BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs4 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:I411.2261812.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU GmbH), Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 05.10.2022, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, stellte in Österreich am 15.07.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher damals in zweiter Instanz vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit 08.06.2006 rechtskräftig abgewiesen wurde.
Am 01.09.2006 bekam der Beschwerdeführer aufgrund einer geschlossenen Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin eine Aufenthaltsberechtigung als Familienangehöriger ausgestellt.
Von 04.05.2006 bis 28.11.2014 bestand mit seiner Gattin und den zwei gemeinsamen aus der Ehe hervorgegangenen Kindern ein gemeinsamer Haushalt. Danach führte der Beschwerdeführer getrennt von seinen Kindern und seiner Gattin einen eigenen Wohnsitz.
Im Zeitraum von Mai 2009 bis Februar 2015 wurde der Beschwerdeführer mehrmals straffällig und dreimal strafgerichtlich verurteilt. Im September 2015 prüfte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach einer bedingten Entlassung aus der Strafhaft erstmals die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen den Beschwerdeführer, sah jedoch wegen der langen Aufenthaltsdauer und seiner familiären Anbindungen in Österreich von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ab.
2. Im Jahr 2017 folgten drei weitere strafgerichtliche Verurteilungen des Beschwerdeführers, woraufhin das Bundesamt ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme einleitete.
Mit Schreiben vom 21.09.2017 teilte das Bundesamt dem Beschwerdeführer mit, dass gegen ihn die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot beabsichtigt sei, und räumte ihm die Möglichkeit ein, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
Hierauf erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme, in welcher er im Wesentlichen angab, zu wissen, dass er viele Fehler gemacht und in seiner Vergangenheit ein Drogenproblem gehabt habe. Er sei schnell Vater zweier Kinder geworden und habe seine Ex-Frau geheiratet, mit welcher er nach wie vor verheiratet sei. Als er von seiner Ex-Frau getrennt gewesen sei, habe er eine neue Partnerin kennengelernt, die seit zwei Jahren seine Lebensgefährtin sei. Sie hätten einen 6 Wochen alten Sohn und mit ihr wolle er einen Neustart machen.
Er möge auch für seine zwei anderen Kinder hier sein. Im Gefängnis mache er gerade eine Therapie. Er könne nicht mehr dieselben Fehler machen. Seine Landsmänner würden ihm nicht mehr vertrauen, weil er einmal mit der Polizei zusammengearbeitet habe. Auch seine Partnerin sei ihm eine Hilfe. Er bitte daher um eine letzte Chance. Er möge mit seiner Familie in Österreich leben und alt werden.
Am 26.07.2019 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich in Anwesenheit seiner Bewährungshelferin vom Bundesamt zwecks Prüfung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme einvernommen. Der Beschwerdeführer führte eingangs aus, mit seiner Ehefrau zwei gemeinsame Kinder zu haben. Weiters wohne er mit seiner neuen Lebensgefährtin in einem gemeinsamen Haushalt und sie hätten einen gemeinsamen Sohn.
Seine Bewährungshelferin gab an, dass sie den Beschwerdeführer seit 5 Jahren kenne und er sich für sie verändert habe. Er sei stabiler, spreche besser Deutsch. Die Arbeit sei ihm wichtig und die Kinder seien das höchste für ihn. Er sei auch verlässlich, es passe alles. Sie sehe jedenfalls eine positive Zukunftsprognose. Auch nehme er die Bewährungshilfe sehr gut an.
Am Ende der Einvernahme informierte das Bundesamt den Beschwerdeführer, derzeit von der Verhängung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme abzusehen, weil er drei Kinder in Österreich habe, eine Therapie absolviere und aktuell einer Arbeit nachgehe. Bei neuerlicher Straffälligkeit bzw. Verurteilung werde gegen seine Person eine Maßnahme erlassen.
Der Beschwerdeführer antwortete auf diese Information, dass er seinen Lebensweg ändern müsse und nicht mehr straffällig werde. Sollte er neuerlich straffällig werden, wisse er, dass er abgeschoben werde. Er nehme das zur Kenntnis. Er sei selber schuld, wenn er von seinen Freunden und Angehörigen getrennt werde. Es liege an ihm, wo er sein weiteres Leben verbringe. Er werde sicher nie mehr straffällig, er habe sein Leben geändert.
Das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme wurde daraufhin vom Bundesamt mit der Begründung eingestellt, dass der Beschwerdeführer trotz der (bisher) 6 rechtskräftigen Verurteilungen zwei minderjährige Kinder im Bundesgebiet habe und auch eine neue Lebensgemeinschaft führe, aus welcher ein weiteres Kind hervorging.
3. Am 03.10.2019, somit nur kurz nach der durchgeführten Einvernahme am 26.07.2019, wurde der Beschwerdeführer erneut straffällig und deswegen von einem Landesgericht im Februar 2020 verurteilt.
Ab dem 13.11.2020 war der Beschwerdeführer nicht mehr aufrecht im Bundesgebiet gemeldet und mit 16.09.2021 wurde er zur Festnahme ausgeschrieben.
Am 28.09.2021 versuchte der Beschwerdeführer seine Festnahme zu verhindern, indem er vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes flüchtete, und gab zunächst eine falsche Identität an, nachdem er festgenommen wurde. Seine Identität stellte er erst richtig, nachdem ein Beamter ihn mit seinem richtigen Namen ansprach.
4. Am 16.06.2022 wurden vom Bundesamt sowohl die Ehegattin als auch die (nunmehr ehemalige) Lebensgefährtin des Beschwerdeführers einvernommen und insbesondere zum Verhältnis des Beschwerdeführers zu seinen Kindern befragt.
Die Ehegattin des Beschwerdeführers sagte aus, mit ihm seit 2006 verheiratet zu sein. Sie würden seit 2014 getrennt leben und keinen Kontakt mehr haben. Zurzeit rufe sie der Beschwerdeführer aus der Haft an, aber eigentlich wolle sie das nicht. Sie selbst habe schon seit mehreren Jahren keinen persönlichen Kontakt mit ihm, abgesehen von den Telefonaten und kurzen Momenten bei den betreuten Besuchen seiner Kinder in einem Café. Der Beschwerdeführer habe seine Kinder das letzte Mal im Mai 2021 gesehen. Ihre Tochter wolle keinen Kontakt zu ihrem Vater und ihrem Sohn gehe er nicht ab. Ihr Sohn kenne kein Familienleben mit seinem Vater. Zurzeit bekomme ihr Sohn Nachrichten vom Beschwerdeführer, worin sich der Beschwerdeführer nach ihrem Sohn erkundige. Der Beschwerdeführer zahle keinen Unterhalt und es gäbe keine Vereinbarung. Für die Kinder bedeute er nichts. Um die Kinder kümmere sich der Beschwerdeführer nur wenn er möge. Sollte er ausgewiesen werden, möge sie sich vorher noch scheiden lassen. Sie finde es natürlich schade, dass er dann kein Vater sein könne, aber sie glaube, er habe bis jetzt genug Chancen gehabt. Diese habe er aber nicht wahrgenommen. Für eine Scheidung habe sie bislang nicht die Kraft gehabt. Sie hätten schon über die Scheidung gesprochen, aber der Beschwerdeführer bringe immer seine Anwälte ins Spiel und mache ein Theater.
Die ehemalige Lebensgefährtin des Beschwerdeführers berichtete, mit dem Beschwerdeführer eine Beziehung geführt zu haben und ihr gemeinsamer Sohn sei während seines letzten Haftaufenthalts zur Welt gekommen. Der Beschwerdeführer habe seinen Sohn das erste Mal während eines Freiganges gesehen und nach der Haftentlassung hätten sie keinen gemeinsamen Wohnsitz gehabt. Sie habe von ihm keinen Unterhalt verlangen wollen. Jetzt sei er unterhaltspflichtig, die Alimente würden aber vom Staat bezahlt werden. Derzeit sei der Unterhalt auf über 200 Euro. Kurzfristig hätten sie eine gerichtliche Vereinbarung auf die Höhe von 80 EUR gehabt, der Beschwerdeführer habe die Vereinbarung aber nicht eingehalten. Ihres Wissens nach, habe der Beschwerdeführer nur jene Alimente bezahlt, welche er durch seinen Verdienst während der Anhaltung in der Strafhaft verdient habe. Zwischenzeitlich habe er sich auch bei seiner Familie in Nigeria aufgehalten, seine Familie sei eigentlich gut situiert.
Zum Verhältnis des Beschwerdeführers zu seinem Sohn gab sie an, dass sie den Beschwerdeführer zuletzt in der Justizanstalt besucht habe. Der Beschwerdeführer sei nur dann Vater, wenn es ihm passe. Vor der Haft seien Kontakte sehr selten gewesen. Jetzt rufe er fast täglich an. In Bezug auf ihren Sohn sei sie sich nicht sicher, wie weit er seinen Vater brauche und ob er das überwinden würde. Sie glaube aber, dass auch ihr Sohn den Beschwerdeführer durchschaue. Er selbst sage, dass er seinen Vater sehen, aber nicht mehr mit ihm zusammenwohnen möge. Sie selbst sei nicht auf den Beschwerdeführer angewiesen, sie lebe ihr Leben selbstständig. Sie habe eigentlich Angst vor dem Beschwerdeführer, es gäbe diesbezüglich Anzeigen gegen ihn.
5. Am 23.06.2022 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch das Bundesamt in Bezug auf die Erlassung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme und die Verhängung von Sicherungsmaßnahmen im Falle der Entlassung aus der Strafhaft.
6. Mit dem angefochtenen Bescheid erließ das Bundesamt gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I.), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II.) und erließ gegen ihn ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III.). Ferner wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).
7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die im vollen Umfang erhobene Beschwerde vom 31.10.2022, in welcher unter anderem die Durchführung einer Verhandlung beantragt wurde.
Inhaltlich wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die Behörde eine Auseinandersetzung mit der Situation der in Österreich geborenen und aufwachsenden Kindern des Beschwerdeführers unterlassen habe. Was das gegenständliche Einreiseverbot fallbezogen für die Kinder bedeute, habe das Bundesamt nicht näher erörtert, sondern werde davon ausgegangen, dass das Interesse des Beschwerdeführers an den Kindern nicht als ausreichend genug für ein schützenswertes Familienleben anzusehen wäre. Im konkreten Fall sei der Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Achtung seines Privat und Familienlebens nicht gedeckt. Es sei davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung seines Aufenthalts das persönliche Interesse am Verbleib nicht überwiege.
In Bezug auf die rechtskräftigen Verurteilungen sei hinzuweisen, dass es sich überwiegend um Versuche handle und die SMG Verurteilungen schon länger zurückliegen würden. Das Bundesamt habe 2015 und 2019 selbst Ermittlungen angestellt und sei zum Entschluss gekommen, von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme abzusehen. Der neue Sachverhalt, weshalb erneut eine aufenthaltsbeendende Maßnahme geprüft werde, ergäbe sich aus einer weiteren Straftat, für die er nach einem Versuch verurteilt worden sei. Sein Privat und Familienleben habe sich aber nicht zu seinem Nachteil verändert, sondern vielmehr verstärkt. Der Beschwerdeführer arbeite in der Justizanstalt, schicke seinen Kindern Geld, die Kindesmütter würden ihn regelmäßig besuchen und er sei auch nicht rechtskräftig geschieden. Hinzu komme, dass er Freigänger sei und sich während der Strafhaft ganz offensichtlich an seine Auflagen halte. Aus oben genannten Gründen müsse von einer positiven Zukunftsprognose ausgegangen werden bzw. ergäbe sich auch ein positiver Lebenswandel aufgrund des nunmehr verspürten Haftübels. Von ihm gehe keine Gefährlichkeit aus bzw. sei ihm keine zu prognostizieren.
8. Mit Schriftsatz vom 03.11.2022, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 04.11.2022, legte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der oben angeführte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zum Sachverhalt:
Der volljährige, gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria.
In seinem Herkunftsstaat besuchte er die Grundschule und absolvierte anschließend eine Ausbildung für den Beruf KFZ Mechaniker an einer berufsbildenden Schule.
Er stellte in Österreich am 15.07.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz und hält sich seitdem im Bundesgebiet auf. Der von ihm gestellte Asylantrag wurde damals letztlich im Instanzenzug vom ehemaligen unabhängigen Bundesasylsenat mit 08.06.2006 rechtskräftig abgewiesen.
Am 01.09.2006 bekam der Beschwerdeführer aufgrund einer geschlossenen Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin eine Aufenthaltsberechtigung als Familienangehöriger ausgestellt.
Er war im Bundesgebiet langjährig auf Basis dieses Aufenthaltstitels niedergelassen und suchte das letzte Mal am 10.01.2017 um Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung an. Zuletzt wurde ihm vom Magistrat XXXX am 14.10.2019 eine bis 14.10.2022 gültige Rot-Weiß-Rot-Karte plus ausgestellt. Am 30.04.2021 beantragte er die Verlängerung der Rot-Weiß-Rot-Karte plus.
Aus der vom Beschwerdeführer geführten Ehe gingen zwei Kinder hervor, eine im Jahr 2007 geborene Tochter und ein im Jahr 2010 geborener Sohn. Von 04.05.2006 bis 28.11.2014 lebte er gemeinsam mit seiner Gattin und den zwei gemeinsamen Kindern in einem Haushalt. Danach erfolgte die Trennung von seiner Ehefrau und fortan führte er getrennt von seinen Kindern und seiner Gattin einen eigenen Wohnsitz. Eine (rechtswirksame) Scheidung von seiner Ehefrau erfolgte bislang noch nicht, aber sie führen keine Beziehung mehr und haben nur einen sehr losen Kontakt.
Kurz nach der Trennung von seiner Gattin lernte er eine neue Partnerin, eine Staatsangehörige von Österreich, kennen, mit welcher er eine Beziehung und im Zeitraum von 01.02.2016 bis 30.09.2019 einen gemeinsamen Haushalt führte. Die Beziehung ist mittlerweile aufgelöst. Mit seiner ehemaligen Partnerin hat er einen gemeinsamen Sohn, der im Jahr 2017 geboren wurde.
Zwischen dem Beschwerdeführer und seinen ehemaligen Lebensgefährtinnen und Kindern besteht entweder kein oder nur ein sehr eingeschränkter persönlicher Kontakt. Seine beiden Kinder, die aus der geführten Ehe entstammten, hat er zuletzt persönlich im Mai 2021 gesehen. Seine Tochter lehnt den Kontakt zu ihm ab und zu seinem ältesten Sohn bestand zu keinem Zeitpunkt ein intensiver Kontakt. Er hat seine Vaterrolle nicht wahrgenommen und ist nicht im erforderlichen Ausmaß seiner Unterhaltsverpflichtung nachgekommen. Zur anteiligen Deckung der Bedürfnisse seiner Kinder hat er nicht hinreichend beigetragen. Derzeit erkundigt er sich lediglich telefonisch über seinen ältesten Sohn.
Sein jüngerer Sohn, der im Jahr 2017 auf die Welt kam, wurde zu einem Zeitpunkt geboren, in dem sich der Beschwerdeführer in Haft befand. Seinen jüngsten Sohn hat er das erste Mal während eines Freigangs gesehen und ein persönlicher Kontakt besteht aktuell nur im Rahmen von Besuchen seiner ehemaligen Partnerin und seines Sohns in der Justizanstalt.
Abgesehen davon ruft der Beschwerdeführer fast täglich an, um sich über den aktuellen Stand seines jüngeren Sohns zu erkundigen. Seit der Geburt war der Beschwerdeführer für seine ehemalige Lebensgefährtin keine große Unterstützung bei der Erziehung, da er die meiste Zeit in Haft verbrachte. Aus Sicht der ehemaligen Partnerin des Beschwerdeführers würden weitere regelmäßige Kontakte zwischen ihm und seinem Sohn nicht dem Kindeswohl entsprechen. Bei den bisher stattgefundenen Kontakten stellte der Beschwerdeführer ihre Erziehungskompetenz in Frage und versuchte sie zu untergraben. Weiters hat der Beschwerdeführer seine ehemalige Partnerin unter Druck gesetzt und dazu gedrängt, ihn nach der Haftentlassung wieder im Haushalt aufzunehmen, was seine ehemalige Partnerin jedoch strikt ablehnte.
Auch in Bezug auf seinen jüngeren Sohn erfüllte der Beschwerdeführer seine Verpflichtung, Unterhalt zu leisten, nicht im ausreichenden Maß. Für kurze Zeit bestand eine Vereinbarung zur Zahlung eines Betrags in Höhe von EUR 80,--, der Beschwerdeführer hielt sich aber nicht an die Vereinbarung. Im Zeitraum von 01.01.2021 bis 30.11.2021 wurden vom OLG XXXX Unterhaltsvorschüsse in Höhe von EUR 185,-- monatlich gewährt. Aufgrund der Inhaftierung des Beschwerdeführers wurden von 01.12.2021 bis 31.12.2021 EUR 229,-- und werden seit 01.01.2022 bis voraussichtlich 31.10.2023 EUR 236,-- monatlich an Unterhaltsvorschüssen gewährt.
Während seines Aufenthalts in Österreich war der Beschwerdeführer im Zeitraum von 01.02.2013 bis 06.03.2020 immer wieder kurzzeitig geringfügig beschäftigt oder als Arbeiter tätig. Seit 07.04.2010 bezog er des Öfteren Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe.
Er spricht Deutsch auf Niveau A2 und absolvierte einen Werte und Orientierungskurs. Eine tiefgreifende Integration in beruflicher, sprachlicher und kultureller Hinsicht liegt nicht vor. Derzeit befindet sich er sich in Strafhaft. Der voraussichtliche Entlassungszeitpunkt ist der 27.10.2023.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich mehrmals strafgerichtlich verurteilt worden;
1.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 29. Mai 2009 wurde er wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen, verurteilt.
Der Beschwerdeführer hat in der Zeit von 01.03.2008 bis 11.03.2009 in XXXX und an anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge überschreitenden Menge, nämlich zumindest zwei Gramm Cannabiskraut, 4 Gramm Heroin und 565 Gramm Kokain mit einem durchschnittlich hohen Reinheitsgehalt von 21,4 % abgesondert verfolgten Personen, einem verdeckten Ermittler, einem unbekannten Täter und einem nicht ausgemittelten Suchtgiftabnehmer teils angeboten, und zwar im Umfang von 60 Gramm Kokain, und teils, nämlich im übrigen Umfang, entgeltlich überlassen.
Bei den Strafbemessungsgründen wurde der lange Deliktszeitraum und die mehrfache Grenzmengenüberschreitung erschwerend gewertet. Sein Geständnis und die strafgerichtliche Unbescholtenheit zum damaligen Zeitpunkt flossen mildernd in die Entscheidung mit ein.
2.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 7. Mai 2012 wurde er wegen der Vergehen Suchtgifthandel, Urkundenunterdrückung, versuchte Nötigung und versuchte Bestimmung zur falschen Beweisaussage zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.
Der Beschwerdeführer wurde für schuldig befunden;
I. in XXXX und anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge überschreitenden Menge gewerbsmäßig angeboten und überlassen zu haben, und zwar im Juli 2011 zumindest 100 Gramm Kokain, in der Zeit von Anfang September 2009 bis 13.12.2011 insgesamt 14 Gramm Kokain.
II. in der Zeit von 09.12.2011 bis 13.12.2011 eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, nämlich en Führerschein einer anderen Person, den dieser verloren hatte, durch Ansichnehmen mit dem Vorsatz unterdrückt zu haben, um zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht wird.
III. am 22.01.2012 eine Person durch die sinngemäße Äußerung, wenn er seine Aussage gegen ihn vor der Polizei vor Gericht wiederhole, werde er sowie auch er selbst im Krankenhaus landen, wobei er zur Untermauerung mit einer Hand heftig in die Richtung der Person gestikulierte, durch eine gefährliche Drohung zu einer Unterlassung bzw. Abstandnahme von der neuerlichen Abgabe einer ihn belastenden Zeugenaussage vor Gericht zu nötigen versucht und die Person zu einer falschen Beweisaussage vor Gericht zu bestimmen versucht zu haben.
Vom Widerruf der mit Urteil vom 29.05.2009 gewährten bedingten Strafnachsicht wurde abgesehen, jedoch die Probezeit auf 5 Jahre verlängert.
Im Rahmen der Strafbemessung fiel das Geständnis des Beschwerdeführers sowie der Umstand, dass es sich bei den strafbaren Handlungen zu III. um einen Versuch handelte, mildernd ins Gewicht. Erschwerend wurden das Zusammentreffen von vier Vergehenstatbeständen, eine einschlägige Vorstrafe sowie der rasche Rückfall gewertet.
3.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 10. Februar 2015 wurde er wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften und dem Vergehen des Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt.
In der Zeit von Oktober 2013 bis 5. Oktober 2014 hatte der Beschwerdeführer vorschriftswidrig Suchtgift, und zwar insgesamt mindestens 84 Gramm Kokain, gewinnbringend verkauft bzw. weitergegeben, in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung der Tat ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen. Am 5. Oktober 2014 war er zudem im Besitz von insgesamt 3,6 Gramm Kokain und am 18. Mai 2014 hat er in XXXX ein Iphone 5s im Wert von EUR 250,-- einer anderen Person mit dem Vorsatz weggenommen, um sich unrechtmäßig zu bereichern.
In der Strafbemessung sind die zwei einschlägigen Vorstrafen, die Begehung während offener Probezeiten sowie die mehreren Vergehen als erschwerend, hingegen das Geständnis des Beschwerdeführers als mildernd berücksichtigt worden.
Vom Wiederruf der mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 29. Mai 2009 gewährten bedingten Strafnachsicht wurde abgesehen. Dagegen wurde eine bedingte Entlassung des Beschwerdeführers widerrufen.
4.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 10. Jänner 2017 wurde er wegen des Vergehens der versuchten Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt.
Dem Strafurteil lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Beschwerdeführer im August 2016 seine Ehefrau durch gefährliche Drohung, indem er im Zuge eines Telefonats äußerte, er werde ihr Haus anzünden, zu einer Handlung, und zwar der Gewährung seines Besuchsrechts hinsichtlich der gemeinsamen Kinder, zu nötigen versucht hat.
Das Landesgericht wertete die einschlägige Vorverurteilung des Beschwerdeführers und die Begehung innerhalb der offenen Probezeit im Rahmen der Strafbemessung als erschwerend. Mildernd blieb nur der Umstand übrig, dass es bei der Tat beim Versuch geblieben ist. Eine bedingte Strafnachsicht schloss das Strafgericht aus spezialpräventiven Gründen aus, weil dies nicht ausreicht, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Taten abzuhalten und die bisher unbedingten Freiheitsstrafen bezughabend keine Wirkung zeigten. Zudem würde laut dem Gericht eine Strafnachsicht den Unwert der Tat nicht adäquat zum Ausdruck bringen und beim Beschwerdeführer einen Bagatellisierungseffekt auslösen.
Gegen das Urteil vom 10. Jänner 2017 erhob der Beschwerdeführer eine Berufung, welche vom Oberlandesgericht XXXX mit Urteil vom 25. April 2017 abgewiesen wurde.
5.) Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 6. Februar 2017 wurde er wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt.
Der Beschwerdeführer hat in XXXX vorschriftswidrig Suchtgift, und zwar
1. in der Zeit zwischen 1. Dezember 2015 und 17. März 2016 von zwei Nigerianern eine unbekannte Menge Kokain erworben und besessen
2. zwischen 8. September 2015 und 17. März 2016 8 Kugeln Kokain erworben und besessen
3. zwischen Mitte Februar 2016 und 29. Februar 2016 ein Gramm Kokain durch Verkauf überlassen
4. zirka Ende 2016 ein Gramm Kokain durch Verkauf überlassen.
Bei der Strafbemessung fielen die drei einschlägigen Vorstrafen sowie das Zusammentreffen mehrerer Vergehen erschwerend und das zumindest teilweise abgegebene Tatsachengeständnis als mildern hinein.
Aus spezial- und generalpräventiven Gründen hielt das Strafgericht eine unbedingte Freiheitsstrafe für erforderlich.
Der Beschwerdeführer wurde aus dem Vollzug der über ihn verhängten Freiheitsstrafe zu der Verurteilung mit Urteil vom 10.02.2015 mit Beschluss des Landesgericht XXXX bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren entlassen. Das Bezirksgericht XXXX wiederrief diese gewährte bedingte Entlassung mit Beschluss, weil der Beschwerdeführer trotz des offenen Strafrestes vom teilweisen Vollzug der Freiheitsstrafe völlig unbeeindruckt blieb und von seinem deliktischen Verhalten nicht Abstand genommen hat und in diesem Verhalten verharrt ist.
6.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 30. Juni 2017 wurde er wegen dem Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt und des Vergehens der schweren Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt.
Der Beschwerdeführer hat am 22. Februar 2017 einen Beamten mit Gewalt an einer Amtshandlung, und zwar an der Festnahme zur Vorführung zum Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe und seiner Durchsuchung, gehindert, indem er den Beamten mit beiden Händen von sich wegstieß und ihm danach einen Schlag gegen dessen Oberkörper versetzte, sodass dieser stürzte und er fliehen konnte. Durch das Versetzen eines Schlages gegen den Oberkörper des Beamten, der dadurch zu Boden stürzte und Hautabschürfungen an beiden Knien erlitt, hat er den Beamten während der Vollziehung seiner Aufgaben am Körper verletzt.
Zudem hat der Beschwerdeführer am 3. April 2017 Beamte mit Gewalt an seiner Festnahme zu verhindern versucht, indem er Gegenwehr in Form von Kopfstöße, Schläge mit den Händen und Fußtritten leistete. Durch die Leistung von Gegenwehr stürzten zwei Beamte zu Boden und erlitten Hautabschürfungen an beiden Knien und an der Nase.
Im Rahmen der Strafbemessung wirkten die vier einschlägigen Vorstrafen, die Tatbegehung während offener Probezeit, anhängigem Verfahren und offenem Vollzug, das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, der rasche Rückfall sowie das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 39 StGB erschwerend. Mildernd fielen sein Geständnis und der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, aus. Eine bedingte Strafnachsicht kam aufgrund des belasteten Vorlebens des Beschwerdeführers nicht in Betracht.
7.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 13. Februar 2020 wurde er wegen die Vergehen des teils versuchten und teils vollendeten Widerstands gegen die Staatsgewalt zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt.
Am 3. Oktober 2019 hinderte der Beschwerdeführer im Bereich einer Kreuzung einen Beamten an seiner Anhaltung, indem er mit seinem KFZ auf den zu seinem Fahrzeug herantretenden Beamten losfuhr, sodass sich der Beamte nur durch einen Sprung zur Seite vor einer Kollision in Sicherheit bringen konnte. Außerdem hinderte er am 3. Oktober 2019 im Bereich eines Leitenweges zwei Beamten an seiner Festnahme, indem er sich gegen deren Festhaltegriffe durch Winden und Zerren zur Wehr setzte, wobei diese Tat beim Versuch blieb.
Während das Geständnis des Beschwerdeführers sowie der Umstand, dass es teilweise beim Versuch blieb, im Rahmen der Strafbemessung mildernd zu werten war, wirkten die Begehung während mehrere offener Probezeiten, die Mehrzahl von insgesamt 5 einschlägigen Vorstrafen, der letztlich raschestmögliche und einschlägige Rückfall, das Vorliegen der Rückfallsvoraussetzungen, die Tatwiederholung und die mit der Art und Weise der Begehung besonderen Schwere der Tat erschwerend.
Das Landesgericht hielt fest, dass nur mehr eine längere unbedingte Freiheitsstrafe als erfolgversprechende Sanktion erscheine, weil Strafnachsichten, Probezeiten und selbst bedingte Entlassungen aus verbüßten Haften den Beschwerdeführer nicht von der nunmehr mit zunehmender Deliktschwere und krimineller Energie verbundenen neuerlichen Begehung gleich gelagerter Straftaten abhielten. Es bedürfe einer exemplarischen Sanktion.
Aufgrund der neuerlichen Tatbegehung widerrief das Strafgericht weiters eine gewährte bedingte Entlassung aus der Haft, die dem Beschwerdeführer nur wenige Wochen vor den Taten zugutekam.
Sowohl der gegen das Urteil vom 13. Februar 2020 erhobene Berufung als auch der gegen den Beschluss über die Widerrufung der gewährten bedingten Entlassung eingebrachte Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht XXXX mit Urteil vom 8. Juli 2020 nicht Folge gegeben.
1.2. Zur (auszugsweise wiedergegebenen) Lage im Herkunftsstaat (mit Angabe der Quellen), soweit sie für den vorliegenden Beschwerdefall von Relevanz sind:
COVID-19
Letzte Änderung: 28.07.2022
In Nigeria gibt es wie in anderen afrikanischen Ländern relativ wenig belegte COVID-19-Infizierte. Dies kann auch damit zusammenhängen, dass vergleichsweise wenige Tests durchgeführt werden. Mit Stand 10.5.2022 sind in Nigeria 258.874 Covid-19-Fälle erfasst, davon 5.274 aktive Fälle. Es gab bis dato offiziell 3.144 Tote aufgrund von COVID-19, getestet wurden 5.349.305 (Africa CDC 11.7.2022).
Seit dem 2.4.2022 müssen doppelt geimpfte Personen vor Abreise und nach der Ankunft keinen COVID-19 PCR-Test mehr durchführen lassen. Nicht vollständig geimpfte Reisende müssen beim Einchecken nach Nigeria einen negativen COVID-19 PCR-Test vorlegen, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Außerdem müssen sie sich in Nigeria am 2. und am 7. Tag einem PCR-Test unterziehen. Zudem müssen sie sich sieben Tage in Selbstquarantäne begeben (WKO 24.4.2022).
Die COVID-19-Krise festigt die Geschlechterungleichheit am Arbeitsmarkt. Im Juli/August 2018 haben 82 Prozent der Männer und 72 Prozent der Frauen im Arbeitsalter gearbeitet, jedoch sind diese Anteile mit Stand September 2020 auf 78 Prozent bei Männern und 65 Prozent bei Frauen gesunken (STDOK 3.12.2021).
2021 erreichte die nigerianische Wirtschaft vor allem aufgrund der deutlich gestiegenen Ölpreise und der fortschreitenden Erholung des privaten Sektors ein deutlich über den Erwartungen des IWF liegendes reales Wachstum von 3,6 %. Damit gelang nach sechs Jahren wirtschaftlichen Wachstums, welches durchgehend niedriger als das Bevölkerungswachstum war, eine Trendumkehr (WKO 13.6.2022).
Anm.: Diese Informationen zu COVID-19 sind zum Teil ebenfalls in den Kapiteln Relevante Bevölkerungsgruppen / Frauen, medizinische Versorgung und Grundversorgung eingepflegt.
Quellen:
Africa CDC - Africa Centres for Disease Control and Prevention (11.7.2022): Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) - Latest updates on the COVID-19 crisis from Africa CDC, https://africacdc.org/covid-19/ , Zugriff 14.7.2022
STDOK - Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (3.12.2021): Themenbericht - Zur sozioökonomischen Lage der und Gewalt gegen Frauen unter Hinzunahme der Informationen der FFM Nigeria 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2066684/NIGR_THEM_Frauen_2021_12_03_KE.pdf , Zugriff 24.1.2022
WKO - Wirtschaftskammer Österreich (24.4.2022): Coronavirus: Situation in Nigeria - Aktuelle Informationen und Info-Updates, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-info-nigeria.html , Zugriff 10.5.2022
WKO - Wirtschaftskammer Österreich (13.6.2022): Die nigerianische Wirtschaft, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/die-nigerianische-wirtschaft.html , Zugriff 14.7.2022
Sicherheitslage
Letzte Änderung: 29.07.2022
Im Nordwesten des Landes ist organisierte Bandenkriminalität präsent, v. a. in den Bundesstaaten Zamfara, Katsina und Kaduna. Bei schweren Überfällen auf Dörfer werden dabei regelmäßig Zivilisten getötet, verschleppt und vertrieben (AA 22.2.2022; vgl. EASO 6.2021). Seit Dezember 2020 wurden mehr als 1.000 Schüler entführt und viele wurden erst wieder nach Zahlung eines hohen Lösegelds freigelassen (BBC 19.7.2021).
Im Nordosten hat sich die Sicherheitslage nach zeitweiliger Verbesserung (2015-2017) seit 2018 weiter verschlechtert (AA 22.2.2022), Angriffe erfolgen vorwiegend durch Boko Haram sowie ISWA [Islamischer Staat Westafrika] in den Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa (UKFCDO 11.7.2022). Die Aktivitäten der Islamisten haben sich von den nordöstlichen Staaten in die nordwestlichen Staaten ausgeweitet (EASO 6.2021). Obwohl Präsident Buhari in den ersten Jahren seiner Regierungszeit angab, Boko Haram "technisch" besiegt zu haben, gibt er nun [Anm.: Stand Juli 2021] zu, dass es seiner Regierung nicht gelingt, den Aufstand zu stoppen (BBC 19.7.2021).
Der seit Jahrzehnten schwelende und immer wieder aufflammende Konflikt zwischen Hirten und Bauern im sog. „Middle Belt“ in Zentralnigeria um knapper werdende Ressourcen dauert weiter an (AA 22.2.2022; vgl. FH 28.2.2022). Beide Seiten machen sich Hassreden und Gewaltverbrechen schuldig (AA 22.2.2022). Standen zu Beginn vor allem die Bundesstaaten Kaduna und Plateau im Zentrum der Auseinandersetzungen, haben sich diese südlich nach Nasarawa, Benue, Taraba und Adamawa ausgeweitet (AA 22.2.2022; vgl. EASO 6.2021). Tausende sind in dem Konflikt um knappe Ressourcen getötet worden (BBC 19.7.2021).
Die Lage im Südosten des Landes („Biafra“) bleibt latent konfliktanfällig. In Nigeria selbst haben die Auseinandersetzungen zwischen Regierung und der seit 2017 als „terroristische Vereinigung“ verbotenen IPOB zugenommen (AA 22.2.2022). In der letzten Zeit hat es dort eine zunehmende Zahl von Angriffen gegeben (UKFCDO 8.5.2022). Im Niger-Delta (Zentrum der Erdöl- und Erdgasindustrie) klagt die dortige Bevölkerung über massive, auch durch internationale Ölförderkonzerne verursachte, Umweltdegradation, jahrzehntelange Benachteiligung, kaum vorhandene Infrastruktur oder Bildungseinrichtungen und Korruption (AA 22.2.2022).
Die Kriminalitätsrate in Nigeria ist sehr hoch, die allgemeine Sicherheitslage hat sich in den vergangenen Jahren laufend verschlechtert. In allen Regionen können unvorhersehbare lokale Konflikte aufbrechen. Ursachen und Anlässe der Konflikte sind meist politischer, wirtschaftlicher, religiöser oder ethnischer Art. Insbesondere die Bundesstaaten Zamfara, das westliche Taraba und das östliche Nasarawa, das nördliche Sokoto und die Bundesstaaten Plateau, Kaduna, Benue, Niger und Kebbi sind derzeit von bewaffneten Auseinandersetzungen bzw. inner-ethnischen Konflikten zwischen nomadisierenden Viehzüchtern und sesshaften Farmern sowie organisierten kriminellen Banden betroffen. In den südöstlichen und südlichen Bundesstaaten Imo, Rivers, Anambra, Enugu, Ebonyi und Akwa-Ibom kommt es derzeit gehäuft zu bewaffneten Angriffen auf Institutionen staatlicher Sicherheitskräfte. Die nigerianische Polizei hat nach einem erheblichen Anstieg von Sicherheitsvorfällen am 19.5.2021 die "Operation Restore Peace" in diesen Bundesstaaten begonnen. Dies kann lokal zu einer höheren polizeilichen Präsenz führen. In den nordöstlichen Landesteilen werden fortlaufend terroristische Gewaltakte, wie Angriffe und Sprengstoffanschläge von militanten Gruppen auf Sicherheitskräfte, Märkte, Schulen, Kirchen und Moscheen verübt. Auch Angriffe auf dort tätige humanitäre Hilfsorganisationen waren zu verzeichnen. Demonstrationen und Proteste sind insbesondere in Abuja und Lagos, aber auch anderen großen Städten möglich und können zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führen. Im Juli/August 2019 und im Oktober 2020 [Anm.: im Rahmen der EndSARS Proteste] forderten diese in Abuja, Lagos und anderen Städten zahlreiche Todesopfer (AA 8.4.2022).
Im Mai und Juni 2022 kam es zu Gewalt in den Vororten von Abuja. Am 5.7.2022 erfolgte ein Angriff des ISWA auf das Kuje Gefängnis im FCT (UKFCDO 11.7.2022).
Anfang Oktober 2020 führte eine massive Protestwelle zur Auflösung der Spezialeinheit SARS am 11.10.2020 (Guardian 11.10.2020; vgl. EASO 6.2021). Die Einheit wurde in SWAT (Special Weapons and Tactics Team) umbenannt und seine Beamten sollen einer zusätzlichen Ausbildung unterzogen werden (DS 16.10.2020; vgl. EASO 6.2021). Nach Oktober 2020 wurde eine Kommission aus Nationaler Menschenrechtskommission (NHRC) und zivilgesellschaftlichen Gruppen zur Untersuchung der Polizeieinsätze während der Protestwelle eingesetzt (EASO 6.2021).
In der Zeitspanne Juli 2021 bis Juli 2022 stechen folgende nigerianische Bundesstaaten mit einer hohen Anzahl an Toten durch Gewaltakte besonders hervor: Borno (1.785), Niger (1.473), Zamfara (1.114). Folgende Bundesstaaten stechen mit einer niedrigen Zahl hervor: Ekiti (6), Gombe (10), Kano (15) (CFR 7.2022). Gemäß dem Global Peace Index 2020 findet sich Nigeria auf Platz 147 von 163 Ländern. Gemäß Brooking haben intensive Unsicherheit und Gewalt seit 2018 in Nigeria Bestand bzw. haben diese zugenommen (EASO 6.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.7.2022): Nigeria: Reise- und Sicherheitshinweise
(Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeriasicherheit/205788#content_5 , 25.7.2022
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.2.2022): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Januar 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2068657/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Nigeria_%28Stand_Januar_2022%29%2C_22.02.2022.pdf , Zugriff 21.4.2022
BBC - BBC News (19.7.2021): Nigeria's security crises - five different threats, https://www.bbc.com/news/world-africa-57860993 , Zugriff 18.8.2021
BBC - BBC News (25.10.2020): Nigeria protests: Police chief deploys 'all resources' amid street violence, https://www.bbc.com/news/world-africa-54678345 , Zugriff 21.2.2021
CFR - Council on Foreign Relations (7.2022): Nigeria Security Tracker, https://www.cfr.org/nigeria/nigeria-security-tracker/p29483 , Zugriff 25.7.2022
DS - Der Standard (16.10.2020): Berüchtigte "Sars"-Polizeieinheit in Nigeria nach Protesten abgeschafft, https://www.derstandard.at/story/2000120951836/beruechtigte-sars-polizeieinheit-in-nigeria-nach-protesten-abgeschafft , Zugriff 28.10.2020
EASO - European Asylum Support Office (6.2021): Nigeria - Security Situation Version 1.1, https://www.ecoi.net/en/file/local/2053722/2021_06_EASO_COI_Report_Nigeria_Security_situation.pdf , Zugriff 17.8.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068780.html , Zugriff 20.4.2022
Guardian, The (11.10.2020): Nigeria to disband Sars police unit accused of killings and brutality, https://www.theguardian.com/world/2020/oct/11/nigeria-to-disband-sars-police-unit-accused-of-killings-and-brutality , Zugriff 28.10.2020
UKFCDO - United Kingdom Foreign, Commonwealth & Development Office [Großbritannien] (11.7.2022): Foreign travel advice - Nigeria, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/nigeria , Zugriff 25.7.2022
Allgemeine Menschenrechtslage
Letzte Änderung: 23.05.2022
Die 1999 in Kraft getretene Verfassung Nigerias enthält einen umfassenden Grundrechtskatalog inkl. Grund- und Freiheitsrechten (AA 22.2.2022; vgl. ÖB 10.2021). Dieser ist zum Teil jedoch weitreichenden Einschränkungen unterworfen (AA 22.2.2022). Die Menschenrechtslage hat sich seit Amtsantritt der Zivilregierung 1999 deutlich verbessert - etwa durch die Freilassung politischer Gefangener, relative Presse- und Meinungsfreiheit, die nur vereinzelte Vollstreckung der Todesstrafe (ÖB 10.2021), doch bleibt die Umsetzung der eingegangenen menschenrechtlichen Verpflichtungen in vielen Bereichen deutlich hinter internationalen Standards zurück (AA 22.2.2022).
Auch bekennt sich die Regierung ausdrücklich zum Schutz der Menschenrechte, die auch in der Verfassung als einklagbar verankert sind. Daneben ist der Schutz von Leib und Leben der Bürger gegen Willkürhandlungen durch Vertreter der Staatsmacht keineswegs verlässlich gesichert und besteht weitgehend Straflosigkeit bei Verstößen der Sicherheitskräfte und bei Verhaftungen von Angehörigen militanter Organisationen. Das hohe Maß an Korruption auch im Sicherheitsapparat und der Justiz wirkt sich negativ auf die Wahrung der Menschenrechte aus (ÖB 10.2021).
Viele Probleme bleiben ungelöst, wie etwa Armut, Analphabetentum, Gewaltkriminalität, ethnische Spannungen die Scharia-Rechtspraxis, Entführungen und Geiselnahmen sowie das Problem des Frauen- und Kinderhandels (ÖB 10.2021). Zu den schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen gehören glaubwürdige Berichte über: rechtswidrige und willkürliche Tötungen durch staatliche und nicht-staatliche Akteure; gewaltsames Verschwindenlassen durch die Regierung, Terroristen und kriminelle Gruppen; Folter und Fälle von grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung durch die Regierung und terroristische Gruppen (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 28.2.2022); harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; willkürliche Verhaftungen oder Inhaftierungen; politische Gefangene; schwerwiegende Probleme mit der Unabhängigkeit der Justiz; willkürliche oder unrechtmäßige Eingriffe in die Privatsphäre; schwerwiegende Misshandlungen in einem Konflikt, einschließlich Tötungen, Entführungen und Folter von Zivilisten (USDOS 12.4.2022); schwerwiegende Einschränkungen der freien Meinungsäußerung und der Medienfreiheit, einschließlich Gewalt oder Drohungen gegen Journalisten und die Existenz von Verleumdungsgesetzen (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 28.2.2022, AI 29.3.2022); schwerwiegende Einschränkungen der Internetfreiheit (USDOS 12.4.2022); erhebliche Eingriffe in die friedliche Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (USDOS 12.4.2022; vgl. AI 29.3.2022); schwerwiegende Korruption in der Regierung; fehlende Ermittlungen und Rechenschaftspflicht bei geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich, aber nicht beschränkt auf häusliche und intime Partnergewalt, sexuelle Gewalt, Kinder-, Früh- und Zwangsverheiratung, weibliche Genitalverstümmelung/-beschneidung und andere schädliche Praktiken; Gewaltverbrechen, die sich gegen Angehörige nationaler/rassischer/ethnischer Minderheiten richten (USDOS 12.4.2022); das Vorhandensein oder die Anwendung von Gesetzen, die einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen unter Strafe stellen (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 28.2.2022); und das Vorhandensein der schlimmsten Formen von Kinderarbeit (USDOS 12.4.2022). Frauen sind allgegenwärtiger Diskriminierung ausgesetzt (FH 28.2.2022).
Die in den Jahren 2000/2001 eingeführten, strengen strafrechtlichen Bestimmungen der Scharia in zwölf nördlichen Bundesstaaten führten zu Amputations- und Steinigungsurteilen. Die wenigen Steinigungsurteile wurden jedoch jeweils von einer höheren Instanz aufgehoben; auch Amputationsstrafen wurden in den vergangenen Jahren nicht vollstreckt (AA 22.2.2022; vgl. USDOS 12.4.2022). Im Jahr 2021 gab es Berichte über Auspeitschen in den Bundesstaaten Kaduna und Kano (USDOS 12.4.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.2.2022): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Januar 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2068657/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Nigeria_%28Stand_Januar_2022%29%2C_22.02.2022.pdf , Zugriff 21.4.2022
AI - Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Nigeria 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070310.html , Zugriff 21.4.2022
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068780.html , Zugriff 20.4.2022
ÖB - Österreichische Botschaft Abuja [Österreich] (10.2021): Asylländerbericht Nigeria, https://www.ecoi.net/en/file/local/2066259/NIGR_%C3%96B-Bericht_2021-10.pdf , Zugriff 12.1.2022
USDOS - U.S. Department of State [USA] (12.4.2022): Country Report on Human Rights Practices 2021 - Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071178.html , Zugriff 21.4.2022
Grundversorgung
Letzte Änderung: 29.07.2022
Nigeria ist mit mehr als 200 Millionen Einwohnern bei Weitem das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Vor einigen Jahren zog das westafrikanische Land in puncto Wirtschaftsleistung sogar an Südafrika vorbei. Allerdings befindet sich Nigeria seit dem Ölpreisverfall 2016 in einer wirtschaftlichen Krise. Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie belasten das Land zusätzlich (ABG 11.2021).
Stärken: Reiche Erdöl- und Gasvorkommen; relativ breit aufgestellte Industrie in Lagos; größter Verbrauchermarkt Afrikas mit mehr als 210 Millionen Einwohnern; großer Pool an motivierten Arbeitskräften. Schwächen: Schlechte Infrastruktur; Korruption und Vetternwirtschaft in der öffentlichen Verwaltung; hohe Standortkosten und steigende Sicherheitskosten; Großteil der Bevölkerung mit rückläufiger Kaufkraft (ABG 11.2021).
2021 erreichte die nigerianische Wirtschaft vor allem aufgrund der deutlich gestiegenen Ölpreise und der fortschreitenden Erholung des privaten Sektors ein deutlich über den Erwartungen des IWF liegendes reales Wachstum von 3,6 %. Damit gelang nach sechs Jahren wirtschaftlichen Wachstums, welches durchgehend niedriger als das Bevölkerungswachstum war, eine Trendumkehr (WKO 13.6.2022).
Nigeria ist im Bereich der Landwirtschaft keineswegs autark, sondern auf Importe, vor allem von Reis, angewiesen. Aufgrund fehlender Transportmöglichkeiten verrotten bis zu 40 Prozent der Ernten. Historisch war Lebensmittelknappheit in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent. In einzelnen Gebieten im äußersten Norden (Grenzraum zu Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation allerdings schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen, aber auch wegen der Vertreibungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere die nordöstlichen Bundesstaaten nicht aus. In Ernährungszentren nahe der nördlichen Grenze werden bis zu 25 Prozent der unter fünfjährigen Kinder wegen starker Unterernährung behandelt. Insgesamt hat sich der Prozentsatz an Unterernährung in den nördlichen Staaten im Vergleich zu 2015 verbessert und liegt nun unter der Alarmschwelle von 10 Prozent. Gemäß Schätzungen von UNICEF unterliegen aber weiterhin zwei Millionen Kinder unter fünf Jahren in Nordnigeria einem hohen Risiko von schwerer akuter Unterernährung (ÖB 10.2021).
Die Einkommen sind in Nigeria höchst ungleich verteilt. Etwa 60 Prozent der geschätzten 200 Millionen Menschen leben in absoluter Armut (BS 23.2.2022). Gemäß Schätzungen der Weltbank leben ca. 90 Millionen Menschen unter der Armutsgrenze von 1,9 US-Dollar pro Tag und über 90 Prozent der Bevölkerung müssen mit einem Einkommen von weniger als 5,50 Dollar pro Tag auskommen (ÖB 10.2021).
Die letzten offiziellen Zahlen des nigerianischen National Bureau of Statistics (NBS) die Arbeitslosigkeit betreffend stammen aus dem 4. Quartal 2020. Demnach waren damals 56,1 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung entweder arbeitslos oder unterbeschäftigt. Besonders hoch sind Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung unter Jugendlichen. Laut NBS betrugen sie im selben Zeitraum kumuliert 63 Prozent (ÖB 10.2021). Laut NBS sind mit Stand Mai 2022 immer noch die Zahlen aus Q4 2020 die aktuellsten. Die Arbeitslosigkeit selbst lag im Q4 2020 bei 33,3 Prozent (NBS 2022). Verschiedene Programme auf Ebene der Bundesstaaten aber auch der Zentralregierung zielen auf die Steigerung der Jugendbeschäftigung ab (ÖB 10.2021; vgl. BS 23.2.2022).
Nur Angestellte des öffentlichen Dienstes, des höheren Bildungswesens sowie von staatlichen, teilstaatlichen oder großen internationalen Firmen genießen ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit. Eine immer noch geringe Anzahl von Nigerianern (acht Millionen) ist im Pensionssystem (Contributory Pension Scheme) registriert (BS 23.2.2022).
Die Großfamilie unterstützt in der Regel beschäftigungslose Angehörige (ÖB 10.2021). Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen (BS 23.2.2022). Allgemein kann festgestellt werden, dass auch eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit findet, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2021).
Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten. Mietkosten, Zugang zu medizinischer Versorgung und Lebensmittelpreise variieren nicht nur von Bundesstaat zu Bundesstaat, sondern auch regional/ethnisch innerhalb jedes Teilstaates (ÖB 10.2021).
Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für „peppersoup“, „garri“ oder „pounded yam“, für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist für einen relativ geringen Betrag erhältlich. Hauptsächlich im Norden ist auch der Verkauf von bestimmten Holzstäbchen zur Zahnhygiene eine Möglichkeit, genügend Einkommen zu erlangen. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch „mini-farming“ eine Möglichkeit, selbstständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als „bushmeat“ gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun „grasscutter“ (Bisamratten-ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als „bushmeat“ gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare zur Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Rascher Gewinn und gesicherte Abnahme des gezüchteten Nachwuchses sind gegeben. Schnecken und „grasscutter“ finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbstständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet (ÖB 10.2021).
Der Entwicklungsplan der Regierung, der Economic Recovery and Growth Plan (ERGP) bzw. das Medium Term Expenditure Framework (MTEF) sehen im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung die zusätzliche Bewirtschaftung von 5.000 ha Land und die Errichtung von 22 Bewässerungsdämmen vor. Der Bergbau sowie die bestehenden Freihandelszonen sollen wiederbelebt werden. Die sog. National Integrated Power Projects (NIPPs) sollen privatisiert und ihre 7.000 MW Kapazität optimiert werden. Neue Zugverbindungen, darunter zwischen Lagos und dem Handelszentrum des Nordens, Kaduna, werden verwirklicht. Eine weitere Brücke über den größten Fluss des Landes, den Niger, soll ebenfalls als Konzessionsmodell vergeben werden. In Lagos soll eine vierte Brücke gebaut werden, um das „Mainland“ mit den Geschäfts- und Nobelvierteln auf den „Islands“ zu verbinden. In allen 37 Bundesstaaten sollen rund 3.550 leistbare Wohnbauprojekte realisiert werden. Ein Teil dieser Projekte befindet sich bereits im Stadium der Verwirklichung (WKO 11.2021).
Quellen:
ABG - Africa Business Guide (11.2021): Länderprofil Wirtschaft in Nigeria, https://www.africa-business-guide.de/de/maerkte/nigeria , Zugriff 5.5.2022
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 - Nigeria Country Report, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2022_NGA.pdf , Zugriff 21.4.2022
NBS - National Bureau of Statistics (2022): Homepage, https://www.nigerianstat.gov.ng/ , Zugriff 5.5.2022
ÖB - Österreichische Botschaft Abuja [Österreich] (10.2021): Asylländerbericht Nigeria, https://www.ecoi.net/en/file/local/2066259/NIGR_%C3%96B-Bericht_2021-10.pdf , Zugriff 12.1.2022
WKO - Wirtschaftskammer Österreich (13.6.2022): Die nigerianische Wirtschaft, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/die-nigerianische-wirtschaft.html , Zugriff 14.7.2022
Medizinische Versorgung
Letzte Änderung: 31.05.2022
Nigeria verfügt über ein pluralistisches Gesundheitssystem, in dem die Gesundheitsfürsorge gemeinsam vom öffentlichen und privaten Sektor sowie durch moderne und traditionelle Systeme erbracht wird. Die Verwaltung des nationalen Gesundheitssystems ist dezentralisiert in einem dreistufigen System zwischen Bundes-, Landes- und Lokalregierungen (EUAA 4.2022). Die medizinische Versorgung in den Haupt- und größeren Städten in Nigeria sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor hat sich verbessert. So ist mittlerweile insbesondere für Privatzahler eine medizinische Versorgung für viele Krankheiten und Notfälle erhältlich. Trotzdem ist die Gesundheitsversorgung - vor allem auf dem Land - mangelhaft (AA 22.2.2022). Die Gesundheitsdaten Nigerias gehören zu den schlechtesten in Afrika südlich der Sahara und der Welt. Die aktuelle Sterberate für Kinder unter fünf Jahren beträgt 100,2 Todesfälle pro 1.000 Lebendgeburten (ÖB 10.2021).
Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser (AA 22.2.2022). Rückkehrer finden in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor, die im öffentlichen Gesundheitssektor allerdings in der Regel unter europäischem Standard liegt. Der private Sektor bietet hingegen in einigen Krankenhäusern (z.B. in Abuja, Ibadan, Lagos) westlichen Medizinstandard (AA 22.2.2022; vgl. ÖB 10.2021). Nahezu alle, auch komplexe Erkrankungen, können hier kostenpflichtig behandelt werden (AA 22.2.2022). In größeren Städten ist ein Großteil der staatlichen Krankenhäuser mit Röntgengeräten ausgestattet, in ländlichen Gebieten verfügen nur einige wenige Krankenhäuser über eine moderne Ausstattung (ÖB 10.2021).
Wie die meisten afrikanischen Länder leidet auch Nigeria unter einem kritischen Mangel an Fachkräften beim Gesundheitspersonal (HRH). Obwohl das Land einen der größten Bestände an Gesundheitspersonal hat, ist die Dichte an Ärzten, Krankenschwestern und Hebammen unzureichend (1,95 pro 1.000). Nach Schätzungen der Weltbank kamen im Jahr 2018 etwa 0,4 Ärzte auf 1.000 Einwohner während die Zahl der Krankenschwestern und Hebammen im Jahr 2019 auf 1,5 pro 1.000 Einwohner geschätzt wurde. Weitere Herausforderungen im Bereich der Humanressourcen sind die ungleiche Verteilung des Gesundheitspersonals auf die Bundesstaaten, Finanzierungslücken und Abwanderung von qualifiziertem Gesundheitspersonal in andere Länder (EUAA 4.2022).
Es existiert kein mit westlichen Standards vergleichbares Psychiatriewesen. Im ambulanten Bereich gibt es in Einzelfällen in den größeren Städten qualifizierte Psychiater, die nicht einweisungspflichtige Patienten mit klassischen Psychosen und Persönlichkeitsstörungen behandeln können (AA 22.2.2022). Es gibt weniger als 300 Psychiater für eine Bevölkerung von mehr als 200 Millionen Menschen, und angesichts der geringen Kenntnisse über psychische Störungen in der Primärversorgung sind die Familien in den ländlichen Gebieten auf sich allein gestellt, wenn es darum geht, ihre betroffenen Familienmitglieder zu versorgen. Auch die Zahlen für psychosoziale Fachkräfte sind niedrig, denn die Gesamtzahl der Fachkräfte im Bereich der psychischen Gesundheit liegt bei 0,9 pro 100.000 Einwohner, aufgeschlüsselt (jeweils pro 100.000 Einwohner) in 0,70 Krankenschwestern, 0,02 Psychologen, 0,10 Psychiater, 0,04 Sozialarbeiter und 0,01 Ergotherapeuten (EUAA 4.2022). Das in Lagos befindliche Federal Neuro Psychiatric Hospital Yaba bietet sich als erste Anlaufstelle für die Behandlung psychisch kranker Rückkehrer an. Die Kosten für einen Empfang durch ein medizinisches Team direkt am Flughafen belaufen sich auf ca. 195.000 Naira (ca. 570 Euro). Die Behandlungskosten sind jedoch je nach Schwere der Krankheit unterschiedlich (AA 22.2.2022).
Es gibt eine allgemeine Kranken- und Rentenversicherung, die allerdings nur für Beschäftigte im formellen Sektor gilt. Die meisten Nigerianer arbeiten jedoch im informellen Sektor (AA 22.2.2022). Die Rate der im NHIS versicherten Personen ist von 10 Prozent (5,6 Millionen Nigerianer) vor zehn Jahren auf 1,72 Prozent (eine Million Nigerianer) in aktualisierten Statistiken [Stand: 2020] gefallen. 90 Prozent der Nigerianer sind nicht versichert. 3-5 Prozent der Bevölkerung sind in irgendeiner Form krankenversichert (TG 25.9.2020).
Die Kosten medizinischer Betreuung müssen im Regelfall selbst getragen werden. Die staatlichen Gesundheitszentren heben eine Registrierungsgebühr von umgerechnet 10 bis 25 Cent ein (ÖB 10.2021). Die staatliche Gesundheitsversorgung gewährleistet keine kostenfreie Medikamentenversorgung. Für Medikamente muss man selbst aufkommen. Das Preisniveau ist insgesamt uneinheitlich, selbst Generika können bisweilen durchaus teurer als in deutschen Apotheken sein (AA 22.2.2022). Gemäß Angaben einer anderen Quelle werden Tests und Medikamente an staatlichen Gesundheitseinrichtungen dann unentgeltlich abgegeben, wenn diese überhaupt verfügbar sind. Religiöse Wohltätigkeitseinrichtungen und NGOs bieten kostenfrei medizinische Versorgung (ÖB 10.2021). Gemäß einer weiteren Quelle werden Medikamente für sogenannte vorrangige Krankheiten in staatlichen Gesundheitseinrichtungen kostenlos zur Verfügung gestellt, darunter antiretrovirale Medikamente sowie Medikamente gegen Tuberkulose und multiresistente Tuberkulose. Probleme in der Versorgungskette haben zur Bildung informeller Arzneimittelmärkte geführt. Die Medikamentenpreise variieren in den nördlichen und südlichen Regionen; sie sind im Norden höher, weil die Verteilung von den südlichen Häfen in die nördlichen Regionen kostenintensiver ist (EUAA 4.2022).
Apotheken und in geringerem Maße private Kliniken verfügen über essenzielle Medikamente (AA 22 .2022). Medikamente gegen einige weitverbreitete Infektionskrankheiten wie Malaria und HIV/AIDS können teilweise kostenlos in Anspruch genommen werden, werden jedoch nicht landesweit flächendeckend ausgegeben. Schutzimpfaktionen werden von internationalen Organisationen finanziert, stoßen aber auf religiös und kulturell bedingten Widerstand, überwiegend im muslimischen Norden (ÖB 10.2021).
Die Qualität der Produkte auf dem freien Markt ist zweifelhaft, da viele gefälschte Produkte vertrieben werden (bis zu 25 Prozent aller verkauften Medikamente), die nur eingeschränkt wirken (AA 22.2.2022). Gegen den grassierenden Schwarzmarkt mit Medikamenten gehen staatliche Stellen kaum vor (ÖB 10.2021).
Gerade im ländlichen Bereich werden „herbalists“ und traditionelle Heiler aufgesucht (ÖB 10.2021).
In Nigeria gibt es wie in anderen afrikanischen Ländern relativ wenig belegte Covid-19-Infizierte. Dies kann auch damit zusammenhängen, dass vergleichsweise wenige Tests durchgeführt werden. Mit Stand 10.5.2022 sind in Nigeria 255.802 Covid-19-Fälle erfasst, davon 2.723 aktive Fälle. Es gab bis dato 3.143 Tote aufgrund von Covid-19, getestet wurden 5.114.703 (Africa CDC 10.5.2022)
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.2.2022): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Januar 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2068657/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Nigeria_%28Stand_Januar_2022%29%2C_22.02.2022.pdf , Zugriff 21.4.2022
Africa CDC - Africa Centres for Disease Control and Prevention (10.5.2022): Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) - Latest updates on the COVID-19 crisis from Africa CDC, https://africacdc.org/covid-19/ , Zugriff 10.5.2022
EUAA - European Union Agency for Asylum (4.2022): Report on medical care (political context; economy; socio-cultural features; organisation of the health system; healthcare human resources; pharmaceutical sector; patient pathways; insurance; cost; treatments; mental healthcare; selected medicines price list), https://www.ecoi.net/en/file/local/2071828/2022_04_EUAA_MedCOI_Report_Nigeria.pdf , Zugriff 10.5.2022
ÖB - Österreichische Botschaft Abuja [Österreich] (10.2021): Asylländerbericht Nigeria, https://www.ecoi.net/en/file/local/2066259/NIGR_%C3%96B-Bericht_2021-10.pdf , Zugriff 12.1.2022
TG - The Guardian (25.9.2020): Over 170 million Nigerians without health insurance, https://guardian.ng/features/over-170-million-nigerians-without-health-insurance/ , Zugriff 3.8.2021
Rückkehr
Letzte Änderung: 31.05.2022
Zum Zeitpunkt der Berichtslegung kann kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die allgemein herrschende Situation in Nigeria stellt keine Bedrohung i.S.v Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK dar. Außerdem kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2021).
Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX unterstützt werden (AA 22.2.2022). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations (JROs) gemeinsam mit FRONTEX (ÖB 10.2021). Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen (AA 22.2.2022).
Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig rückkehrenden Asylwerbern sind nicht bekannt (AA 22.2.2022). Die Erfahrungen mit den JROs seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen (ÖB 10.2021). Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der zuständigen Behörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch von der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt (AA 22.2.2022) bzw. erkennungsdienstlich behandelt (ÖB 10.2021) und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 22.2.2022; vgl. ÖB 10.2021). Meist steigen sie in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit den Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖB 10.2021).
Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im „Decree 33“ nicht zu befürchten (AA 22.2.2022). Aus menschenrechtlichen Erwägungen wird gegenüber nigerianischen Behörden als Grund für Abschiebungen stets „overstay“ angegeben, da dieser kein strafrechtliches Delikt darstellt (ÖB 10.2021).
Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos und anderen Landesteilen grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, sodass z.B. die Angebote nicht bekannt sind oder eine ausreichende Versorgung dort nicht ohne weiteres gewährleistet ist. Internationale Akteure betreiben Rückkehrer- bzw. Migrationsberatungszentren. Eine entsprechende Einrichtung von IOM in Benin-City, Edo State, wurde 2018 eröffnet. Gleichermaßen haben im Herbst 2018 in Lagos, Abuja und Benin City Migrationsberatungszentren der GIZ ihren Betrieb aufgenommen. Gemeinsam mit dem nigerianischen Arbeitsministerium wird dort über berufliche Perspektiven in Nigeria informiert und es werden Aus- oder Weiterbildungsprojekte angeboten (AA 22.2.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.2.2022): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Januar 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2068657/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Nigeria_%28Stand_Januar_2022%29%2C_22.02.2022.pdf , Zugriff 21.4.2022
ÖB - Österreichische Botschaft Abuja [Österreich] (10.2021): Asylländerbericht Nigeria, https://www.ecoi.net/en/file/local/2066259/NIGR_%C3%96B-Bericht_2021-10.pdf , Zugriff 12.1.2022
1.3. Zur aktuell vorliegenden Covid-19 Pandemie:
COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet (https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/question-and-answers-hub/q-a-detail/q-a-coronaviruses ).
Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei etwa 80% der Betroffenen leicht bzw. symptomlos und bei ca. 20% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Sehr schwere oder tödliche Krankheitsverläufe treten am häufigsten bei Risikogruppen auf, zum Beispiel bei älteren Personen und Personen mit medizinischen Problemen oder Vorerkrankungen wie Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) (https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/question-and-answers-hub/q-a-detail/q-a-coronaviruses ).
Die COVID-19-Risikogruppe-Verordnung listet die medizinischen Gründe (Indikationen) für die Zugehörigkeit einer Person zur COVID-19-Risikogruppe. Auf Grundlage dieser Indikationen darf eine Ärztin/ein Arzt ein COVID-19-Risiko-Attest ausstellen.
Die medizinischen Hauptindikationen sind:
-fortgeschrittene chronische Lungenkrankheiten, welche eine dauerhafte, tägliche, duale Medikation benötigen
-chronische Herzerkrankungen mit Endorganschaden, die dauerhaft therapiebedürftig sind, wie ischämische Herzerkrankungen sowie Herzinsuffizienzen
-aktive Krebserkrankungen mit einer jeweils innerhalb der letzten sechs Monate erfolgten onkologischen Pharmakotherapie (Chemotherapie, Biologika) und/oder einer erfolgten Strahlentherapie sowie metastasierende Krebserkrankungen auch ohne laufende Therapie
-Erkrankungen, die mit einer Immunsuppression behandelt werden müssen
-fortgeschrittene chronische Nierenerkrankungen
-chronische Lebererkrankungen mit Organumbau und dekompensierter Leberzirrhose ab Childs-Stadium B
-ausgeprägte Adipositas ab dem Adipositas Grad III mit einem BMI >= 40
-Diabetes mellitus
-arterielle Hypertonie mit bestehenden Endorganschäden, insbesondere chronische Herz- oder Niereninsuffizienz, oder nicht kontrollierbarer Blutdruckeinstellung.
Diese medizinischen Hauptindikationen werden in der Verordnung weiter unterteilt und genau beschrieben (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen/FAQ--Risikogruppen.html ).
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der durchgeführten niederschriftlichen Befragungen, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Nigeria.
Ergänzend wurden Auszüge aus dem zentralen Melderegister, dem Strafregister, dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung und der Sozialversicherungsdatenbank eingeholt.
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zum Sachverhalt:
Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers gründen sich primär auf seinen Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme am 23.06.2022 und auf seine im Verfahren eingebrachte Stellungnahme vom 03.11.2021.
Aus dem aktuellen Auszug aus dem Fremdenregister ergeben sich die Feststellungen zum geführten Asylverfahren und zu den dem Beschwerdeführer erteilten Aufenthaltstiteln. Soweit Feststellungen zum Wohnsitz, zur Erwerbstätigkeit oder zum Bezug von Notstandshilfe und Arbeitslosengeld des Beschwerdeführers getroffen wurden, ergeben sich diese aus den Auszügen aus dem Melderegister und dem Sozialversicherungssystem.
Auf die Aussagen seiner ehemaligen Lebensgefährtinnen in den niederschriftlichen Einvernahmen und auf das Schreiben des Magistrats der Landeshauptstadt XXXX , Abteilung Gesundheit, Jugend und Familie/Sozialarbeit vom 12. September 2022 gehen hauptsächlich die Feststellungen zum Verhältnis des Beschwerdeführers zu seinen ehemaligen Partnerinnen und Kindern zurück.
Die Feststellungen hinsichtlich der gewährten Unterhaltsvorschüsse ergeben sich aus dem im Akt befindlichen Schreiben des Amts der XXXX Landesregierung vom 20.04.2022.
Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich und aus den im Akt einliegenden Strafurteilen. Der voraussichtliche Entlassungszeitpunkt geht aus der Vollzugsinformation vom 30.09.2021 hervor.
2.3. Zum Herkunftsstaat und zur Covid 19 Pandemie:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf den aktuellen Länderinformationen der Staatendokumentation für Nigeria vom 29.07.2022 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Diese Länderinformationen stützen sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine entscheidungsrelevanten Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen.
Die Feststellungen zur Covid 19 Pandemie ergeben sich aus den zitierten Quellen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1. Rechtslage
Gemäß § 52 Abs 4 Z 4 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,
1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,
2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.
Nach § 11 Abs 2 Z 1 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet.
Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse unter anderem dann, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde (§ 11 Abs 4 Z 1 NAG).
Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf nach § 9 Abs. 6 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen.
Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall
Der Beschwerdeführer war zuletzt im Besitz einer ausgestellten Rot-Weiß-Rot Karte plus. Die Rot-Weiß-Rot Karte plus des Beschwerdeführers wurde am 14.10.2019 ausgestellt und die Gültigkeit des Aufenthaltstitels ist mittlerweile abgelaufen. Allerdings ist derzeit ein Verfahren über einen gestellten Verlängerungsantrag anhängig, weshalb der Beschwerdeführer sich gemäß § 24 NAG rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Das Bundesamt hat deshalb die Rückkehrentscheidung zutreffend auf Grundlage des § 52 Abs. 4 FPG geprüft.
Die Bestimmung der Z 1 des § 52 Abs. 4 FPG verlangt, dass während des Zeitraums der Gültigkeit des Aufenthaltstitels eine Rückkehrentscheidung nur dann erlassen werden kann, wenn ein Versagungsgrund nach der Aufenthaltstitelerteilung eintritt oder bekannt wird. Ist allerdings die Gültigkeit des dem Drittstaatsangehörigen erteilten Aufenthaltstitels abgelaufen und ein Verlängerungsverfahren anhängig, so ist allein die Bestimmung nach der Z 4 des § 52 Abs. 4 FPG einschlägig, wonach gegen den rechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung erlassen werden kann, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund gemäß § 11 Abs. 1 und 2 NAG 2005 entgegensteht (VwGH 19.08.2021, Ra 2021/21/0031).
Zum Zeitpunkt der Ausstellung der Rot-Weiß-Rot Karte plus lag die zuletzt im Februar 2020 erfolgte strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers nicht vor und die Niederlassungsbehörde hatte noch keine Kenntnis von der Verurteilung.
Fallbezogen sind somit die Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 4 Z. 4 FPG gegeben, weil nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 NAG eintrat bzw. bekannt wurde, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre.
Angesichts der massiven Straffälligkeit des Beschwerdeführers teilt das Bundesverwaltungsgericht die Ansicht des Bundesamts, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet öffentlichen Interessen widerstreitet, da er für die öffentliche Sicherheit und Ordnung eine schwerwiegende Gefahr darstellt.
Zu prüfen ist daher, ob die erlassene Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:
Bei der Beurteilung, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte darstellt, ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 04.08.2016, Ra 2015/21/0249).
Vom Begriff des "Familienlebens" in Art 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, Appl. 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, Appl. 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd. Art 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl etwa VwGH 26.1.2006, 2002/20/0423; 8.6.2006, 2003/01/0600; 26.1.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entsteht ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt (vgl EGMR 21.6.1988, Fall Berrehab, Appl 10.730/84 [Z 21]; 26.5.1994, Fall Keegan, Appl 16.969/90 [Z 44]). Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden (EGMR 19.2.1996, Fall Gül, Appl 23.218/94 [Z 32]).
Bei der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessenabwägung ist eine Auseinandersetzung mit den Auswirkungen einer Rückkehrentscheidung auf das Kindeswohl notwendig, wobei zu beachten ist, dass ein Kind grundsätzlich Anspruch auf "verlässliche Kontakte" zu beiden Elternteilen hat (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0282; VfGH 28.11.2019, E 707/2019).
Eine Trennung von Familienangehörigen, mit denen ein gemeinsames Familienleben im Herkunftsland nicht zumutbar ist, ist im Ergebnis nur dann gerechtfertigt, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regeln über den Familiennachzug (vgl. VwGH 23.3.2017, Ra 2016/21/0199, mwN (Trennung von einem österreichischen Ehepartner); 23.2.2017, Ra 2016/21/0235 (Trennung von der in Österreich asylberechtigten Ehefrau und asylberechtigten minderjährigen Kindern)). Insbesondere schwerwiegende kriminelle Handlungen - etwa nach dem SMG -, aus denen sich eine vom Fremden ausgehende Gefährdung ergibt, können die Erlassung einer Rückkehrentscheidung daher auch dann tragen, wenn diese zu einer Trennung von Familienangehörigen führt (vgl. VwGH 5.10.2017, Ra 2017/21/0174; 26.6.2019, Ra 2019/21/0034; jeweils mit weiteren Hinweisen).
Fallgegenständlich ist der Beschwerdeführer Vater von drei Kindern, dem öffentlichen Interesse an seiner Aufenthaltsbeendigung ist jedoch aufgrund seiner gravierenden Straffälligkeit ein sehr starkes Gewicht beizumessen. Es liegen spezifische Umstände vor, die im konkreten Fall die Trennung von seinen Kindern rechtfertigen.
Insbesondere der von ihm in der Zeit von 01.03.2008 bis 11.03.2009 begangene Suchtgifthandel stellt unter Berücksichtigung der hohen Menge an überlassenem Suchtgift von über 500 Gramm und dem langen Tatzeitraum ein besonders schweres Verbrechen dar. Auch seine zuletzt gesetzten Handlungen weisen einen besonders hohen Schweregrad auf. Gegenüber Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes leistete er Gegenwehr in Form von Kopfstöße, Schläge mit den Händen und Fußtritten, um eine Festnahme zu verhindern, und am 3. Oktober 2019 fuhr er mit seinem KFZ auf einen Beamten los, der nur durch einen Sprung auf die Seite eine Kollision vermeiden konnte.
Im Urteil des Landesgerichts XXXX vom 13. Februar 2020 wurde zuletzt festgehalten, dass nur mehr eine längere unbedingte Freiheitsstrafe als erfolgversprechende Sanktion erscheine, weil Strafnachsichten, Probezeiten und selbst bedingte Entlassungen aus verbüßten Haften den Beschwerdeführer nicht von der nunmehr mit zunehmender Deliktschwere und krimineller Energie verbundenen neuerlichen Begehung gleich gelagerter Straftaten abhielten. Es bedürfe einer exemplarischen Sanktion.
Das sich ebenfalls in dieser Strafbemessung niederschlagende und der Verhängung der unbedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 24 Monaten aus general- und spezialpräventiven Gründen manifestierte gravierende Fehlverhalten des Beschwerdeführers rechtfertigt die Annahme, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet schwerwiegend gefährdet wäre. Ein weiterer Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet stünde mit den essentiellen öffentlichen Interessen an seiner Aufenthaltsbeendigung im Widerspruch.
Hinzu kommt, dass die Beziehung des Beschwerdeführers zu seinen Kindern nicht intensiv ist. Zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Kindern besteht nur ein sehr eingeschränkter Kontakt und kein ausgeprägtes sowie tiefergehendes Naheverhältnis.
Seine beiden Kinder, die aus seiner Ehe entstammten, hat er persönlich seit über einem Jahr nicht mehr gesehen. Seine Tochter lehnt den Kontakt zu ihm ab und zu seinem älteren Sohn bestand zu keinem Zeitpunkt ein intensiver Kontakt.
Sein jüngerer Sohn, der im Jahr 2017 auf die Welt kam, wurde zu einem Zeitpunkt geboren, in dem er sich in Haft befand. Allein aus dem regelmäßigen Besuch seiner ehemaligen Partnerin und dem Kind in der Justizanstalt lässt sich ein besonders intensives und schützenswertes Familienleben nicht ableiten. Der Beschwerdeführer ließ sich außerdem trotz der erfolgten Geburten seiner Kinder nicht davon abhalten, mehrere Straftaten zu begehen. Er nahm bewusst in Kauf, im Falle von Verurteilungen keinen oder einen nur sehr eingeschränkten Kontakt zu seinen Kindern zu haben.
Weiters gilt es darauf hinzuweisen, dass seine ehemaligen Lebensgefährtinnen für den Lebensunterhalt seiner Kinder aufkommen und er seiner Unterhaltsverpflichtung bislang nicht im ausreichenden Maß nachkam. Eine besondere wirtschaftliche Abhängigkeit der Kinder ihm gegenüber ist somit nicht anzunehmen, weshalb sein weiterer Verbleib aus finanzieller Hinsicht nicht für das Kindeswohl geboten ist. Die Pflege und Betreuung der Kinder ist im Fall der Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers durch die Mütter, die mit den Kindern dauerhaft zusammenleben, gesichert.
Die Umstände des konkreten Falls, vor allem die vom Beschwerdeführer ausgehende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und die nicht ausgeprägte Beziehungsintensität zu seinen Kindern, rechtfertigen daher die gegenüber ihm erlassene aufenthaltsbeendende Maßnahme und die Trennung von seinen Kindern. Auch unter Beachtung des Kindeswohles liegen keine außergewöhnlichen Umstände vor, die eine Verletzung des Art. 8 EMRK erkennen lassen.
Die Erlassung der gegenständlichen Rückkehrentscheidung stellte somit keinen unzulässigen und unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Achtung des Familienlebens dar.
Zu prüfen ist daher ein etwaiger Eingriff in sein Privatleben.
Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nehmen die persönlichen Interessen des Fremden an seinem Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer seines bisherigen Aufenthalts zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist jedoch nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001).
In der Beschwerde wird die Judikatur des VwGH zitiert, nach der bei einer Aufenthaltsdauer von über 10 Jahren regelmäßig vom Überwiegen der persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib in Österreich auszugehen ist.
Die Judikatur des VwGH, wonach bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist, ist allerdings nur für die Frage maßgeblich, ob einem unrechtmäßig aufhältigen Fremden ein aus Art. 8 MRK ableitbares Aufenthaltsrecht zuzugestehen ist, und sie ist in Fällen, in dem es um eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen einen aufgrund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen wegen dessen Straffälligkeit geht, schon von vornherein nicht einschlägig. Außerdem kommt diese Judikaturlinie, die sich in der Regel nur auf strafrechtlich unbescholtene Fremde bezieht, im Fall der Straffälligkeit eines Fremden nicht zum Tragen (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0282).
Der Beschwerdeführer hält sich seit seiner Asylantragstellung am 15.07.2004 im Bundesgebiet auf und der von ihm gestellte Asylantrag wurde damals im Juni 2006 abgewiesen. Seit dem 01.09.2006 war er im Bundesgebiet langjährig rechtmäßig in Österreich niedergelassen.
Auch wenn der Beschwerdeführer eine durchaus beträchtlich lange Aufenthaltsdauer von 18 Jahren, in der sich ein Privatleben entwickelt hat, ins Treffen führen kann, ist den privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet jedoch sein straffälliges Verhalten entgegen zu halten.
Die für die Integration eines Fremden wesentliche soziale Komponente wird durch vom Fremden begangene Straftaten erheblich beeinträchtigt (vgl. etwa VwGH 30.01.2007, 2004/21/0045 mwH). Insbesondere strafrechtliche Verurteilungen stellen Umstände dar, die die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland und eine erfolgte Integration relativieren können, wobei in dem Zusammenhang auch länger zurückliegende Straftaten berücksichtigt werden können (vgl. VwGH 16.7.2020, Ra 2020/21/0113).
Die Aufenthaltsbeendigung von straffällig gewordenen Ausländern gilt grundsätzlich als legitimes Interesse eines Aufenthaltsstaates. Daher sind Straftaten wesentliche Gründe, die bei Rückkehrentscheidungen im Rahmen der Interessensabwägung zu Ungunsten eines Fremden ausschlagen können. Das besondere verpönte Verhalten des Beschwerdeführers verdeutlicht, dass er nicht gewillt ist, die für ihn maßgebenden Rechtsvorschriften Österreichs einzuhalten.
In Fällen gravierender Kriminalität und daraus ableitbarer hoher Gefährdung der öffentlichen Sicherheit steht die Zulässigkeit der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch gegen langjährig in Österreich befindliche Fremde nicht in Frage.
Der Beschwerdeführer beging neben den besonders verpönten Suchtgiftdelikten auch Delikte gegen Leib und Leben und Vermögensdelikte, an deren Verhinderung ebenfalls ein gewichtiges öffentliches Interesse besteht. Aufgrund des gravierenden strafrechtlichen Fehlverhaltens und der daraus ableitbaren hohen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung trotz seines langjährigen Aufenthalts zulässig.
Bei einer Gesamtbetrachtung wiegen unter diesen Umständen die öffentlichen Interessen an der Verhinderung strafbarer Handlungen, denen ein hoher Stellenwert zukommt, schwerer als die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.
Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK - aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG mit einzubeziehen (vgl. dazu VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt jedoch im Fall des volljährigen und gesunden Beschwerdeführers nicht vor.
Ferner bleiben in der Regel selbst nach jahrelanger Abwesenheit die Bräuche und kulturellen Eigenheiten des Herkunftslandes in Erinnerung.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zum Ausspruch, dass die Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
3.2.1. Rechtslage
Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall
Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung nach Nigeria unzulässig wäre.
Die allgemein herrschende Situation in Nigeria stellt keine Bedrohung im Sinne von Art 2, 3 EMRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK dar. Außerdem kann allgemein festgestellt werden, dass selbst eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird.
Exzeptionelle Umstände, die einer Rückkehr entgegenstehen würden, liegen nicht vor. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Somit ist er in der Lage, in Nigeria einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, um seinen Lebensunterhalt zu sichern.
Des Weiteren steht die Covid 19 Pandemie einer Rückkehr nach Nigeria nicht entgegen. Die konkrete Situation des Beschwerdeführers spricht nicht für eine reale Gefahr einer Verletzung nach Art 2, 3 EMRK. Eine Infektion bei volljährigen, gesunden Personen verläuft in der Regel symptomlos oder wird in den weitaus meisten Fällen ohne schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen überstanden. Auch wenn einzelne Personen zwar auch schwer erkranken oder sogar versterben können, besteht nach den derzeit verfügbaren Informationen jedoch jedenfalls keine „reale“ Gefahr hierfür. Außerdem wird in einigen Städten Nigerias eine dem westlichen Standard entsprechende medizinische Versorgung angeboten und ist der Zugang zu einer medizinischen Versorgung im Grundsatz gegeben.
Es liegen daher auch im Hinblick auf die bloße Möglichkeit einer COVID-19-Erkrankung nicht solche exzeptionellen Umstände vor, die bei Außerlandesschaffung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat die reale Gefahr einer Verletzung seiner nach Art. 3 EMRK garantierten Rechte darstellten (vgl. etwa VwGH, 05.08.2020, Ra 2020/14/0199-8).
Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs 2 FPG, da dem Beschwerdeführer keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.
Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria erfolgte daher zu Recht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 52 Abs 9 FPG abzuweisen war.
3.3. Verhängung eines Einreiseverbots (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
3.3.1. Rechtslage:
Gemäß § 53 Abs 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Nach § 53 Abs 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall
Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2011, 2011/21/0237 zur Rechtslage nach dem FrÄG 2011 ausgeführt, dass unter Beachtung der Gesetzesmaterialien zu dieser Novelle (ErlRV 1078 BlgNR 24. GP , 29 ff) bei Bemessung eines Einreiseverbotes nach § 53 FrPolG 2005 eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist, bei der die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen hat, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchem zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 anzunehmen. In den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FrPolG 2005 ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit indiziert, was dann die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von bis zu zehn Jahren und, liegt eine bestimmte Tatsache im Sinn der Z 5 bis 8 vor, von unbefristeter Dauer ermöglicht (vgl. zum Erfordernis einer Einzelfallprüfung aus der ständigen Rechtsprechung auch etwa VwGH 10.4.2014, 2013/22/0310, 30.7.2014, 2013/22/0281).
Das Bundesamt verhängte gegen den Beschwerdeführer ein 8-jähriges Einreiseverbot und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Erlassung des Einreiseverbots notwendig sei, um die von ihm ausgehende schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu verhindern.
Das Bundesamt hat das Einreiseverbot zu Recht auf § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG gestützt, da der Beschwerdeführer zuletzt mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 13. Februar 2020 zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt wurde.
Der Ansicht, dass das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers eine schwerwiegende Gefahr darstellt, ist ebenfalls beizutreten.
Zunächst fällt vor allem ins Gewicht, dass er mehrere, besonders verpönte Straftaten nach dem SMG beging. Aufgrund der massiven Suchtgiftdelinquenz des Beschwerdeführers ist eine schwere Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch seinen weiteren Aufenthalt indiziert. Die bei Suchtgiftdelikten bestehende hohe Wiederholungsgefahr hat sich beim Beschwerdeführer bereits mehrmals realisiert.
Gerade die Begehung eines strafbaren Deliktes im Suchtmittelbereich berührt wegen der besonderen Gefährlichkeit für Dritte ein Grundinteresse der Gesellschaft. Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf die Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. die Erk. des VwGH vom 20.08.2013, Zl. 2013/22/0082; vom 22.11.2012, Zl. 2011/23/0556, mwN).
Im Hinblick auf die verheerende Wirkung von Drogen auf das Leben von Menschen hat auch der EGMR wiederholt sein Verständnis für die Bestimmtheit der Mitgliedstaaten im Vorgehen gegenüber Personen, die an der Verbreitung von Drogen aktiv mitwirken, zum Ausdruck gebracht (vgl. das Urteil des EGMR vom 19.02.1998, Dalia gegen Frankreich, Nr. 154/1996/773/974). Er betonte, dass "angesichts der verheerenden Auswirkungen der Suchtgiftkriminalität die Staaten berechtigt sind, insofern besonders rigoros vorzugehen" (vgl. das Urteil des EGMR vom 01.12.2016, Salem v Denmark, 77036/11).
Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem wiederholt ausgesprochen, dass bei schweren Verbrechen nach dem SMG weder ein langjähriger Aufenthalt in Österreich noch eine sonst vollkommene soziale Integration im Inland einem Einreiseverbot entgegenstehen (VwGH 31.05.2022, Ra 2020/21/0176, mwN).
Der Beschwerdeführer brachte durch sein gesamtes Fehlverhalten seine mangelnde Rechtstreue und seine Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten deutlich zum Ausdruck. Er war und ist nicht gewillt, die von der österreichischen Rechtsordnung geschützten Rechtsgüter und die (in der europäischen Union) geltenden Grundinteressen der Gesellschaft zu beachten. Mit dem Verkauf von Suchtgift nahm er die Schädigung der Gesundheit seiner Abnehmer billigend in Kauf. Insbesondere weist aber auch die Schwere und die Art der Ausführung der letzten Straftat auf eine hohe kriminelle Energie des Beschwerdeführers hin. Die konkrete Tatausführung, nämlich das Losfahren mit einem KFZ auf einen Beamten, lässt den Schluss auf einen besonderen Handlungs- und Gesinnungsunwert und auf eine besondere Gefährlichkeit des Beschwerdeführers zu. Dass ein Teil der Straftaten, wie in der Beschwerde vorgebracht wird, im Versuchsstadium blieben, ändert nichts am hohen Unrechtsgehalt und an der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung.
Das öffentliche Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere von schwerer Gewaltkriminalität, ist als sehr groß zu bewerten (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474).
Sein Verhalten ist unbestritten den Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit Österreichs zuwidergelaufen. Der Beschwerdeführer zeigte zudem durch sein Fehlverhalten und die Wiederholung derselben Verhaltensmuster und Straftaten seine mangelnde Bereitschaft, sich mit seinem Verhalten reflektiert auseinanderzusetzen und sein Verhalten zu ändern. Das sich aus den mehrfachen Verurteilungen ergebende Persönlichkeitsbild lässt keinen Schluss zu, dass der Beschwerdeführer sich in Zukunft wohlverhalten werde. Die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, die Tatbegehungen während offener Probezeit und der immer wiederkehrende rasche Rückfall geben Anlass zur Prognose, dass vom Beschwerdeführer eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Ordnung in Österreich ausgeht, weil er auch hin künftig in seinen Verhaltensmustern stecken bleiben wird und eine Besserung im Falle seines Verbleibs nicht zu erwarten ist.
Bedingte Strafnachsichten, Probezeiten, bedingte Entlassungen und das Verspüren von Haftübel haben den Beschwerdeführer bisher nicht davon abgehalten, mit zunehmender Deliktschwere und krimineller Energie gleich gelagerte Straftaten zu begehen. Selbst die Geburt seiner Kinder und der Hinweis des Bundesamtes, bei neuerlicher Straffälligkeit bzw. Verurteilung abgeschoben zu werden, bewirkten beim Beschwerdeführer keine Verhaltensänderung, vielmehr nahm er bewusst eine Kontakteinschränkung zu seinen Kindern und eine Abschiebung nach Nigeria in Kauf. Auch die Bewährungshilfe bewirkte keine Verhaltensänderung.
Für den in der Beschwerde behaupteten positiven Lebenswandel gibt es keine Anhaltspunkte.
Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. B 22. Mai 2014, Ra 2014/21/0014). Das gilt auch im Fall einer (erfolgreich) absolvierten Therapie (vgl. E 22. September 2011, 2009/18/0147; B 22. Mai 2014, Ro 2014/21/0007; B 15. September 2016, Ra 2016/21/0262).
Der Beschwerdeführer befindet sich gegenwärtig in Haft, sodass noch kein Wohlverhaltenszeitraum vorliegt. Angesichts der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten schweren Straftaten und der bestehenden hohen Wiederholungsgefahr gefährdet sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit im beträchtlichem Maß und besteht im gegebenen Fall ein überwiegendes Interesse an der Beendigung seines Aufenthalts.
Bei der Festsetzung der Dauer eines Einreiseverbotes ist immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, bei der auch auf die privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen ist (vgl. VwGH 4.4.2019, Ra 2019/21/0009).
Die Auswirkungen der aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Kinder wiegen keinesfalls schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Eine Trennung von seinen Kindern hat der Beschwerdeführer - auch unter Berücksichtigung des Kindeswohls - im öffentlichen Interesse hinzunehmen. Abgesehen davon besteht die Möglichkeit, zumindest den Kontakt zu seinen Kindern wie bisher über moderne Kommunikationsmittel aufrechtzuerhalten. Eine Trennung erscheint auch aufgrund des Umstandes, dass er zuletzt keinen ausreichenden finanziellen Beitrag zum Unterhalt seiner Kinder geleistet hat und der gemeinsame Haushalt seit längerem nicht mehr besteht, zumutbar.
Nach Ablauf des Einreiseverbots steht es dem Beschwerdeführer zudem wieder offen, sich um eine legale Wiedereinreisemöglichkeit zum Besuch seiner Kinder in Österreich zu bemühen.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch die Verhängung eines 8-jährigen Einreiseverbots effektiv begegnet werden kann. In der Gesamtschau der oben angeführten Umstände ist das Einreiseverbot als rechtmäßig und die festgesetzte Dauer als angemessen zu qualifizieren.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.
3.4. Zum Ausspruch, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 55 Abs 4 FPG hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.
Im vorliegenden Fall hat das Bundesamt einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG aberkannt.
Zu Recht hat daher die belangte Behörde § 55 Abs 4 FPG zur Anwendung gebracht. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.
3.5. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist vom Bundesamt die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz sind im vorliegenden Beschwerdefall erfüllt, weil vom Beschwerdeführer - wie bereits dargelegt – eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht.
Während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet wurde er mehrmals straffällig und angesichts der bisherigen einschlägigen und raschen Rückfallen ist konkret zu befürchten, dass er nach Haftentlassung wieder straffällig wird. Seine sofortige Ausreise ist deshalb dringend geboten.
Nach § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Wie bereits oben erörtert, besteht bei der Rückkehr des Beschwerdeführers nach Nigeria keine Gefahr, dass ihm die Todesstrafe, Folter, eine unmenschliche Behandlung oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes drohen. Ein von Art 8 EMRK geschützter Eingriff in sein Privat- und Familienleben liegt ebenfalls nicht vor.
Die nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen des Beschwerdeführers und jenen Österreichs ergibt, wie bereits oben ausgeführt, einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides. Damit waren keine Gründe für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG gegeben.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.
4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN).
Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn – wie im vorliegenden Fall – deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).
Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Das Bundesamt hat ein ordnungsgemäßes Verfahren durchgeführt und den entscheidungswesentlichen sowie aktuellen Sachverhalt vollständig erhoben. In der Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt in substantiierter Weise dargetan. Das Beschwerdevorbringen führt zu keinem anderen Ergebnis bei der Gefahrenprognose und Interessensabwägung, sodass kein entscheidungswesentlicher, klärungsbedürftiger Sachverhalt vorlag. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat sich das Bundesamt zudem sehr wohl mit der Situation der Kinder des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und entsprechende Ermittlungsschritte gesetzt, insbesondere wurden die ehemaligen Lebensgefährtinnen des Beschwerdeführers zu seinem Verhältnis zu seinen Kindern befragt.
Das Bundesverwaltungsgericht musste sich auch keinen persönlicher Eindruck vom Beschwerdeführer im vorliegenden Fall trotz des Vorliegens einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten auch dann für den Beschwerdeführer kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423, Ra 2017/19/0424).
Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.
Zudem liegt ein Verfahren nach § 18 BFA-VG vor, welches das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet innert 7 Tagen zu entscheiden, es sei denn es lägen Gründe vor, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Dies war im gegenständlichen Fall aber nicht gegeben.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung betreffend die Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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