VwGH 2002/02/0140

VwGH2002/02/014028.3.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. König, über die Beschwerde des GHA in N, Deutschland, vertreten durch Dr. Stefan Hornung, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 23. April 2002, Zl. Senat-BL-01- 1018, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art2 Abs1;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art2 Abs2;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art5;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art6;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art7;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art8 Abs1;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art8;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art9;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art3 Abs1;
AETR;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
EURallg;
KFG 1946 §102 Abs11d idF 1998/I/146;
KFG 1967 §134 Abs1 idF 1997/I/103;
KFG 1967 §134 Abs1 idF 1998/I/146;
KFG 1967 §134 Abs1a idF 1997/I/103;
KFG 1967 §134 Abs1a idF 1998/I/146;
VStG §44a Z1;
VStG §64 Abs2;
VwRallg;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art2 Abs1;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art2 Abs2;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art5;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art6;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art7;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art8 Abs1;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art8;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art9;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art3 Abs1;
AETR;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
EURallg;
KFG 1946 §102 Abs11d idF 1998/I/146;
KFG 1967 §134 Abs1 idF 1997/I/103;
KFG 1967 §134 Abs1 idF 1998/I/146;
KFG 1967 §134 Abs1a idF 1997/I/103;
KFG 1967 §134 Abs1a idF 1998/I/146;
VStG §44a Z1;
VStG §64 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde gegen die Punkte 1. lit. b und 8. (der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid übernommenen Zählweise der Behörde erster Instanz) wird sowohl hinsichtlich des Schuld-, des Straf- und des Kostenausspruches als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerde gegen die Punkte 2., 5., 6. und 7. wird abgewiesen, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet.

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Straf- und Kostenausspruches in den Punkten 1. lit. a, 2., 5., 6. und 7. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 23. April 2002 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, es sei am 19. Februar 2000 im Gemeindegebiet B, B 9, Richtung B, Ausreisekontrolle, Grenzkontrollstelle B, festgestellt worden, dass er als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten, in Deutschland zugelassenen Sattelzugfahrzeuges und Sattelanhängers

1. ...

b) die tägliche Ruhezeit von neun, elf bzw. zwölf Stunden innerhalb von 24 Stunden (bzw. acht Stunden innerhalb von 30 Stunden bei Zweifahrerbesetzung) nicht eingehalten habe, weil diese vom 15. Februar auf den 16. Februar 2000 nur neun Stunden 54 Minuten betragen habe,

2. die Tageslenkzeit von neun bzw. zweimal wöchentlich zehn Stunden zwischen zwei Ruhepausen nicht eingehalten habe, weil diese

a) vom 18. Februar auf den 19. Februar 2000 zwölf Stunden 13 Minuten und

b) vom 16. Februar auf den 17. Februar 2000 zehn Stunden 33 Minuten betragen habe,

...

5. a) am 18. Februar bis 19. Februar, b) am 15. Februar bis 16. Februar, c) am 13. Februar bis 14. Februar und d) am 12. Februar bis 13. Februar 2000 das Schaublatt vor Ende der täglichen Arbeitszeit entnommen habe,

6. die Unterbrechung der Lenkzeit/Lenkpause nach bzw. innerhalb von 4,5 Stunden nicht eingehalten habe, weil diese

a) am 18. Februar auf den 19. Februar 2000 insgesamt nur 39 Minuten

  1. b) am 17. Februar insgesamt nur 34 Minuten
  2. c) am 13. Februar auf den 14. Februar 2000 insgesamt nur 30 Minuten und

    d) am 12. Februar auf den 13. Februar 2000 insgesamt nur 15 Minuten betragen habe,

    7. als Fahrzeuglenker nicht dafür gesorgt habe, dass das Schaublatt vom

Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden) bestätigt.

Es wurde gemäß § 64 Abs. 2 VStG ein "Kostenbeitrag zum

Berufungsverfahren mit EUR 66,84 festgesetzt".

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes stützte sich

die belangte Behörde auf die Ergebnisse der durchgeführten mündlichen Verhandlung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

I. Zum Strafausspruch in Pkt. "1. lit. a":

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde u.a. der Berufung des Beschwerdeführers hinsichtlich des Punktes 1. lit. a des Straferkenntnisses Folge gegeben, das Straferkenntnis in diesem Punkt aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt. Dennoch verhängte die belangte Behörde in diesem Punkt eine Geldstrafe von EUR 29,06 (Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden). Da die Verhängung dieser Geldstrafe des Schuldspruches entbehrt, erweist sie sich als inhaltlich rechtswidrig.

II. Zu allen übrigen Punkten des Schuldspruches des angefochtenen Bescheides:

Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten:

§ 134 Kraftfahrgesetz (KFG) 1967 (in der Fassung BGBl. I Nr. 146/1998):

"(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Art. 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1 sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90 , ABl. Nr. L 353 vom 17. Dezember 1990, S 12, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 30 000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

(1a) Übertretungen der Artikel 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1 sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90 , ABl. Nr. L 353 vom 17. Dezember 1990, S 12, sind auch dann als Verwaltungsübertretung strafbar, wenn die Übertretung nicht im Inland, sondern auf einer Fahrtstrecke innerhalb des Geltungsbereiches dieser Bestimmungen begangen worden ist (Art. 2 der Verordnung 3820/85 ). Als Ort der Übertretung gilt in diesem Falle der Ort der Betretung im Inland, bei der die Übertretung festgestellt worden ist. Von einer Bestrafung ist jedoch abzusehen, wenn die Übertretung im Bundesgebiet nicht mehr andauert und der Lenker nachweist, dass er wegen dieses Deliktes bereits im Ausland bestraft worden ist."

§ 102 KFG:

(11d) Auf Fahrten, für die das Europäische Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975, in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, gilt, bestimmen sich das Mindestalter sowie die Lenk- und Ruhezeiten nach Maßgabe der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, Abl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1."

Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (in der Folge: VO 3820/85 ):

"Geltungsbereich

Artikel 2

(1) Diese Verordnung gilt für innergemeinschaftliche Beförderungen im Straßenverkehr im Sinne von Artikel 1 Nummer 1.

(2) Das Europäische Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR) gilt anstelle der vorliegenden Vorschriften für Beförderungen im grenzüberschreitenden Straßenverkehr

(1) Die nachstehend 'Tageslenkzeit' genannte Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit darf 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf zweimal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden.

Der Fahrer muss nach höchstens sechs Tageslenkzeiten eine wöchentliche Ruhezeit im Sinne von Artikel 8 Absatz 3 einlegen.

Die wöchentliche Ruhezeit kann bis zum Ende des sechsten Tages verschoben werden, falls die Gesamtlenkzeit während der sechs Tage nicht die Höchstdauer übersteigt, die sechs Tageslenkzeiten entspricht.

...

Unterbrechungen und Ruhezeit

Artikel 7

(1) Nach einer Lenkzeit von 4 1/2 Stunden ist eine Unterbrechung von mindestens 45 Minuten einzulegen. Sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt.

...

Artikel 8

(1) Der Fahrer legt innerhalb jedes Zeitraums von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden ein, die höchstens dreimal pro Woche auf nicht weniger als 9 zusammenhängende Stunden verkürzt werden darf, sofern bis zum Ende der folgenden Woche eine entsprechende Ruhezeit zum Ausgleich gewährt wird.

Die Ruhezeit kann an den Tagen, an denen sie nicht nach Unterabsatz 1 verkürzt wird, innerhalb von 24 Stunden in zwei oder drei Zeitabschnitten genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. In diesem Falle erhöht sich die Mindestruhezeit auf 12 Stunden."

(Artikel 9 ist im Beschwerdefall ohne Belang)

Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr (in der Folge: VO 3821/85 ):

"Artikel 3

(1) Das Kontrollgerät muss bei Fahrzeugen eingebaut und benutzt werden, die der Personen- oder Güterbeförderung im Straßenverkehr dienen und in einem Mitgliedstaat zugelassen sind; ...

Artikel 15

...

(2) Die Fahrer benutzen für jeden Tag, an dem sie lenken, ab dem Zeitpunkt, an dem sie das Fahrzeug übernehmen, Schaublätter. Das Schaublatt wird erst nach der täglichen Arbeitszeit entnommen, es sei denn, eine Entnahme ist auf andere Weise zulässig. Kein Schaublatt darf über den Zeitraum, für den es bestimmt ist, hinaus verwendet werden.

Wenn die Fahrer sich nicht im Fahrzeug aufhalten und daher nicht in der Lage sind, das in das Fahrzeug eingebaute Gerät zu betätigen, müssen die in Absatz 3 zweiter Gedankenstrich Buchstaben b), c) und d) genannten Zeiträume von Hand, durch automatische Aufzeichnung oder auf andere Weise lesbar und ohne Beschmutzung des Schaublatts oder (die) (eine) Fahrerkarte(n) eingetragen werden.

...

(5) Der Fahrer hat auf dem Schaublatt folgende Angaben einzutragen:

...

b) bei Beginn und am Ende der Benutzung des Blattes: den Zeitpunkt und den Ort;

...

d) den Stand des Kilometerzählers:

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