OGH 2Ob353/97v

OGH2Ob353/97v24.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Thomas N*****, vertreten durch Dr. Wilfried Stenitzer, Rechtsanwalt in Leibnitz, wider die beklagte Partei Herbert S*****, vertreten durch Dr. Hans Kortschak, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen 200.000,-- S sA und Feststellung (Streitwert 50.000 S), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 10. September 1997, GZ 3 R 162/97m-36, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 7. Mai 1997, GZ 23 Cg 103/95v-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt lautet:

"Die Klagebegehren des Inhaltes, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 200.000 S samt 4 % Zinsen seit 1. 8. 1994 binnen 14 Tagen zu bezahlen, und es werde festgestellt, dass die beklagte Partei der klagenden Partei für alle künftigen Schäden, die diese aufgrund des Vorfalles erleiden werde, der sich am 17. 4. 1993 auf der Liegenschaft der beklagten Partei ereignet habe, hafte, werden abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 117.666,40 S (darin 13.998,90 S USt und 33.673 S Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten aller Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Am 17. 4. 1993 gegen 8.45 Uhr ereignete sich auf der Liegenschaft des Beklagten ein Unfall, bei dem der Kläger vom Dach einer Gerätehalle aus etwa 5 m Höhe auf den Boden stürzte.

Der Kläger half dem Beklagten zunächst beim Aufstellen der Eisenkonstruktion einer Halle, nachdem er von diesem vorher darum ersucht worden war. Er arbeitete etwa 10 Stunden und erhielt vom Beklagten dafür 1.000 S. Nach Beendigung dieser Arbeiten wurde der 17. 4. 1993 als Termin für die Dachdeckung vereinbart, wobei der Beklagte dem Kläger sagte, dass er auch für diese Mithilfe Geld bekomme. Über die Höhe der Entlohnung wurde nicht gesprochen; der Kläger bekam auch kein Geld, weil er höchstens 20 Minuten an Ort und Stelle war und dann vom Dach fiel. Am Unfallstag wurden Eternitplatten mit einem Kran auf das Dach gehoben. Die erste Reihe des Daches war bereits gedeckt. Der Kläger, der Befestigungs- bzw Nagelarbeiten durchführen sollte, stand nach dem Hinaufsteigen auf das Dach auf einer Eternitplatte. Als er einen Schritt zur Seite machte, stieg er nicht auf eine Rille, sondern auf eine Platte und brach mit dieser durch. Der Kläger verrichtete die Arbeit für den Beklagten nicht im Sinne einer Nachbarschaftshilfe. Er zog sich beim gegenständlichen Unfall einen Bruch des dritten Lendenwirbels und eine Prellung des rechten Fersenbeines zu. Er litt dadurch insgesamt fünf Tage an starken, zehn Tage an mittelstarken und hundert bis hundertdreißig Tage an leichten Schmerzen.

Mit - rechtskräftiger - Strafverfügung des Bezirksgerichtes Leibnitz vom 17. 11. 1993 wurde der Beklagte wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4 erster Deliktsfall StGB schuldig erkannt, weil er den Arbeitsplatz nicht ordnungsgemäß mit Schützgerüsten absicherte, was zur Folge hatte, dass der Kläger beim Decken des Daches aus einer Höhe von 5,1 m auf den mit Eisenteilen übersäten Schotterboden stürzte und dabei schwer verletzt wurde.

Mit der am 28. 4. 1995 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger vom Beklagten die Zahlung von 200.000 S sA an Schmerzengeld, sowie - nach Ausdehnung (AS 43) - die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für alle künftigen Schäden aus dem gegenständlichen Vorfall. Der Unfall wäre vermieden worden, hätte der Beklagte entsprechende Schutzmaßnahmen getroffen. Zwischen den Streitteilen habe ein Dienstverhältnis vorgelegen, wobei der Kläger als Hilfskraft eingeteilt worden sei. Der Kläger leide noch immer an den Folgen seiner unfallkausalen Verletzungen; es seien Dauerfolgen eingetreten und Spätfolgen nicht auszuschließen, sodass er einen Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für alle künftigen Schäden aus dem gegenständlichen Vorfall habe.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er habe den Kläger nicht um Mithilfe bei den Dachdeckerarbeiten gebeten und zudem ausdrücklich erklärt, bei allfälligen Unfällen keinerlei Haftung zu übernehmen. Der Kläger habe sich unaufgefordert auf das Dach des Geräteschuppens begeben. Der Beklagte sei nicht Dienstgeber gewesen und habe kein Entgelt geleistet. Ihn habe die im Rahmen der landwirtschaftlichen Nachbarschaftshilfe geleistete Tätigkeit des Klägers zu keinerlei Schutzmaßnahmen verpflichtet. Auch bei Unterstellung eines arbeitnehmerähnlichen Dienstverhältnisses sei "§ 332 ASVG, aufgrund dessen der geltend gemachte Schmerzengeldanspruch nicht bestehe bzw ausdrücklich ausgeschlossen sei, analog anzuwenden".

Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von 200.000 S sA und stellte fest, dass der Beklagte dem Kläger für alle Schäden, die dieser in Hinkunft aufgrund des gegenständlichen Vorfalles erleiden werde, hafte. Es traf im wesentlichen die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, dass die Tätigkeit des Klägers dem landwirtschaftlichen Betrieb des Beklagten zuzurechnen sei und sowohl mit dem Einverständnis als auch im Interesse des Beklagten erbracht worden sei. Durch Erbringung der Leistung habe der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass er sich in den landwirtschaftlichen Betrieb des Beklagten einordne und sich den Anweisungen füge. Es sei gleichgültig, aus welchen Motiven die Hilfe geleistet werde. Daher sei die Haftung des Beklagten gegeben. Ein Mitverschulden des Klägers liege nicht vor. Ein Schmerzengeld von 200.000 S sei angemessen. Der Kläger habe auch ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten mit einer - unwesentlichen - Maßgabe nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Es vertrat die Auffassung, dass die Haftungsbeschränkung gemäß § 333 Abs 1 ASVG ohne Einrede in dieser Richtung von Amts wegen nicht zu berücksichtigen sei. Der Beklagte habe in erster Instanz lediglich den Einwand erhoben, dass im Falle des Vorliegens eines arbeitnehmerähnlichen Dienstverhältnisses gemäß § 332 ASVG Schmerzengeldansprüche des Klägers ausgeschlossen seien. Er habe jedoch kein Tatsachenvorbringen erstattet, nach dem er entgegen seinem Prozeßstandpunkt dennoch Dienstgeber sei. Vielmehr stünden seine Tatsachenbehauptungen, wonach der Kläger unaufgefordert und unentgeltlich mitgearbeitet habe und kein Dienstgeber-Dienstnehmerverhältnis vorgelegen sei, im Widerspruch dazu. Soweit überhaupt eine Berufung auf das Haftungsprivileg des § 333 Abs 1 ASVG zu erblicken sei, fehle es am erforderlichen Tatsachenvorbringen. Das Erstgericht sei daher nicht verpflichtet gewesen, die tatsächlichen Voraussetzungen der Haftungsbeschränkung von Amts wegen zu erforschen.

Selbst wenn dennoch auf den erstmals in der Berufung konkretisierten Einwand der Haftungsbeschränkung Bedacht genommen werde, sei für den Berufungswerber nichts zu gewinnen, weil der Kläger nicht Dienstnehmer bzw Versicherter im Sinne des ASVG gewesen und auch kein Arbeitsunfall vorgelegen sei.

Die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt, weil Rechtsfragen der im § 502 Abs 1 ZPO umschriebenen Art bei der Entscheidung nicht zu lösen gewesen seien.

Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision des Beklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht - wie im folgenden noch darzulegen sein wird - in einer die Rechtssicherheit iSd § 502 Abs 1 ZPO gefährdenden Weise von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; sie auch berechtigt.

Der Beklagte macht im wesentlichen geltend, dass er entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes sehr wohl ein ausreichendes Tatsachenvorbringen zur Anwendung des Dienstgeberhaftungsprivilegs erstattet habe. Weil ein Arbeitsunfall sowohl nach § 175 Abs 3 Z 4 ASVG als auch nach § 176 Abs 1 Z 6 ASVG vorliege, greife beim Beklagten die Haftungsbefreiung gemäß § 333 Abs 1 ASVG. Dem Kläger stünden daher gegen den Beklagten keine Ersatzansprüche aus der Körperverletzung zu. Da das Feststellungsbegehren die Haftung für alle zukünftigen Schäden ohne Differenzierung, sohin auch für solche aus der Körperverletzung, enthalte, sei dieses ebenfalls zur Gänze abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

Das Berufungsgericht hat zwar mit Recht ausgeführt, dass auf die Haftungsbeschränkung des § 333 ASVG nicht von Amts wegen Bedacht zu nehmen ist (SZ 40/159; SZ 43/44; ZVR 1991/95 ua). Das bedeutet aber lediglich, dass vom Gericht die tatsächlichen Voraussetzungen des Haftungsausschlusses nicht von Amts wegen zu erforschen sind (ZVR 1973/71; ZVR 1991/95). So wie der Einwand des Mitverschuldens (Harrer in Schwimann2 Rz 96 zu § 1304 ABGB mwN; SZ 69/148 ua), muss nämlich auch dieser Einwand nicht ausdrücklich erhoben werden, vielmehr genügt es, wenn sich dem Vorbringen eine entsprechende Behauptung entnehmen lässt (ZVR 1998/123; 2 Ob 387/97v). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte bereits in der Klagebeantwortung behauptet, dass der Kläger Nachbarschaftshilfe für seinen landwirtschaftlichen Betrieb geleistet habe. Zudem hat er eingewendet, dass dann, wenn man von der Rechtsansicht des Klägers ausgehe, dass eine Haftung für die Verletzung des Klägers aufgrund eines arbeitnehmerähnlichen Dienstverhältnisses bestünde, konsequenterweise auch analog § 332 ASVG anzuwenden sei, aufgrund dessen der geltend gemachte Schmerzengeldanspruch nicht bestehe bzw ausdrücklich ausgeschlossen sei (AS 19). Er hat sich daher auch auf ein Nichtbestehen bzw auf einen ausdrücklichen Ausschluss des geltend gemachten Schmerzengeldanspruches des Klägers - wenn auch unter Hinweis auf eine unrichtige gesetzliche Bestimmung (§ 332 letzter Satz ASVG läßt nämlich Schmerzengeldansprüche nicht auf den Versicherungsträger übergehen) - berufen. Der Beklagte hat sohin entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes die erforderlichen Tatsachenbehauptungen iSd § 333 Abs 1 ASVG (insbesondere auch iVm § 175 Abs 3 Z 4 ASVG) aufgestellt, weshalb die Vorinstanzen zu Unrecht auf die Haftungsbeschränkung des § 333 Abs 1 ASVG nicht Bedacht genommen haben.

Gemäß § 333 Abs 1 ASVG ist der Dienstgeber dem Versicherten zum Ersatz des Schadens, der diesem durch eine Verletzung am Körper infolge eines Arbeitsunfalles (oder durch eine Berufskrankheit) entstanden ist, nur verpflichtet, wenn er den Arbeitsunfall (die Berufskrankheit) vorsätzlich verursacht hat. Arbeitsunfälle sind nach § 175 Abs 1 ASVG Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen. Gemäß § 175 Abs 3 Z 4 ASVG gelten in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb als Arbeitsunfälle auch Unfälle, die sich bei Arbeiten, die im Zusammenhang mit der Errichtung, dem Umbau und der Reparatur von Gebäuden, die dem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb dienen, verrichtet werden, sowie bei Arbeiten im Rahmen der Nachbarschaftshilfe für einen anderen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb ereignen. Den Arbeitsunfällen sind nach § 176 Abs 1 Z 6 ASVG Unfälle gleichgestellt, die sich bei einer betrieblichen Tätigkeit des Verletzten ereignen, wie sie sonst ein nach § 4 Versicherter ausübt, auch wenn dies nur vorübergehend geschieht.

Sowohl aus dem Vorbringen des Klägers als auch aus den Feststellungen des Erstgerichtes ergibt sich, dass sich der gegenständliche Unfall des Klägers bei Dachdeckerarbeiten im Zusammenhang mit der Errichtung einer Halle, sohin eines Gebäudes, ereignet hat, wobei sowohl das Gebäude als auch die Arbeiten des Klägers dem landwirtschaftlichen Betrieb des Beklagten dienten (vgl SZ 66/60). Es liegt sohin im vorliegenden Fall ein Arbeitsunfall iSd § 175 Abs 3 Z 4 erster Fall ASVG vor. Dem steht die Feststellung, dass der Kläger die Arbeit für den Beklagten nicht im Sinne einer Nachbarschaftshilfe verrichtete, nicht entgegen, weil das Tatbestandsmerkmal der Nachbarschaftshilfe nur für § 175 Abs 3 Z 4 zweiter Fall ASVG eine Rolle spielt.

Eine betriebliche Tätigkeit iSd § 176 Abs 1 Z 6 ASVG liegt vor, wenn es sich um eine - wenn auch nur kurzfristige (EvBl 1980/24 ua) - ernstliche, dem in Frage stehenden Unternehmen dienliche Tätigkeit handelt, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht, die ihrer Art sowie den Umständen nach sonst von Personen verrichtet zu werden pflegt, die aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses von dem Unternehmer persönlich oder wirtschaftlich abhängig sind (§ 4 ASVG) und durch die ein enger ursächlicher Zusammenhang mit dem Unternehmen hergestellt wird. Unter einer ernstlichen Arbeit versteht man dabei Handlungen, die auch sonst in dem in Frage stehenden Betrieb anfallen und üblicherweise von einem Arbeitnehmer im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses iSd allgemeinen Arbeitsmarktes verrichtet werden (SZ 60/96; SZ 70/236 ua). Ob die geleistete Tätigkeit dem Unternehmer dienlich war, kann nicht aus einer nachträglichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden. Vielmehr muss aus dem Zweck der geleisteten Tätigkeit erschlossen werden, ob sie dem Unternehmer nützlich sein konnte (SZ 42/39; SZ 52/66; SZ 68/111; SZ 70/236 ua). Im vorliegenden Fall bestand die Hilfeleistung des Klägers darin, dass dieser bei der Errichtung einer Halle anläßlich der Dachdeckerarbeiten die Befestigungs- bzw Nagelarbeiten übernahm. Diese Tätigkeit diente ohne Zweifel dem landwirtschaftlichen Betrieb des Beklagten und stellte eine Arbeit dar, die üblicherweise (auch) von den in einem solchen Betrieb beschäftigten Personen ausgeführt wird. Eine Einordnung in den Betrieb ist nur insoweit erforderlich, als der Helfende im ausdrücklichen oder stillschweigend zum Ausdruck kommenden oder nach der Sachlage zu vermutenden Einverständnis des Unternehmers handelt und zumindest bereit sein muss, nach den den Arbeitsvorgang bestimmenden Weisungen des Unternehmers, in dessen Interesse die Tätigkeit ausgeführt wird, zu handeln (SZ 48/123; SZ 52/66; SZ 70/236 ua). Das Vorliegen eines persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses ist dabei nicht erforderlich (SZ 50/156 ua). Zwar kann eine nur vorübergehend geleistete Tätigkeit, wie sie der Kläger verrichtete, jederzeit eingestellt und die weitere Hilfe verweigert werden. Solange er sie aber leistete, brachte er damit zum Ausdruck, sich in den landwirtschaftlichen Betrieb des Beklagten einzuordnen und sich dessen Anweisungen zu fügen (SZ 48/59; SZ 52/66 ua). Der Kläger hat dies auch getan, indem er die Arbeit verrichtet hat, die ihm der Beklagte überlassen hat. Dabei kommt es auf die Beweggründe, die der Tätigkeit zugrunde liegen, nicht an, sondern nur auf die Art der Tätigkeit (SZ 48/50; SZ 60/96 ua). Der Unfall des Klägers ist sohin sowohl als Arbeitsunfall iSd § 176 Abs 1 Z 6 ASVG als auch - wie oben bereits dargelegt - als solcher iSd § 175 Abs 3 Z 4 ASVG zu werten.

Der dritte Senat des Obersten Gerichtshofes hat bereits in der Entscheidung SZ 70/236 zu der von Neumayr (in Schwimann2 Rz 3, 8, 10, 34 und 35 zu § 333 ASVG) geäußerten Kritik Stellung genommen und ausgeführt, dass kein Anlaß besteht, von der ständigen Rechtsprechung abzugehen. Insbesondere die Ansicht Neumayrs (aaO Rz 35), wonach es auf die Motive des Hilfeleistenden ankommen soll, wurde ausdrücklich abgelehnt, weil gerade dann anders als nach der Rechtsprechung eine in irgendeiner Weise vorhersehbare Abgrenzung zwischen Fällen, für die das Haftungsprivileg gilt, und solchen, für die das nicht der Fall ist, praktisch unmöglich würde (SZ 70/236). Der erkennende Senat schließt sich diesen Ausführungen an.

Liegt aber ein Arbeitsunfall iSd §§ 175 Abs 3 Z 4 und 176 Abs 1 Z 6 ASVG vor, ist § 333 ASVG anzuwenden, unabhängig davon, ob der Versicherungsträger Leistungen nach dem ASVG erbringt oder nicht (SZ 60/96; Arb 9167 ua). Versicherter iSd §§ 332 bis 334 ASVG ist nämlich jeder, dem Ansprüche auf Leistungen nach dem ASVG zustehen. Ob diese Ansprüche wegen des Bestehens eines versicherungspflichtigen Verhältnisses oder wegen einer davon losgelösten Gleichstellung mit einem Arbeitsunfall begründet sind, ist nicht entscheidend (SZ 70/236; ZVR 1979/268 ua). Die Anwendung des § 333 Abs 1 ASVG hat zur Folge, dass dem Beklagten im vorliegenden Fall der Haftungsausschluß nach dieser Gesetzesstelle zugute kommt, zumal eine vorsätzliche Verursachung des Unfalles vom Kläger gar nicht behauptet wurde und auch nach den Feststellungen nicht in Betracht kommt. Dem Kläger steht daher gegen den Beklagten der geltend gemachte Schmerzengeldanspruch nicht zu, weil sich § 333 Abs 1 ASVG auf alle nach den §§ 1325 ff ABGB zustehenden Ersatzansprüche und nicht bloß auf die vom Versicherungsträger berichtigten oder zu berichtigenden Teile derselben erstreckt (SZ 30/37 ua). § 333 ASVG bezieht sich zwar nur auf Ersatzansprüche wegen Personenschäden (insbesondere auf Schmerzengeld und Verdienstentgang) und läßt Ersatzansprüche wegen Sachschadens (als außerhalb der Sozialversicherung liegend) unberührt (SZ 38/96; ZVR 1971/13 ua). Der Kläger hat jedoch hinsichtlich des Feststellungsbegehrens nur vorgebracht, dass er noch immer an den Folgen seiner unfallkausalen Verletzungen leide, bereits Dauerfolgen eingetreten und Spätfolgen nicht auszuschließen seien und er daher einen Anspruch auf Feststellung habe, dass ihm der Beklagte für alle künftige Schäden aus dem streitgegenständlichen Vorfall ersatzpflichtig sei (AS 3). Daraus ergibt sich, dass der Kläger nur die Feststellung der Haftung des Beklagten für künftige Personenschäden begehrt, welche Ersatzansprüche jedoch - wie oben angeführt - gemäß § 333 Abs 1 ASVG ausgeschlossen sind. Die Revision erweist sich daher diesbezüglich ebenfalls als berechtigt, sodass auch das Feststellungsbegehren vollinhaltlich abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO, wobei die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen es auch bedingt, über die Verfahrenskosten der ersten und zweiten Instanz zu entscheiden. Da der Kläger das Feststellungsbegehren erst in (der ersten Stunde) der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 20. 9. 1995 (ON 9) gestellt hat, ist bis dahin von einem Streitwert von nur 200.000 S (Leistungsbegehren) auszugehen, sodass dem Beklagten Kosten lediglich auf Basis dieser Bemessungsgrundlage zustehen. Da dem Beklagten von den verzeichneten Kostenvorschüssen insgesamt 1.077 S zurücküberwiesen wurden (ON 30), waren nur die diesem tatsächlich aufgelaufenen Barauslagen zu berücksichtigen. In erster Instanz hat der Kläger dem Beklagten sohin 71.460,40 S (darin 10.272,90 S USt und 9.823 S Barauslagen) an Prozeßkosten zu ersetzen. Im Verfahren zweiter Instanz hat der Beklagte gegenüber dem Kläger einen Kostenersatzanspruch von 20.761 S (darin 1.693,50 S USt und 10.600 S Barauslagen). Im Verfahren vor dem Revisionsgericht hat der Kläger dem Beklagten 25.445 S (darin 2.032,50 S USt und 13.250 S Barauslagen) an Prozeßkosten zu ersetzen.

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