Spruch:
1. Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird hinsichtlich der erstbeklagten Partei dahin abgeändert, daß das Klagebegehren, die erstbeklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 285.533,30 samt 4 % Zinsen seit 5. 5. 1994 und die Prozeßkosten zu bezahlen, abgewiesen wird.
2. Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Das Klagebegehren, es werde festgestellt, daß die erstbeklagte Partei gegenüber der klagenden Partei zum Ersatz aller jener Aufwendungen, die die klagende Partei aus dem Titel der Gewährung einer Witwenrente und einer Witwenpension an Barbara H*****, aufgrund des tödlichen Arbeitsunfalls des Franz H***** vom 29. 11. 1991 in Zukunft zu erbringen hat, ersatzpflichtig ist, wird abgewiesen.
3. Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit
S 271.172,70 (darin S 40.607,95 USt und S 27.525,-- Barauslagen) bestimmten Prozeßkosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 15. 12. 1935 geborene Franz H***** bewirtschaftete als Landwirt eine ca 42 ha große Landwirtschaft. Gemeinsam mit ihm bewirtschaftete das Anwesen seine am 29. 11. 1943 geborene Gattin Barbara und sein am 13. 8. 1972 geborener Sohn Siegfried. Das Familieneinkommen stammte zur Gänze aus dieser Landwirtschaft. Franz H***** war Alleininhaber dieses landwirtschaftlichen Betriebes. Er war bei der Klägerin voll sozialversichert. Nach einem Erdrutsch im Bereich eines Güterweges auf seiner Landwirtschaft im August 1991 suchte er beim Amt der NÖ Landesregierung um Behebung dieses Katastrophenschadens und Gewährung einer Beihilfe an. Dieses Ansuchen wurde bewilligt. Aufgrund einer solchen Bewilligung erhält der Antragsteller Mittel aus dem Katastrophenfonds, um die Schäden beheben zu können. Er hat dabei 30 % der Gesamtkosten selbst zu tragen. Dieser Anteil kann auch in Eigenleistungen seiner Person bzw seiner Familienangehörigen bestehen. Auch der Einsatz von eigenen Maschinen wird bewertet. Der Antragsteller (Förderungswerber) kann zur Behebung dieser Schäden entweder ein Bauunternehmen oder die Erstbeklagte im Rahmen eines privatwirtschaftlichen Vertrages beauftragen. Franz H***** beauftragte die Erstbeklagte mit der Behebung der Schäden. Die Arbeiten wurden faktisch durch den Bauhof des Amtes der NÖ Landesregierung durchgeführt. Der Förderungswerber unterliegt im Rahmen der von ihm zu erbringenden Eigenleistung in Form von manuellen Arbeiten und Maschineneinsatz den Anweisungen des jeweiligen Leiters der betreffenden Baustelle. Im vorliegenden Fall hatte Leopold H***** die Stellung eines Vorarbeiters der zuständigen Abteilung des Amtes der NÖ Landesregierung inne. Ihm kam auch die örtliche Bauaufsicht hinsichtlich der von ihm betreuten Baustelle zu.
Im November 1991 wurden die Arbeiten vom Bauhof durchgeführt. Da diese Arbeiten im Bereich einer Starkstromleitung erfolgten, sorgte Leopold H***** jeweils für die Abschaltung der Starkstromleitung (20 KV) durch die Zweitbeklagte. Die Stromabschaltung wurde fernmündlich veranlaßt. Auch Franz H***** wurde darüber jeweils informiert. Die Baggerarbeiten wurden von Johann S***** durchgeführt. Nachdem am 29. 11. 1991 gegen Mittag die Arbeiten zur Beseitigung der Hangrutschung abgeschlossen waren und der Abtransport des Baggers und der zu diesem gehörenden Werkzeuge und Ersatzteile nicht mehr notwendigerweise im Bereich der Starkstromleitung durchgeführt werden mußte, verließ Leopold H***** die Baustelle, ohne eine Stromabschaltung zu veranlassen. Etwa zu diesem Zeitpunkt faßte Franz H***** den Entschluß, mit seinem Traktor samt Anhänger Johann S***** beim Transport der auf dem Gelände befindlichen Kisten (Werkzeuge, Ersatzteile) bis zur Bundesstraße zu helfen. Als sie eine weitere Kiste im Bereich der Starkstromleitung aufnehmen wollten, näherte sich der Greifarm bis auf wenige Zentimeter der stromführenden Leitung. Als Franz H***** die abgesenkte Kiste erfaßte, um sie auf der Ladefläche des Anhängers in die richtige Lage zu bringen, kam es zur elektrischen Durchströmung seines Körpers zum sofortigen Tod führte. Johann S***** wurde deswegen mit Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 15. 6. 1992 wegen des Vergehens der fahrlässigen Tötung nach § 81 StGB rechtskräftig verurteilt. Die Landwirtschaft wird nunmehr vom Sohn des Verunglückten geführt, während seine Witwe in dieser Landwirtschaft mitarbeitet. Aufgrund des Unfalls erbringt die Klägerin an die Witwe Leistungen aus der Unfallversicherung und aus der Pensionsversicherung.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von beiden Beklagten (von der Zweitbeklagten unter Berücksichtigung eines Drittel Mitverschuldens des Franz H*****) den Teilrückersatz der bis zum 31. 5. 1994 insgesamt geleisteten Zahlungen aus der Witwenrente und Witwenpension, von beiden Beklagten zur ungeteilten Hand S 110.430,30, darüber hinaus von der Erstbeklagten S 175.103,--, sowie gegenüber beiden Beklagten die Feststellung der Haftung für zukünftige Renten- und Pensionsleistungen, wobei die Ersatzpflicht der Zweitbeklagten "auf 40 % der tatsächlichen Aufwendungen beschränkt wird". Die Klägerin habe den tödlichen Unfall als Arbeitsunfall anerkennen müssen. Johann S***** habe den Unfall grob fahrlässig verschuldet. Denn er hätte einen Abstand von 1,5 m zur 20 KV-Leitung einhalten müssen. Selbst wenn er sich damit entschuldigen könnte, ihm sei die Einhaltung des Sicherheitsabstandes nicht ausdrücklich bekannt gemacht worden, so hafte die Erstbeklagte wegen der grob fahrlässig unterlassenen Unterweisung im vollen Umfang. Die Erstbeklagte hafte aufgrund § 334 ASVG, im übrigen aufgrund aller erdenklicher Rechtsgründe (auch Amtshaftung). Die Zweitbeklagte hafte unter Berücksichtigung eines Drittel Mitverschuldens des Franz H***** nach dem RHG für die mit der Starkstromleitung verbundenen Betriebsgefahr.
Beide Beklagten halten dem im wesentlichen entgegen, Johann S***** treffe (wenn überhaupt) nur ein geringes Verschulden. Bei den von der Erstbeklagten zu ersetzenden Leistung sei ein Mitverschulden des Franz H***** von 75 % zu berücksichtigen. Die Zweitbeklagte sei überhaupt leistungsfrei, weil Franz H***** die Einweisung der Werkzeugkiste unter Berücksichtigung der Starkstromleitung übernommen und Johann S***** diesbezüglich eindeutige Handzeichen gegeben habe. Gegenüber der Erstbeklagten seien die Ansprüche, soweit sie sich auf andere Rechtsgründe als § 334 ASVG stützen, verjährt. Die Klägerin habe ihr nur auf § 334 ASVG gestütztes Klagebegehren erst nach Ablauf der Verjährungsfrist in der Verhandlung vom 28. 2. 1997 auch auf Amtshaftung und alle übrigen erdenklichen Rechtsgründe gestützt.
Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, das gesamte Klagebegehren bestehe dem Grunde nach zu Recht. Nach seinen Feststellungen hatte Johann S***** im Jahr 1991 eine Berufspraxis als Baggerfahrer von 15 Jahren. Er hatte auch Schulungen über die Gefahren absolviert, die bei Baggerarbeiten im Bereich von elektrischen Starkstromleitungen entstehen können. Franz H***** konnte er - von einzelnen Handreichungen abgesehen - keine Anweisungen geben. Bei dem erwähnten gemeinsamen Mittagessen nach Abschluß der Arbeiten erfuhr Leopold H*****, daß Johann S***** vom Bauhof der NÖ Landesregierung die Erlaubnis erhalten hatte, den von ihm bedienten Bagger in den nächsten Tagen für private Zwecke gegen Entgelt zu benutzen. Der Bagger und die zu diesem gehörenden Werkzeuge und Ersatzteile, die sich noch in Kisten auf dem Gelände befanden, waren noch zu einem auf der Bundesstraße befindlichen Tieflader zu bringen. Die Strecke über einen Zufahrtsweg bis zur Bundesstraße, die der Bagger aus eigener Kraft zurückzulegen hatte und auf der sich auch die Kisten befanden, betrug ca 300 m und wäre in ca 15 Minuten zurückzulegen gewesen. Der Abtransport der Kisten mit Hilfe des Franz H***** sollte so erfolgen, daß Johann S***** mit dem Greifarm des von ihm bedienten Baggers die am Boden befindlichen Kisten aufhob und auf den Anhänger des von Franz H***** gelenkten Traktors absetzte. Diese Tätigkeit des Franz H***** stand im Zusammenhang mit der Räumung der Baustelle durch die Dienstnehmer der Erstbeklagten und gehört zu seinen erwähnten Eigenleistungen. Nachdem beide eine Werkzeugkiste auf die erwähnte Art aufgehoben hatten, fuhren sie weiter, um eine im Bereich der Starkstromleitung befindliche Kiste aufzunehmen. Johann S***** war bekannt, daß die Starkstromleitung unter Strom stand. Er als Baggerführer war ausschließlich dafür verantwortlich, daß der erforderliche Mindestabstand des Greifarms zur Leitung (1,5 m) eingehalten wird. Franz H***** befand sich direkt unter der Freileitung und konnte von seiner Position aus den Abstand zwischen Greifarm und Freileitung überhaupt nicht wahrnehmen. Er verfügte auch über keinerlei Kenntnisse betreffend die Einhaltung von Sicherheitsabständen zur Freileitung im Zuge von Baggerarbeiten. Nachdem Franz H***** die Kiste mit einem Haken mit dem Greifarm verbunden hatte, schwenkte Johann S***** den Greifarm unter die Starkstromleitung, um die Kiste auf den Anhänger abzusenken. Dabei gab ihm Franz H***** Handzeichen, weil eine akustische Verständigung aufgrund der Entfernung nicht möglich war. Während dieses Absenkvorgangs hatte sich der Greifarm bis auf wenige Zentimeter der stromführenden Leitung genähert. Als Franz H***** die abgesenkte Kiste erfaßte, um sie auf der Ladefläche des Anhängers in die richtige Lage zu bringen, kam es zu der erwähnten elektrischen Durchströmung seines Körpers.
Rechtlich verneinte das Erstgericht die Qualifikation des Johann S***** als Aufseher im Betrieb gegenüber Franz H*****. Er sei vielmehr als Erfüllungsgehilfe der Erstbeklagten im Sinne des § 1313a ABGB zu qualifizieren, da diese aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung mit Franz H***** für diesen Arbeiten durchführte. Aber auch dann, wenn man Johann S***** als Aufseher im Betrieb ansehen würde, ändere sich an der Haftung der Erstbeklagten deswegen nichts, weil Johann S***** jedenfalls grobe Fahrlässigkeit zu verantworten habe. Die Zweitbeklagte hafte als Betreiberin der Starkstromleitung der Klägerin nach dem RHG. Denn Franz H***** sei durch eine mit einer elektrischen Freileitung verbundene Betriebsgefahr getötet worden. Ein Mitverschulden des Franz H***** bei jenem Vorgang, der zur Ableitung der elektrischen Energie geführt habe, liege nicht vor. Da die Deckungsfondberechtigung zwischen den Verfahrensparteien strittig sei, der Klägerin aber jedenfalls irgendein Regreßanspruch zustehe, sei ein Zwischenurteil über den Grund des Anspruches gerechtfertigt.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen der beiden beklagten Parteien teilweise Folge, änderte das erstgerichtliche Urteil hinsichtlich der Zahlungsbegehren dahin ab, daß es diese gegen beide beklagten Parteien unter Berücksichtigung eines Drittel Mitverschuldens des Franz H***** als dem Grunde nach zu Recht bestehend erkannte, hob das Urteil hinsichtlich des Feststellungsbegehrens auf, trug dem Erstgericht insoweit eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und sprach aus, daß die ordentliche Revision und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig seien, weil "der Oberste Gerichtshof bisher einen vergleichbaren Fall nicht entschieden" habe. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und führte im wesentlichen folgendes aus:
Entgegen der Meinung der Erstbeklagten sei Johann S***** gegenüber Franz H***** nicht weisungsberechtigt im Sinne des § 333 Abs 4 ASVG gewesen. Denn für die korrekte Beladung des Traktoranhängers sei Franz H***** als dessen Lenker verantwortlich gewesen, während Johann S***** auf die Einhaltung des Sicherheitsabstandes und die dazu erforderliche Bedienung des Baggers zu achten gehabt habe. Beide seien einander bei diesem Arbeitsvorgang - jeder für verschiedene Aufgabenbereiche - gleichberechtigt gegenüber gestanden.
Entgegen der Meinung der Erstbeklagten sei der Anspruch der Klägerin auch nicht teilweise verjährt. Die rechtliche Einordnung des anspruchsbegründenden Sachverhaltes obliege dem Gericht, soweit die Klägerin nicht einen bestimmten Rechtsgrund ausschließlich als Anspruchsgrundlage herangezogen habe. Entgegen der Meinung der Erstbeklagten sei die Nennung des § 334 ASVG keine ausschließliche Geltendmachung eines bestimmten Rechtsgrundes. Demgemäß hätten die diesbezüglichen Fragen des Erstgerichts lediglich der Klarstellung gedient, ob die Klägerin die als Anspruchsgrundlagen denkbaren Rechtsgründe eingrenze oder nicht. Eine Änderung des Klagebegehrens nach Ablauf der Verjährungsfrist liege daher durch die Erweiterung der rechtlichen Einordnung ohne Sachverhaltsänderung nicht vor. Der Verjährungseinwand der Erstbeklagten sei somit nicht berechtigt.
Zutreffend habe das Erstgericht ausgeführt, daß die Erstbeklagte nicht nach dem AHG hafte. Denn die Förderungsverwaltung erfolge im Zweifel im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung. Die Ausführung der im Rahmen der Katastrophenhilfe geförderten Arbeiten könne aber jedem Privatunternehmer übertragen werden. Sie erfolge daher jedenfalls auf privatrechtlicher Basis, auch wenn die Erstbeklagte die Arbeiten durch ihren Bauhof ausführen lasse.
Gemäß § 334 ASVG hafte der Dienstgeber (der ihm nach § 333 Abs 4 ASVG Gleichgestellte) unabhängig von einem Mitverschulden für von ihnen grob fahrlässig (oder vorsätzlich) herbeigeführte Arbeitsunfälle persönlich. Da nach den Feststellungen die Erstbeklagte deswegen kein grobes Verschulden treffe, weil sie für eine entsprechende Unterweisung S***** gesorgt habe, S***** selbst aber nicht zu den dem Dienstgeber gemäß § 333 Abs 4 ASVG gleichgestellten Personen gehörte, komme für die Klägerin das Haftungsprivileg des § 334 ASVG nicht in Frage.
Zutreffend sei das Erstgericht davon ausgegangen, daß die Erstbeklagte die hier in Rede stehenden Arbeiten aufgrund eines zwischen ihr und Franz H***** abgeschlossenen Werkvertrages ausgeführt habe. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß Franz H***** dabei Eigenleistungen zu erbringen gehabt habe. Bei der Ausführung der Vertragsleistungen würden die Erstbeklagte Schutzpflichten treffen. Diese Schutzpflichten habe Johann S***** verletzt. Für sein Verschulden als Erfüllungsgehilfe hafte die Erstbeklagte gemäß § 1313a ABGB. Hiebei sei aber gemäß § 1304 ABGB das Mitverschulden des getöteten Franz H***** von einem Drittel zu berücksichtigen.
Entgegen der Ansicht der Erstbeklagten sei nach der Verkehrsübung die Räumung der Baustelle (des Arbeitsbereiches) zumindest bis zur nächsten öffentlichen Straße den für Franz H***** verrichteten Arbeiten zuzurechnen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß im Hinblick auf die (erlaubte) private Tätigkeit des Johann S***** mit dem Bagger an den Folgetagen die weitere Fahrt nicht mehr im Auftrag der Erstbeklagten erfolgt sei.
Gegen diese Berufungsentscheidung richten sich die Revision und der Rekurs der erstbeklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der gänzlichen Klagsabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, "dem Urteil des Oberlandesgerichts Wien möge vollinhaltlich stattgegeben werden".
Die Rechtsmittel sind zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; sie sind auch berechtigt.
Die erstbeklagte Partei macht im wesentlichen geltend, es habe sich um eine betriebliche Tätigkeit des Getöteten im Sinne des § 176 Abs 1 Z 6 ASVG gehandelt, er sei im Rahmen der von ihm zu erbringenden Eigenleistungen den Anweisungen des jeweiligen Leiters der Baustelle unterstellt gewesen. Der Baggerführer sei gegenüber dem Getöteten "Aufseher im Betrieb" gewesen; weder auf seiten der erstbeklagten Partei noch auf seiten des Baggerführers läge grobe Fahrlässigkeit vor; eine Haftung der erstbeklagten Partei nach den §§ 333 und 334 ASVG scheide aus. Soweit sich die klagende Partei über § 334 ASVG hinaus auf alle erdenklichen Rechtsgründe gestützt habe, sei Verjährung eingetreten. Das Mitverschulden des Getöteten betrage zwei Drittel.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu wurde erwogen:
Für die Haftungsbefreiung gemäß § 333 ASVG kommt es darauf an, ob eine Eingliederung des Unfallopfers in den Betrieb der erstbeklagten Partei stattgefunden hat; der Haftungsausschluß kann eingreifen, wenn der dann vom Unfall Betroffene die Sphäre seines eigenen Arbeitsbereiches verläßt und sich dem Aufgabenbereich eines anderen Unternehmens, wenn auch nur kurzfristig, einordnet (RdA 1987, 447 [Albert]; JBl 1989, 319; 2 Ob 2411/96i; vgl RIS-Justiz RS0084172, RS0084209, RS0021534; Neumayr in Schwimann ABGB2 VIII § 333 ASVG Rz 23 ff).
Im vorliegenden Fall unterlag das Unfallopfer im Rahmen der von ihm zu erbringenden Eigenleistung in Form von manuellen Arbeiten und Maschineneinsatz den Anweisungen des Baustellenleiters der erstbeklagten Partei und gehörte die Baustellenräumung, an der sich das Unfallopfer beteiligte, zum Aufgabenbereich der erstbeklagten Partei. Daß zwischen dem Unfallopfer und der erstbeklagten Partei ein Werkvertrag bestand, schließt das Haftungsprivileg nicht aus, wenn - wie hier - im obigen Sinn eine Eingliederung des mittätigen Werkbestellers in den Betrieb des Werkunternehmers stattgefunden hat (SV Slg 38.620; RIS-Justiz RS0084255, RS0084149; Neumayr § 333 ASVG Rz 36). Um die bloße Mithilfe bei einem Beladevorgang (vgl JBl 1989, 319 mwN; Neumayr § 333 ASVG Rz 30, 48) handelte es sich unter den festgestellten Umständen nicht.
Damit kommt der erstbeklagten Partei (mangels vorsätzlichen Handels) das Haftungsprivileg des § 333 ASVG zugute. Dieses schließt alle anderen Haftungsgründe aus, auch jenen des - vom Berufungsgericht herangezogenen - § 1313a ABGB (ZVR 1991/94; RIS-Justiz RS0028584, RS0085236; Neumayr § 333 ASVG Rz 6). Mangels Anspruchs des Unfallopfers bzw seiner Angehörigen konnte auch eine Legalzession im Sinne des § 332 ASVG nicht eintreten (Neumayr § 333 ASVG Rz 1).
Der Sozialversicherungsträger ist vielmehr auf das originäre Rückgriffsrecht gemäß § 334 ASVG verwiesen (vgl Neumayr § 333 ASVG Rz 1, § 334 ASVG Rz 1). Dieses besteht im vorliegenden Fall aber nicht, weil die Erstbeklagte (bzw ihre Organe; vgl § 335 ASVG) selbst kein grobes Verschulden trifft. Ob der Baggerführer als "Aufseher im Betrieb" (§ 333 Abs 4 ASVG) anzusehen wäre und ob er grob fahrlässig handelte, kann auf sich beruhen, weil die Klage nicht gegen ihn gerichtet wurde und weil § 334 ASVG eine Haftung des Arbeitgebers für fremdes, wenngleich grobes Verschulden nicht vorsieht (RIS-Justiz RS0085276, RS0085245; Neumayr § 334 ASVG Rz 3, 30 mwN).
Den Rechtsmitteln der erstbeklagten Partei war somit im Sinne der gänzlichen Abweisung des gegen sie gerichteten Begehrens Folge zu geben. Auf die weiteren Rechtsmittelausführungen mußte nicht mehr eingegangen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Rücküberweisungen von Kostenvorschüssen ON 33 und 50 sind zu berücksichtigen. Die Schriftsätze ON 14 und ON 35 waren nach Beginn der mündlichen Streitverhandlung unzulässig. Die Pauschalgebühr für das Berufungsverfahren beträgt S 10.600,--, weil die Berufung nicht von den Streitgenossen gemeinsam erhoben wurde und daher § 19a GGG nicht zum Tragen kommt.
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