nach den §§ 6, 7 und 10 - 12 GEG (Lässig, WK-StPO § 409 Rz 2). Kann eine Geldstrafe nach diesen Vorschriften nicht eingebracht werden, so ist gemäß § 12 Abs 2 GEG die für diesen Fall bestimmte Freiheitsstrafe in Vollzug zu setzen (vgl 15 Os 165/00 = SSt 63/117 = EvBl 2001/98).

Wenn die unverzügliche Zahlung der Geldstrafe den Zahlungspflichtigen unbillig hart träfe, ist diesem gemäß § 409a Abs 1 StPO auf Antrag ein angemessener Aufschub zu gewähren, der - abhängig von Höhe und Art der Sanktion - die in § 409a Abs 2 StPO geregelten Fristen grundsätzlich nicht übersteigen darf (Lässig in WK² § 19 Rz 40; derselbe in WK-StPO § 409a Rz 4 ff).

Im vorliegenden Fall verfügte die beklagte Partei nach Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Urteile über fällige, wenngleich vorerst nicht titulierte - erst ein auf einem strafgerichtlichen Urteil gründender, gemäß § 6 GEG vom Kostenbeamten erlassener Zahlungsauftrag begründet einen verwaltungsbehördlichen Exekutionstitel im Sinne des § 1 Z 12 EO (vgl 8 Ob 544/92) - Geldforderungen gegen den Gemeinschuldner, deren Entrichtung in Teilbeträgen gemäß § 409a StPO bewilligt wurde.

Forderungen auf Zahlung von Geldstrafen wegen strafbarer Handlungen jeder Art sind keine Konkursforderungen, sondern gehören gemäß § 58 Z 2 KO zu den ausgeschlossenen Ansprüchen. Sie werden weder von der Konkurseröffnung noch vom Abschluss eines Zwangsausgleichs (§ 156 Abs 7 KO) oder von der Erteilung einer Restschuldbefreiung (§ 214 Abs 1 KO) berührt. Der Grund liegt darin, dass diese Forderungen aufgrund ihres pönalen Charakters nur den Schuldner persönlich und nicht die Konkursgläubiger durch Verminderung der Quote belasten sollen (vgl Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenzrecht, 99 f; ebenso zur Rechtslage in Deutschland, wo Geldstrafen nachrangige Konkursforderungen sind: Ehricke in MünchKomm, InSO § 39 Rn 19). Während des Konkurses konkurrieren Forderungen auf Zahlung von Geldstrafen daher auch nicht mit den Forderungen der Konkurs- und Massegläubiger; sie können nur durch Exekution in das konkursfreie Vermögen des Gemeinschuldners geltend gemacht werden (Bartsch/Pollak, Konkursordnung³ § 57 KO Anm 5).

Gegenstand der Anfechtung sind hier jene Zahlungen, die der Gemeinschuldner vor der Konkurseröffnung zur Tilgung der über ihn verhängten Geldstrafen geleistet hat, wobei sich der Kläger auf die Anfechtungstatbestände des § 28 Z 2 KO und hinsichtlich der letzten vier Teilzahlungen auch des § 30 Abs 1 Z 3 KO stützt.

Nach § 28 Z 2 KO sind alle Rechtshandlungen anfechtbar, durch welche die Gläubiger des Gemeinschuldners benachteiligt werden und die er in den letzten zwei Jahren vor der Konkurseröffnung vorgenommen hat, wenn dem anderen Teil die Benachteiligungsabsicht bekannt sein musste. Rechtshandlungen im Sinne dieses Anfechtungstatbestandes sind alle Handlungen, die rechtliche Wirkungen auslösen (RIS-Justiz RS0050539; Rebernig in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 27 KO Rz 48; König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung³ Rz 3/2 und Rz 7/2; Koziol/Bollenberger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht4 § 27 KO Rz 25). Der Anfechtungstatbestand setzt eine Rechtshandlung des Schuldners voraus (1 Ob 45/03d = EvBl 2004/202 = ZIK 2005/57; Rebernig aaO § 28 KO Rz 5; König aaO Rz 7/5; Koziol/Bollenberger aaO § 28 KO Rz 4). Deckungen eines Gläubigers aufgrund einer von diesem betriebenen Zwangsvollstreckung scheiden daher grundsätzlich von der Anfechtung aus (Rebernig aaO § 28 KO Rz 5; König aaO Rz 7/6; Koziol/Bollenberger aaO § 28 KO Rz 4). Eine (bestimmte) Gläubigerstellung des Anfechtungsgegners wird nicht gefordert (2 Ob 185/03z = EvBl 2006/10 = ZIK 2005/199). Auch der Gläubiger einer vom Konkurs ausgeschlossenen Forderung kann demnach Anfechtungsgegner sein. Kongruente Deckungen sind anfechtbar (RIS-Justiz RS0050757). Hiebei soll die Frage, ob die materielle Insolvenz des Schuldners im Zeitpunkt der Rechtshandlung bereits eingetreten war, nach der Rechtsprechung für den Maßstab der Prüfung der Benachteiligungsabsicht des Schuldners von Bedeutung sein (vgl 2 Ob 185/03z mwN; 1 Ob 156/05f = SZ 2005/146 = JBl 2006, 326; RIS-Justiz RS0064185; vgl Rebernig aaO § 28 KO Rz 13 f; König aaO Rz 7/10 ff).

Nach diesen Grundsätzen sind die dem gesetzlichen, nicht titulierten Anspruch der beklagten Partei gewidmeten Zahlungen des Gemeinschuldners - vorbehaltlich des Vorliegens aller weiteren Tatbestandsvoraussetzungen - als anfechtbare Rechtshandlungen im Sinne des § 28 KO zu qualifizieren.

Soweit die beklagte Partei den Zweck der Strafe dadurch gefährdet sieht, dass ein Gemeinschuldner, der seine Strafe tilge, durch den Rückfluss der geleisteten Beträge in die Konkursmasse im Regelfall begünstigt wäre, lässt sie Folgendes außer Betracht:

Nach ständiger Rechtsprechung entsteht der Anfechtungsanspruch gegenüber dem Anfechtungsgegner mit der Konkurseröffnung (8 Ob 140/99t = SZ 72/177; RIS-Justiz RS0064617). Der Masseverwalter (hier: der Sachwalter im Liquidationsausgleich) macht Rechte der Konkursmasse geltend, der Anfechtungserfolg ist gemäß § 39 Abs 1 KO „zur Konkursmasse", das heißt in die Konkursmasse zu leisten (8 Ob 140/99t; 4 Ob 100/04s = EvBl 2005/40 = ZIK 2005/97). Wird die (teilweise) Erfüllung einer Geldschuld erfolgreich angefochten, lebt gemäß § 41 Abs 2 zweiter Fall KO die ursprünglich bloß anfechtbar getilgte Forderung wieder auf (vgl SZ 58/114; 6 Ob 105/99f = ZIK 2000/276; RIS-Justiz RS0032229), sobald und soweit der Antragsgegner in die Masse geleistet hat (Rebernig aaO § 41 KO Rz 16; König aaO Rz 16/24; Koziol/Bollenberger aaO § 41 KO Rz 22). Die Forderung kann sodann im (hier allerdings bereits aufgehobenen) Konkurs nur als Konkursforderung geltend gemacht werden (§ 41 Abs 2 KO). Ist sie nicht geeignet, Konkursforderung zu sein, weil sie ihrer Natur nach im Konkurs nicht verfolgbar ist, so lebt sie dennoch wieder auf und kann während des Konkurses nur in das konkursfreie Vermögen oder - und nur diese Variante ist hier relevant - erst nach Aufhebung des Konkurses geltend gemacht werden (vgl Rebernig aaO § 41 KO Rz 19; Koziol/Bollenberger aaO § 41 KO Rz 24).

Werden demnach die Geldstrafenzahlungen des Gemeinschuldners erfolgreich angefochten, lebt die Forderung der beklagten Partei gegen den Verurteilten wieder auf. Die nur anfechtbar getilgte Geldstrafe wird weiterhin geschuldet und kann neuerlich gefordert bzw - in den Grenzen der strafrechtlichen Vollstreckungsverjährung (§§ 59 f StGB) - nach Schaffung eines Exekutionstitels (§ 6 GEG) eingetrieben werden. Dem steht auch der abgeschlossene Zwangsausgleich nicht entgegen, weil, wie erörtert, § 156 Abs 7 KO die in § 58 Z 2 KO bezeichneten Forderungen ausdrücklich unberührt lässt. Der erkennende Senat vermag sich daher den in der Revision geäußerten Bedenken gegen die (grundsätzliche) Anfechtbarkeit einer Geldstrafenzahlung nach § 28 Z 2 KO nicht anzuschließen.

Aber auch die Anfechtbarkeit der letzten vier, innerhalb der Frist des § 30 Abs 2 KO geleisteten Teilzahlungen des Gemeinschuldners nach § 30 Abs 1 Z 3 KO kann nicht ohne Prüfung der weiteren Tatbestandsmerkmale ausgeschlossen werden. Nach diesem Anfechtungstatbestand ist die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach dem Antrag auf Konkurseröffnung oder in den letzten 60 Tagen vorher vorgenommene Sicherstellung oder Befriedigung eines Gläubigers anfechtbar, wenn ihm die Absicht des Schuldners, ihn vor anderen Gläubigern zu begünstigen, bekannt war oder bekannt sein musste (subjektive Begünstigung). Richtig ist, dass dieser Anfechtungstatbestand - wie die übrigen Tatbestände der §§ 30, 31 KO - dem Schutz des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Gläubiger dient. Der Anfechtungserfolg soll die Konkursmasse so stellen, als ob der Konkurs schon bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (der relevanten Überschuldung) eröffnet worden wäre. Dementsprechend soll ein Gläubiger jene Zahlung oder Sicherstellung, die er von seinem Schuldner nach Eintritt der Insolvenzvoraussetzungen (aber noch vor Einleitung des gesetzlichen Verfahrens, das die gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger sicherstellen soll) erlangt hat, wieder in den der Befriedigung aller Gläubiger dienenden Fonds (die Konkursmasse) des Gemeinschuldners zurückstellen (6 Ob 339/00x = SZ 74/101 = ZIK 2001/271; 6 Ob 37/01m = ZIK 2001/270; vgl auch 7 Ob 84/02g; RIS-Justiz RS0064417 [T2]; Rebernig aaO § 30 KO Rz 1; König aaO Rz 10/1).

Aus dem im Rekurs betonten Umstand, dass die in § 58 Z 2 KO bezeichneten Forderungen nicht mit anderen Forderungen, die als Konkursforderungen geltend gemacht werden können, „gleich behandelt werden", ist kein stichhältiges Argument gegen die Anfechtbarkeit der Befriedigung (oder Sicherstellung) vom Konkurs ausgeschlossener Ansprüche zu gewinnen. Im Gegenteil: Soll schon die Begünstigung eines Konkursgläubigers zu Lasten der anderen anfechtbar sein, so muss dies umso eher für den Fall gelten, dass der Gläubiger einer ausgeschlossenen Forderung aus dem den Konkursgläubigern (und Massegläubigern) vorbehaltenen Haftungsfonds Befriedigung erlangt (vgl Rebernig aaO § 30 KO Rz 55 mwN aus dem deutschen Schrifttum). Folgerichtig - und nicht den Sinn der Bestimmung verkennend, wie die beklagte Partei in ihrem Rechtsmittel unterstellt - wird daher der Begriff des „Gläubigers" in § 30 KO in der Lehre einhellig dahin interpretiert, dass dieser nicht nur die Konkursgläubiger, sondern (unter anderen) auch die Gläubiger ausgeschlossener Forderungen umfasst (Rebernig aaO; König aaO Rz 10/15; Koziol/Bollenberger aaO § 30 KO Rz 13). Auch die Forderung auf Zahlung einer Geldstrafe kann demnach der Begünstigungsanfechtung nach § 30 Abs 1 Z 3 KO unterliegen.

Das Erstgericht hat somit die weitere Prüfung des Anfechtungsanspruches zu Unrecht schon wegen des Fehlens einer anfechtungstauglichen Rechtshandlung des Gemeinschuldners (§ 28 Z 2 KO) und der Befriedigung eines Gläubigers (§ 30 Abs 1 Z 3 KO) abgelehnt. Ausgehend von der dargelegten Rechtsansicht hat das Berufungsgericht richtig erkannt, dass es zur Klärung aller weiteren, insbesondere aber der subjektiven Voraussetzungen der geltend gemachten Anfechtungstatbestände, nämlich der Benachteiligungs- bzw Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners (nach ständiger Rechtsprechung schließt die erstere die letztere notwendig mit ein [vgl 1 Ob 156/05f mwN], während die letztere auch ohne die erstere bestehen kann [RIS-Justiz RS0064491]) und deren Kenntnis oder fahrlässigen Unkenntnis durch die Anfechtungsgegnerin noch ergänzender Tatsachenfeststellungen bedarf.

Die Behauptungs- und Beweislast für diese Umstände trifft den anfechtenden Sachwalter der Gläubiger (vgl RIS-Justiz RS0064172 [T1], RS0064383; König aaO Rz 7/48 und Rz 10/104). Zur Benachteiligungs- und Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners liegen auch ausreichende Behauptungen des Klägers vor. Soweit er sich jedoch zur Frage der Kenntnis oder fahrlässigen Unkenntnis der beklagten Partei vor allem auf den „Informationsstand des Finanzamtes Innsbruck" stützt, ist schon jetzt klarzustellen, dass dieser - wie die beklagte Partei auch eingewendet hat - hier nicht maßgeblich ist.

Ob der Anfechtungsgegner fahrlässig war, bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes danach, welche Auskunftsmittel ihm im Zeitpunkt der anzufechtenden Rechtshandlung zur Verfügung standen und ob es zumutbar war, sie heranzuziehen. Bei juristischen Personen kommt es dabei entscheidend auf das Wissen oder Wissenmüssen jener Personen an, die für den Anfechtungsgegner „mit der Sache befasst" waren (EvBl 1983/151; SZ 57/87; 4 Ob 2328/96y mwN; RIS-Justiz RS0064794; Rebernig aaO § 31 KO Rz 62). Ist der Anfechtungsgegner eine Gebietskörperschaft, ist (nur) die als Gläubiger fungierende Behörde „mit der Sache befasst". In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 308/99s im Zusammenhang mit der Anfechtung der Aufrechnung mit Steuerforderungen gegen Forderungen des Gemeinschuldners zum Wissen der Republik Österreich ausgeführt, es komme auf die Kenntnis der Beamtenschaft des Finanzamtes für Körperschaft als derjenigen Dienststelle der beklagten Partei an, welche die Abgabenforderungen einzutreiben gehabt und durch Aufrechnung letztlich reduziert habe (vgl auch 2 Ob 185/03z, wo auf einen „mit der Erforschung der Anfechtungsfestigkeit eingegangener Zahlungen betrauten Bediensteten" des Finanzamtes abgestellt und dieser Behörde ein allfälliges Organisationsverschulden zugerechnet wurde; vgl ferner Rebernig aaO § 28 KO Rz 21 und § 30 KO Rz 147 je iVm § 31 KO Rz 62; König aaO Rz 11/20).

Dem Finanzamt Innsbruck kommt im vorliegenden Fall keine Gläubigerstellung zu. Diese Behörde war auch weder mit der Einforderung noch mit der Verbuchung oder Verwaltung der angefochtenen Zahlungen des Gemeinschuldners betraut, sodass sich der Kläger nicht mit Erfolg auf das Wissen der Bediensteten dieser Behörde berufen kann.

Er hat sich in erster Instanz aber auch darauf gestützt, dass die beklagte Partei auch aus anderen Umständen, wie etwa der Höhe der Geldstrafe und der Tatsache von Ratenzahlungen auf die Benachteiligungs- bzw Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners schließen habe müssen, ohne dieses Vorbringen hinsichtlich der „mit der Sache befassten" Personen näher zu konkretisieren. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht daher mit dem Kläger die dargelegte Rechtsansicht gemäß § 182a ZPO zu erörtern und ihm die Möglichkeit zu ergänzendem Sachvorbringen und ergänzenden Beweisanboten zu geben haben.

Dem Rechtsmittel war somit ein Erfolg zu versagen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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