OGH 5Ob290/06t

OGH5Ob290/06t16.1.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Mag. Franz L*****, vertreten durch Dr. Franz Leopold, Notar in Graz, wegen Abschreibung eines Grundstücks von der EZ 1536 Grundbuch *****, über den „außerordentlichen" Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 21. September 2006, AZ 4 R 294/05t, womit die Zulassungsvorstellung und der ordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 19. Oktober 2005, AZ 4 R 294/05t, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ 1536 Grundbuch *****, zu welcher ua das 2.904 m² große GST-NR 452/2 gehört. Laut der im Grundbuch angegebenen Nutzung wird das GST-NR 452/2 landwirtschaftlich genutzt.

Der Antragsteller begehrte, das GST-NR 452/2 von der EZ 1536 Grundbuch ***** unter Mitübertragung näher bezeichneter ua sein Eigentumsrecht ausweisender Eintragungen abzuschreiben und hiefür eine neue EZ zu eröffnen. Der Antragsteller führte dazu in seinem Gesuch aus, es sei für das abzuschreibende Grundstück eine verschiedenartige Belastung vorgesehen.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der wesentlichen Begründung ab, eine Abschreibung ohne Änderung in den Eigentums- oder Belastungsverhältnissen sei nur bei Vorliegen trifftiger Gründe zulässig.

Das Rekursgericht gab dem gegen den Beschluss des Erstgerichts erhobenen Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Die Abschreibung einzelner Bestandteile eines Grundbuchkörpers und die Eröffnung einer neuen Einlage hiefür könne nur dann bewilligt werden, wenn die Teilung durch ein wirtschaftliches Interesse des Eigentümers gerechtfertigt sei oder zugleich Änderungen in den Eigentumsverhältnissen oder (pfandrechtlichen) Belastungen eintreten würden. Die bloße Behauptung einer „beabsichtigten verschiedenartigen Belastung" des abzuschreibenden Grundstücks reiche hiefür allein nicht aus.

Diese Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige nicht 20.000 Euro; dazu führte das Rekursgericht aus, „der in kurzem Wege erhobene Einheitswert (übersteige) für die landwirtschaftlichen Flächen nicht EUR 20.000,--". Der (ordentliche) Revisionsrekurs sei mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

Der Antragsteller erhob Zulassungsvorstellung gemäß § 63 AußStrG verbunden mit einem ordentlichen Revisionsrekurs gegen den Beschluss des Rekursgerichts. Das Rekursgericht wies die Zulassungsvorstellung samt dem ordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers zurück. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0117829) sei der Entscheidungsgegenstand in Grundbuchssachen grundsätzlich vermögensrechtlicher Natur, sodass die Rechtsmittelbeschränkungen des (jetzt) entsprechenden § 62 Abs 3 AußStrG in Verbindung mit § 126 Abs 2 GBG gelten würden. Beim Bewertungsausspruch sei gemäß § 59 Abs 3 AußStrG in Verbindung mit § 126 Abs 1 GBG der § 60 Abs 2 JN sinngemäß anzuwenden. Damit sei auf das Dreifache des Einheitswerts abzustellen (3 Ob 320/02h; 5 Ob 180/02k ua; RIS-Justiz RS0046526). Gegen den Bewertungsausspruch sei im Übrigen ein Rechtsmittel nicht zulässig (§ 59 Abs 4 AußStrG in Verbindung mit § 126 Abs 1 GBG). Soweit der Antragsteller meine, die Unrichtigkeit dieses Ausspruchs in der Zulassungsvorstellung rügen zu können, übersiehe er, dass nicht der Bewertungsausspruch nach § 59 Abs 2 AußStrG, sondern der Zulässigkeitsausspruch nach § 59 Abs 1 Z 2 in § 59 Abs 4 AußStrG gemeint sei. In der Sache selbst vermöge der Antragsteller nicht aufzuzeigen, dass die angefochtene Entscheidung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen sei, weshalb Zulassungsvorstellung und Revisionsrekurs zurückzuweisen seien. Die Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, dass gegen diesen Beschluss ein Rechtsmittel nicht zulässig sei. Gegen diesen Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers, in welchem dieser den Bewertungsausspruch des Rekursgerichts bekämpft und in der Sache - erschließbar - die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn der Stattgebung seines Eintragungsgesuchs anstrebt. Die Zurückweisung seiner Zulassungsvorstellung und seines Revisionsrekurses sei ebenso wie das vorangegangene Verfahren als rechtwidrig anzusehen, weil insbesondere auf die wesentliche Frage der Wertermittlung des Entscheidungsgegenstands nicht eingegangen worden sei. In der Rekursentscheidung sei lediglich lapidar festgestellt worden, dass der in kurzem Weg erhobene Einheitswert für die landwirtschaftlichen Flächen nicht 20.000 Euro übersteige. Es handle sich "bei den gegenständlichen Flächen" um gewerblich genutzte Flächen, deren Verkehrswert wesentlich über der Grenze von 20.000 Euro liege. Selbst unter Zugrundelegung des Einheitswerts, wobei „gemäß den Bestimmungen des Außerstreitgesetzes" der dreifache Einheitswert heranzuziehen sei, ergebe sich für „Gewerbeflächen dieser Art" ein den Betrag von 20.000 Euro übersteigender Wert. Da „über die Frage der Wertermittlung von Entscheidungsgegenständen" keine oberstgerichtliche Rechtsprechung bestehe, sei allein dieser Sachverhalt ausreichend für eine Vorlage des Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof. Unabhängig davon seien auch die anderen entscheidungsrelevanten Sachverhalte nicht einheitlich ausjudiziert, sodass auch dies das gegenständliche Rechtsmittel rechtfertige, wobei inhaltlich auf die Ausführungen der bisherigen Rechtsmittel verwiesen werde. Abschließend werde erwähnt, dass sich der Einschreiter allfällige Amtshaftungsansprüche aus der gegenständlichen Verfahrensdauer und dem Verfahrensablauf vorbehalte.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

1. Gemäß § 126 Abs 1 GBG (idF des AußStrBegleitG BGBl I 2003/112) gilt für die Entscheidung des Rekursgerichts § 59 AußStrG (nF). Nach § 126 Abs 2 GBG kann der Beschluss des Rekursgerichts nach Maßgabe der §§ 62, 63 und 66 AußStrG angefochten werden, wobei die Bestimmungen der §§ 122 bis 125 GBG - hinsichtlich des § 63 Abs 2 AußStrG sinngemäß - zu beachten sind. Ein Revisionsrekurs, der aus einem anderen Grund als wegen des Fehlens der Voraussetzungen nach § 62 Abs 1 AußStrG unzulässig ist, ist vom Gericht erster Instanz, allenfalls vom Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen; dies gilt auch für einen Antrag nach § 63 Abs 1 AußStrG, mit dem ein ordentlicher Revisionsrekurs verbunden ist.

2. Gemäß § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG hat das Rekursgericht - falls der Revisionsrekurs nicht nach § 62 Abs 2 AußStrG jedenfalls unzulässig ist - in seinem Beschluss auszusprechen, ob der ordentliche Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 zulässig ist. Hat das Rekursgericht - wie hier - nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, und besteht ein Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur nicht ausschließlich in einem Geldbetrag, so hat das Rekursgericht gemäß § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 20.000 Euro übersteigt oder nicht. Beim Ausspruch nach § 59 Abs 2 AußStrG sind die §§ 54 Abs 2, 55 Abs 1 bis 3, 56 Abs 3, 57, 58 und 60 Abs 2 JN sinngemäß anzuwenden. Gegen die Aussprüche nach § 59 Abs 1 Z 1 und Abs 2 AußStrG findet gemäß § 59 Abs 4 AußStrG kein Rechtsmittel statt. Die Unrichtigkeit eines Ausspruchs nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG kann - außer in einer Zulassungsvorstellung - nur in einem außerordentlichen Revisionsrekurs, allenfalls in der Beantwortung eines ordentlichen Revisionsrekurses geltend gemacht werden. § 59 AußStrG entspricht demnach - mit angeglichenen Zitaten - dem § 13 AußStrG aF idF der WGN 1997 (RV 224 BlgNR 22. GP 53).

3. Der Entscheidungsgegenstand in Grundbuchssachen ist grundsätzlich

vermögensrechtlicher Natur (5 Ob 124/03a = RdW 2004/180, 212 = NZ

2005/13, 24; 5 Ob 49/97k = NZ 1998, 219), was auch für den

vorliegenden Fall zutrifft. Das Rekursgericht hat hier - mangels eines in einem Geldbetrag bestehenden Begehrens - ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 nicht zulässig ist; daher war gemäß § 59 Abs 2 AußStrG eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands vorzunehmen und auszusprechen, ob dessen Wert (insgesamt) 20.000 Euro übersteigt oder nicht. Der Ausspruch des Rekursgerichts über den Wert des Entscheidungsgegenstands war gemäß § 13 Abs 4 AußStrG aF und ist gemäß § 59 Abs 4 AußStrG unanfechtbar und bindet grundsätzlich auch den Obersten Gerichtshof (vgl RIS-Justiz RS0042385); dies gilt nach bisheriger und infolge materiell unveränderter Rechtslage auch auf der Grundlage des neuen Außerstreitrechts fortzuschreibender Rechtsprechung nur dann nicht, wenn der Bewertungsausspruch von zwingenden gesetzlichen Bewertungsgrundsätzen abweicht (1 Ob 83/05w mwN; vgl RIS-Justiz RS0042450; RS0042437) oder nach dem Gesetz überhaupt keine Bewertung vorzunehmen gewesen wäre (vgl RIS-Justiz RS0042437; RS0042410). Es wurde auch schon ausgesprochen, dass keine Bindung bestehe bei offensichtlich unrichtiger Bewertung und einem dadurch willkürlich herbeigeführten Rechtsmittelausschluss oder einer rechtsmissbräuchlichen Rechtsmittelerweiterung (vgl RIS-Justiz RS0042410).

4. Eine grundsätzlich zwingende Bewertungsvorschrift ist insbesondere § 60 Abs 2 JN (4 Ob 40/06w). Danach ist bei unbeweglichen Sachen auf den „Steuerwert für die Gebührenbemessung" abzustellen. Die Bestimmung ist anzuwenden, wenn eine grundsteuerpflichtige unbewegliche Sache streitverfangen ist (RIS-Justiz RS0046509). Die Bewertung hat aufgrund jenes Betrags zu erfolgen, der im Normalfall für die Bemessung der Grunderwerbsteuer maßgeblich ist; das ist nach § 6 GrEStG der dreifache Einheitswert (5 Ob 180/02k = RPflSlgG 2847 = MietSlg 54.583; 3 Ob 320/02h = SZ 2003/134; 2 Ob 40/05d = ÖJZ-LSK 2006/32; RIS-Justiz RS0046526). Hinsichtlich einer einzelnen Grundparzelle aus einer Liegenschaft wird regelmäßig kein eigener Einheitswert bestehen. Ein solcher kann auch nicht als der dem Flächenmaß entsprechende verhältnismäßige Anteil des Einheitswerts angenommen werden (RIS-Justiz RS0046526). Wenn nicht ein ideeller, sondern ein realer Teil einer Liegenschaft ohne eigenen Einheitswert streitverfangen ist, muss demnach eine Bewertung erfolgen (3 Ob 320/02h = SZ 2003/134; 7 Ob 667/90 = SZ 64/1 = JBl 1991, 597; RIS-Justiz RS0046526 [T3]). Nach den vom Obersten Gerichtshof gepflogenen Erhebungen besteht auch im vorliegenden Fall für das allein den Gegenstand des Grundbuchsgesuchs bildende GST-NR 452/2 der EZ 1536 Grundbuch ***** kein eigener (selbstständiger) Einheitswert; Gegenteiliges wird vom Antragsteller auch gar nicht behauptet. Die hier vom Rekursgericht vorgenommene Bewertung war demnach notwendig.

5. Da für das GST-NR 452/2 der EZ 1536 Grundbuch ***** kein eigener (selbstständiger) Einheitswert besteht, ist folglich auch § 60 Abs 2 JN unanwendbar, womit wiederum feststeht, dass das Rekursgericht mit der notwendigen Bewertung des Entscheidungsgegenstands jedenfalls nicht gegen zwingende Bewertungsvorschriften verstoßen hat. Aber auch eine rechtsmissbräuchliche Bewertung durch das Rekursgericht vermag der Antragssteller nicht darzutun; soweit er behauptet, es handele sich „bei den gegenständlichen Flächen" um gewerblich genutzte Flächen, widerspricht diese Behauptung der für das GST-NR 452/2 im Grundbuch angeführten Nutzungsart. Für seinen gegenteiligen Standpunkt und zum vermeintlich „wesentlich" über der Grenze von 20.000 Euro liegenden Verkehrswert fehlt ein urkundlicher Nachweis.

6. Soweit der Antragsteller meint, „über die Frage der Wertermittlung von Entscheidungsgegenständen" bestehe keine oberstgerichtliche Rechtsprechung, genügt der Hinweis auf die oben jeweils angeführten Literaturnachweise, die eine umfangreiche Rechtsprechung zu den hier maßgeblichen Fragen belegen.

7. Insgesamt ergibt sich, dass die vom Rekursgericht vorgenommenen Bewertung des Entscheidungsgegenstands im vorliegenden Fall notwendig war, dabei nicht gegen zwingende gesetzliche Bewertungsvorschriften vorstoßen wurde und der Antragsteller keine Anhaltspunkte dartut, die die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Bewertungen durch das Rekursgericht nahe legen könnten. Der Oberste Gerichtshof ist daher an die Bewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Rekursgericht gebunden und das vom Antragsteller dagegen erhobene Rechtsmittel ist gemäß § 59 Abs 4 AußStrG iVm § 126 Abs 1 GBG unzulässig und zurückzuweisen.

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