OGH 2Ob24/05a

OGH2Ob24/05a12.5.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christian R*****, vertreten durch Dr. Christian Slana, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Michael K*****, vertreten durch Dr. Peter Posch und Dr. Ingrid Posch, Rechtsanwälte in Wels, wegen EUR 8.550 sA und Feststellung (Streitwert EUR 2.000), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 10. November 2004, GZ 1 R 138/04a-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilzwischenurteil des Landesgerichtes Wels vom 24. Mai 2004, GZ 6 Cg 42/04i-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass es als Teilurteil zu lauten hat:

Das Leistungsbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei EUR 8.550 samt 4 % Zinsen seit 15. 4. 2003 zu zahlen, wird abgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der als Einzelunternehmer in Deutschland ansässige Beklagte war im Februar 2003 im Gemeindegebiet von St. Konrad, Bezirk Gmunden, mit Holzernte- und Waldarbeiten befasst, wofür er sich eines sogenannten „Rückezuges", einer mit hydraulischem Greifarm somit Greifer ausgestatteten Holzerntemaschine, bediente. Am 25. 2. 2003 beauftragte er die Firma Pühringer Bau- und Installations GmbH, seinen Raupenbagger samt Zubehör von seiner Maschinenhalle in Bayern nach St. Konrad zu transportieren. Der bei dem beauftragten Unternehmen als Kraftfahrer beschäftigte Kläger wurde von seinem Arbeitgeber mit dem Transport betraut, den er mit Hilfe eines LKWs (der nicht mit einem Ladekran ausgerüstet war) und eines Tiefladers durchführte. Am vorgesehenen Entladeort in St. Konrad lud zunächst der Vater des Beklagten, der den Transport begleitet und schon - unter Mithilfe des Klägers - für die Beladung gesorgt hatte, den auf dem Tieflader beförderten Bagger ab. Danach sollten von der Ladefläche des LKWs die zwei je ca. 300 kg schweren Metallkisten mit dem Zubehör unter Verwendung des Baggers abgeladen werden. Da diese Vorgehensweise aber wegen Platzmangels nicht möglich war, wies der Beklagte den Kläger an, einige 100 m zum Standort des Rückezuges weiterzufahren, um in weiterer Folge mit diesem die Kisten abladen zu können. Beim Rückezug angekommen, stieg der Kläger von sich aus, ohne vom Beklagten darum ersucht oder aufgefordert worden zu sein, auf die Ladefläche des LKWs, während sich der Beklagte in die Kabine des Rückezuges begab und diesen in Betrieb nahm. An einer der Kisten befand sich ein noch vom Beladevorgang stammendes „Kettengehänge", das aus zwei Ketten mit je einem Haken an einem Ende und einem die gegenüberliegenden Endglieder verbindenden Metallring bestand. Der Beklagte fährt schon viele Jahre mit einem Rückezug und hat damit schon wiederholt Lasten unter Verwendung eines in den Greifer eingeklemmten Kettengehänges transportiert. Dabei war die Kette entweder von einer Hilfsperson oder - falls eine solche nicht zur Verfügung stand - von ihm selbst in den geöffneten und in die richtige Position gebrachten Greifer eingelegt worden. Auch der Kläger ergriff - im stillschweigenden Einvernehmen mit dem Beklagten - das Kettengehänge, um dessen durch den Ring verbundenen Teil in den vom Beklagten an die Kisten herangerückten und geöffneten Greifer einzulegen. Bei dieser Arbeit waren der Kläger und der in der Kabine des Rückezuges sitzende Beklagte ca 6 bis 7 m von einander entfernt. Eine akustische Verständigung war wegen des Motorenlärms nicht möglich. Die Sicht des Beklagten auf den Kläger war durch die hochgeklappten Ladebordwände des LKWs und durch den Greifer eingeschränkt. Noch während der „Manipulationen" des Klägers schloss der Beklagte den Greifer, „wohl in der Annahme, dass der Kläger diese Arbeiten beendet" hatte und „sich nicht mehr im Gefahrenbereich des Greifers" befand. Dem Beklagten war in diesem Augenblick zwar die Sicht auf die Hände des Klägers genommen. Der Kläger stand jedoch so nahe beim Greifer, dass dieser sich - für den Beklagten erkennbar - in Reichweite seiner Hände befand. Tatsächlich hatte der Kläger noch eine Hand im geöffneten Greifer, als dieser sich plötzlich schloss. Er wurde dabei an dieser Hand schwer verletzt.

Mit der vorliegenden, am 27. 2. 2004 eingebrachten Klage begehrte der Kläger EUR 7.000 an Schmerzengeld, EUR 1.500 als Entschädigung gemäß § 1326 ABGB und EUR 50 an im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Unfall stehenden pauschalierten Unkosten (ambulante Kontrollen, Fahrtkosten und sonstige Spesen) sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle künftigen Folgen aus dem Unfall vom 25. 2. 2003. Das Alleinverschulden an dem Unfall treffe den Beklagten, der sich mangels Eingliederung des Klägers in das fremde Unternehmen auch nicht mit Erfolg auf das Haftungsprivileg des § 333 ASVG berufen könne.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, insbesondere das ihm angelastete Verschulden und berief sich überdies auf den Haftungsausschluss nach § 333 ASVG. Er sei bei Verrichtung der Abladetätigkeiten in das Unternehmen des Arbeitgebers des Klägers eingegliedert gewesen und habe diesen gegenüber dem ihm weisungsunterworfenen Kläger vertreten.

Das Erstgericht, welches das Verfahren auf den Grund des Anspruches eingeschränkt hatte, erkannte mit Teilzwischenurteil das Leistungsbegehren des Klägers als dem Grunde nach zu Recht bestehend. Es ging vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt aus und traf noch folgende Feststellungen:

Das Abladen war von dem Transportauftrag nicht umfasst. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte dem Kläger irgendeine Anweisung gegeben hätte, dass er das Einlegen des Kettengehänges in den Greifer übernehmen solle bzw wie dies zu geschehen habe. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Kläger dem Beklagten ein Zeichen (durch Kopfnicken) gegeben hätte, welches (zweifelsfrei) zum Ausdruck gebracht habe, dass der Beklagte den Greifer nun schließen könne.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, der Sachverhalt sei nach österreichischem Recht zu beurteilen. Es bejahte das Verschulden des Beklagten, weil dieser den Greifer geschlossen habe, obwohl sich der Kläger noch im Gefahrenbereich befunden habe und eine zweifelsfreie „Freigabe" des Schließvorganges nicht feststehe. Zu dem auf § 333 ASVG bezogenen Einwand führte das Erstgericht aus, die Streitteile hätten den Entladevorgang zwar gemeinsam, aber eigenständig und gleichrangig in Angriff genommen, ohne dass ein Verhältnis von Über- und Unterordnung vorgelegen sei. Die Mitwirkung des Klägers sei als die noch übliche Unterstützung eines transportierenden LKW-Lenkers anzusehen, aus welcher eine - wenn auch nur kurzfristige - Eingliederung in den Betrieb des Beklagten nicht abgeleitet werden könne.

Das vom Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, wonach der Beklagte den Greifer nicht schließen hätte dürfen, solange er nicht erkennen konnte, dass sich der Kläger nicht mehr im Gefahrenbereich befinde. Zum Einwand des Haftungsausschlusses nach § 333 ASVG erörterte es, die von den Dienstgebern finanzierte gesetzliche Unfallversicherung sei nach ihrer historischen Wurzel als Ablöse der Haftpflicht des einzelnen Unternehmers konstruiert. Die Rechtsprechung habe dieses Haftungsprivileg weit über das Verhältnis zwischen einem sozialversicherungsrechtlichen Dienstgeber und einem Dienstnehmer hinaus ausgedehnt und sehe auch Personen als Dienstgeber an, die mit dem Versicherten zwar nicht in einem von persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit geprägten arbeits- oder sozialversicherungsrechtlichen Dienstverhältnis stünden, wohl aber in einem engen Kooperationsverhältnis mit dem Hauptmerkmal der betrieblichen Eingliederung in der Art eines eigenen Arbeitnehmers. Eine betriebliche Tätigkeit im Sinne des § 176 Abs 1 Z 6 ASVG setze kein tatsächliches Arbeitsverhältnis voraus und könne daher auch bei bloß freiwilliger Mitarbeit vorliegen. Sie setze aber eine ernstliche, dem Unternehmen dienende planmäßige Tätigkeit, die wirtschaftlich als Arbeit zu werten sei, voraus. Sie müsse dem mutmaßlichen oder wirklichen Willen des Unternehmers entsprechen und ihrer Art nach üblicherweise von Personen verrichtet werden, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen. Es genüge, wenn der Geschädigte nur kurzfristig und vorübergehend dem Betrieb des Schädigers eingegliedert werde, d. h. sich in diesen in der Art eines Dienstnehmers einordne, wobei Hauptcharakteristikum die Bereitschaft sei, sich den Weisungen des Unternehmers zu unterstellen. Die Eingliederung sei aber zu verneinen, wenn Aufforderungen nicht als Weisungen, sondern aus Gefälligkeit befolgt werden würden. Der Arbeitnehmer eines Lieferunternehmens sei bei der Ladetätigkeit für den Kunden nur für seinen eigenen Arbeitgeber tätig und stehe daher nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Kunden. Auch im vorliegenden Fall fehle es an der Eingliederung des Klägers in dem Betrieb des Beklagten. Im Gegensatz zu den vom Obersten Gerichtshof zu 6 Ob 88/01m und 2 Ob 40/79 entschiedenen Sachverhalten sei der Kläger hier vom Beklagten nicht zur Mithilfe beim Entladen aufgefordert worden. Da er nur aus Gefälligkeit mitgeholfen habe, sei ihm die Entscheidung freigestanden, ob, in welchem Ausmaß und wie lange er tätig werde. Demnach habe aber ein wesentliches Merkmal der betrieblichen Eingliederung, nämlich die Bereitschaft zur Befolgung von Weisungen gefehlt. Helfe ein Arbeitnehmer eines Lieferunternehmens „typischerweise" bei Be- und Entladearbeiten des Kunden mit, sei er noch nicht in dessen Betrieb eingegliedert. An dieser Beurteilung würde auch nichts ändern, wenn der Kläger tatsächlich zur Befolgung von Anweisungen des Beklagen bereit gewesen wäre - die Unterlassung einer derartigen Feststellung wurde vom Beklagten als sekundärer Verfahrensmangel gerügt -, weil dies ebenso in Ansehung allfälliger Anweisungen an den Beklagten gelte. Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil im Hinblick auf die ausdehnende Auslegung des Haftungsprivilegs durch das Höchstgericht, etwa in den beiden zitierten Entscheidungen, eine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes vorliegen könnte. Zur „Weiterentwicklung und Vereinheitlichung der oberstgerichtlichen Judikatur, insbesondere bei Be- bzw Entladevorgängen," erscheine eine Befassung des Obersten Gerichtshofes vertretbar.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer Abweisung des „Klagebegehrens" (gemeint wohl: des Leistungsbegehrens) abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel des Beklagten zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den Voraussetzungen der Eingliederung eines Arbeitnehmers in den Betrieb eines fremden Unternehmers abgewichen ist; sie ist auch berechtigt.

Die gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

In der Rechtsrüge vertritt der Beklagte die Ansicht, sämtliche Voraussetzungen für einen Haftungsausschluss nach § 333 Abs 1 ASVG lägen vor. Die Abladetätigkeit des Klägers habe nicht mehr den Interessen seines Arbeitgebers, sondern jenen des Beklagten gedient. Er sei daher, wenn auch nur kurzfristig und vorübergehend, in den Betrieb des Beklagten eingegliedert gewesen. Durch die Mitwirkung am Entladevorgang habe er auch seine Bereitschaft gezeigt, sich der den Arbeitsgang bestimmenden Leitung des Beklagten zu unterstellen. Ob der Beklagte tatsächlich Weisungen erteilt habe, sei unerheblich. Auch dem Umstand, dass der Kläger freiwillig und bloß aus Gefälligkeit mitgeholfen habe, komme keine maßgebliche Bedeutung zu. Entscheidend sei, dass die Hilfstätigkeit als eine wirtschaftlich objektiv nützliche Arbeitsleistung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt charakterisiert werden müsse, da der Beklagte ohne die Hilfstätigkeit des Klägers entweder einen anderen Arbeitnehmer beiziehen oder die Arbeit selbst hätte verrichten müssen.

Dazu wurde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass das Erstgericht die kollisionsrechtliche Frage, mit der sich das Berufungsgericht nicht befasste, richtig gelöst hat. Demnach ist die entscheidungswesentliche Frage des Haftungsprivilegs des Dienstgebers, der nach § 333 Abs 1 ASVG nur für die vorsätzliche Verursachung eines Arbeitsunfalles haftet, nach österreichischem Recht zu beurteilen. Wie das Berufungsgericht insoweit richtig erkannte, ist die von den Dienstgebern finanzierte Unfallversicherung als Ablöse der Haftpflicht des einzelnen Dienstnehmers konstruiert (SZ 50/156; 6 Ob 88/01m; Neumayr in Schwimann ABGB2 § 333 ASVG Rz 2). Die Ablösefunktion kommt nicht nur in dem Bereich zum Tragen, in dem Unfallversicherungsbeiträge eingezahlt werden, sondern nach ständiger Rechtsprechung auch in den Fällen des erweiterten gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes. Das Haftungsprivileg gilt daher auch bei Unfällen, die Arbeitsunfällen gleichgestellt sind, also auch dann, wenn dem Geschädigten ein Dienstgeber im weitesten Sinn gegenübersteht (6 Ob 88/01m; Neumayr aaO Rz 8 mwN). Das in Österreich seit 1. 12. 1998 in Geltung stehende Übereinkommen vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (EVÜ) ist auf vertragliche Schuldverhältisse bei Sachverhalten, die eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen, anzuwenden (Art 1 Abs 1 EVÜ). Auf Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse ist mangels einer Rechtswahl in der Regel das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrages gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, selbst wenn er vorübergehend in einen anderen Staat entsandt ist (Art 6 Abs 2 lit a EVÜ). Obwohl im Falle des Klägers schon das nach EVÜ berufene Vertragsstatut für die Anwendung österreichischen Rechts spricht, kann diese Frage dahingestellt bleiben, weil der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 6 Ob 88/01m (= ZfRV-LS 2002/14 = RIS-Justiz RS0077356 [T2]) das Haftungsprivileg des § 333 ASVG als im öffentlichen Interesse erlassene österreichische arbeitsrechtliche Eingriffsnorm qualifiziert hat, die der Sonderanknüpfung nach dem eigenen räumlichen Anwendungswillen des rechtssetzenden Staates unterliegt (vgl auch Schwimann in Rummel ABGB2 § 44 IPRG Rz 7; auf diesen verweisend Rudisch in Czernich/Heiss, Das Europäische Schuldvertragsübereinkommen, Kommentar, Art 6 Rz 23 sowie Verschraegen in Rummel ABGB3 II/6 Art 6 EVÜ Rz 37). An dieser noch zu § 44 IPRG ergangenen Rechtsprechung ist festzuhalten, zählen doch Normen, die überindividuelle Interessen verfolgen, zu den „international zwingenden Normen" im Sinne des Art 7 EVÜ (Verschraegen aaO und Art 7 EVÜ Rz 6; Schwimann, Internationales Privatrecht3 97 f; Heiss in Czernich, Heiss aaO Art 7 Rz 1), nach dessen Abs 2 das Übereinkommen die Anwendung der nach dem Recht des Staates des angerufenen Gerichtes geltenden Bestimmungen, die ohne Rücksicht auf das den Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regeln, nicht berührt. Selbst wenn daher nach dem Arbeitsvertrag ausländisches Recht anzuwenden wäre, bliebe hiedurch die Anwendung des § 333 ASVG unberührt (6 Ob 88/01m = ZfRV-LS 2002/14).

Tatbestandsmäßige Voraussetzung für das Haftungsprivileg des Dienstgebers nach § 333 ASVG ist - neben dem hier nicht relevanten Fall der Berufskrankheit - das Vorliegen eines Arbeitsunfalles. Nach ständiger Rechtsprechung gilt dieses Haftungsprivileg auch bei Unfällen, die durch § 176 Abs 1 Z 6 ASVG Arbeitsunfällen gleichgestellt sind (SZ 70/236 mwN; RIS-Justiz RS0085264). Dies trifft auf solche Unfälle zu, die sich bei einer betrieblichen Tätigkeit des Verletzten ereignen, wie sie sonst ein nach § 4 ASVG Versicherter ausübt, auch wenn dies nur vorübergehend geschieht. Für das Vorliegen einer betrieblichen Tätigkeit ist wesentlich, dass es sich um eine - wenn auch nur kurzfristige - ernstliche, dem in Frage stehenden Unternehmen dienliche Tätigkeit handelt, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht, die ihrer Art sowie den Umständen nach sonst von Personen verrichtet zu werden pflegt, die aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses von dem Unternehmer persönlich oder wirtschaftlich abhängig sind (§ 4 ASVG) und durch die ein enger ursächlicher Zusammenhang mit dem Unternehmen hergestellt wird (SZ 48/123; SZ 52/66 = EvBl 1980/24; 8 Ob 73/87; RIS-Justiz RS0083555, insbesondere T8). Auf die Dauer und Häufigkeit der Tätigkeit kommt es nicht an (8 Ob 78/87; 2 Ob 1/89; RIS-Justiz RS0084134). Ebenso sind die Beweggründe für die Tätigkeit unmaßgeblich (SZ 48/123; SZ 68/138; RIS-Justiz RS0084197).

In Fällen, in denen zwei Betriebsunternehmer als Vertragskontrahenten einander gegenüberstehen, ist die Haftung des einen Unternehmers bei Verletzung eines Betriebsangehörigen des anderen Unternehmers durch § 333 ASVG solange nicht ausgeschlossen, als jeder Unternehmer innerhalb der Sphäre seines eigenen Betriebes tätig bleibt. Zum Haftungsausschluss kommt es aber dann, wenn der Verletzte die Sphäre seines eigenen Betriebes verlässt und sich dem Aufgabenbereich des anderen Unternehmers, wenn auch nur kurzfristig, einordnet (SZ 52/66 = EvBl 1980/24; RdA 1987/21; 2 Ob 24/86; 2 Ob 146/88; 2 Ob 280/98k; RIS-Justiz RS0021534).

Unter einer ernstlichen Arbeit versteht man dabei Handlungen, die auch sonst in dem in Frage stehenden Betrieb anfallen und üblicherweise von einem Arbeitnehmer im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichtet werden (SZ 52/66 = EvBl 1980/24; SSV-NF 16/81 = RdW 2002/67 mwN; 10 ObS 247/03a; RIS-Justiz RS0084164). Der Verletzte muss bei Verrichtung dieser Tätigkeit überdies in den fremden Betrieb eingegliedert sein, ohne dass ein Verhältnis persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit bestehen müsste (SZ 52/66 = EvBl 1980/24; SSV-NF 6/85; 10 ObS 247/03a). Entscheidende Bedeutung kommt somit dem tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang zu, in dem im konkreten Fall die helfende Tätigkeit verrichtet wird. Es muss sich um eine arbeitnehmerähnliche, betrieblich spezifische Tätigkeit handeln, die als Ausübung der Erwerbstätigkeit erscheint, durch die ein innerer ursächlicher Zusammenhang mit dem Unternehmen hergestellt wird (SZ 70/236 mwN; SSV-NF 11/91; SSV-NF 16/81 = RdW 2002/67 ua).

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kann eine betriebliche Tätigkeit auch bei bloß freiwilliger Mitarbeit vorliegen (SZ 48/50; RIS-Justiz RS0084231). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes steht der Eingliederung in den fremden Betrieb daher nicht entgegen, dass die Mithilfe nicht aufgrund einer Aufforderung des Unternehmers, sondern freiwillig und aus bloßer Gefälligkeit erfolgt. Wesentlich ist bei der Verrichtung des Gefälligkeitsdienstes nur, dass die Tätigkeit ihrer Art nach einer abhängigen Beschäftigung entspricht und dass sie nicht zum eigenen betrieblichen Aufgabenbereich des Verletzten gehört (SZ 68/138; SZ 70/236). Der Helfende ist auch dann in das (fremde) Unternehmen eingegliedert, wenn er mit ausdrücklichem oder stillschweigend zum Ausdruck kommendem oder nach Lage der Sache zu vermutendem Einverständnis des Unternehmers handelt und zumindest bereit ist, nach den den Arbeitsvorgang bestimmenden Weisungen des Unternehmers, in dessen Interesse (auch) die Tätigkeit ausgeübt wird, oder dessen Vertreters zu handeln (SZ 48/123 mwN). Auch derjenige kann also als eingegliedert angesehen werden, der unaufgefordert und ohne vorherige Absprache aus eigenem Entschluss helfend eingreift (SZ 68/138; SZ 70/236; RIS-Justiz RS0084209 [T5]), wobei bereits seine Bereitschaft genügt, sich während seiner Tätigkeit im fremden Aufgabenbereich den Weisungen des fremden Unternehmers (oder des von diesem bestellten Aufsehers) zu unterwerfen (SZ 52/66 = EvBl 1980/24; RdA 1987/447; 2 Ob 2411/96i; RIS-Justiz RS0084209). Eine bloß aus Gefälligkeit geleistete Tätigkeit kann zwar jederzeit eingestellt und die weitere Mitarbeit kann verweigert werden; solange sie aber geleistet wird, wird auch die Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, sich den Anweisungen des Unternehmers zu fügen (SZ 52/66 = EvBl 1980/24; 2 Ob 353/97v; RIS-Justiz RS0084231 [T5]). Die Tätigkeit muss sich objektiv als eine wirtschaftlich nützliche Arbeitsleistung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt charakterisieren lassen, wobei es zur Begründung des Versicherungsschutzes ausreicht, wenn es für den Helfenden wesentlich war, auch dem Unternehmen, dem seine Hilfe gilt, zu dienen (SSV-NF 9/67; SZ 68/138; SZ 70/236).

Werden diese Grundsätze auf den im vorliegenden Fall festgestellten Sachverhalt angewendet, kann der Ansicht des Berufungsgerichtes, die auf bloßer Gefälligkeit beruhende Hilfstätigkeit des Klägers beim Abladen der Metallkisten habe keine Eingliederung in den Betrieb des Beklagten bewirkt, nicht gefolgt werden. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes war das Abladen der Kisten vom Transportauftrag des Beklagten nicht erfasst. Der LKW, dessen sich der Kläger zum Transport bediente, war auch gar nicht mit einer Entladevorrichtung ausgestattet. Obwohl beide Streitteile noch in erster Instanz übereinstimmend die Auffassung vertraten, das Entladen des LKWs wäre Sache des Transportunternehmers gewesen, wurde die davon abweichende Feststellung nicht bekämpft. Im Revisionsverfahren ist nunmehr unstrittig, dass das Abladen der Kisten in den Aufgabenbereich des Beklagten fiel und der Kläger „nur" aus Gefälligkeit half. Der in der Revisionsbeantwortung geäußerten Ansicht des Klägers, das Abladen entspreche nicht einmal ansatzweise der Tätigkeit eines Landschaftspflegers, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Es steht fest, dass sich der Beklagte zur Ausführung der von ihm als Unternehmer übernommenen Aufträge verschiedener Arbeitsmaschinen, unter anderem seines Raupenbaggers, bedient. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass der Einsatz dieser Geräte, aber auch jede Handlung, die der Vorbereitung ihres Einsatzes dient, in den Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit des Beklagten fällt. Zu diesen Vorbereitungshandlungen gehört auch schon das Abladen des an den jeweiligen Einsatzort beorderten Gerätes samt des zu seiner zweckentsprechenden Verwendung notwendigen Zubehörs durch den Beklagten.

Es steht weiters fest, dass der Beklagte, wenn er sich zum Abladen des mit einem hydraulischen Greifarm ausgestatteten Rückezuges bedient, entweder die Dienste einer Hilfsperson in Anspruch nimmt oder selbst das Ladegut am oder im Greifer befestigen muss. Beim gegenständlichen Vorfall stand keine betriebseigene Hilfsperson zur Verfügung. Der Kläger übernahm somit eine Tätigkeit, die sonst im Betrieb des Beklagten anfällt und entweder von einem Arbeitnehmer im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des allgemeinen Arbeitsmarktes oder vom Unternehmer selbst verrichtet werden kann. Dabei kommt es auf die konkreten Verhältnisse im Unternehmen des Beklagten, also darauf, ob die Tätigkeit in diesem Betrieb sonst üblicherweise von Arbeitnehmern gegen Entgelt ausgeführt wird oder ausgeübt werden müsste, nicht an (10 ObS 247/03a). Indem der Kläger die Ladefläche des LKWs bestieg, um das Kettengehänge im Greifer zu platzieren, verließ er die Sphäre seines Arbeitgebers und gliederte sich kurzfristig in den Aufgabenbereich des Beklagten ein, dem ja das Abladen des Baggers und des Zubehörs oblag (vgl Arb 9.881; 2 Ob 146/88). Dass dies freiwillig und aus bloßer Gefälligkeit geschah, änderte nichts an der schon durch seine Mitwirkung bekundeten Bereitschaft, sich der den Arbeitsvorgang bestimmenden Leitung des Beklagten zu unterstellen (vgl den vom Obersten Gerichtshof am 8. 7. 1986 zu AZ 2 Ob 24/86 entschiedenen Fall, in welchem der LKW-Fahrer eines Transportunternehmens die Ladefläche des LKWs bestieg, um an dem Kunden obliegenden Entladevorgang freiwillig mitzuwirken und dabei durch den Einsatz des Greifers des stationären Kranes schwer verletzt wurde). Darauf, ob der Beklagte dem Kläger tatsächlich Weisungen erteilte, kommt es für die Beurteilung der Einordnung des Klägers in den Betrieb des Beklagten nicht an (Arb 9.881; RdA 1987/21 ua).

In der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 4. 2. 1965, 2 Ob 16/65 (= ZVR 1965/254), auf die sich der Kläger in der Revisionsbeantwortung stützt, wurde die Eingliederung des verletzten Arbeitnehmers eines Steinmaterial produzierenden Unternehmens in den Betrieb des Transportunternehmers im Wesentlichen mit der Begründung verneint, dass seine Mitwirkung beim Beladen des LKWs lediglich die eigenen Erzeugnisse seines Dienstgebers betraf (ähnlich ZVR 1977/219). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, weil nur Gerätschaft des Beklagten zu transportieren war und die Abladetätigkeit diesem selbst oblag (insoweit differenzierend auch JBl 1989, 219). Bei dieser klaren Aufgabenverteilung versagt auch die Argumentation des Berufungsgerichtes, wonach ein „typischerweise" bei Be- und Entladearbeiten des Kunden mitwirkender Arbeitnehmer einer „Lieferfirma" noch nicht in den Betrieb des Kunden eingegliedert sei.

Die Streitteile haben nicht behauptet, dass der vom Beklagten zur Abladung verwendete Rückezug als „Verkehrsmittel" iSd § 333 Abs 3 ASVG zu beurteilen wäre, weshalb die in der angeführten Gesetzesstelle normierte Ausnahme vom Haftungsprivileg nicht zum Tragen kommen kann. Da sich der Unfall bei Ausübung einer von § 176 ASVG erfassten betrieblichen Tätigkeit ereignete, kommt dem Beklagten somit die Haftungsbeschränkung des § 333 Abs 1 ASVG zugute. Nach ständiger Rechtsprechung umfasst dieser Haftungsausschluss alle Schäden, die durch eine Verletzung am Körper entstanden sind, und zwar ohne Rücksicht darauf, in welcher Form sie sich auswirken und wodurch sie ausgeglichen und behoben werden. Wird also durch einen Arbeitsunfall ein Körperschaden verursacht, so sind sämtliche daraus resultierenden Schadenersatzansprüche ausgeschlossen (8 ObA 107/04z mwN). Dies trifft auf sämtliche vom Leistungsbegehren des Klägers umfasste Ansprüche zu, über die das Erstgericht mit - vom Berufungsgericht bestätigtem - Teilzwischenurteil abgesprochen hat.

In Stattgebung der berechtigten Revision waren daher die Urteile der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Leistungsbegehrens - die Entscheidung über das Feststellungsbegehren steht noch aus - mittels Teilurteiles abzuändern.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.

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