OGH 2Ob243/05g

OGH2Ob243/05g3.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Max Dengg, Rechtsanwalt in Innsbruck, als Sachwalter gemäß § 157e KO im Liquidationsausgleich des Dr. Leonhard H*****, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Anfechtung (EUR 381.242,46 sA), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 17. August 2005, GZ 1 R 134/05y-15, womit der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 8. März 2005, GZ 14 Cg 109/04f-11, in der Hauptsache bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.) Die Bezeichnung der klagenden Partei wird von Dr. Leonhard H*****, vertreten durch den Sachwalter gemäß § 157e KO Dr. Max Dengg, Rechtsanwalt in Innsbruck, richtig gestellt auf: Dr. Max Dengg, Rechtsanwalt in Innsbruck, als Sachwalter gemäß § 157e KO im Liquidationsausgleich des Dr. Leonhard H*****.

2.) Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Einstellungsbeschlüsse der Vorinstanzen werden ersatzlos aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Über das Vermögen des Gemeinschuldners wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 18. 9. 2003 das Konkursverfahren eröffnet; Dr. Max Dengg, Rechtsanwalt in Innsbruck, wurde zum Masseverwalter bestellt.

Mit den Urteilen des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 23. 4. 1997 sowie des Landesgerichtes Innsbruck vom 23. 2. 2001 wurde der Gemeinschuldner zur Zahlung einer Geldstrafe von S 5 Mio und einer Ersatzfreiheitsstrafe von vier Monaten und zwei Wochen bzw einer Geldstrafe von S 11 Mio und einer Ersatzfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. In beiden Strafverfahren wurden dem Gemeinschuldner zur Begleichung der Geldstrafen Ratenzahlungen gewährt. Der Gemeinschuldner leistete in der Folge in einem der beiden Strafverfahren beginnend mit 19. 9. 2001 in regelmäßigen Abständen von ungefähr einem Monat 16 Ratenzahlungen zu je EUR 18.168,21, sohin EUR 290.691,36, wobei er die letzte Zahlung am 10. 1. 2003 tätigte. Im anderen Strafverfahren leistete der Gemeinschuldner beginnend mit 2. 10. 2001 acht Ratenzahlungen zu je EUR 10.900,93, also insgesamt EUR 82.207,44, wobei er die letzte Zahlung am 22. 5. 2002 tätigte.

Am 23. 6. 2004 wurde im Konkursverfahren zwischen dem Gemeinschuldner und seinen Gläubigern ein Zwangsausgleich abgeschlossen und der Masseverwalter mit Konkursaufhebung zum Sachwalter der Gläubiger gemäß § 157e KO bestellt. Der Gemeinschuldner übergab dem Masseverwalter als künftigem Sachwalter gemäß § 157e KO sein gesamtes Vermögen zur Verwertung mit der Einschränkung gemäß Punkt 7 des Zwangsausgleiches. Gemäß Punkt 5 wurde der Masseverwalter ermächtigt, etwaige Anfechtungs- oder Leistungsprozesse auch nach Konkursaufhebung als Sachwalter der Gläubiger weiterzuführen und das erfließende Realisat an die Gläubiger quotenmäßig zu verteilen (Konkursakt ON 56).

Mit Beschlüssen vom 6. 7. 2004 (ON 73 und 74) sprach das Konkursgericht aus, den ihm vom Masseverwalter mitgeteilten, in der Gläubigerausschusssitzung vom 15. 5. 2004 über eine Anfechtungsklage gegen die Republik Österreich über EUR 381.242,46 gefassten Beschluss des Gläubigerausschusses nicht gemäß § 95 KO aufzuheben und die Mitteilung des Masseverwalters über eine einzubringende Anfechtungsklage konkursgerichtlich zur Kenntnis zu nehmen.

Der Zwangsausgleich wurde mit Beschluss des Konkursgerichtes vom 6. 8. 2004 - aufgenommen in die Insolvenzdatei am selben Tag - bestätigt (ON 80).

Mit Beschluss des Konkursgerichtes vom 29. 10. 2004 (ON 106), bekanntgemacht am 2. 11. 2004, wurde das Konkursverfahren nach rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsausgleiches aufgehoben. Auf die Konkursgläubiger entfiel eine Quote von 20 % nebst der Verwertungsquote. Zum Sachwalter wurde Dr. Max Dengg, Rechtsanwalt in Innsbruck, bestellt. Die Überprüfung der Erfüllung des Zwangsausgleiches durch einen Sachwalter sowie eine Vermögensübergabe wurden angeordnet. Dem Sachwalter wurde die Ermächtigung erteilt, den anhängenden (gegenständlichen) Anfechtungsprozess 14 Cg 109/04f des Landesgerichtes Innsbruck gegen die Republik Österreich auch nach Aufhebung des Konkurses fortzuführen, da dies zur Erfüllung des Zwangsausgleiches erforderlich ist.

Am 7. 11. 2004 ist die Aufhebung des Konkurses in Rechtskraft erwachsen.

Mit der am 9. 7. 2004 beim Erstgericht eingelangten Anfechtungsklage begehrte der Masseverwalter von der beklagten Partei die Bezahlung von EUR 381.242,46 sA und begründete sein Begehren im Wesentlichen damit, dass er die Geldstrafen-Ratenzahlungen aus den beiden Strafverfahren gemäß § 28 und § 30 Abs 1 Z 3 KO anfechte.

Die beklagte Partei wendete im Wesentlichen ein, die Anfechtungstatbestände der §§ 28, 30 KO seien nicht erfüllt. Es existiere auch keine gesetzliche Grundlage für das Führen eines Anfechtungsprozesses gemäß den §§ 27 ff KO nach rechtskräftiger Aufhebung des Konkurses.

Das Erstgericht änderte die Parteienbezeichnung von Rechtsanwalt Dr. Max Dengg als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Gemeinschuldners auf den Gemeinschuldner, vertreten durch den Sachwalter gemäß § 157e KO Dr. Max Dengg. Zugleich stellte es das Verfahren formlos ein und verpflichtete die klagende Partei zum Ersatz der gesamten Verfahrenskosten.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass die Tätigkeit des Masseverwalters grundsätzlich ende, wenn der Konkurs gemäß § 139 Abs 1 KO rechtskräftig aufgehoben werde. Infolge der Aufhebung des Konkurses sei die Bezeichnung der klagenden Partei von Amts wegen richtig zu stellen. Hinsichtlich der formlosen Einstellung des Anfechtungsverfahrens stützte sich das Erstgericht auf die in der Lehre von König vertretene Rechtsauffassung und führte aus, dass - wie hier - im Falle einer Konkursaufhebung nach § 157 KO das Anfechtungsverfahren formlos einzustellen sei, weil in einem solchen Fall die Konkursmasse als Anspruchsberechtigter - im Unterschied zu einer Konkursaufhebung nach § 139 KO - die Konkursaufhebung auch nicht partiell überlebe und dem Gemeinschuldner und den Gläubigern der Konkursanfechtungsanspruch nicht zustehe, sodass auch diese den Prozess nicht fortsetzen könnten. Darüber hinaus sei die Rechtsstellung des Sachwalters bei Übergabe von Vermögen in § 157e KO dezidiert geregelt und sehe diese Bestimmung keine Weiterführung von Anfechtungsprozessen vor, wobei das Konkursgericht dem Sachwalter nicht mehr Rechte einräumen könne als ihm das Gesetz zugestehe. Da das Erstgericht das Klagebegehren auch inhaltlich als nicht gerechtfertigt erachtete, verpflichtete es die klagende Partei zum Ersatz der gesamten Verfahrenskosten.

Das Rekursgericht gab dem von der klagenden Partei gegen die formlose Einstellung des Verfahrens erhobenen Rekurs in der Hauptsache nicht Folge und hob lediglich die Kostenentscheidung des Erstgerichtes ersatzlos auf. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei und führte im Wesentlichen Folgendes aus:

Gemäß § 37 KO sei im Zuge eines Konkursverfahrens ausschließlich der Masseverwalter berechtigt, Anfechtungsprozesse zu führen. Daraus ergebe sich im Besonderen, dass es vor allem auch dem (ehemaligen) Gemeinschuldner verwehrt sei, einen Anfechtungsprozess zu führen oder einen solchen fortzuführen. Obwohl Konkursanfechtungsprozesse mit Rechtskraft der Konkursaufhebung grundsätzlich aufhörten, könne das Konkursgericht auch im Falle einer Konkursaufhebung nach Vollzug der Schlussverteilung gemäß § 139 Abs 1 KO den Masseverwalter im Hinblick auf eine mögliche Nachtragsverteilung analog § 138 KO mit der weiteren Verfolgung des Anfechtungsprozesses betrauen. Werde - wie im konkreten Fall - der Konkurs vom Konkursgericht nach rechtskräftiger Bestätigung des angenommenen Zwangsausgleiches gemäß § 157 KO aufgehoben, sei der Masseverwalter mit Rechtskraft der Konkursaufhebung zur Vertretung der Konkursmasse, die die Konkursaufhebung auch nicht zum Teil überlebe, sondern als Rechtssubjekt zur Gänze erlösche, hingegen nicht mehr befugt. Da dem Masseverwalter gemäß § 37 KO aber ein Anfechtungsmonopol zukomme, das Anfechtungsrecht also nur von ihm ausgeübt werde und somit weder dem Gemeinschuldner noch den Gläubigern ein Konkursanfechtungsanspruch zustehe, könne auch von dem gemäß §§ 157 ff KO vom Konkursgericht bestellten Sachwalter das Anfechtungsrecht nicht ausgeübt werden. Da die Konkursmasse nach Konkursaufhebung gemäß § 157 KO als Anspruchsberechtigter erloschen sei, ohne dass es zu einer Rechtsnachfolge gekommen wäre, sei aber ein Zustand eingetreten, der den Unterbrechungsgründen der §§ 155, 160 ZPO ähnlich sei. Nach der Lehre sei in einem solchen Fall das Verfahren eben formlos einzustellen.

Diese Einstellung erfasse aber nicht den Kostenerstattungsanspruch. Der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten für den beendeten Anfechtungsprozess bilde nämlich, hätte der Anfechtungsgegner bei gänzlicher Austragung obsiegt, eine Masseforderung gemäß § 46 Abs 1 Z 5 KO, für die nach der Konkursaufhebung der Gemeinschuldner hafte. Umgekehrt müsse aber auch dem (ehemaligen) Gemeinschuldner die Möglichkeit eröffnet werden, die Aufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Kosten zu beantragen, in dem zu prüfen sei, zu wessen Gunsten der an sich „erledigte" Anfechtungsprozess ausgegangen wäre, hätte er zu Ende geführt werden können. Im Sinne dieser Ausführungen könnte also das vom Erstgericht eingestellte Verfahren sowohl vom Anfechtungsgegner als auch vom ehemaligen Gemeinschuldner hinsichtlich der Kosten fortgesetzt werden, wobei allerdings eine solche Fortsetzung - da sich das Verfahren in einem Zustand befinde, der den Unterbrechungsgründen der §§ 155, 160 ZPO ähnlich sei - erst nach einer analog § 164 ZPO abzugebenden Aufnahmeerklärung möglich sei. Eine solche Aufnahmeerklärung sei bislang von keiner der Parteien abgegeben worden, sodass eine Entscheidung über die Kosten entgegen der Ansicht des Erstgerichtes derzeit jedenfalls nicht zu erfolgen habe. Aus diesem Grund sei die Kostenentscheidung des Erstgerichtes ersatzlos aufzuheben gewesen.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen gewesen, weil die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO gegeben seien; zur Frage der Einstellung eines anhängigen Anfechtungsprozesses im Falle einer Konkursaufhebung gemäß § 157 KO liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Im konkreten Fall sei die Einstellung des Verfahrens bestätigt worden, ohne dass über die Anfechtungsklage in der Sache selbst entschieden worden sei, sodass von einem dem § 528 Abs 2 Z 2 ZPO analogen Fall auszugehen sei.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Einstellungsbeschluss des Erstgerichtes ersatzlos aufgehoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen werde. Es könne bei systematischer Betrachtung keinen Unterschied machen, ob - bei entsprechender Autorisierung durch das Konkursgericht - im Falle einer Aufhebung nach § 139 Abs 1 KO der ehemalige Masseverwalter oder im Falle einer Aufhebung nach § 157 KO der ehemalige Masseverwalter und nunmehrige Sachwalter den Anfechtungsprozess fortführe.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die vom Rekursgericht bezeichnete Rechtsfrage im Interesse der Rechtsentwicklung von erheblicher Bedeutung iSd § 528 Abs 1 ZPO ist und weil die Einstellung des Verfahrens einer Zurückweisung der Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO gleichkommt (vgl auch Zechner in Fasching2 § 528 ZPO Rz 98 mwN), wie das Rekursgericht richtig erkannt hat; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Zu Punkt 1. des Spruches:

Aus Anlass des Revisionsrekurses ist zunächst auf die Frage der Bezeichnung der klagenden Partei einzugehen: Im - hier vorliegenden - Fall des gesetzlich nur unvollkommen geregelten Liquidationsausgleiches ist der Sachwalter nach hA Treuhänder in der Erscheinungsform der Ermächtigungstreuhand; er hat als solcher Eigenrechte inne und ist zum Einschreiten im eigenen Namen berechtigt (8 Ob 139/98v = SZ 71/176 mwN; RIS-Justiz RS0010504). Dies gilt nicht nur für das ihm übertragene Treugut, sondern auch für anhängige Anfechtungsprozesse, mit deren Weiterführung der Sachwalter als Nachfolger des (hier personell identischen) Masseverwalters vom Konkursgericht betraut wurde (auf die Zulässigkeit einer solchen Betrauung wird sogleich einzugehen sein). Im Sinne dieser Auffassung war die Bezeichnung der klagenden Partei vom Gemeinschuldner vertreten durch den Sachwalter auf den Sachwalter als solchen umzustellen. Damit wird lediglich die vom Erstgericht, das bereits auf § 157e KO Bezug genommen hat, gewählte Bezeichnung präzisiert. Im Übrigen ist eine Richtigstellung der Parteienbezeichnung gemäß § 235 Abs 5 ZPO in jeder Lage des Verfahrens auch von Amts wegen vorzunehmen.

Zu Punkt 2. des Spruches:

Mit der Frage der Fortsetzung eines Anfechtungsprozesses nach Konkursaufhebung hat sich der Oberste Gerichtshof in 3 Ob 613/86 = SZ 60/3 = JBl 1987, 667 = RIS-Justiz RS0064543 befasst. Im damaligen Fall einer Konkursaufhebung mangels kostendeckenden Vermögens gemäß § 166 Abs 2 KO idF vor dem IRÄG 1997 (nunmehr: § 166 KO) wurde ausgesprochen, nach Aufhebung des Konkurses könne ein Anfechtungsprozess in der Hauptsache nur fortgesetzt werden, wenn der ehemalige Masseverwalter mit der weiteren Geltendmachung des Anfechtungsanspruches betraut werde. Nach dem Beschluss des Konkursgerichtes sei die Fortsetzung des Anfechtungsprozesses vom Erlag eines Kostenvorschusses abhängig gemacht worden, den die Gläubiger binnen der festgesetzten Frist nicht erlegt hätten. Ob in der Hauptsache die „Einstellung des Verfahrens" auszusprechen (so das damalige Rekursgericht sowie OLG Innsbruck EvBl 1989/35), der Rechtsstreit als „erledigt" anzusehen oder wie beim Vorliegen eines Prozesshindernisses die Klage als unzulässig zurückzuweisen sei, sei letztlich nur eine Formulierungsfrage.

In der Lehre vertreten Petschek/Reimer/Schiemer (Das österreichische Insolvenzrecht 703) die Auffassung, Konkursanfechtungsansprüche und -prozesse um sie hörten mit Rechtskraft der Konkursaufhebung auf; das durch sie Erstrittene falle an den Anfechtungsgegner zurück.

König (Die Anfechtung nach der Konkursordnung3 Rz 18/16 f) lehrt Folgendes: Es sei nicht einzusehen, dass dann, wenn aus verfahrenspraktischen Erwägungen eine Schlussverteilung und ihr folgend die Konkursaufhebung vor endgültigem Abschluss des Anfechtungsprozesses ratsam sei - § 136 Abs 1 KO verlange im Zusammenhang nur die Beendigung allfälliger Prüfungsverfahren -, entweder die (Schlussverteilung und) Aufhebung nicht erfolgen könne oder aber die Gläubiger einem allfälligen Erlös aus dem Anfechtungsprozess entraten müssten. Sei die weitere Verfolgung wirtschaftlich vertretbar, so könne das Konkursgericht die Schlussverteilung zulassen und nach § 139 Abs 1 KO mit der Konkursaufhebung vorgehen, habe aber analog § 138 KO im Hinblick auf eine mögliche Nachtragsverteilung den Masseverwalter mit der weiteren Verfolgung des Anfechtungsprozesses zu betrauen. Erfolge eine solche Autorisierung des Masseverwalters nicht oder handle es sich um eine Konkursaufhebung gemäß §§ 157, 167 KO und hier wohl auch gemäß § 166 KO, so sei das Anfechtungsverfahren formlos einzustellen; die Konkursmasse als Anspruchsberechtigte überlebe hier die Konkursaufhebung auch nicht partiell, dem Gemeinschuldner und den Gläubigern stehe der Konkursanfechtungsanspruch nicht zu, sodass auch diese den Prozess nicht fortzusetzen vermöchten.

Koziol/Bollenberger (in Bartsch/Pollak/ Buchegger4 § 37 KO Rz 32) beschränken sich auf die Aussage, nach Aufhebung des Konkurses könne ein Konkursanfechtungsanspruch in der Hauptsache nur dann geltend gemacht werden, wenn der ehemalige Masseverwalter mit der weiteren Geltendmachung des Anfechtungsanspruches betraut werde; andernfalls sei das Verfahren formlos einzustellen.

Jelinek/Nunner-Krautgasser (in Konecny/ Schubert § 59 KO Rz 41) fügen dem hinzu, eine solche Fortsetzung sei nur im Anwendungsbereich des - die Nachtragsverteilung regelnden - § 138 KO zulässig, komme daher jedenfalls bei der Aufhebung nach § 139 KO, allenfalls auch bei der Aufhebung nach § 166 KO, nicht hingegen bei den sonstigen Aufhebungsvarianten in Betracht.

Auch nach Feil (KO5 § 157 Rz 2) ist das Anfechtungsverfahren bei einer Aufhebung des Konkurses nach § 157 KO formlos einzustellen.

In Deutschland war nach alter Rechtslage das Anfechtungsrecht des Konkursverwalters eng verknüpft mit seinem Amt gesehen worden; das Erlöschen seines Amtes wurde dementsprechend als Erledigung des materiellen Anfechtungsbegehrens gesehen. Bei dieser Rechtslage musste jeder Anfechtungsgegner das Interesse haben, einen Anfechtungsprozess über die Beendigung des Konkursverfahrens hinauszuzögern. Dem wirkt die gesetzliche Neuregelung des § 259 Abs 3 InsO (welche eine Fortführung des Anfechtungsstreites auch nach Aufhebung des Verfahrens ermöglicht, wenn dies im gestaltenden Teil des Insolvenzplanes vorgesehen ist) entgegen; sie schafft die Voraussetzungen dafür, dass der vom Insolvenzverwalter angestrengte Anfechtungsprozess in der Sache selbst zu Ende geführt wird. Sie eröffnet gleichzeitig die Möglichkeit, dass über die erfolgreiche Anfechtung eine Anreicherung der Mittel stattfindet, die dem Schuldner die Erfüllung des Insolvenzplanes erleichtern. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der gesetzlichen Regelung selbst, welche die Prozessführung für Rechnung des Schuldners anordnet, gleichzeitig jedoch die Möglichkeit benennt, dass im Plan Abweichendes vorgesehen wird. Es liegt nahe, dass der Anfechtungserlös im Rahmen des Insolvenzplanes den Gläubigern zugute kommt (all dies nach Lüer in Uhlenbruck, Insolvenzordnung12 § 259 Rz 15; vgl in diesem Kommentar auch Hirte zu § 129 Rz 24, 39).

Der erkennende Senat hegt schon gegen eine formlose „Einstellung" des Verfahrens Bedenken. Eine solche ist in der ZPO nicht vorgesehen; das österreichische Zivilprozessrecht kennt eine Beendigung des Prozessrechtsverhältnisses nur durch Klagsrücknahme, Vergleich, Urteil oder Klagszurückweisung (verstärkter Senat 8 ObA 2344/96f = SZ 71/175). Dieser Frage muss hier aber nicht weiter nachgegangen werden, weil die prozessbeendenden Einstellungsbeschlüsse der Vorinstanzen ohnehin aus dem Rechtsbestand zu entfernen sind, wie die folgenden Ausführungen zeigen werden.

Nach Auffassung des erkennenden Senates sind ähnliche Erwägungen, wie sie König zur Konkursaufhebung nach § 139 Abs 1 KO anstellt, auch im Falle einer Konkursaufhebung iVm einem Liquidationsausgleich gemäß § 157 Abs 2 iVm § 157e KO anzustellen. Es ist auch hier nicht einzusehen, dass mit der Konkursaufhebung auf den rechtskräftigen Abschluss des Anfechtungsprozesses gewartet werden müsste, damit die Gläubiger nicht den Erlös aus dem Anfechtungsprozess verlieren, und dass für den Anfechtungsgegner ein Anreiz bestehen soll, einen Anfechtungsprozess bis zur Beendigung des Konkursverfahrens zu verschleppen. Vielmehr ist es sachgerecht, auch hier eine Weiterführung des vom Masseverwalter begonnenen Anfechtungsprozesses durch den nunmehrigen Sachwalter nach Betrauung durch das Konkursgericht zuzulassen, damit den Gläubigern ein allfälliger Anfechtungserlös (ebenso wie der Erlös aus der Verwertung des dem Sachwalter übergebenen Vermögens) zugute kommen kann und nicht der Anfechtungsgegner aus der Konkursaufhebung ungerechtfertigten Vorteil zieht.

Im vorliegenden Fall war die Führung eines Anfechtungsprozesses gegen die beklagte Partei bereits Gegenstand eines (vom Konkursgericht nicht aufgehobenen) Beschlusses des Gläubigerausschusses. Im (konkursgerichtlichen bestätigten) Zwangsausgleich war die Bestellung des Masseverwalters zum Sachwalter der Gläubiger im Sinne des § 157e KO enthalten; der Schuldner übergab ihm sein gesamtes Vermögen zur Verwertung und erteilte ihm die Ermächtigung, den gesamten Verwertungserlös - über die vereinbarte 20 %-ige Quote hinaus - quotenmäßig an die Gläubiger zu verteilen; der Masseverwalter wurde weiters ermächtigt, Anfechtungsprozesse auch nach Konkursaufhebung als Sachwalter der Gläubiger weiterzuführen und das Realisat an die Gläubiger quotenmäßig zu verteilen. Im Konkursaufhebungsbeschluss des Konkursgerichtes wurde dem Sachwalter ausdrücklich die Ermächtigung erteilt, den zu diesem Zeitpunkt bereits anhängigen, mit der Aktenzahl bezeichneten Anfechtungsprozess auch nach Aufhebung des Konkurses fortzuführen (was in der vorinstanzlichen Darstellung der Aktenlage freilich nicht enthalten war).

Unter diesen Umständen besteht ausgehend von der dargestellten Rechtsansicht des erkennenden Senates kein Grund für eine Prozessbeendigung infolge Konkursaufhebung, in welcher Form immer. Dem Erstgericht war daher - unter ersatzloser Aufhebung der vorinstanzlichen Beschlüsse - die Fortsetzung des Verfahrens aufzutragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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