VwGH 2008/10/0343

VwGH2008/10/034314.6.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde 1. des HM in R und 2. des GS in L, beide vertreten durch Mag. Bernhard Stimitzer, Rechtsanwalt in 4822 Bad Goisern, Obere Marktstraße 2, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 4. November 2008, Zl. 21303-99/3/4-2008, betreffend naturschutzbehördlicher Auftrag zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes, zu Recht erkannt:

Normen

Auswertung in Arbeit!
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Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See (der Behörde erster Instanz) vom 8. August 2008 wurde den Beschwerdeführern zu Spruchpunkt I.) die "beantragte, nachträgliche Bewilligung zur Belassung des bereits errichteten Triebweges (nutzbare Breite von 1,50 m bis 1,80 m und Planumsbreite von 2,0 m bis 2,50 m)" auf den Grundstücken Nr. 534 und 528/1 der KG S. in der Außenzone des Nationalparks Hohe Tauern "nicht erteilt".

Unter Spruchpunkt II.) wurde den Beschwerdeführern aufgetragen, den errichteten Weg - "insbesondere" durch verschiedene, im Einzelnen angeführte Maßnahmen - auf einen dem Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 15. Mai 2006 entsprechenden Zustand zurückzubauen.

Unter anderem wurden dabei folgende Maßnahmen vorgeschrieben:

"3. Sämtliche Bodenverwundungen sind sofort nach Rückbau zu humusieren, zu begrünen und mit Bergahorn, Eberesche und Lärche wieder zu bewalden.

(…)

6. Das Befahren des Viehtriebweges nach Durchführung der Rückbaumaßnahmen mittels Kfz ist nicht erlaubt.

(…)

8. Die Arbeiten sind unverzüglich, längstens jedoch bis 31.10.2008 abzuschließen, wobei Ausfälle bei der Begrünung bzw. forstlichen Bepflanzung laufend nachzubessern sind.

9. Die rückgebaute Viehtriebweganlage ist stets in einem entsprechenden Zustand zu halten. Dies trifft sowohl für eine nachhaltige Begrünung/Bepflanzung der Böschungen, aber auch für eine ordnungsgemäße Abfuhr - jedoch unter Vermeidung nachteiliger Wasserkonzentrationen - für die anfallenden Oberflächenwässer zu."

Die Behörde erster Instanz stützte sich dabei auf § 46 Abs. 1 iVm § 50 des Salzburger Naturschutzgesetzes 1999 (Sbg. NSchG) und §§ 2 und 4 des Gesetzes vom 19. Oktober 1983 über die Errichtung des Nationalparkes Hohe Tauern im Land Salzburg (Sbg. Nationalparkgesetz).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 4. November 2008 gab die belangte Behörde einer Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstbehördlichen Bescheid "insoweit Folge", als sie Spruchpunkt I.) des Bescheides aufhob; im Übrigen wies sie die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab.

Den aufhebenden Teil ihrer Entscheidung begründete die belangte Behörde damit, dass kein ausdrücklicher nachträglicher Antrag auf nationalparkrechtliche Bewilligung des im Widerspruch zum Bewilligungsbescheid bestehenden Viehtriebweges vorliege; das Bewilligungsansuchen vom 31. August 2007 umfasse nämlich nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nur eine Wegverlängerung oberhalb dieses Viehtriebweges. Der von dem erstbehördlichen Wiederherstellungsauftrag erfasste Wegteil liege nämlich - auf den eingangs bezeichneten Grundstücken - zwischen 1.130 und 1.490 Höhenmeter, während das Bewilligungsansuchen einen Wegteil zwischen 1.490 und 1.690 Höhenmeter betreffe.

Erlasse eine Behörde ohne Vorliegen eines entsprechenden Antrags einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt, nehme sie eine Entscheidungskompetenz in Anspruch, die sie nicht habe (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1996, Zl. 93/17/0200), weshalb Spruchpunkt I.) des erstbehördlichen Bescheides mangels Vorliegens eines nachträglich gestellten Bewilligungsantrages aufzuheben sei.

Im Übrigen führte die belangte Behörde begründend im Wesentlichen aus, aufgrund eines Antrages vom 10. Jänner 2005 samt entsprechender Projektunterlagen habe die Behörde erster Instanz mit Bescheid vom 15. Mai 2006 die nationalparkrechtliche Bewilligung zur Errichtung eines maximal 1 m breiten Viehtriebweges auf den Grundstücken Nr. 534 und 528/1 der KG S. erteilt.

Nach einer Überprüfung vor Ort am 24. Juli 2007 hätte der forsttechnische Amtssachverständige festgestellt, dass die Weganlage nicht bescheidkonform errichtet worden sei. Unter anderem betrage die Wegbreite durchschnittlich 2 m und weise entgegen einer Auflage des Bewilligungsbescheides nicht die notwendige Standsicherheit auf. Weiters seien die Anlagen zur Oberflächenwasserableitung nicht den Auflagen entsprechend ausgeführt worden. Die Weganlage werde schließlich entgegen einem ausdrücklich in einer Auflage ausgesprochenen Verbot mit zweispurigen Kraftfahrzeugen befahren.

Bei einer von der Behörde erster Instanz durchgeführten Verhandlung am 8. Juli 2008 habe u.a. ein wegebautechnischer Amtssachverständiger Maßnahmen eines Rückbaus der Weganlage bzw. der technischen Umsetzung dieses Rückbaues auf die bescheidkonforme Wegbreite ausgeführt. Darauf habe sich auch der naturschutzfachliche Amtssachverständige bezogen und die Herstellung des bescheidkonformen Zustandes im Besonderen aufgrund der erheblichen Eingriffe in die Natur und den Naturhaushalt zum ehestmöglichen Zeitpunkt als notwendig erachtet.

Da die vorgefundene Ausführung des Weges dem Bewilligungsbescheid nicht entspreche, habe die Behörde erster Instanz zutreffend einen Wiederherstellungsauftrag gemäß § 46 Abs. 1 Sbg. NSchG erlassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

zur Behebung des Spruchpunktes I.) des erstbehördlichen Bescheides:

Wurde von der Behörde erster Instanz ein antragsbedürftiger Bescheid ohne Vorliegen eines hiefür erforderlichen Antrags erlassen (etwa ein nicht gestelltes Begehren abgewiesen), so ist der Bescheid nach ständiger hg. Rechtsprechung rechtswidrig und von der Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos zu beheben (vgl. etwa die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 102). Anhand der Begründung des angefochtenen Bescheides ist ersichtlich, dass die belangte Behörde - ingeachtet des insofern undeutlichen Spruchs des angefochtenen Bescheides - Spruchpunkt I.) des erstbehördlichen Bescheides in diesem Sinne ersatzlos behoben hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. März 2003, Zl. 2002/02/0140 = VwSlg. 16.049 A, mwN).

Die Beschwerde bestreitet nicht die Feststellung der belangten Behörde, wonach der Antrag vom 31. August 2007 lediglich die Bewilligung eines Viehtriebweges zwischen 1.490 und 1.690 Höhenmeter (nicht aber den bereits errichteten Viehtriebweg zwischen 1.130 und 1.490 Höhenmeter) betraf.

In diesem Zusammenhang bringt die Beschwerde lediglich vor, die belangte Behörde hätte im Sinn der ihr obliegenden Manuduktionspflicht den Umfang des Antrages auf nachträgliche Bewilligung eines Triebweges klären und die Beschwerdeführer zur Präzisierung bzw. Verbesserung auffordern müssen.

Damit zeigt die Beschwerde allerdings keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Die Verpflichtung zur Rechtsbelehrung nach § 13a AVG besteht nach hg. Rechtsprechung nur in Bezug auf ein konkretes Verfahren, das bereits anhängig ist, oder durch das Anbringen, dessen Abfassung der Manuduktion bedarf, anhängig gemacht werden soll (vgl. etwa die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 13a Rz 5). Angesichts des unstrittigen Inhalts des Ansuchens vom 31. August 2007 war somit die Behörde zu Anleitungen nach § 13a AVG nicht verhalten, zumal die behördliche Manuduktionspflicht nicht so weit reicht, dass die Partei auch zur Stellung bestimmter Anträge anzuleiten wäre (vgl. etwa die Judikaturnachweise bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, § 13a AVG E 30 und 34).

zum Wiederherstellungsauftrag:

Das Salzburger Naturschutzgesetz 1999, LGBl. Nr. 73/1999 in der hier maßgeblichen Fassung des LGBl. Nr. 100/2007 (Sbg. NSchG), lautet auszugsweise wie folgt:

"Nationalparke

§ 22

(1) Ein Nationalpark ist eine durch ihre charakteristischen Geländeformen und ihre Tier- und Pflanzenwelt für Österreich repräsentative Landschaft, die zum Wohl der Bevölkerung und zum Nutzen der Wissenschaft sowie zur Förderung der Wirtschaft zu erhalten ist. Der Nationalpark hat einem möglichst großen Kreis von Menschen ein eindrucksvolles Naturerlebnis zu ermöglichen, einer ständigen Verwaltung unterworfen und durch eine wissenschaftliche Betreuung gesichert zu sein.

(2) Die Erklärung eines Gebietes zum Nationalpark erfolgt durch Gesetz."

Das Salzburger Gesetz vom 19. Oktober 1983 über die Errichtung des Nationalparkes Hohe Tauern im Land Salzburg, LGBl. Nr. 106/1983 in der hier maßgeblichen Fassung des LGBl. Nr. 58/2005 (Sbg. Nationalparkgesetz) hat auszugsweise den folgenden Wortlaut:

"Geltungsbereich

§ 3

(1) Die in den Hohen Tauern gelegenen Gebiete in der Reichenspitzgruppe, der Venedigergruppe, der Granatspitzgruppe, der Glocknergruppe, der Goldberggruppe und der Ankogelgruppe werden nach Maßgabe dieses Gesetzes zum Nationalpark Hohe Tauern erklärt.

(2) Der Nationalpark Hohe Tauern gliedert sich in Außenzonen, Kernzonen und in Sonderschutzgebiete.

(…)

Außenzonen

§ 4

(1) Die Außenzonen umfassen den im Nationalpark außerhalb der Kernzonen (§ 5) und der Sonderschutzgebiete (§ 6) gelegenen Bereich. Die Grenzen der Außenzonen werden durch Verordnung der Landesregierung festgelegt.

(2) In der Außenzone sind folgende Maßnahmen - soweit sich aus Abs. 3 und 4 nicht anderes ergibt - nur mit einer Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde zulässig:

(…)

3. die Errichtung oder wesentliche Änderung von Straßen, Wegen, Parkflächen, Abbauflächen und Bergbauhalden sowie sonstige größere Bodenverletzungen, bei letzteren ausgenommen solche im Zuge der jeweils üblichen land- oder forstwirtschaftlichen und sonstigen holzwirtschaftlichen sowie gärtnerischen Nutzung;

(…)"

Gemäß dem - nach § 29 Abs. 2 lit. j Sbg. Nationalparkgesetz für den Bereich des Nationalparks Hohe Tauern sinngemäß anwendbaren - § 46 Abs. 1 erster Satz Sbg. NSchG kann die Behörde, wenn bewilligungs- oder anzeigepflichtige Vorhaben ohne Bewilligung oder unrechtmäßig ausgeführt wurden oder wenn in Bescheiden verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen oder auferlegte Ausgleichsmaßnahmen nach § 3a Abs. 4 bzw. § 51 Sbg. NSchG nicht eingehalten wurden, unabhängig von einer Bestrafung demjenigen, der das Vorhaben rechtswidrig ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen angemessener Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand in einer von ihr als sachgemäß bezeichneten Weise wieder herzustellen bzw. den bescheidmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass den Interessen des Naturschutzes möglichst weitgehend Rechnung getragen wird.

Die Beschwerde bestreitet in Hinblick auf den von der belangten Behörde bestätigten Wiederherstellungsauftrag nach § 46 Abs. 1 Sbg. NSchG nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen, oben wiedergegebenen Feststellungen, denen zufolge der von diesem Auftrag erfasste Weg auf näher beschriebene Weise abweichend vom nationalparkrechtlichen Bewilligungsbescheid der Behörde erster Instanz vom 15. Mai 2006 errichtet wurde.

Vielmehr behauptet die Beschwerde zunächst, die mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten (eingangs wiedergegebenen) Aufträge der Punkte 3. und 9. genügten den Bestimmtheitsanforderungen an Leistungsbescheide nicht; so wäre es etwa erforderlich gewesen, im Zusammenhang mit der vorgeschriebenen Wiederbewaldung "Anzahl, Abstand und Alter, zusätzlich zu den Arten der zu setzenden Forstpflanzen vorzuschreiben".

Dazu genügt ein Hinweis auf die hg. Rechtsprechung, wonach ausreichende Bestimmtheit schon dann anzunehmen ist, wenn der Inhalt der auferlegten Verpflichtung für den Bescheidadressen zumindest unter Zuziehung von Fachleuten objektiv eindeutig erkennbar ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. November 2005, Zl. 2002/10/0165, mwN); dem entsprechen die in Punkt 3. und 9. des erstbehördlichen Bescheides aufgetragenen Maßnahmen jedenfalls.

Soweit sich die Beschwerde gegen die von der belangten Behörde bestätigte Vorschreibung des Punktes 6. wendet, wonach das Befahren des Viehtriebweges nach Durchführung der Rückbaumaßnahmen mittels Kfz nicht erlaubt sei, ist schlicht darauf zu verweisen, dass diese Vorschreibung dem Auflagenpunkt 10. des Bewilligungsbescheides vom 15. Mai 2006 entspricht.

Im Weiteren beanstandet die Beschwerde, der angefochtene Berufungsbescheid sei erst nach Verstreichen der von der Behörde erster Instanz gesetzten Frist für den Abschluss der Arbeiten (vgl. Punkt 8. der Aufträge) erlassen worden.

Dadurch wurden die Beschwerdeführer allerdings nicht in ihren Rechten verletzt, ist doch bei dieser Konstellation nach Wegfall der aufschiebenden Wirkung der Berufung (§ 64 Abs. 1 AVG) davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer nach Erlassung des angefochtenen Bescheides unverzüglich die aufgetragenen Maßnahmen in Angriff zu nehmen hatten; die zur Durchführung der aufgetragenen Leistungen notwendige Zeit stand ihnen in diesem Fall nach der hg. Rechtsprechung jedenfalls zur Verfügung (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 15. Februar 1984, Zl. 83/01/0119, sowie vom 6. Oktober 1989, Zl. 87/17/0170; in ähnlichem Zusammenhang das Erkenntnis vom 26. September 2011, Zl. 2007/10/0140).

Schließlich bringt die Beschwerde in der Verfahrensrüge vor, die belangte Behörde habe sich mit dem Gutachten des wegebautechnischen Amtssachverständigen nicht ausreichend auseinandergesetzt, legt allerdings die Relevanz des damit behaupteten Verfahrensmangels nicht im Sinn des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG konkret dar. Für den gegenständlichen Wiederherstellungsauftrag kommt es im Übrigen auch nicht darauf an, ob - wovon beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausgehen - von einem Befahren des Weges mit Kraftfahrzeugen Gefahren ausgehen, sondern lediglich auf die unstrittige Abweichung der Ausführung des Weges vom Bewilligungskonsens.

Die sich aus diesen Gründen als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 53 Abs. 1 letzter Satz VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 14. Juni 2012

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