Normen
AVG §13;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
MRK Art6 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §24 Abs4;
VwGVG 2014 §24;
VwRallg;
AVG §13;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
MRK Art6 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §24 Abs4;
VwGVG 2014 §24;
VwRallg;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Gemeinde T hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2011, Zl. 2009/06/0143, verwiesen. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde T vom 17. Juli 2007 wurde dem nunmehrigen Revisionswerber eine Baubewilligung für die Errichtung eines Schwimmteiches mit Pergola auf dem Grundstück Nr. 240/1, KG T, erteilt. Da er diese bauliche Anlage nicht bescheidkonform errichtet hatte, erteilte ihm der Bürgermeister der Gemeinde T mit Bescheid vom 14. Mai 2008 einen Mängelbehebungsauftrag und untersagte die weitere Ausführung des Bauvorhabens. Mit dem hg. Erkenntnis Zl. 2009/06/0143 wurde der Beschwerde des Revisionswerbers Folge gegeben und der angefochtene Bescheid der Vorstellungsbehörde betreffend den Mängelbehebungsauftrag und die Baueinstellung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.
Verfahrensgegenständlich ist nunmehr ein am 10. Dezember 2009 beim Gemeindeamt T eingelangter Tekturplan "Tektur betreffend die Änderungen gegenüber dem Baubescheid, ..., vom 17. Juli 2007" für das als Lagerraum und Badeteich mit Außenanlage bezeichnete Projekt. Der Tekturplan umfasst Pläne über die Ansichten Süd, West, Nord und Ost, die Schnitte A-A und B-B sowie einen Grundriss; die Pläne sind jeweils mit 9. Dezember 2009 datiert; das Deckblatt ist vom Revisionswerber unterschrieben. Dem angefochtenen Erkenntnis zufolge wurde dieser Tekturplan mit Eingabe vom 9. März 2010 ergänzt (diese Ergänzung liegt den vorgelegten Verfahrensakten nicht bei).
Mit Bescheid vom 12. Juli 2010 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde T dem Revisionswerber die Baubewilligung "für die Änderung der baulichen Anlage in Anlehnung an den rechtskräftigen Bescheid vom 17. Juli 2007, ..., nach Maßgabe der nachgereichten Planunterlagen" unter Vorschreibungen von Auflagen.
Dagegen berief der Rechtsvorgänger der mitbeteiligten Partei (Nachbar) mit Schriftsatz vom 26. Juli 2010.
Diese Berufung wurde vom Gemeindevorstand der Gemeinde T mit Bescheid vom 26. Mai 2011 als unbegründet abgewiesen.
Auf Grund der Vorstellung des Nachbarn wurde der Berufungsbescheid mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 22. Dezember 2011 wegen mangelhafter Ermittlungen hinsichtlich der Zustimmungserklärung des Nachbarn und der Stellungnahme eines Sachverständigen behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der Gemeinde T zurückverwiesen.
Die gegen diesen Vorstellungsbescheid vom Revisionswerber erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2013, Zl. 2012/06/0036, als unbegründet abgewiesen.
Mit dem zweiten Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde T vom 9. Juli 2014 wurde der Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde T vom 12. Juli 2010 behoben, der Antrag des Revisionswerbers vom 10. Dezember 2009 abgewiesen sowie die Berufung des Nachbarn vom 26. Juli 2010 mangels Beschwer zurückgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die verfahrensgegenständliche Anlage unzulässiger Weise auf mehreren Grundstücken liege, weshalb das Bauansuchen zwingend abzuweisen sei. Durch diese Abweisung des Baubewilligungsantrages könne der Nachbar nicht in Rechten verletzt werden.
Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG). Diese wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Errichtung des beschwerdegegenständlichen Schwimmteiches auf den beiden Grundparzellen Nr. 239/1 und Nr. 240/1 bereits mit rechtskräftigem Baubewilligungsbescheid vom 17. Juli 2007 genehmigt worden sei, weshalb die Berufungsbehörde das Bauansuchen nicht wegen der Übertretung einer Grundstücksgrenze hätte abweisen dürfen. Der Revisionswerber habe auch nur um die baurechtliche Bewilligung der abweichenden Bauausführung angesucht, der Bauantrag habe daher die Überdachung, die Holzterrasse, die Nebenräume im nordwestlichen Eckbereich, die Verbindungsbrücke, den Wasserfall, die geschlossene Wandscheibe, die Gehtüre/den Abgang, den Steg, die Sitzbank und die Sandbank nicht betroffen. Die Berufungsbehörde sei somit sowohl über den Antragsgegenstand als auch über den Verfahrensgegenstand hinausgegangen, weil der Nachbar den erstinstanzlichen Bescheid nur hinsichtlich der Feststellungen zum Steg und zur Sitzbank angefochten und nur in Bezug auf "die Höhenführung im Mindestabstandsbereich" Einwände erhoben habe. Der erstinstanzliche Bescheid sei somit in Teilrechtskraft erwachsen.
Mit dem angefochtenen Erkenntnis (vom 27. November 2014) änderte das LVwG den Spruch des Berufungsbescheides vom 9. Juli 2014 wie folgt: "Aus Anlass des Berufungsverfahrens in Bezug auf das Rechtsmittel der (in die Parteistellung des ursprünglichen Berufungswerbers eingetretenen) (mitbeteiligten Partei) wird der Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde T(...) vom 12. Juli 2010, ..., ersatzlos behoben." Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.
Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass es sich bei einem Baubewilligungsverfahren um ein antragsbedürftiges Verfahren handle und es der Baubehörde nicht erlaubt sei, ohne einen derartigen Antrag etwa eine Baubewilligung zu erteilen. Ein solcher Antrag habe einen eindeutigen (verbalen) Inhalt aufzuweisen, der als solcher - unabhängig von weiteren anzuschließenden Unterlagen und Plänen - Art und Umfang der beantragten Bewilligung eindeutig erkennen lasse (Hinweis auf die hg. Erkenntnis vom 27. November 1990, Zl. 90/04/0185, und vom 15. September 1992, Zl. 92/04/0025). Art und Umfang des Ansuchens seien nämlich entscheidend für den Umfang der behördlichen Entscheidungsbefugnis, weil die "Sache", über die eine Behörde im Bauverfahren zu entscheiden habe, durch das Ansuchen/die Anzeige bestimmt werde (Hinweis auf Hauer,Der Nachbar im Baurecht6 (2008) 89 f und 195). Bloße Beilagen, wie Pläne oder Listen, ließen mangels eines entsprechenden verbalen Inhalts Gegenstand und Umfang eines Antrages nicht erkennen (nochmals Hinweis auf das hg. Erkenntnis Zl. 92/04/0025). Die Bedeutung des klaren Inhaltes eines Ansuchens/Antrages liege auch im Licht der Judikatur des VwGH zum Verbot des "Umdeutens" eines Antrages (etwa die eigenmächtige Interpretation der Behörde einer Bauanzeige als Ansuchen auf Erteilung einer Baubewilligung) auf der Hand (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 13. September 1979, 1901/79, und vom 15. September 1992, Zl. 92/04/0113).
Im vorliegenden Fall sei mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde T vom 9. Juli 2014 das Baubewilligungsansuchen des Revisionswerbers vom 10. Dezember 2009 abgewiesen worden. Der mit dieser Berufungsentscheidung zugleich behobene Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde T vom 12. September 2010 sei nach den Bescheidausführungen auf Grund eines Ansuchens des Revisionswerbers um nachträgliche Baubewilligung der geänderten Bauführung des Bauvorhabens "Schwimmteich mit Pergola" entsprechend der Eingabe vom 10. Dezember 2009 und der (ergänzenden) Eingabe vom 9. März 2010 ergangen. In der Begründung der Berufungsentscheidung vom 9. September 2014 sei ausgeführt worden, dass im Laufe des Berufungsverfahrens der Antrag seitens des Revisionswerbers abgeändert worden sei und dieser neue Pläne (datiert mit 21. Dezember 2010) vorgelegt habe. Die dem LVwG zur Beschwerdeentscheidung vorgelegten Aktenunterlagen enthielten weder das Baubewilligungsansuchen vom 10. Dezember 2009, noch die dazugehörige Ergänzung vom 9. März 2010 und auch nicht die Abänderung des Bewilligungsantrages (datiert mit 21. Dezember 2010); lediglich ein Tekturplan mit dem Eingangsstempel der Gemeinde T vom 10. Dezember 2009 sowie ein mit 21. Dezember 2010 datierter Tekturplan seien Teil der vorgelegten Aktenunterlagen. Das LVwG habe sodann die Berufungsbehörde aufgefordert, das Baubewilligungsansuchen vom 10. Dezember 2009, die dazugehörige Ergänzung vom 9. März 2010 und die Abänderung des Ergänzungsantrages (in Bezug auf die mit 21. Dezember 2010 datierten Planunterlagen) nachzureichen. Die Berufungsbehörde habe dazu mitgeteilt, dass am 10. Dezember 2009 lediglich Tekturpläne bei der Baubehörde eingereicht worden seien. Die Tekturpläne vom 9. März 2010 seien dem LVwG vorgelegt worden, ein schriftliches Antragsbegehren dazu allerdings nicht. Zur Abänderung des Bewilligungsantrages in Bezug auf die mit 21. Dezember 2010 datierten Planunterlagen seien bei der Berufungsbehörde keine weiteren Unterlagen vorzufinden; es könne nicht gesagt werden, ob die fehlenden Unterlagen abhandengekommen seien, zumal sich der gegenständliche Bauakt immer wieder beim Amt der Tiroler Landesregierung sowie beim Verwaltungsgerichtshof befunden habe.
Demgemäß - so das LVwG weiter - sei davon auszugehen, dass die Eingabe vom 10. Dezember 2009 lediglich aus Tekturplänen bestanden und kein schriftliches Bauansuchen zum Inhalt gehabt habe. Auch die Ergänzungseingabe vom 9. März 2010 habe bloß aus Planunterlagen bestanden. Der Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde T vom 12. Juli 2010 sei daher lediglich auf der Grundlage von Planunterlagen ohne ein schriftliches Antragsbegehren ergangen. Dass ein schriftliches Antragsbegehren des Revisionswerbers aus dem Zeitraum vor Erlassung des Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde T vom 12. Juli 2010 verlorengegangen sein könnte, könne ausgeschlossen werden, weil die Gemeinde T bekanntgegeben habe, dass am 10. Dezember 2009 lediglich Tekturpläne vorgelegt worden seien. Ob zu einem späteren Zeitpunkt, etwa in den Stellungnahmen des Revisionswerbers vom 2. März 2011 und vom 1. März 2010 oder im Beschwerdeschriftsatz vom 23. Juli 2014 ein schriftliches Ansuchen um Erteilung der Baugenehmigung gestellt worden sei, sei nicht entscheidungswesentlich, weil die Frage der Zuständigkeit einer erstinstanzlichen Behörde zur Erlassung eines Bescheides nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung dieser erstinstanzlichen Entscheidung zu beurteilen sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Zl. Ra 2014/03/0004). Im gegenständlichen Fall wäre eine klarstellende Willensäußerung des Revisionswerbers in Form eines schriftlichen Antragsbegehrens - abgesehen vom gesetzlichen Erfordernis einer schriftlichen Antragstellung - schon deshalb bedeutsam gewesen, weil er einerseits von einer Teilbarkeit des Verfahrensgegenstandes ausgegangen sei und zum anderen den Standpunkt eingenommen habe, dass die Abweichungen des Bauvorhabens gegenüber dem mit Baubewilligungsbescheid vom 17. Juli 2007 erteilten Baukonsens nur teilweise bewilligungsbedürftig seien, während andere Planabweichungen nach Auffassung des Revisionswerbers weder anzeige- noch bewilligungspflichtig seien.
Die Erlassung einer Baubewilligung ohne Vorliegen eines entsprechenden Antrages sei rechtswidrig und von der Berufungsbehörde ersatzlos zu beheben (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 14. Juni 2012, Zl. 2008/10/0343, vom 11. Mai 2010, Zl. 2009/05/0064, und vom 16. September 2009, Zl. 2008/05/0077). Der Bürgermeister der Gemeinde T hätte den Baubewilligungsbescheid vom 12. Juli 2010 somit nicht erlassen dürfen, weil kein darauf gerichteter schriftlicher Bauantrag vorgelegen sei, sondern lediglich Tekturpläne über die geänderte Ausführung des Bauvorhabens, aus denen in keiner Weise entnommen werden könne, welche Bauänderungen nun der Revisionswerber bewilligt haben wolle und welche nicht. Die Annahme der Baubehörden, auf Grundlage der eingereichten Tekturpläne könne auch ohne schriftliches Bauansuchen eine Baubewilligung erteilt werden, sei rechtlich unzutreffend.
Das LVwG habe die Frage der Zuständigkeit der Behörde auch dann zu prüfen, wenn dies in der Beschwerde nicht gerügt werde.
Die Berufungsbehörde hätte die Unzuständigkeit der Baubehörde erster Instanz aufgreifen müssen. Da sie das unterlassen habe, belaste sie den Berufungsbescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der Berufungsbescheid sei dahingehend abzuändern gewesen, dass der Baubewilligungsbescheid erster Instanz vom 12. Juli 2010 ersatzlos aufzuheben gewesen sei.
Da die Baubewilligung vom 12. Juli 2007 ersatzlos behoben worden sei, sei auch die Berufung des Nachbarn "aus dem Spruch zu entfernen" gewesen (wurde weiter ausgeführt).
Ungeachtet des Antrages des Revisionswerbers auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe von einer solchen abgesehen werden können, weil ausschließlich eine Rechtsfrage zu beantworten gewesen sei, nämlich die Fragestellung, ob eine Baubewilligung nach den Vorschriften der TBO ohne einen darauf gerichteten Antrag erteilt werden könne. Der Sachverhalt sei in den entscheidungsrelevanten Punkten aufgrund der vorliegenden Aktenunterlagen als unbestreitbar und geklärt anzusehen, insbesondere ergebe sich nach dem Ausweis der Aktenunterlagen, dass im Zeitpunkt der Erlassung des Baubewilligungsbescheides des Bürgermeisters der Gemeinde T vom 12. Juli 2010 kein schriftlicher Bauantrag des Revisionswerbers vorgelegen habe. Gerade dieser Umstand sei vorliegend der entscheidende Aspekt. Eine mündliche Erörterung habe daher eine weitere Klärung der vorliegenden Rechtssache nicht erwarten lassen, einem Entfall der Verhandlung seien demgemäß weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegengestanden (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 3. Oktober 2013, Zl. 2012/06/0221, und vom 21. März 2014, Zl. 2011/06/0024).
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wurden.
Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor und beantragte - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - in ihrer Revisionsbeantwortung die Abweisung der Revision.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Revisionswerber bringt in seinen Zulässigkeitsausführungen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zunächst vor, bei den Eingaben vom 10. Dezember 2009 und vom 9. März 2010 sei von einem wirksamen Antrag und nicht von einem "rechtlichen Nichts" auszugehen. Vor dem Hintergrund, dass dem Revisionswerber behördlich aufgetragen worden sei, um die nachträgliche Erteilung einer Bewilligung für die tatsächlich abweichende Ausführung anzusuchen, könne bei richtiger rechtlicher Beurteilung das Bauansuchen vom 10. Dezember 2009 mit der Ergänzung vom 9. März 2010, selbst wenn es sich dabei lediglich um Tekturpläne gehandelt hätte, nur als Antrag auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung gewertet werden. Dies gebiete auch die hg. Rechtsprechung zu § 13 Abs. 3 AVG. Selbst in der vom LVwG selbst zitierten hg. Entscheidung vom 15. September 1992, Zl. 92/04/0025, zu einem gewerblichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren habe der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung lediglich aufgehoben und zur Durchführung einer Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erstinstanzliche Behörde zurückverwiesen. Diese Entscheidung sei vor der Novelle des § 13 Abs. 3 AVG 1991 ergangen. Nach der Novellierung des AVG durch BGBl. I Nr. 158/1998 seien nicht nur Formmängel, sondern auch Mängel, die zuvor zur Zurückweisung geführt hätten, verbesserungsfähig (Hinweis auf Schwaighofer, Tiroler Baurecht (2003), Rz 5 zu § 21 TBO 2001, wo als Beispiel ein fehlender Antrag angeführt werde).
Bereits auf Grund dieses Vorbringens ist die Revision zulässig, sie ist auch berechtigt.
Gemäß § 62 Abs. 1 TBO 2011 sind Verfahren, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der TBO 2011 mit 1. Juli 2011 anhängig waren, nach den Bestimmungen der TBO 2001 weiterzuführen. Im vorliegenden Beschwerdefall ist daher die Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94 (TBO 2001) in der Fassung LGBl. Nr. 48/2011, anzuwenden.
Gemäß § 21 Abs. 1 TBO 2001 ist um die Erteilung der Baubewilligung bei der Behörde schriftlich anzusuchen. Beim Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden ist im Bauansuchen der vorgesehene Verwendungszweck anzugeben. Nähere Vorgaben über die Form des Ansuchens enthält die TBO 2001 nicht.
Für die Beurteilung des Charakters eines Anbringens ist sein wesentlicher Inhalt maßgebend. Es kommt nicht auf die Bezeichnung an, sondern auf die erkennbare Absicht des Einschreiters (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. April 2015, Zl. 2013/06/0140, ergangen zur diesbezüglich vergleichbaren Rechtslage des Kärntner Baurechts).
Gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1991 hat die Behörde bei Mängeln schriftlicher Anbringen von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Gemäß § 37 Abs. 1 AVG 1991 ist der Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.
Im gegenständlichen Fall wurde der Baubehörde erster Instanz am 10. Dezember 2009 ein Tekturplan "Tektur betreffend die Änderung gegenüber dem Baubescheid, ..., vom 17.7.2007", erstellt am 9. Dezember 2009 vom Bau- und Zimmermeisteringenieur P., übermittelt. Diese Planunterlage besteht aus den Ansichten Süd, West, Nord und Ost sowie den Schnitten A-A und B-B und einem Grundriss des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens. Sie liegt schriftlich vor und trägt die Unterschrift des Revisionswerbers. Aus dem Hinweis auf die Änderung des mit Bescheid vom 17. Juli 2007 genehmigten Bauvorhabens und im Hinblick auf den zuvor erteilten Mängelbehebungsauftrag, der mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 29. Mai 2009 bestätigt worden war, besteht kein Zweifel an der Absicht des Revisionswerbers, anhand der am 10. Dezember 2009 eingebrachten Unterlagen eine Baubewilligung für die nicht bescheidkonform errichtete Anlage zu erwirken (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 29. April 2015, Zl. 2013/06/0140). Selbst wenn diese Eingabe kein vollständiges Bauansuchen gemäß § 21 iVm § 23 TBO 2001 darstellte bzw. unklar war, auf welche Vorhabensteile sich der Wille des Antragstellers konkret bezog, löste es dennoch einen Rechtsanspruch des Revisionswerbers auf ein Tätigwerden der Behörde dahingehend aus, die amtswegige Behebung eines Mangels des schriftlichen Anbringens zu veranlassen (§ 13 Abs. 3 AVG). Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass der Verwaltungsgerichtshof auch in dem vom LVwG zitierten hg. Erkenntnis vom 15. September 1992, Zl. 92/04/0025, ergangen zur Gewerbeordnung 1973, den mangelhaften Antrag nicht als rechtliches Nullum beurteilte, sondern - selbst zur Rechtslage vor der Wiederverlautbarung des AVG mit BGBl. Nr. 51/1991 - davon ausging, die Behörde erster oder zweiter Instanz sei entsprechend den ihr gemäß § 37 AVG obliegenden Auflagen verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung seines Begehrens aufzufordern.
Der Ansicht des LVwG, die Baubehörden hätten einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt ohne Vorliegen eines entsprechenden Antrages erlassen, kann somit nicht zugestimmt werden. Bereits aus diesem Grund war das angefochtene Erkenntnis wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Darüber hinaus zeigt die Revision auch mit ihrem Vorbringen zum unzulässigen Absehen von einer mündlichen Rechtsmittelverhandlung ein Abgehen des LVwG von der hg. Rechtsprechung und damit das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.
§ 24 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:
"Verhandlung
§ 24.
(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn 1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder 2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden."
Die Revision bringt dazu vor, entgegen der Ansicht des LVwG hänge die gegenständliche Rechtssache nicht ausschließlich von der Lösung von Rechtsfragen ab; die Frage, ob ein schriftliches Bauansuchen gestellt worden sei, stelle eine Tatsachenfrage dar. Dazu habe das LVwG auch Ermittlungen durchgeführt, dem Revisionswerber zu den Ermittlungsergebnissen aber weder Parteiengehör eingeräumt noch ihn im Rahmen einer mündlichen Verhandlung angehört. In einer Verhandlung hätte der Revisionswerber darlegen können, dass tatsächlich ein schriftliches Ansuchen bei der Gemeinde T eingebracht worden und dieses offensichtlich - was von der Gemeinde selbst zugestanden werde - in Verstoß geraten sei. Ungeachtet dessen sei aus dem hg. Erkenntnis vom 9. September 2014, Zl. Ro 2014/09/0049, ableitbar, dass dann, wenn das LVwG neue Beweisergebnisse erhebe, jedenfalls eine mündliche Verhandlung zur Klärung dieses Sachverhaltes durchzuführen sei. Im gegenständlichen Verfahren sei ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt worden.
Der Verwaltungsgerichtshof führte in seiner bisherigen Rechtsprechung zu § 24 Abs. 4 VwGVG unter anderem aus, dass der Gesetzgeber als Zweck einer mündlichen Verhandlung nicht nur die Klärung des Sachverhaltes und die Einräumung von Parteiengehör vor Augen hatte, sondern auch die mündliche Erörterung der nach der Aktenlage strittigen Rechtsfrage zwischen den Parteien und dem Gericht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. April 2015, Zl. Ra 2015/09/0009, mwN). Auch eine ergänzende Beweiswürdigung durch das LVwG hat regelmäßig erst nach einer mündlichen Verhandlung zu erfolgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 2015, Zl. Ra 2014/20/0174, mwN).
Im gegenständlichen Fall ergänzte das LVwG nicht nur den Sachverhalt, sondern stützte seine Entscheidung ausschließlich auf Umstände - nämlich das Fehlen eines Bauansuchens -, die nicht Gegenstand des bisherigen Verfahrens waren und zu denen auch kein Parteiengehör eingeräumt worden war. Es trifft zwar zu, dass die Frage der Zuständigkeit einer Behörde vom LVwG auch ohne entsprechendes Parteienvorbringen aufzugreifen ist. Die zum "Überraschungsverbot" entwickelnden Grundsätze sind jedoch auch für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten maßgeblich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 2015, Zl. Ra 2014/21/0058). Demnach darf weder die Behörde noch das LVwG in ihrer rechtlichen Würdigung Sachverhaltselemente einbeziehen, die der Partei nicht bekannt waren.
Da das LVwG somit in rechtswidriger Weise von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absah, war das angefochtene Erkenntnis auch aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Der Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 30. September 2015
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