OGH 1Ob83/05w

OGH1Ob83/05w24.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Heinz B*****, infolge Revisionsrekurses der Marianne K*****, vertreten durch Dr. Michael Bereis, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 4. Jänner 2005, GZ 25 R 248/04d, 249/04a und 250/04y-46, womit der Rekurs gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichts Mistelbach vom 16. März 2004, GZ 12 A 157/03h-26 bis 28, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG (aF) zurückgewiesen (§ 16 Abs 3 AußStrG (aF) iVm § 528a und § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der Erblasser war zur Hälfte Miteigentümer einer Liegenschaft. Weitere Hälfteeigentümerin ist die geschiedene Gattin des Verstorbenen, die nunmehrige Revisionsrekurswerberin, die sich im Scheidungsvergleich 1987 verpflichtete, die notwendigen Erklärungen „für die Abtretung ihrer Miteigentumsrechte an der Liegenschaft" abzugeben. Die Durchführung dieser Verpflichtung unterblieb. Mit der Amtsbestätigung ON 27 bestätigte das Abhandlungsgericht, dass aufgrund des Scheidungsvergleichs und des Ergebnisses der Verlassenschaftsabhandlung der Anspruch auf Übertragung des Eigentumsrechts an der der geschiedenen Ehegattin gehörenden Liegenschaftshälfte auf den Testamentserben übergegangen sei. Mit der Einantwortungsurkunde ON 28 wurde der Nachlass dem Testamentserben aufgrund dessen zum gesamten Nachlass abgegebenen unbedingten Erbserklärung zur Gänze eingeantwortet. Schließlich erließ das Erstgericht auch den sogenannten „Mantelbeschluss" (ON 26).

Den von der geschiedenen Ehegattin gegen diese Beschlüsse erhobenen Rekurs wies das Rekursgericht als unzulässig zurück; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR nicht übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der geschiedenen Ehegattin komme keine formelle Parteistellung zu; die materielle Beschwer fehle ihr deshalb, da sie durch die vom Erstgericht ausgestellte Amtsbestätigung nicht unmittelbar in ihren Rechten verletzt sei. Die Amtsbestätigung spreche nämlich rein deklarativ aus, dass der dem Erblasser aufgrund des Vergleichs zukommende Anspruch auf Übertragung des Eigentumsrechts am Hälfteanteil der Liegenschaft im Wege der Universalsukzession auf den Testamentserben übergegangen sei. Den Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands begründete das Rekursgericht damit, dass „ein 20.000 EUR übersteigender Wert aufgrund der von der Anfechtung umfassten Liegenschaftshälfte nicht indiziert" sei. Dagegen richtet sich das mit „1. außerordentlicher Revisionsrekurs,

2. in eventu Antrag nach § 14a AußStrG (alt) verbunden mit Revisionsrekurs" bezeichnete Rechtsmittel der geschiedenen Ehegattin, das in Wahrheit nur die Amtsbestätigung (ON 27) bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zwar nicht absolut, aber mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 14 Abs 1 AußStrG (aF) unzulässig.

Der gemäß § 13 Abs 2 AußStrG (aF) vorgenommene Ausspruch des Rekursgerichts über den Wert des Entscheidungsgegenstands ist gemäß § 13 Abs 4 AußStrG (aF) unanfechtbar, es sei denn, der Bewertungsausspruch wiche von gesetzlichen Bewertungsgrundsätzen ab (EFSlg 67.426; EvBl 1995/114 ua). Im vorliegenden Fall ist der Wert des Entscheidungsgegenstands gemäß § 102 Abs 3 AußStrG (aF) idF BGBl I 2001/131 mit dem dreifachen Einheitswert jener Liegenschaftshälfte vorgegeben, hinsichtlich derer die Rechtsmittelwerberin Rechte behauptet (vgl EFSlg 79.088). § 60 Abs 2 JN bzw analog auch § 102 Abs 3 AußStrG (aF) ist nicht nur bei der Bewertung von gesamten Liegenschaften, sondern - wie hier - auch bei der Bewertung von ideellen Liegenschaftsanteilen anzuwenden (siehe Gitschthaler in Fasching I2 Rz 32 zu § 60 JN mwN; 3 Ob 320/02h). In diesen Fällen bildet der aliquote Teil des Einheitswerts den Streit-bzw Entscheidungsgegenstand. Gemäß dem im Verlassenschaftsakt erliegenden eidesstättigen Vermögensbekenntnis beträgt der anteilige Einheitswert des Hälfteanteils EUR 12.972,10, der dreifache anteilige Einheitswert sohin EUR 38.916,30. Dieser Wert des ideellen Hälfteanteils stellt zugleich den Wert des rekursgerichtlichen Entscheidungsgegenstands dar, der 20.000 EUR übersteigt. Der Ausspruch des Rekursgerichts über den Wert des Entscheidungsgegenstands verstößt somit gegen zwingende Bewertungsvorschriften, sodass der Oberste Gerichtshof an den Bewertungsausspruch nicht gebunden ist. Der Revisionsrekurs ist daher in den Schranken des § 14 Abs 1 AußStrG (aF) zulässig. Die Revisionsrekurswerberin zeigt jedoch keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 14 Abs 1 AußStrG (aF) auf:

Nur einem Erben, einem Pflichtteilnehmer oder Verlassenschaftsgläubiger kommt im Abhandlungsverfahren Partei- oder Beteiligtenstellung iSd § 9 AußStrG (aF) zu (NZ 1987, 130; EFSlg 52.563; EFSlg 39.550; RIS-Justiz RS0006249). Die Revisionsrekurswerberin, die infolge Nichtabgabe der Aufsandungserklärung zu Lebzeiten des Erblassers als Schuldnerin der Verlassenschaft anzusehen ist, ist nicht Beteiligte des Verlassenschaftsverfahrens. Ihr steht daher grundsätzlich kein Rekursrecht zu. Zwar können auch am Abhandlungsverfahren nicht beteiligte Dritte rechtsmittellegitimiert sein, sofern sie durch die im Verfahren ergangenen gerichtlichen Verfügungen des Abhandlungsgerichts in ihren subjektiven Rechten verletzt sind (SZ 56/123; RIS-Justiz RS0006248). Dies ist hier aber nicht der Fall:

Wie schon das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, greift die bekämpfte Amtsbestätigung, die inhaltlich keine Bestätigung iSd § 178 AußStrG (aF) darstellt, nicht in die Rechte der Rechtsmittelwerberin ein. In diesem Beschluss wird lediglich festgehalten, dass der Anspruch auf Übertragung des Eigentumsrechts vom Erblasser auf den eingeantworteten Erben übergegangen ist. Dies hat lediglich zur Folge, dass die Revisionsrekurswerberin die Aufsandungserklärung nunmehr diesem gegenüber abzugeben haben wird. Ihr Gläubiger ist nicht mehr - wie bisher - der Erblasser, sondern dessen Erbe. Letzterer wird unter Berufung auf den Scheidungsvergleich gegebenenfalls auf Abgabe der Aufsandungserklärung klagen müssen. In jenem Verfahren wird es der Revisionsrekurswerberin freistehen, gegen den Klagsanspruch einzuwenden, der Anspruch auf Übertragung der Liegenschaftshälfte sei infolge Verstreichens der Jahresfrist des § 95 EheG erloschen. Im Außerstreitverfahren hat die Klärung dieser Frage jedoch nicht zu erfolgen.

Die Befürchtung der Revisionsrekurswerberin, ihre Rechtsstellung sei deshalb beeinträchtigt, da sich der Erbe allein auf Grund der Amtsbestätigung (ohne dass sie zuvor die Aufsandungserklärung abgegeben hätte) als Eigentümer der Liegenschaft im Grundbuch einverleiben lassen könne, ist nicht berechtigt, zumal darin nicht bestätigt wird, der Erbe könne „in den öffentlichen Büchern" als Eigentümer des bezeichneten Grundstücksteils eingetragen werden. Inwieweit die Revisionsrekurswerberin durch die Erlassung der Einantwortungsurkunde und des „Mantelbeschlusses " in ihren Rechten verletzt sein soll, zeigt sie nicht auf.

Der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.

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